Nach vielen Versuchen mit diversen Pads habe ich mich noch einmal dem Thema Flüssig-Metall-Pad angenommen. Denn wenn man es richtig verwendet, ist es eine wirklich smarte Geschichte. Nur liegen die (vermeintlichen) Hürden so hoch, dass bereits mindestens eine Generation an PC-Schraubern daran verzweifelt sein dürfte. Also zumindest ohne eine echte Anleitung, wie man das Pad nun wirklich zum “Schmelzen” bringt. Firmen wie Coollaboratory sind mit solchen Produkten beim Kunden in der Masse grandios gescheitert, was aber nicht am Pad selbst, sondern an der etwas zickigen Einbrenn-Phase und mangelndem Verständnis des Problems liegt
Ich erinnere mich noch sehr genau an meinen ersten Intel Q6600 und versetze mich mental bis in das Jahr 2007 zurück. Ihr wisst schon, das war der erste, damals noch zusammengeklebte Quad-Core mit einer für damalige Verhältnisse auch brachialen TDP von 130 Watt (B3 Stepping). Als Kühler hatte ich den Asus Silent Knight in Benutzung und – logischerweise – jede Menge Temperatur-Probleme. Was lag dann näher, als das gehypte Liquid Metal Pad von Coollaboratory zu erwerben und auf Abhilfe zu hoffen? Und nein, es hat, wie bei vielen anderen auch, leider nicht optimal funktioniert.
Da mir hier noch diverse Prototypen an Pads vorlagen, die ich im eigenen Labor für diverse Anbieter und Kunden teste, kam mir beim Durchstöbern der ganzen Samples die Idee, es doch noch einmal zu testen. Sicher, es ist ein anderer Hersteller (OEM), aber das Grundprinzip ist gleich. Ich habe hier ein auf 0,1 mm Stärke plattgewalztes Niedrigtemperatur-Lot (ca. 60 °C Schmelzpunkt), das zudem Gallium-frei ist und damit auch keine unedlen Metalle wie z.B. Aluminium angreift. Und so habe ich mich mit meinen Samples auf die Reise begeben, um das mit dem Burn-In auch wirklich idiotensicher zu realisieren und dabei gleich noch all die fiesen Fallstricke zu dokumentieren, die es nämlich auch gibt, leider.
Wenn alles schiefläuft
Man könnte meinen, etwas Überhang stört im Allgemeinen nicht. Nun ja. genau das mit dem “viel hilft viel” ist aber ein fataler Trugschluss. Ich habe das Ganze ebenfalls mit Absicht getestet, da ich aus einem Erstversuch mit austretenden Resten am Rand bereits gewarnt war. Legen wir also erst einmal ein zu großen Pad auf. Apropos auflegen: Pinzette oder Saugnapf, nur bloß keine fettigen Finger! Hat man sich dann vielleicht doch aus Versehen daktyloskopisch verewigt: Isopropanol, Mikrofasertuch und danach abtrocknen lassen.
Das Pad ist 0,1 mm dick und ich habe mir mit Absicht einen Intel Core i9-11900K geschnappt, dessen IHS ich schon einmal 3D vermessen hatte. Es gibt eine Wölbung in der Mitte über dem länglichen Die, hochstehende Ecken und an den Längsseiten etwas niedrigere Kanten. Wenn etwas Lot austreten sollte, den nicht an den Ecken sondern eher an den Längsseiten. Wer glaubt, so ein Intel-IHS wäre jetzt eindeutig konvex oder konkav der irrt, denn es gibt ja noch die hochstehenden Ecken, die auf dem Niveau des Die-Buckels in der Mitte liegen.
Genau das sehen wir nach dem Burn-In und dem später wieder abgenommenen Wasserblocks sehr deutlich. Warum das Ganze noch aussieht wie ein Plättchen, das erkläre ich gleich noch. Dass es geschmolzen war, sehen wir am ausgetretenen Lot (linke Kante, oben) und den plattgedrückten Ecken, zu denen ich ja schon etwas geschrieben habe. Das mit dem Lot ist allerdings schon etwas fies.
Ich habe das Lot mal ganz vorsichtig abgezogen, wobei der Großteil auch willig folgte. Nur ein paar kleine Stellen klebten noch an der CPU, am vernickelten Kühler war gar nichts, der ließ sich im heißen Zustand nach etwas Widerstand klaglos abnehmen, ohne das ganze Lot mitzureißen. Was wir hier jetzt sehen, ist der Tropfen, der sich an der niedrigsten Stelle des IHS, also der Kante, gebildet hat. Viel mehr hätte es nicht sein dürfen, um durch den Sockel zu gelangen. Das ist hochgradig gefährlich und wir werden gleich noch sehen, wie man das vermeidet. Nagellack scheidet hier ja aus.
Auch ein viel zu schnell angegangener Burn-In hilft nicht weiter und so ist es im Normalbetrieb kaum möglich, das Pad vollständig zu schmelzen. Fettfinger und sonstige Verunreinigungen sorgen für weitere Stolpersteine. Am Ende muss eine wirklich narrensichere Handlungsweise dafür garantieren, dass man eine sehr gute handelsübliche Wärmeleitpaste überhaupt schlagen kann. Wie das geht, seht Ihr auf der nächsten Seite.
Zusammenfassung möglicher Fehler
- Falsche Pad-Größe
- Verschmutztes Pad oder unsauberer IHS
- Zu wenig oder ungleicher Anpressdruck
- Zu schneller Burn-In oder zu zeitiger Abbruch
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