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Das ultimative Wärmeleitpasten- und Pad-Kompendium: Anwendung, Bestandteile, Herstellung, Optimierung, Alterung, Gewinnmargen und Marketing

Die Leistungsfähigkeit der Silikon-basierten Pasten hängt natürlich auch stark von ihren Füllstoffen ab, die ihre thermischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften bestimmen. Ich teile dasGganze jetzt wieder in drei Gruppen ein, wobei es natürlich auch hybride Sonderfälle geben kann.

Metallbasierte Füllstoffe

Vorteile:
Metalle wie Silber, Kupfer und Aluminium bieten eine exzellente Wärmeleitfähigkeit, was zu einer effektiveren Wärmeabfuhr führt. Metallbasierte Füllstoffe behalten ihre thermischen Eigenschaften auch bei hohen Betriebstemperaturen bei. Ein Spezialfall ist dabei auch das sogenannte Flüssigmetall (LM)
Nachteile:
Die meisten Metalle sind elektrisch leitend, was ein Risiko für Kurzschlüsse darstellt, falls die Paste auf elektrische Kontakte gelangt. Der Aufwand beim Auftragen ist ungleich höher als sonst. Einige Metalle können zudem korrodieren, besonders in feuchten Umgebungen, was die Leistung der Paste über die Zeit verschlechtern kann. Zur Flüssigmetallpaste schreibe ich gleich noch etwas, hier muss man noch etwas weiter ausholen.

Keramikbasierte Füllstoffe

Vorteile:
Keramische Füllstoffe wie Boronitrid, Aluminiumoxid und Zinkoxid sind elektrisch isolierend, was sie sicher für Anwendungen macht, wo elektrische Isolation erforderlich ist. Sie sind zudem chemisch inert und reagieren nicht mit anderen Materialien oder Umgebungsbedingungen. Ergo bieten sie eine hohe chemische Stabilität.
Nachteile:
Obwohl sie eine gute Wärmeleitfähigkeit bieten, erreichen sie nicht die Werte metallbasierter Füllstoffe. Hochwertige keramische Füllstoffe können teurer sein als einige metallbasierte Alternative, müssen es aber nicht.

© igor’sLAB – feinstes Zinkoxid (ZNO) und gröberes Korund (AL2O3)

Korund (Aluminiumoxid, Al2O3) und Zinkoxid (ZnO) sind beides Keramikmaterialien, die in Wärmeleitpasten als Füllstoffe verwendet werden, um die thermische Leitfähigkeit zu verbessern. Beide haben ihre spezifischen Eigenschaften und Vorteile, aber ihre Wärmeleitfähigkeiten unterscheiden sich deutlich. Die Wärmeleitfähigkeit von Korund liegt typischerweise im Bereich von 20-30 W/mK, obwohl sie je nach Reinheit und Verarbeitung variieren kann. Korund ist ein sehr hartes Material mit guter thermischer Leitfähigkeit und hervorragender chemischer Stabilität. Es ist auch elektrisch isolierend. Aufgrund seiner höheren Wärmeleitfähigkeit wird Korund oft in Hochleistungs-Wärmeleitpasten verwendet, insbesondere dort, wo eine effiziente Wärmeabfuhr erforderlich ist.

Zinkoxid hat eine geringere Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu Korund, typischerweise im Bereich von 2-5 W/mK. ZnO ist ebenfalls ein elektrisch isolierendes Material und wird oft wegen seiner Verfügbarkeit und geringeren Kosten gewählt. Zinkoxid wird deshalb sehr häufig in Standard-Wärmeleitpasten verwendet, wo eine moderate thermische Leitfähigkeit ausreichend ist und die Kosten ein wichtiger Faktor sind. In der Praxis wird die Auswahl zwischen Korund und Zinkoxid in einer Wärmeleitpaste auf der Grundlage spezifischer Anforderungen an die Wärmeleitfähigkeit, die elektrischen Eigenschaften, die Kosten und andere Faktoren getroffen. In vielen Fällen können auch Mischungen aus beiden Materialien verwendet werden, um ein optimales Gleichgewicht zwischen Leistung und Kosten zu erreichen.

Kohlenstoffbasierte Füllstoffe

Vorteile:
Kohlenstoffmaterialien wie Graphen und Kohlenstoffnanoröhren bieten eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit und gleichzeitig elektrische Isolation (Graphan). Diese Materialien können in verschiedenen Strukturen hergestellt werden, um spezifische Anforderungen zu erfüllen. Damit sind sie äußerst flexibel einsetzbar.
Nachteile:
Die Produktion von hochreinen Kohlenstoffmaterialien kann teuer sein. Auch die Dispersion in der Matrix ist ein Knackpunkt. Die gleichmäßige Verteilung von Kohlenstoffmaterialien in der Trägermatrix kann nämlich sehr herausfordernd sein, was die Konsistenz der Wärmeleitfähigkeit beeinflussen kann.

©igor’sLAB – Von mir getestetes Graphitpulver

Durch die Kombination verschiedener Füllstoffe können Hersteller die Vorteile jedes Materials nutzen, um eine optimierte Balance zwischen Wärmeleitfähigkeit, elektrischer Isolation und Kosten zu erreichen. Die Entwicklung einer solchen Paste, die verschiedene Füllstoffe enthält, erfordert umfangreiche Forschung und Tests, um die Kompatibilität und Leistung sicherzustellen. Eine gewisse Sonderstellung nehmen hier auf die sogenannten Graphit-Pads ein, die seit vielen Jahren immer mal wieder durch das Marketing forciert werden.

Kroykompatible Füllstoffe

Die Auswahl der Füllstoffe spielt eine entscheidende Rolle für die Funktionsfähigkeit von Wärmeleitpasten bei Tiefsttemperaturen. Füllstoffe wie Silber, Aluminiumnitrid oder Boronitrid verbessern die thermische Leitfähigkeit von Silikonpasten. Für den Einsatz bei Tiefsttemperaturen ist es jedoch wichtig, dass diese Füllstoffe keine signifikante Kontraktion oder Expansion erfahren, die zu Mikrorissen oder Delamination führen könnte. Füllstoffe mit ähnlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten wie das Silikonmatrixmaterial sind vorzuziehen, um mechanische Spannungen bei extremen Temperaturschwankungen zu minimieren. Außerdem gibt es noch diverse Additive zur Verbesserung der Kryogenbeständigkeit.

Tiefenprüfung Wärmeleitpaste (ArcticMX-4): Mit Rasterelektronenmikroskop und Röntgenspektroskopie auf Schlangenöl-Suche. Was ist drin?

 

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Kommentar

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s
scotch

Veteran

153 Kommentare 103 Likes

Danke für den Artikel. Bis jetzt nur überflogen, werde ich mir aber noch in Gänze geben! Immer wieder Spannend. Vor allem Pads in aller Art ober auch Putty finde ich spannend.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Ich sags mal so: die Leute lassen sich viel zu viel blenden :D

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Inzingor

Veteran

198 Kommentare 120 Likes

Guten Morgen! Vielen Dank für den großartigen Aufsatz während meines ersten Kaffees. Er bestätigt zahlreiche Vorversuche von dir und auch meine Vermutungen.

Ich habe auch schon ein paar Mal teurere Pasten z.B. von Thermal Grizzly gekauft, und die ist nach kurzer Zeit bereits eingetrocknet gewesen. Einmal kam sie sogar steinhart an. Seitdem kaufe ich nichts mehr von diesem Laden und verwende nur noch die günstigen Arctic - und das funktioniert bis jetzt tadellos.

So ein Graphit-Pad ist für meinen nächsten PC angedacht, damit ich mir die Patzerei komplett erspare.

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arcDaniel

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Danke für den Artikel, hier gibt es viel zu lesen.

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4medic

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96 Kommentare 50 Likes

Danke für den lesenswerten Artikel und

Gruß

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big-maec

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859 Kommentare 508 Likes

Habe den umfangreichen Artikel eher aus Neugier gelesen, einiges wusste ich ja schon aus vorherigen Artikel, aber einiges war mir auch neu.
Im Moment bin ich aber bei CPU/GPU von der Paste weg und setze vorzugsweise Graphen Pads ein in der Hoffnung das die bei höheren Temperaturen über 70 C° länger halten. Bis jetzt bin ich mit den Pads auch soweit zufrieden und erreiche damit gute Werte, habe aber auch festgestellt. Je nach Hardware können bei der Montage neue Probleme auftauchen.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Ja, das ist alles etwas tricky, Graphan gibts ja noch nicht legal für Endanwender :(

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arcDaniel

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1,625 Kommentare 892 Likes

So habe nun den Artikel gelesen und für mich heisst das Zusammengefasst (für CPU/GPU Kühler):
-Ein Teueres Graphit-Pad, was auber ausgerichtet sein muss und was vielleicht nicht im Artikel explizit steht, wegen der dünne leicht reissen kann
-oder einfach eine ehrliche nicht zu teure Paste (ich nutze meist die Noctua NT-H2, 4Euro/gr) und wechsele diese wenn nötig

Das Säubern und neu Auftragen dauert keine 10 Minuten, wenn im vorfeld nicht übertrieben wurde und es funktioniert.

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Megaone

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Und immer und immer wieder. Solche Artikel finden sich nur bei Igor!

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m
mattiii

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16 Kommentare 8 Likes

deswegen nutze ich meist nur noch die mitgelieferte Paste der Kühler.
Bin früher aber auch mal aufs Marketing reingefallen, wegen idealerweise 2° besserer Temperaturen. :D

Und wenn man Punkte auf der CPU verteilt, ist auch die Viskosität egal, das macht dann der Anpressdruck.

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Megaone

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1,754 Kommentare 1,652 Likes

Vielleicht ist die Frage ja infantil, aber müssten nicht niedrigere Temperaturen die Lebensdauer der Pasten verlängern. Sowohl meine Wassergekühlte 3090 noch meine Luftgekühlte 4090 erreichen so gut wie nie die 65 Grad Grenze. Auch der Arbeitsspeicher der 3090 wird dank nachgerüsteter Pads nie heisser.

Handlungsbedarf besteht doch normalerweise erst bei steigenden Temperaturen?

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Das liegt einzig und allein an der verwendeten Matrix. Es gibt auch Hochtemperaturpasten und ein ganzes Kapitel zum Temperaturfenster bzw. auch zur Degradation.

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midwed

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Vielen Dank für den Artikel! (y) Werde ihn mir mal demnächst in Ruhe zu Gemüte führen 😄

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big-maec

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859 Kommentare 508 Likes

Okay, wusste ich noch nicht, aus Graphen kann man Graphan machen, mit einem kleinen Unterschied den man sich mal merken sollte.

Gibt es denn da schon Erkenntnisse oder Messwerte als Graphan-Wärmeleitpad ?

Hab da auf der Schnelle nur das gefunden:

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Igor Wallossek

1

10,272 Kommentare 19,011 Likes

Dazu stand was in einem meiner Artikel zu den Workstation-Grafikkarten.

.... Man benutzt eine komplett neue Art eines Wärmeleitpads und ich vermute hier, auch anhand der Materialanalyse, einmal Graphan statt des üblichen Graphens. Für Graphan statt Graphen spricht, dass man das Pad ziemlich sorgenfrei auch über SMD-Bauelemente gelegt hat, denn die reinen Graphit- oder Graphen-Pads sind elektrisch leitend. Also muss es die Materialanalyse richten. Wir sehen aber auch, dass es sich trotzdem auch um eine Art Phasenwechsel-Pad mit Burn-In handelt.

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Graphan, ein Werkstoff, der eng mit Graphen verwandelt ist, kann durch die Interaktion mit atomarem Wasserstoff erzeugt werden. Dieser atomare Wasserstoff wird mittels einer elektrischen Entladung in einem Wasserstoff-Argon-Gemisch produziert. In diesem Prozess wird jedes Kohlenstoffatom des Graphens mit einem Wasserstoffatom verbunden, wodurch Graphan entsteht. Die resultierende Bindungsstruktur von Graphan ähnelt der sesselförmigen Struktur von Cyclohexan. Interessanterweise verändert diese Wasserstoffbindung die elektronischen Eigenschaften des ursprünglichen Materials grundlegend. Während Graphen ein hervorragender elektrischer Leiter ist, wird Graphan zu einem elektrischen Isolator. Diese Eigenschaft macht Graphan besonders interessant für Anwendungen in der Elektronik, beispielsweise in der Entwicklung von Transistoren und Sensoren, oder aber für elektrisch isolierende Wärmeleitpads.

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:)

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Klicke zum Ausklappem
G
Guest

Das ist nichts neues!

1878: Zauberwunderwasserverkäufer. Wilder Westen. Mit Change auf Teeren und Federn ( KUndenbindung...lol) ( die Warzen der Damen wurden nicht..)(Texxas)
2024: TIG TOG : " wääär ist der größte und schönste Hochkantdepp im ganzen Land? Du mein Meister...etz.."

Danke für diesen Beitrag: maxximale Info.
Was wäre, wenn es diese Paste als Streifen ( wie Kaugummi) gäbe und den picken ( verz. kleben) die Leute auf
die CPU-Fläche? Und weil die Eigenschaft ist, sich unter dem Kühler/ Wakü nach starten des Rechners ideal zu ver-
formen und anzupassen, ist maximale Wärme abfuhr und jeweilige Form des zu kühlenden teils optimal gewährleistet.

Und warum muss CPU-fläche SO KLEIN sein? ich weiß eh..

LG stern stern stern stern stern Peace :)

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e
eastcoast_pete

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1,532 Kommentare 864 Likes

Wow, woran liegt das denn? Wenn Du @Igor Wallossek hier nicht unter NDA liegst oder Quellen schützen musst, würd mich der Grund dafür sehr interessieren.
Ich will (muß) nämlich demnächst Mal einen Laptop verarzten, dem wohl auch die Paste eingetrocknet ist (wird jetzt schnell sehr warm und drosselt), und eine dünne Graphan Pad oder Folie wär dafür genau richtig.

Und, danke für den tollen Artikel, der wird gleich mit einem eigenem Bookmark versehen. Und meinem Spellcheck hab ich auch erst gerade "Graphan" beibringen müssen, der wollte es nämlich gleich in "Graphen" ändern, denn das kannte er schon.

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Zu neu und zu teuer. Da fallen keine großen Margen ab und es hat auch noch keiner für sich entdeckt. :D

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konkretor

Veteran

305 Kommentare 313 Likes

Wann gibt es Paste mit dem Igorslab Logo zu kaufen

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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