Grundlagenartikel Kühlung Praxis Testberichte Wärmeleitpaste und Pads

Das ultimative Wärmeleitpasten- und Pad-Kompendium: Anwendung, Bestandteile, Herstellung, Optimierung, Alterung, Gewinnmargen und Marketing

Ich möchte heute einmal mit einigen Mythen aufräumen und vor allem auch erklären, warum es bei der Wärmeleitpaste nicht nur auf die Füllstoffe ankommt und weshalb in diesem Goldgräber-Business viel Marketing und noch viel mehr Ungereimtheiten und auch Unwahrheiten stecken. Der Artikel soll zudem auch etwas sensibilisieren und helfen, ehrliche und bemühte Anbieter von extrem gewinnorientierten Weiterverkäufern zu trennen. Denn eines gilt ja immer: Die Bewertung und Auswahl von Wärmeleitpasten ist ein entscheidender Schritt, um eine effiziente Wärmeabfuhr von Komponenten wie Halbleitern, CPUs und GPUs zu gewährleisten.

Inhaltsübersicht

Der heutige Artikel ist eine Sammlung an technischen Informationen und sehr viel Hintergrundwissen, wobei ich mich wirklich bemüht habe, es nicht allzu trocken zu beschreiben. Trotzdem ist es sicher für viele eine Menge Neuland und dazu geeignet, auch so manche falsche Illusion und den guten Glauben ans Marketing diverser Anbieter zu zerstören. Die Insider aus der Branche mögen mir verzeihen, dass ich trotzdem noch vieles herunterbrechen musste. In diesem Zusammenhang geht mein Dank auch an diejenigen, die mich seit vielen Jahren mit genau diesen Informationen, technischen Details und natürlich auch Testmustern und Proben versorgen, ohne die man gar nicht so intensiv testen und auswerten könnte. Ihr werdet heute auch ein paar Exoten aus meiner Praxis sehen, die es so im Einzelhandel gar nicht gibt.

Denn es ist wirklich die Summe aller Eigenschaften und genutzten Rohstoffe, die am Schluss zu einer für den Endanwender optimal nutzbaren Paste führen. Da sind die Marketing-Blasen auf den meisten Verpackungen sowieso nur irreführende Lyrik. Und genau darum geht es heute: Die Sensibilisierung, die Kenntnis der genauen Prozesse und die nötigen Schlussfolgerungen für den Endanwender.

  • Übersicht über die verschiedenen Wärmeleitmedien, von der Paste bis hin zu den Pads
  • Einsatzgebiete für die Wärmeleitpaste und Berechnungsgrundlagen zum Wärmewiderstand
  • Die Basis (Matrix) als Zusammenhalt und Grundlage einer Paste bzw. eines Pads
  • Die Zusammensetzung Silikon-basierter Pasten und die nötigen Füllstoffe
  • Die Bedeutung der Mahlgrade und Mischungen
  • Sonderanwendungen wie Niedrigtemperaturpasten (z.B. LN2 Overclocking)
  • Graphit-Pads und Phasenwechsel-Pad in verschiedenen Ausführungen
  • Der eigentliche Herstellungs- und Abfüllprozess
  • Temperaturfenster von Pasten und Ausdehnungsverhalten verschiedener Heatsinks
  • Anwendung und Applikation auf verschiedenen Oberflächen
  • Alterung, Zersetzung und Haltbarkeit
  • Wo liegt der Unterschied zwischen Hersteller, Abfüller und Anbieter?
  • Gewinnmargen, Marketingtricks und Fazit

 

Einführung zu Pasten, Pads und Putty

Wärmeleitpasten, auch als thermische Pasten, Wärmeleitfette oder Kühlpasten bekannt, dienen  bekannterweise ja dazu, die thermische Verbindung zwischen der Wärmequelle und dem Kühlkörper zu verbessern. Sie kompensieren die Unregelmäßigkeiten der Oberflächen, die ansonsten zu Lufttaschen oder -bläschen führen würden, welche ein schlechter Wärmeleiter sind. Soweit die allgemeine Beschreibung, die ja eigentlich jeder Leser kennt.

Neben den Pasten gibt es auch noch Wärmeleitpads in fester Form. Sie bieten durch ihre einzigartige Materialzusammensetzung und Struktur spezifische Vorteile im Bereich des thermischen Managements. Ihre geringere thermische Leitfähigkeit im Vergleich zu Wärmeleitpasten wird oft durch ihre Benutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und das geringere Risiko von Anwendungsfehlern ausgeglichen. Die Entscheidung zwischen der Verwendung von Pads oder Pasten hängt letztendlich von den spezifischen Anforderungen der Anwendung, einschließlich der erforderlichen thermischen Leistung, der Montageeigenschaften und der Wartungsfreundlichkeit, ab.

© igor’sLAB

 

Sie können vorgeschnitten und auf die erforderliche Größe und Form gebracht werden, was sie ideal für die Massenproduktion und Anwendungen macht, bei denen eine schnelle und einfache Montage erforderlich ist. Im Gegensatz dazu erfordern Wärmeleitpasten eine sorgfältigere Anwendung, um eine gleichmäßige Schichtdicke zu gewährleisten, und können bei der Wartung und Demontage von Komponenten unordentlich sein. Pads bieten eine saubere und wiederholbare Lösung, insbesondere in Situationen, in denen Geräte häufiger gewartet oder Komponenten ausgetauscht werden müssen.

Die thermische Leitfähigkeit von Pads liegt typischerweise im Bereich von 1 bis 8 W/mK (Watt pro Meter Kelvin), während spezielle Pasten sogar Werte von über 10 W/mK erreichen können. Die rigide Struktur der Pads macht sie weniger anpassungsfähig an feine Oberflächenstrukturen, was zu einem höheren thermischen Interface-Widerstand führen kann. Eine Art Mittelweg beschreitet das sogenannte Thermal Putty, bei dem der Übergang zwischen Paste und Pad mehr oder weniger fließend verläuft. Thermal Putty liegt bei der Wärmeleitfähigkeit dann irgendwo in der Mitte, je nach Ausführung (und Preis).

© igor’sLAB

 

216 Antworten

Kommentar

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s
scotch

Veteran

153 Kommentare 103 Likes

Danke für den Artikel. Bis jetzt nur überflogen, werde ich mir aber noch in Gänze geben! Immer wieder Spannend. Vor allem Pads in aller Art ober auch Putty finde ich spannend.

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Igor Wallossek

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10,205 Kommentare 18,841 Likes

Ich sags mal so: die Leute lassen sich viel zu viel blenden :D

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Inzingor

Veteran

198 Kommentare 120 Likes

Guten Morgen! Vielen Dank für den großartigen Aufsatz während meines ersten Kaffees. Er bestätigt zahlreiche Vorversuche von dir und auch meine Vermutungen.

Ich habe auch schon ein paar Mal teurere Pasten z.B. von Thermal Grizzly gekauft, und die ist nach kurzer Zeit bereits eingetrocknet gewesen. Einmal kam sie sogar steinhart an. Seitdem kaufe ich nichts mehr von diesem Laden und verwende nur noch die günstigen Arctic - und das funktioniert bis jetzt tadellos.

So ein Graphit-Pad ist für meinen nächsten PC angedacht, damit ich mir die Patzerei komplett erspare.

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arcDaniel

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Danke für den Artikel, hier gibt es viel zu lesen.

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4medic

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96 Kommentare 50 Likes

Danke für den lesenswerten Artikel und

Gruß

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big-maec

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838 Kommentare 483 Likes

Habe den umfangreichen Artikel eher aus Neugier gelesen, einiges wusste ich ja schon aus vorherigen Artikel, aber einiges war mir auch neu.
Im Moment bin ich aber bei CPU/GPU von der Paste weg und setze vorzugsweise Graphen Pads ein in der Hoffnung das die bei höheren Temperaturen über 70 C° länger halten. Bis jetzt bin ich mit den Pads auch soweit zufrieden und erreiche damit gute Werte, habe aber auch festgestellt. Je nach Hardware können bei der Montage neue Probleme auftauchen.

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Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,841 Likes

Ja, das ist alles etwas tricky, Graphan gibts ja noch nicht legal für Endanwender :(

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arcDaniel

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1,615 Kommentare 878 Likes

So habe nun den Artikel gelesen und für mich heisst das Zusammengefasst (für CPU/GPU Kühler):
-Ein Teueres Graphit-Pad, was auber ausgerichtet sein muss und was vielleicht nicht im Artikel explizit steht, wegen der dünne leicht reissen kann
-oder einfach eine ehrliche nicht zu teure Paste (ich nutze meist die Noctua NT-H2, 4Euro/gr) und wechsele diese wenn nötig

Das Säubern und neu Auftragen dauert keine 10 Minuten, wenn im vorfeld nicht übertrieben wurde und es funktioniert.

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Megaone

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Und immer und immer wieder. Solche Artikel finden sich nur bei Igor!

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m
mattiii

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16 Kommentare 8 Likes

deswegen nutze ich meist nur noch die mitgelieferte Paste der Kühler.
Bin früher aber auch mal aufs Marketing reingefallen, wegen idealerweise 2° besserer Temperaturen. :D

Und wenn man Punkte auf der CPU verteilt, ist auch die Viskosität egal, das macht dann der Anpressdruck.

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Megaone

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1,746 Kommentare 1,645 Likes

Vielleicht ist die Frage ja infantil, aber müssten nicht niedrigere Temperaturen die Lebensdauer der Pasten verlängern. Sowohl meine Wassergekühlte 3090 noch meine Luftgekühlte 4090 erreichen so gut wie nie die 65 Grad Grenze. Auch der Arbeitsspeicher der 3090 wird dank nachgerüsteter Pads nie heisser.

Handlungsbedarf besteht doch normalerweise erst bei steigenden Temperaturen?

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Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,841 Likes

Das liegt einzig und allein an der verwendeten Matrix. Es gibt auch Hochtemperaturpasten und ein ganzes Kapitel zum Temperaturfenster bzw. auch zur Degradation.

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midwed

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Vielen Dank für den Artikel! (y) Werde ihn mir mal demnächst in Ruhe zu Gemüte führen 😄

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big-maec

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838 Kommentare 483 Likes

Okay, wusste ich noch nicht, aus Graphen kann man Graphan machen, mit einem kleinen Unterschied den man sich mal merken sollte.

Gibt es denn da schon Erkenntnisse oder Messwerte als Graphan-Wärmeleitpad ?

Hab da auf der Schnelle nur das gefunden:

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Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,841 Likes

Dazu stand was in einem meiner Artikel zu den Workstation-Grafikkarten.

.... Man benutzt eine komplett neue Art eines Wärmeleitpads und ich vermute hier, auch anhand der Materialanalyse, einmal Graphan statt des üblichen Graphens. Für Graphan statt Graphen spricht, dass man das Pad ziemlich sorgenfrei auch über SMD-Bauelemente gelegt hat, denn die reinen Graphit- oder Graphen-Pads sind elektrisch leitend. Also muss es die Materialanalyse richten. Wir sehen aber auch, dass es sich trotzdem auch um eine Art Phasenwechsel-Pad mit Burn-In handelt.

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Graphan, ein Werkstoff, der eng mit Graphen verwandelt ist, kann durch die Interaktion mit atomarem Wasserstoff erzeugt werden. Dieser atomare Wasserstoff wird mittels einer elektrischen Entladung in einem Wasserstoff-Argon-Gemisch produziert. In diesem Prozess wird jedes Kohlenstoffatom des Graphens mit einem Wasserstoffatom verbunden, wodurch Graphan entsteht. Die resultierende Bindungsstruktur von Graphan ähnelt der sesselförmigen Struktur von Cyclohexan. Interessanterweise verändert diese Wasserstoffbindung die elektronischen Eigenschaften des ursprünglichen Materials grundlegend. Während Graphen ein hervorragender elektrischer Leiter ist, wird Graphan zu einem elektrischen Isolator. Diese Eigenschaft macht Graphan besonders interessant für Anwendungen in der Elektronik, beispielsweise in der Entwicklung von Transistoren und Sensoren, oder aber für elektrisch isolierende Wärmeleitpads.

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:)

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G
Guest

Das ist nichts neues!

1878: Zauberwunderwasserverkäufer. Wilder Westen. Mit Change auf Teeren und Federn ( KUndenbindung...lol) ( die Warzen der Damen wurden nicht..)(Texxas)
2024: TIG TOG : " wääär ist der größte und schönste Hochkantdepp im ganzen Land? Du mein Meister...etz.."

Danke für diesen Beitrag: maxximale Info.
Was wäre, wenn es diese Paste als Streifen ( wie Kaugummi) gäbe und den picken ( verz. kleben) die Leute auf
die CPU-Fläche? Und weil die Eigenschaft ist, sich unter dem Kühler/ Wakü nach starten des Rechners ideal zu ver-
formen und anzupassen, ist maximale Wärme abfuhr und jeweilige Form des zu kühlenden teils optimal gewährleistet.

Und warum muss CPU-fläche SO KLEIN sein? ich weiß eh..

LG stern stern stern stern stern Peace :)

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e
eastcoast_pete

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1,484 Kommentare 839 Likes

Wow, woran liegt das denn? Wenn Du @Igor Wallossek hier nicht unter NDA liegst oder Quellen schützen musst, würd mich der Grund dafür sehr interessieren.
Ich will (muß) nämlich demnächst Mal einen Laptop verarzten, dem wohl auch die Paste eingetrocknet ist (wird jetzt schnell sehr warm und drosselt), und eine dünne Graphan Pad oder Folie wär dafür genau richtig.

Und, danke für den tollen Artikel, der wird gleich mit einem eigenem Bookmark versehen. Und meinem Spellcheck hab ich auch erst gerade "Graphan" beibringen müssen, der wollte es nämlich gleich in "Graphen" ändern, denn das kannte er schon.

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Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,841 Likes

Zu neu und zu teuer. Da fallen keine großen Margen ab und es hat auch noch keiner für sich entdeckt. :D

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konkretor

Veteran

298 Kommentare 301 Likes

Wann gibt es Paste mit dem Igorslab Logo zu kaufen

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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