Grundlagenartikel Kühlung Praxis Testberichte Wärmeleitpaste und Pads

Das ultimative Wärmeleitpasten- und Pad-Kompendium: Anwendung, Bestandteile, Herstellung, Optimierung, Alterung, Gewinnmargen und Marketing

Flüssig-Metall (LM)

Flüssigmetall-Wärmeleitpasten stellen eine innovative Lösung im Bereich der Wärmeableitung von Hochleistungselektronik dar. Durch ihre einzigartigen Eigenschaften bieten sie im Vergleich zu traditionellen Wärmeleitpasten eine verbesserte thermische Leitfähigkeit. Diese Pasten basieren hauptsächlich auf Galliumlegierungen, die bei Raumtemperatur flüssig sind und ausgezeichnete Wärmeübertragungseigenschaften aufweisen. Der Einsatz von Flüssigmetall in Wärmeleitpasten bringt jedoch spezifische Herausforderungen und Sicherheitsbedenken mit sich. Sie zeichnen sich durch ihre außergewöhnlich hohe thermische Leitfähigkeit aus, die deutlich über der von herkömmlichen Wärmeleitpasten liegt. Diese hohe Leitfähigkeit ist auf die metallische Natur der Galliumlegierungen zurückzuführen, die einen direkten und effizienten Wärmetransfer zwischen CPU/GPU und Kühler ermöglichen. Gallium bildet mit anderen Metallen wie Indium und Zinn Legierungen, die bei Raumtemperatur flüssig bleiben und eine hervorragende Benetzung der Kontaktflächen ermöglichen. Soweit die Theorie, aber es gibt natürlich auch ein Aber…

Gallium spielt eine zentrale Rolle in der Effizienz von Flüssigmetall-Wärmeleitpasten aufgrund seiner niedrigen Schmelztemperatur und hohen thermischen Leitfähigkeit. Es ermöglicht eine nahezu perfekte Anpassung an die Kontaktflächen und minimiert den thermischen Widerstand. Trotz der Vorteile von Gallium suchen Forscher und Entwickler immer noch nach Alternativen, die ähnliche thermische Eigenschaften bieten, jedoch ohne die damit verbundenen Nachteile wie Korrosion und elektrische Leitfähigkeit. Mögliche Alternativen umfassen fortgeschrittene keramikbasierte Pasten und Kohlenstoffmaterialien wie Graphen oder Kohlenstoffnanoröhren, die ebenfalls eine hohe Wärmeleitfähigkeit bieten, aber elektrisch isolierend sind und keine Korrosionsprobleme verursachen. Aber das hatte ich ja bereits ausführlich beschrieben.

Herausforderungen und Sicherheitsbedenken

Gallium und seine Legierungen können mit bestimmten Metallen wie Aluminium reagieren, was zur Korrosion und damit zur Beschädigung von Kühlern und anderen Komponenten führen kann. Diese Reaktion ist besonders problematisch bei Kühlern aus Aluminium oder bei Kontaktstellen, die aus diesem Material bestehen. Flüssigmetall-Wärmeleitpasten sind elektrisch leitend, was bei unsachgemäßer Anwendung das Risiko von Kurzschlüssen und Beschädigungen an elektronischen Bauteilen erhöht. Aufgrund ihrer Flüssigkeit erfordern diese Pasten eine sorgfältige und präzise Anwendung, um Überlauf und Verschmutzung benachbarter Bauteile zu vermeiden:

© igor’sLAB

Verhärtung von Kühlern

Die Verhärtung von Kühlern bezieht sich auf die dauerhafte Beschädigung oder Veränderung der Oberfläche durch chemische Reaktionen zwischen dem Kühlermaterial und der Flüssigmetall-Wärmeleitpaste. Um das Risiko einer Verhärtung zu minimieren, empfiehlt es sich, Kühlkörper aus Materialien zu verwenden, die nicht mit Gallium reagieren, wie z.B. Nickel- oder Kupferlegierungen.

© igor’sLAB

Phasenwechsel-Pads aus Metall (PCM)

Solche speziellen Pads bieten eine vielversprechende Alternative, indem sie die Vorteile der Phasenänderungswärme nutzen, um eine effiziente Wärmeübertragung zu gewährleisten, ohne dabei die Nachteile flüssiger Metalle in Kauf nehmen zu müssen. Phasenwechselmaterialien absorbieren oder emittieren Wärme bei einem Übergang zwischen festen und flüssigen Zuständen, was zu einer effizienten Wärmespeicherung oder -abfuhr führt. Metallbasierte PCMs nutzen die hohe Wärmeleitfähigkeit von Metallen und deren Legierungen, um schnelle und effektive Wärmeübertragung zu ermöglichen. Im Kontext der Kühlung wandeln MPCPs Wärme in latente Energie um, anstatt sie nur durch Leitung zu übertragen.

© igor’sLAB

Die Herstellung von MPCPs erfordert Präzisionsverfahren, die eine genaue Kontrolle der Zusammensetzung und Mikrostruktur des Metalls oder der Legierung sicherstellen. Dies kann durch Methoden wie das Gießen unter kontrollierten Bedingungen, das Sintern von Metallpulvern oder durch elektrochemische Abscheidung erfolgen. Die Herausforderung besteht darin, ein Material mit einem geeigneten Schmelzpunkt, hoher Wärmeleitfähigkeit und guter mechanischer Stabilität in seinen festen und flüssigen Phasen zu entwickeln.

Die  MPCPs bieten mehrere Vorteile gegenüber herkömmlichen TIMs, einschließlich Flüssigmetallen wie z.B. eine effiziente Wärmeübertragung, wo die Nutzung der latenten Wärme  eine effizientere Wärmeübertragung im Vergleich zur reinen Wärmeleitung. Im festen Zustand besteht kein Risiko eines Austritts, was die Handhabung und Langzeitstabilität verbessert und das Risiko von Leckagen verringert. MPCPs können sich außerdem bei Erwärmung ausdehnen, um Mikrolücken zu füllen, und beim Abkühlen wieder fest werden, wodurch eine optimale Anpassung an Oberflächen gewährleistet wird. Die Fähigkeit, zwischen festen und flüssigen Zuständen ohne signifikante Leistungseinbußen zu wechseln, erhöht die Lebensdauer und Zuverlässigkeit.

Dass die Handhabung trotz aller Entwicklungsfortschritte nicht immer ganz problemlos ist, zeigt auch einer meiner Artikel aus der täglichen Praxis:

Flüssigmetall-Pad im Praxis-Test – Segen oder Fluch? Wie der magische Burn-In sicher gelingt! | Tutorial

219 Antworten

Kommentar

Lade neue Kommentare

s
scotch

Veteran

153 Kommentare 103 Likes

Danke für den Artikel. Bis jetzt nur überflogen, werde ich mir aber noch in Gänze geben! Immer wieder Spannend. Vor allem Pads in aller Art ober auch Putty finde ich spannend.

Antwort 2 Likes

Igor Wallossek

1

10,273 Kommentare 19,012 Likes

Ich sags mal so: die Leute lassen sich viel zu viel blenden :D

Antwort 7 Likes

Inzingor

Veteran

198 Kommentare 120 Likes

Guten Morgen! Vielen Dank für den großartigen Aufsatz während meines ersten Kaffees. Er bestätigt zahlreiche Vorversuche von dir und auch meine Vermutungen.

Ich habe auch schon ein paar Mal teurere Pasten z.B. von Thermal Grizzly gekauft, und die ist nach kurzer Zeit bereits eingetrocknet gewesen. Einmal kam sie sogar steinhart an. Seitdem kaufe ich nichts mehr von diesem Laden und verwende nur noch die günstigen Arctic - und das funktioniert bis jetzt tadellos.

So ein Graphit-Pad ist für meinen nächsten PC angedacht, damit ich mir die Patzerei komplett erspare.

Antwort Gefällt mir

arcDaniel

Urgestein

1,625 Kommentare 892 Likes

Danke für den Artikel, hier gibt es viel zu lesen.

Antwort 1 Like

4medic

Mitglied

96 Kommentare 50 Likes

Danke für den lesenswerten Artikel und

Gruß

Antwort Gefällt mir

big-maec

Urgestein

862 Kommentare 508 Likes

Habe den umfangreichen Artikel eher aus Neugier gelesen, einiges wusste ich ja schon aus vorherigen Artikel, aber einiges war mir auch neu.
Im Moment bin ich aber bei CPU/GPU von der Paste weg und setze vorzugsweise Graphen Pads ein in der Hoffnung das die bei höheren Temperaturen über 70 C° länger halten. Bis jetzt bin ich mit den Pads auch soweit zufrieden und erreiche damit gute Werte, habe aber auch festgestellt. Je nach Hardware können bei der Montage neue Probleme auftauchen.

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,273 Kommentare 19,012 Likes

Ja, das ist alles etwas tricky, Graphan gibts ja noch nicht legal für Endanwender :(

Antwort 1 Like

arcDaniel

Urgestein

1,625 Kommentare 892 Likes

So habe nun den Artikel gelesen und für mich heisst das Zusammengefasst (für CPU/GPU Kühler):
-Ein Teueres Graphit-Pad, was auber ausgerichtet sein muss und was vielleicht nicht im Artikel explizit steht, wegen der dünne leicht reissen kann
-oder einfach eine ehrliche nicht zu teure Paste (ich nutze meist die Noctua NT-H2, 4Euro/gr) und wechsele diese wenn nötig

Das Säubern und neu Auftragen dauert keine 10 Minuten, wenn im vorfeld nicht übertrieben wurde und es funktioniert.

Antwort Gefällt mir

Megaone

Urgestein

1,754 Kommentare 1,652 Likes

Und immer und immer wieder. Solche Artikel finden sich nur bei Igor!

Antwort 2 Likes

m
mattiii

Mitglied

16 Kommentare 8 Likes

deswegen nutze ich meist nur noch die mitgelieferte Paste der Kühler.
Bin früher aber auch mal aufs Marketing reingefallen, wegen idealerweise 2° besserer Temperaturen. :D

Und wenn man Punkte auf der CPU verteilt, ist auch die Viskosität egal, das macht dann der Anpressdruck.

Antwort Gefällt mir

Megaone

Urgestein

1,754 Kommentare 1,652 Likes

Vielleicht ist die Frage ja infantil, aber müssten nicht niedrigere Temperaturen die Lebensdauer der Pasten verlängern. Sowohl meine Wassergekühlte 3090 noch meine Luftgekühlte 4090 erreichen so gut wie nie die 65 Grad Grenze. Auch der Arbeitsspeicher der 3090 wird dank nachgerüsteter Pads nie heisser.

Handlungsbedarf besteht doch normalerweise erst bei steigenden Temperaturen?

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,273 Kommentare 19,012 Likes

Das liegt einzig und allein an der verwendeten Matrix. Es gibt auch Hochtemperaturpasten und ein ganzes Kapitel zum Temperaturfenster bzw. auch zur Degradation.

Antwort 2 Likes

midwed

Mitglied

35 Kommentare 7 Likes

Vielen Dank für den Artikel! (y) Werde ihn mir mal demnächst in Ruhe zu Gemüte führen 😄

Antwort Gefällt mir

big-maec

Urgestein

862 Kommentare 508 Likes

Okay, wusste ich noch nicht, aus Graphen kann man Graphan machen, mit einem kleinen Unterschied den man sich mal merken sollte.

Gibt es denn da schon Erkenntnisse oder Messwerte als Graphan-Wärmeleitpad ?

Hab da auf der Schnelle nur das gefunden:

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,273 Kommentare 19,012 Likes

Dazu stand was in einem meiner Artikel zu den Workstation-Grafikkarten.

.... Man benutzt eine komplett neue Art eines Wärmeleitpads und ich vermute hier, auch anhand der Materialanalyse, einmal Graphan statt des üblichen Graphens. Für Graphan statt Graphen spricht, dass man das Pad ziemlich sorgenfrei auch über SMD-Bauelemente gelegt hat, denn die reinen Graphit- oder Graphen-Pads sind elektrisch leitend. Also muss es die Materialanalyse richten. Wir sehen aber auch, dass es sich trotzdem auch um eine Art Phasenwechsel-Pad mit Burn-In handelt.

View image at the forums

Graphan, ein Werkstoff, der eng mit Graphen verwandelt ist, kann durch die Interaktion mit atomarem Wasserstoff erzeugt werden. Dieser atomare Wasserstoff wird mittels einer elektrischen Entladung in einem Wasserstoff-Argon-Gemisch produziert. In diesem Prozess wird jedes Kohlenstoffatom des Graphens mit einem Wasserstoffatom verbunden, wodurch Graphan entsteht. Die resultierende Bindungsstruktur von Graphan ähnelt der sesselförmigen Struktur von Cyclohexan. Interessanterweise verändert diese Wasserstoffbindung die elektronischen Eigenschaften des ursprünglichen Materials grundlegend. Während Graphen ein hervorragender elektrischer Leiter ist, wird Graphan zu einem elektrischen Isolator. Diese Eigenschaft macht Graphan besonders interessant für Anwendungen in der Elektronik, beispielsweise in der Entwicklung von Transistoren und Sensoren, oder aber für elektrisch isolierende Wärmeleitpads.

View image at the forums

:)

Antwort 7 Likes

Klicke zum Ausklappem
G
Guest

Das ist nichts neues!

1878: Zauberwunderwasserverkäufer. Wilder Westen. Mit Change auf Teeren und Federn ( KUndenbindung...lol) ( die Warzen der Damen wurden nicht..)(Texxas)
2024: TIG TOG : " wääär ist der größte und schönste Hochkantdepp im ganzen Land? Du mein Meister...etz.."

Danke für diesen Beitrag: maxximale Info.
Was wäre, wenn es diese Paste als Streifen ( wie Kaugummi) gäbe und den picken ( verz. kleben) die Leute auf
die CPU-Fläche? Und weil die Eigenschaft ist, sich unter dem Kühler/ Wakü nach starten des Rechners ideal zu ver-
formen und anzupassen, ist maximale Wärme abfuhr und jeweilige Form des zu kühlenden teils optimal gewährleistet.

Und warum muss CPU-fläche SO KLEIN sein? ich weiß eh..

LG stern stern stern stern stern Peace :)

Antwort Gefällt mir

e
eastcoast_pete

Urgestein

1,532 Kommentare 864 Likes

Wow, woran liegt das denn? Wenn Du @Igor Wallossek hier nicht unter NDA liegst oder Quellen schützen musst, würd mich der Grund dafür sehr interessieren.
Ich will (muß) nämlich demnächst Mal einen Laptop verarzten, dem wohl auch die Paste eingetrocknet ist (wird jetzt schnell sehr warm und drosselt), und eine dünne Graphan Pad oder Folie wär dafür genau richtig.

Und, danke für den tollen Artikel, der wird gleich mit einem eigenem Bookmark versehen. Und meinem Spellcheck hab ich auch erst gerade "Graphan" beibringen müssen, der wollte es nämlich gleich in "Graphen" ändern, denn das kannte er schon.

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,273 Kommentare 19,012 Likes

Zu neu und zu teuer. Da fallen keine großen Margen ab und es hat auch noch keiner für sich entdeckt. :D

Antwort 1 Like

konkretor

Veteran

305 Kommentare 313 Likes

Wann gibt es Paste mit dem Igorslab Logo zu kaufen

Antwort Gefällt mir

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung