Audio Audio/Peripherie Sound System Testberichte

[UPDATE] Audio-Roundup: 2.0- und 2.1-Soundsysteme im Vergleichstest

Kurzvorstellung und Lieferumfang

Klipsch? Kann man kennen, muss man aber nicht – oder sollte man besser doch? Die markanten Lautsprecher mit dem Hornstrahler haben bereits Generationen von Käufern polarisiert.

In Form eines aktiven Boxenpaars ist Klipsch nun in einer Preisregion angekommen, die selbst für Otto Normalhörer interessant werden könnte – zumindest wenn dieser akustische Qualitäten schätzt, mal eben um die 400 Euro übrig hat und so richtig schön konnektivitätsbedürftig ist.

Das ist für viele potenzielle Käufer zwar immer noch eine ordentliche Stange Geld, keine Frage. Aber es ist zumindest nicht zu viel für den gebotenen Gegenwert – wenn man es sich denn leisten kann und möchte.

Da oft gefragt wird, wo wir die Testmuster beziehen: Viele der Testobjekte – auch die Klipsch-Boxen und der dazu passende Subwoofer – sind keine Golden Samples der Hersteller, sondern wurden aus dem eigenen Testbudget gekauft.

Andere stammen von den Distributoren oder direkt aus dem Handel, jedoch eher selten vom Hersteller direkt. Deshalb finden wir auch mal die eine oder andere kleine Macke, was nicht an unserer Kleinlichkeit liegt, sondern lediglich den Kundenalltag reflektiert.

Deshalb ist es auch fair zu erwähnen, dass wir den ersten Satz Boxen zurückgeschickt haben, weil sie äußerlich beschädigt waren. Das war auch einer der Gründe, warum wir beim zweiten Satz etwas genauer hingesehen haben.

Doch was treibt uns dazu, gerade diese aktiven Lautsprecher von Klipsch zu testen? Einerseits kann man alles Mögliche anschließen – vom PC (USB, SPDIF) über Smartphones (Bluetooth) bis hin zu analogen Quellen (Klinke, RCA) – das können andere aber auch. Doch einen Plattenspieler mit MM-System ohne eingebauten, speziellen Entzerrer/Vorverstärker mochten alle bisherigen aktiven Testkandidaten mit 08/15-Eingang nämlich bisher nicht – die Klipsch-Boxen dagegen schon. Also kann man schon mal guten Gewissens wieder das Vinyl rauskramen.

Beim Zubehör geht es auch recht bunt zu. Neben dem etwas unglücklich gewählten Lautsprecherkabel (zu starr dank doppelter Isolierung, dafür nur geringer Querschnitt) von der aktiven rechten zur passiven linken Box (samt verzinnter Enden) gibt es ein RCA-Kabel, ein optisches Kabel (etwas arg kurz), ein USB-Kabel sowie ein Kaltgerätekabel. Außerdem gibt es noch eine Fernbedienung im Scheckkartenformat und das obligatorische Handbuch.

Die kleine Fernbedienung hat durchaus ihre Qualitäten. Denn obwohl es sich um die übliche Chinaware mit äußerst mauen Druckpunkten handelt, bietet sie doch eine ordentliche Funktionalität, die von der Laustärkereglung über die Pegelanpassung für den Subwoofer bis hin zum Umschalten der Eingänge und dem Fernsteuern der über Bluetooth angeschlossenen Geräte reicht – solange letztere das BT-Standardprotokoll unterstützen.

 

Optik, Haptik und Chassis

Doch stellen wir die 31,8 cm in der Höhe, 17,8 cm in der Breite und 20,6 cm in der Tiefe messenden Lautsprecher erst einmal auf den Tisch. Ein Schwerathlet muss man dafür übrigens nicht sein, denn mit knapp unter fünf Kilo pro Box hebt man sich keinen Bruch.

Ein gut versteifter Kopus ist allerdings die Voraussetzung für eine solche Leichtbauweise aus eher dünnem MDF-Material – denn das befindet sich unter der Klipsch-typischen Folierung, die der Hersteller als „Brushed Black Polymer Veneer“ bezeichnet. Wären nicht die kleinen Luschigkeiten bei der Folierung, könnte man den Auftritt optisch als nahezu perfekt beschreiben.

 

 

Ein weiterer Grund, diesmal Klipsch zu testen, sind die verwendeten Chassis und die Sache mit dem Hornstrahler sowie der schon lange nervende Haben-Wollen-Drang des Testers.

Hinter dem für Klipsch typischen 90°x90°-Tractrix-Horn sitzt nämlich ein spezieller Ein-Zoll-Treiber mit Aluminiummembran. Das Ganze klingt definitiv anders als „normale“ Seidenkalotten und macht zum Großteil (auch wegen der dazugehörigen Optik) genau das aus, woran man Klipsch-Boxen meist sofort (wieder)erkennt. Neben der mit bronzefarbenen Propylen beschichteten Membran des Mittel-/Tieftöners natürlich, der als 13,3 Zoll großer IMG-Woofer akustisch und auch optisch keine schlechte Figur macht.

 

 

Das Innenleben ist so unspannend, wie es überwiegend konservativ ist. Die aktive rechte Box beherbergt die Elektronik, die als Sandwich aus drei zugelieferten Platinen besteht. Das Schaltnetzteil von Hanny (Foshan Hanyi) ist ausreichend bemessen, aber es kann die hörbaren Impulse beim Eingangspegel-abhängigen Zu- und Abschalten des Systems nicht unterdrücken. Eine Relaissteuerung sucht man hier leider vergebens.

In der Mitte liegt die auf Klipsch gelabelte Endstufenplatine, deren Verstärker auf einem Vierkanal-Chip basieren dürfte, der jeweils zwei Kanäle in Brückenschaltung nutzen kann (Bridge Tied Load). Damit sind laut Datenblatt insgesamt pro Kanal 50 Watt (Herstellerangabe, leider ohne Angabe des Messverfahrens) möglich, wobei wir an der passiven Box immerhin noch ca. 44 Watt Sinus Dauerton bei einem KHz messen konnten, bevor hörbare Verzerrungen einsetzten.

Da Klipsch auf einen sanften Low-Cut setzt und keine sinnlose Power an Frequenzen verschenkt, die das System aus physikalischen Gründen sowieso nicht abstrahlen kann, sind die erreichbaren Lautstärkepegel dann auch recht ordentlich. Die Kühlung erfolgt über einen Block aus Strang-Aluminium, der mit der Trägerplatte verschraubt ist.

Auch die passiv ausgeführte Lautsprecherweiche jeder Box gefällt uns, die als LC-Brücke den Übergang bei etwa 1,8 KHz setzt und dabei nicht allzu schmalbandig ausfällt.

Die Innendämmung geht so in Ordnung, die Steifigkeit auch. Das Bassreflexrohr sitzt im oberen Drittel der Box, etwas versetzt hinter dem Tweeter. Klipsch gibt einen Frequenzverlauf von 62 Hz bis 24 KHz (+/- 3 dB) an, der ehrlich ist und von unseren (noch folgenden Messungen) bestätigt wurde – auch wenn der Superhochton im Abstand von etwa drei Metern im Freifeld dann doch etwas stärker im Pegel abfällt.

 

 

Die Vorstufenplatine kombiniert die analogen Eingänge (RCA Eingang für Plattenspieler, Line-In) mit den Digitaleingängen (USB, SPDIF) sowie dem Bluetooth-Modul und der Fernsteuerungslogik.

Was uns jedoch etwas ratlos zurücklässt ist der Umstand, dass dieses System ein recht hohes Grundrauschen aufweist, das ursächlich von der recht günstig gestalteten Vorverstärkeplatine kommt. Das Layout gestattet es auch nicht, einmal eingestellte Lautstärkepegel quellenbezogen abzuspeichern; das klappt nur beim Subwooferausgang.

Konnektivität und Usability

Die Konnektivität ist sehr gut, denn neben den beiden umschaltbaren analogen Eingängen mit unterschiedlicher Empfindlichkeit und Charakteristik (Phono-Modus), gibt es noch die beiden Digitaleingänge (USB, SPDIF).

Die Verbindung über Bluetooth ist innerhalb des Raumes bis reichlich sieben Meter recht stabil und das Pairing schnell erledigt. Doch es gibt auch noch einen Ausgang für einen optionalen Subwoofer, der das Stereo-Signal auf einen Mono-Kanal heruntermischt, jedoch leider über keine Frequenzweiche verfügt.

Neben dem elektronisch umgesetzten Lautstärkeregler, der als Druckschalter auch zur manuellen Kanalwahl genutzt werden kann, findet man noch die beiden Klemmen für das Kabel zum linken Lautsprecher und einen Erdungsanschluss.

Der letztgenannte Anschluss macht dann Sinn, wenn man einen analogen Einspieler wie beispielsweise einen Plattenspieler oder einen Tuner nutzt und dann ein Massebrummen bzw. eine Erdschleife auftritt (gern auch wegen des Antennenkabels bei älteren Kabelanlagen). Viele ältere Geräte der gehobenen Klasse bieten diese Option ebenfalls, so dass man hier bei dieser Kombination bestens gewappnet sein dürfte.

Einen echten Netzschalter findet man auch noch, was leider nicht mehr selbstverständlich ist. Made in China muss übrigens kein Ausschlusskriterium sein, solange das Qualitätsmanagement des Herstellers greift und man sich auf den OEM verlassen kann.

An dieser Stelle könnte bei Klipsch durchaus noch etwas Nachholebedarf bestehen, denn neben den optischen Nachlässigkeiten bei der Folierung waren es vor allem die Platinen, die bereits rein optisch zu großen Fragezeichen führten. Wir haben mittlerweile auch den deutschen Distributor kontaktiert und warten auf die Auswertung von einer speziell gezogenen weiteren Stichprobe.

Subwoofer-Betrieb und nötige Moddings

Wir haben – auch für den Test – das Gerät sowohl ohne als auch mit Subwoofer betrieben und letzteren später sogar mit ins Messlabor gewuchtet. „Wuchten“ ist hier das richtige Wort, denn der Klipsch R-12 SW ist im Gegesatz zu den Boxen kein Leichtgewicht, aber das war es uns dann schon wert.

Die mitgelieferten kleinen Klebefüße aus Gummi sehen wir kritisch, weil sie für die akustisch Entkopplung völlig wertlos sind. Da sollte man schon beim echten HiFi-Zubehör zuschlagen und zum Beispiel Produkte wie die unten abgebildeten Entkopplungsfüße mit Spikes aus Gummi verwenden. Der erzielte Effekt ist grandios und sowohl auf dem Schreibtisch als auch im Wohnbereich macht eine solche Entkopplung wirklich Freude.

Für den Subwoofer nutzen wir statt dessen breiten Gummiaufstellern besser Metallspikes mit Gegenstück (der Fußboden wird es danken). Doch nicht nur wir profitieren vom nunmehr deutlich ausgewogeneren Klangbild, sondern auch die Nachbarn in der näheren Umgebung (deutlich reduzierter Körperschall!).

Messung und Sound-Check

Doch lassen wir den Dicken erst einmal beseite. Die Messung des aktiven Boxenpaares im Solo-Betrieb zeigt einen erfreulich ausgeglichenen Frequenzverlauf, der knapp unterhalb von 1,8 KHz einen leichten Knick nach oben aufweist und danach im Pegel um ca. 2,5 bis 3,3 dB ansteigt. Bis etwas über 15 KHz bleibt dann auch alles im Lot, wobei der Höhenabfall danach nur im Freifeld so deutlich ausfällt.

Der Bass beginnt unterhalb von ca. 60 Hz deutlich zu schwächeln, was Klipsch selbst so im Datenblatt auch beschreibt. Unterhalb von 50 Hz geht es dann bereits rapide in Richtung Nirgendwo. Aber auch das ist kein Geheimnis und letztendlich dem sinnvollen Low-Cut geschuldet, der bei 54 Hz – also unterhalb der großen Basstrommel – dann so richtig einsetzen sollte.

Nutzt man hingegen einen Potenzverstärker für untenrum, dann füllen sich der Raum mit Bass und die Augen mit Freudentränen. Wenn man die Crossover-Frequenz auf 80 Hz oder niedriger treibt, dann kann man sich das Ganze guten Gewissens auch dann noch anhören, wenn es keine Helene-Fischer-Gedächtnisveranstaltung sein soll, sondern ernsthafte Musik eingespielt wird.

Wir haben nach der Messung den R-12 SW noch einmal selbst modifiziert und die untere Grenze der Frequenzweiche auf rund 50 Hz abgesenkt. Das klingt dann sogar noch einen Tick besser und vor allem deutlich softer.

Dass das System selbst keinerlei Regelmöglichkeiten für den Klang bietet, wird man schnell verzeihen, weil akustische Verschlimmbesserungen sowieso oft überfüssig sind.

Kommen wir nach so vielen flachen Kurven zum rein subjektiven Klangerlebnis. Das System spielt für Regalboxen ohne Subwoofer zwar recht tief, aber vor allem für Orchesterwerke nicht tief genug. Die Kontraoktave kommt nicht ins Ziel, ist aber zumindest in den ersten Ansätzen noch etwas präsent. Die Subkontraoktave ist dann etwas für Außerirdische. Das ändert sich schlagartig, wenn der gut eingestellte optionale Subwoofer mit aufspielen darf. Dann ist das akustische Mehr-Gänge-Menü eine akustische Kalorienbombe allererster Güte.

Der Oberbass und die unteren Mitten sind mit und ohne Subwoofer ein Genuss, auch wenn wir den Subwoofer wegen des etwas zu fetten Oberbasses im Übergang später manuell etwas tiefer gemoddet haben. Die Wiedergabe ist geradezu schmeichelnd und bleibt auch relativ neutral, so dass männliche und später auch weibliche Vocals im Grundton nahezu unverfälscht bleiben und auch alle relevanten Instrumente immer genau so agieren, wie man es erwartet.

Der Mittel- und Hochton sind beide frei von Fehlern und lösen zudem sehr gut auf. Vor allem im Mitteltonbereich macht der verbaute 13,3-Zöller eine extrem gute Figur. Im Vergleich zum eher trockenen Nubert-System (A200), beibt der Eindrück einer gewissen Wärme und Fülle zurück. Die räumliche Zuordnung passt und die Bühne gestaltet sich im Rahmen dessen, was man bezahlt hat. Das ist am Ende dann schon ordentliches Kino.

Beim Hochton und Superhochton sind die verwendeten Hörner eine gewisse Besonderheit. Der leicht angehobene Pegel führt zu einer subjektiv empfundenen Brillanz, die man mögen muss. Güttlers Bachtrompete klingt geradezu grandios und sowohl Bläser als auch Streicher sind die großen Gewinner dieser speziellen Auslegung. Wer auf gehauchte Vocals steht, wird sich vielleicht an den überdeutlich ausgeprägten Sibilanten ein wenig stören. Uns jedenfalls hat es gefallen, denn der Bereich zwischen fünf und acht Kilohertz gleitet nie ganz ins Metallische ab, obwohl es bereits eine gewisse Gratwanderung ist.

Insgesamt ist die Performance über den gesamten Frequenzbereich sehr ausgeglichen und fast schon neutral. Beim oberflächlichen Hinhören würde man wegen der warmen Grundtöne und des doch sehr selbstbewussten Hochtons auf eine leichte Badewannenabstimmung tippen, aber die Messwerte sprechen da eine etwas andere Sprache. Womit auch erneut belegt wäre, dass Kurven und subjektives Empfinden wohl nie eine haltbare Ehe eingehen können.

Fazit

Das Klipsch R-15 PM ist eine sehr interessante Offerte – egal ob mit oder ohne optionalen Subwoofer. Man bekommt für ca. 400 Euro einen echten Einstieg in die HiFi-Klasse, obwohl es natürlich auch noch deutlich besser (und damit teurer) geht. Aber es ist bereits ein schöner Schnupperkurs – auch was die Hörner betrifft, die jedoch polarisieren könnten.

Das Lebendgewicht von knapp fünf Kilo pro Box ist keine bautechnische oder statische Hürde, so dass die Boxen so ziemlich überall aufgestellt werden können. Mit passenden Dumpern gewinnen sie noch einmal an klanglicher Neutralität und fügen sich auffällig unauffällig auch in eine moderne Wohnlandschaft ein.

Preislich ist man übrigens genau dort, wo Edifier auch sein S1000DB platziert hat, das wir ja ebenfalls getestet hatten. Nur spielen die Klipsch bewusst in einer anderen Welt.

Während man bei Edifier vor allem im Tieftonbereich mit den über 16 Kilo schweren Aktivboxen punkten konnte, ist bei Klipsch alles anders. Bass ja, aber Mitten und Höhen sind besser. Und so luftig, wie die Höhenlagen präsentiert werden, ist auch das Gewicht von nur knapp fünf Kilo.

Klipsch muss man mögen, aber es war ja schon immer kein echter Fehler, einfach einmal anders zu sein und sich von der gesichtslosen Masse abzuheben. Dann jedenfalls verzeiht man auch eher kleine Nachlässigkeiten, die man bei fader Massenware nicht zu tolerieren bereit ist. Es sind eben zwei kleine Diven, die geliebt werden wollen. Sei es drum: Es macht einfach nur Spaß, mal genauer zuzuhören.

Pro Kontra
– auffälliges Design
– leichter, aber sehr steifer Korpus
– gutes Chassis, ordentliche Frequenzweichen
– Bluetooth, viele herkömmliche Eingänge
– Phono-Eingang mit Entzerrer-Vorverstärker
– schwacher Tiefbass
– teilweise nachlässige Verarbeitung
– wahrnehmbares Grundrauschen

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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