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Das ultimative Wärmeleitpasten- und Pad-Kompendium: Anwendung, Bestandteile, Herstellung, Optimierung, Alterung, Gewinnmargen und Marketing

Der Prozess der Vermischung von Wärmeleitpaste und die Bedeutung von Druck, Unterdruck und Temperatur

Die Herstellung von Wärmeleitpaste, insbesondere die Vermischung der Komponenten im Vakuum, ist ein spezialisierter Prozess, der darauf abzielt, die Qualität und Leistung des Endprodukts zu optimieren. Dieser Prozess nutzt die Prinzipien von Druck, Unterdruck (Vakuum) und Temperatur, um eine homogene Mischung zu erzielen, Luftblasen zu entfernen und die thermischen Eigenschaften der Paste zu verbessern. Ich will an dieser Stelle den genaue Prozess und die Bedeutung dieser Faktoren detailliert beschreiben, ohne zu sehr in die für die Allgemeinheit unverständliche Theorie abzuschweifen. Die Hersteller werden es mir sicher vergeben. Aber es muss sein.

© igor’sLAB – KI-basiertes Symbolbild, da keine Freigaben der Bilder vom Werk möglich waren

Schritt 1: Vorbereitung der Komponenten
Zunächst werden die Grundkomponenten der Wärmeleitpaste, wie das Basismaterial (z.B. Silikon, Polyurethan oder eine andere Polymerbasis), thermisch leitfähige Füllstoffe (z.B. Aluminiumoxid, Boronitrid, Kupfer- oder Silberpartikel) und jegliche Additive vorbereitet. Die Auswahl der Komponenten hängt von den gewünschten thermischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften der fertigen Paste ab.

Schritt 2: Mischen unter Atmosphärendruck
Die Komponenten werden zunächst bei Atmosphärendruck grob gemischt. Dieser erste Schritt dient dazu, die verschiedenen Bestandteile zu kombinieren und eine vorläufige, noch unvollständige Mischung zu erzeugen.

Schritt 3: Vakuummischung
Hier beginnt die Einleitung des Vakuums. Die vorläufige Mischung wird in einen speziellen Mischbehälter überführt, der evakuiert werden kann. Durch das Anlegen eines Vakuums wird der Luftdruck im Behälter gesenkt. Der Unterdruck hilft, Luftblasen und andere eingeschlossene Gase aus der Mischung zu entfernen, die sonst thermische Widerstände innerhalb der Paste verursachen könnten. Der Unterdruck (Vakuum) spielt eine entscheidende Rolle bei der Minimierung von Lufteinschlüssen und der Verbesserung der Homogenität der Mischung. Luftblasen können die thermische Leitfähigkeit der Wärmeleitpaste erheblich verringern, da Luft ein schlechter Wärmeleiter ist. Durch das Entfernen dieser Blasen wird sichergestellt, dass die Paste eine maximale Kontaktfläche zwischen den Wärmequellen und den Kühlkörpern bietet. Während des Mischens unter Vakuum werden die Komponenten gründlich vermengt, um eine gleichmäßige Verteilung der Füllstoffe im Basismaterial zu gewährleisten. Dies ist für die Erreichung einer optimalen thermischen Leitfähigkeit kritisch.

Schritt 4: Temperaturkontrolle
Während des Mischprozesses ist die Kontrolle der Temperatur wichtig. Die Temperatur kann die Viskosität der Mischung beeinflussen und somit die Effizienz des Mischprozesses sowie die Verteilung der Füllstoffe im Polymer. Eine moderate Erhöhung der Temperatur kann die Viskosität der Paste reduzieren, was das Mischen erleichtert und eine feinere Verteilung der Füllstoffpartikel ermöglicht. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Temperatur nicht so hoch ist, dass sie die chemische Struktur der Komponenten verändert. Nach dem Mischprozess kann hingegen eine kontrollierte Abkühlung erforderlich sein, um die gewünschte Konsistenz der Paste für die Abfüllung und Verpackung sicherzustellen.

Der Prozess der Vermischung von Wärmeleitpaste unter sorgfältiger Kontrolle von Druck, Unterdruck und Temperatur ist entscheidend für die Herstellung eines Produkts, das effizient Wärme zwischen Oberflächen übertragen kann. Durch die Optimierung dieser Bedingungen können Hersteller Pasten mit überlegenen thermischen Eigenschaften, reduzierten Luftblasen und verbesserter Zuverlässigkeit produzieren, was für die Anwendung in der Elektronikkühlung und anderen wärmeintensiven Anwendungen wesentlich ist. Geht hier etwas schief, dann findet man vielleicht sogar noch Wasser in der Paste:

Der Hersteller hat meine Analyse übrigens seinerzeit bestätigt, was am Ende auf eine veraltete und defekte Abfüllanlage hinauslief. Hier kann man das auch noch einmal nachlesen, denn neben dem nicht gewollten Wasser fehlte dafür im Gegenzug so Einiges.

Wärmeleitpastenvergleich mit laserinduzierter Plasmaspektroskopie: Wir entdecken eine violette Überraschung!

 

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s
scotch

Veteran

153 Kommentare 103 Likes

Danke für den Artikel. Bis jetzt nur überflogen, werde ich mir aber noch in Gänze geben! Immer wieder Spannend. Vor allem Pads in aller Art ober auch Putty finde ich spannend.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Ich sags mal so: die Leute lassen sich viel zu viel blenden :D

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Inzingor

Veteran

198 Kommentare 120 Likes

Guten Morgen! Vielen Dank für den großartigen Aufsatz während meines ersten Kaffees. Er bestätigt zahlreiche Vorversuche von dir und auch meine Vermutungen.

Ich habe auch schon ein paar Mal teurere Pasten z.B. von Thermal Grizzly gekauft, und die ist nach kurzer Zeit bereits eingetrocknet gewesen. Einmal kam sie sogar steinhart an. Seitdem kaufe ich nichts mehr von diesem Laden und verwende nur noch die günstigen Arctic - und das funktioniert bis jetzt tadellos.

So ein Graphit-Pad ist für meinen nächsten PC angedacht, damit ich mir die Patzerei komplett erspare.

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arcDaniel

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1,625 Kommentare 892 Likes

Danke für den Artikel, hier gibt es viel zu lesen.

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4medic

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96 Kommentare 50 Likes

Danke für den lesenswerten Artikel und

Gruß

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big-maec

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859 Kommentare 508 Likes

Habe den umfangreichen Artikel eher aus Neugier gelesen, einiges wusste ich ja schon aus vorherigen Artikel, aber einiges war mir auch neu.
Im Moment bin ich aber bei CPU/GPU von der Paste weg und setze vorzugsweise Graphen Pads ein in der Hoffnung das die bei höheren Temperaturen über 70 C° länger halten. Bis jetzt bin ich mit den Pads auch soweit zufrieden und erreiche damit gute Werte, habe aber auch festgestellt. Je nach Hardware können bei der Montage neue Probleme auftauchen.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Ja, das ist alles etwas tricky, Graphan gibts ja noch nicht legal für Endanwender :(

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arcDaniel

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1,625 Kommentare 892 Likes

So habe nun den Artikel gelesen und für mich heisst das Zusammengefasst (für CPU/GPU Kühler):
-Ein Teueres Graphit-Pad, was auber ausgerichtet sein muss und was vielleicht nicht im Artikel explizit steht, wegen der dünne leicht reissen kann
-oder einfach eine ehrliche nicht zu teure Paste (ich nutze meist die Noctua NT-H2, 4Euro/gr) und wechsele diese wenn nötig

Das Säubern und neu Auftragen dauert keine 10 Minuten, wenn im vorfeld nicht übertrieben wurde und es funktioniert.

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Megaone

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Und immer und immer wieder. Solche Artikel finden sich nur bei Igor!

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m
mattiii

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16 Kommentare 8 Likes

deswegen nutze ich meist nur noch die mitgelieferte Paste der Kühler.
Bin früher aber auch mal aufs Marketing reingefallen, wegen idealerweise 2° besserer Temperaturen. :D

Und wenn man Punkte auf der CPU verteilt, ist auch die Viskosität egal, das macht dann der Anpressdruck.

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Megaone

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1,754 Kommentare 1,652 Likes

Vielleicht ist die Frage ja infantil, aber müssten nicht niedrigere Temperaturen die Lebensdauer der Pasten verlängern. Sowohl meine Wassergekühlte 3090 noch meine Luftgekühlte 4090 erreichen so gut wie nie die 65 Grad Grenze. Auch der Arbeitsspeicher der 3090 wird dank nachgerüsteter Pads nie heisser.

Handlungsbedarf besteht doch normalerweise erst bei steigenden Temperaturen?

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Das liegt einzig und allein an der verwendeten Matrix. Es gibt auch Hochtemperaturpasten und ein ganzes Kapitel zum Temperaturfenster bzw. auch zur Degradation.

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midwed

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Vielen Dank für den Artikel! (y) Werde ihn mir mal demnächst in Ruhe zu Gemüte führen 😄

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big-maec

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859 Kommentare 508 Likes

Okay, wusste ich noch nicht, aus Graphen kann man Graphan machen, mit einem kleinen Unterschied den man sich mal merken sollte.

Gibt es denn da schon Erkenntnisse oder Messwerte als Graphan-Wärmeleitpad ?

Hab da auf der Schnelle nur das gefunden:

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Igor Wallossek

1

10,272 Kommentare 19,011 Likes

Dazu stand was in einem meiner Artikel zu den Workstation-Grafikkarten.

.... Man benutzt eine komplett neue Art eines Wärmeleitpads und ich vermute hier, auch anhand der Materialanalyse, einmal Graphan statt des üblichen Graphens. Für Graphan statt Graphen spricht, dass man das Pad ziemlich sorgenfrei auch über SMD-Bauelemente gelegt hat, denn die reinen Graphit- oder Graphen-Pads sind elektrisch leitend. Also muss es die Materialanalyse richten. Wir sehen aber auch, dass es sich trotzdem auch um eine Art Phasenwechsel-Pad mit Burn-In handelt.

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Graphan, ein Werkstoff, der eng mit Graphen verwandelt ist, kann durch die Interaktion mit atomarem Wasserstoff erzeugt werden. Dieser atomare Wasserstoff wird mittels einer elektrischen Entladung in einem Wasserstoff-Argon-Gemisch produziert. In diesem Prozess wird jedes Kohlenstoffatom des Graphens mit einem Wasserstoffatom verbunden, wodurch Graphan entsteht. Die resultierende Bindungsstruktur von Graphan ähnelt der sesselförmigen Struktur von Cyclohexan. Interessanterweise verändert diese Wasserstoffbindung die elektronischen Eigenschaften des ursprünglichen Materials grundlegend. Während Graphen ein hervorragender elektrischer Leiter ist, wird Graphan zu einem elektrischen Isolator. Diese Eigenschaft macht Graphan besonders interessant für Anwendungen in der Elektronik, beispielsweise in der Entwicklung von Transistoren und Sensoren, oder aber für elektrisch isolierende Wärmeleitpads.

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:)

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Klicke zum Ausklappem
G
Guest

Das ist nichts neues!

1878: Zauberwunderwasserverkäufer. Wilder Westen. Mit Change auf Teeren und Federn ( KUndenbindung...lol) ( die Warzen der Damen wurden nicht..)(Texxas)
2024: TIG TOG : " wääär ist der größte und schönste Hochkantdepp im ganzen Land? Du mein Meister...etz.."

Danke für diesen Beitrag: maxximale Info.
Was wäre, wenn es diese Paste als Streifen ( wie Kaugummi) gäbe und den picken ( verz. kleben) die Leute auf
die CPU-Fläche? Und weil die Eigenschaft ist, sich unter dem Kühler/ Wakü nach starten des Rechners ideal zu ver-
formen und anzupassen, ist maximale Wärme abfuhr und jeweilige Form des zu kühlenden teils optimal gewährleistet.

Und warum muss CPU-fläche SO KLEIN sein? ich weiß eh..

LG stern stern stern stern stern Peace :)

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e
eastcoast_pete

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1,532 Kommentare 864 Likes

Wow, woran liegt das denn? Wenn Du @Igor Wallossek hier nicht unter NDA liegst oder Quellen schützen musst, würd mich der Grund dafür sehr interessieren.
Ich will (muß) nämlich demnächst Mal einen Laptop verarzten, dem wohl auch die Paste eingetrocknet ist (wird jetzt schnell sehr warm und drosselt), und eine dünne Graphan Pad oder Folie wär dafür genau richtig.

Und, danke für den tollen Artikel, der wird gleich mit einem eigenem Bookmark versehen. Und meinem Spellcheck hab ich auch erst gerade "Graphan" beibringen müssen, der wollte es nämlich gleich in "Graphen" ändern, denn das kannte er schon.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Zu neu und zu teuer. Da fallen keine großen Margen ab und es hat auch noch keiner für sich entdeckt. :D

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konkretor

Veteran

305 Kommentare 313 Likes

Wann gibt es Paste mit dem Igorslab Logo zu kaufen

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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