Der 12VHPWR-Adapter für die GeForce RTX 4090 ist leider schon eine Art Running Gag und so wird das Thema mittlerweile durch alle mehr oder weniger gut informierten Medien geprügelt. Dabei wäre etwas emotionslose Aufarbeitung sicher keine schlechte Idee, um auch erhitzte Gemüter wieder zu beruhigen und das Ganze mal wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Deshalb ist der heutige Artikel nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern ich habe auch einige technische Fakten und Unterlagen zusammengestellt, die die Komplexität des Problem gut wiedergeben.
Es wäre auch falsch, den Anwender als alleinigen Schuldigen hinzustellen, selbst wenn der Faktor Mensch hier eine sehr große Rolle spielt. Da muss sich derjenige mit einem defekten Verbinder noch nicht einmal schuldig fühlen, denn es ist immer noch die Aufgabe der Industrie, solche Dinge auch anwendersicher zu produzieren. Doch immer der Reihe nach, denn ich habe einige neue Erkenntnisse, die man wirklich chronologisch vorstellen muss. Dass die Folgen schlechter Verbinder letztendlich aus einer langen kausalen Kette entspringen, macht es auch nicht einfacher.
Mein Dank geht an dieser Stelle natürlich wie immer an meine Quellen aus den R&D verschiedener Grafikkarten-Boardpartner (AIC), die ich an dieser Stelle natürlich nicht namentlich nennen werde, an Christian Rex von be quiet! für die ganzen Kabel und Erkenntnisse, sowie natürlich auch an Gabriele Gorla (Director of Engineering at NVIDIA), mit dem ich gestern noch ein längeres Gespräch führen konnte. Letzterer hat mir auch sehr glaubwürdig dargelegt, wie Ernst NVIDIA das Problem nimmt und warum er sich gerade in Taipeh aufhält. Natürlich muss man alle Seiten hören und schlussendlich die Argumente gut gegeneinander abwägen, denn vieles deckt sich durchaus, nur eben unter anderen Blickwinkeln.
Der x4-Adapter von Astron – Theorie und Praxis
Da Astron als Hersteller des Adapters (x4 und x3) federführend ist, habe ich mir als als Einführung einmal die Konstruktionspläne für diesen Adapter besorgt. Die wichtige schematische Übersicht stelle ich hier exemplarisch voran, denn sie zeigt auch, dass einige der bisher festgestellten Mängel so hätten gar nicht auftreten dürfen.
Ich hatte ja über den aufgeschnittenen Stecker berichtet, dessen Lötstellen auf den Pads recht kritikwürdig ausfielen, zumal auch die Lötqualität allen Normen widersprach (Bild unten). Dazu kommt, dass die Zuordnung der Kabel zu den Lötpads der Kontakte der Vorgabe aus der Zeichnung (Bild oben) widerspricht. Ein diesem (und einigen weiteren) Fällen muss man von einem Produktionsfehler ausgehen, der sich letztendlich wohl auf einen einzigen Herstellenden reduzieren lässt, der die Zuführungen aus Unkenntnis falsch positioniert hat. Das erklärt dann auch die Seltenheit dieses Fehlers, der aber durch eine ordentliche Schulung und die obligatorische Qualitätskontrolle vermeidbar gewesen wäre.

Dass man eine dermaßen starke 14AWG-Litze mit über 2 mm² Nennquerschnitt starr auf solche filigranen Lötpads auflötet, ohne jedoch für eine adäquate Zugentlastung zu sorgen, halte ich für einen schwerwiegenden Konstruktionsmangel. Ob so etwas in dieser Form in Deutschland bzw. der EU überhaupt zulässig bzw. verkehrsfähig ist, überlasse ich an dieser Stelle dem Urteil Dritter, denn es ist zwar eine mögliche Bruchstelle, aber nicht die Ursache für thermische Verformungen und verschmorte Stecker. Was man auf der Zeichnung jedoch nicht sieht, sind die genutzten Federkontakte im Stecker. Zu diesem Thema habe ich gleich noch weitere Erkenntnisse und es führt mich zu einem weiteren Mitspieler, denn in manchen Schachteln der Boardpartner finden sich auch Adapter eines anderen Herstellers.
Der x4 Adapter von NTK
NTK ist ebenfalls ein taiwanesisches Unternehmen und quasi auch ein direkter Mitbewerber von Astron. Da ich mittlerweile nicht wenige Adapter einsammeln konnte und auch von einigen R&D der Boardpartner weiß, dass man sich dort mit eigenen Vergleichsmessungen verschiedener Adapter beschäftigt, war ich auch sensibilisiert genug, die unterschiedliche Herkunft der Adapter mit bloßem Auge zu erkennen. Beide tragen das NVIDIA-Logo und sehen auf den ersten Blick auch völlig gleich aus. Naja, zumindest fast. Denn es gibt hier zwei mehr oder weniger gravierende Unterschiede.
Der erste Unterschied ist die Nase der Arretierung. Rein subjektiv getestet und nach den Blindtests mit Dritten lässt sich der Stecker von NTK besser einrasten. Sowohl vom taktilen Feeling her als auch dem leichten akustischen Klick-Geräusch. Er lässt sich auch einfacher lösen, was die Usability und die Betriebssicherheit durchaus erhöht. Zum Problem des richtigen Einsteckens komme ich aber noch. Der zweite Unterschied liegt in den genutzten Federkontakten. Astron nutzt Federkontakte mit zwei Schlitzen, NTK nur einen.
Auch das verwendete Material im Spritzguss scheint etwas abzuweichen, wohl für beide Stecker Nylon 66 (PA66) angegeben wurde. Der Stecker von NTK wirkt an der Oberfläche etwas gröber und man sieht nach dem Stecken auch mehr „Schleifspuren“, aber störend ist dies nicht. Woran das im Detail liegt und ob auch Fertigungstoleranzen beim Guss noch eine Rolle spielen, das kann ich leider auf die Schnelle nicht nachprüfen.
Astron x4 | NTK x4 |
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Soweit mir bekannt ist, sind anfangs einige Karten von Zotac (PC Partner) mit NTK-Adaptern ausgestattet worden. Darüber hinaus haben auch andere Partner wie Gigabyte eigene Untersuchungen zu diesen NTK-Adaptern angestellt und diesen zumindest einen geringeren Übergangswiderstand (vor allem bei mehrmaligen Einstecken) bescheinigt. Gabriele Gorla hatte mir gestern diesbezüglich auch Messdaten von Astron gezeigt, welche dem Astron-Stecker auch nach 10-maligem Einstecken noch weniger als 1,5 mOhm über die komplette Last-Bandbreite bescheinigten. Das steht zwar etwas im Widerspruch zu den Erkenntnissen eines Boardpartners, der den NTK-Kontakten eine höhere Durability und den niedrigeren Widerstand bescheinigt, aber da ich beides weder belegen, noch widerlegen kann, belasse ich es bei einer Erwähnung.
Um die Problematik der Federkontakte zu verstehen muss man sich auch mit den Grundlagen beschäftigen. Der doppelt geschlitzte Kontakt von Astron folgt dem sogenannten „Tulip“-Design, wo sich die Kontakte der einen Seite federnd um einen Mittelkontakt der Gegenseite anpressen. Da man das am ehesten mit der Form einer Tulpe vergleichen kann, trägt dieses System auch diesen bezeichnenden Namen. Im Übrigen ist beim Astron-Stecker nur einer der beiden Schlitze durchgehend bis fast zum Ende des Kontakt-Weges, der zweite ist etwas kürzer, um ein Aufbrechen zu vermeiden. Die „Finger and Wedge“-Kontakte bzw. Stoßkontakte ( „Butt“) Kontakte spielen hier weniger eine Rolle.
Der Kontakt von NTK ist ebenfalls im weitesten Sinne noch ein „Tulip“-Design, allerdings hat man sich hier mit Absicht auf einen einzigen durchgehenden Schlitz beschränkt. Das erhöht die Haltbarkeit und Stabilität signifikant, schränkt möglicherweise aber auch die Leichtgängigkeit beim Einstecken etwas ein. Der Stecker von NTK benötigt generell eine etwas höhere Einpresskraft, was ich persönlich aber als nicht sonderlich störend empfinde, denn es gibt noch viele weitere Faktoren wie die Reste des Spritzgusses am Stecker, die den Steckvorgang deutlich prägnanter behindern können.
Ich habe für Euch auch noch eine exklusive Folie von NVIDIA, die beide Kontakte und auch Messungen dokumentiert. Viel Spaß beim Durchblättern!
CEM5 Connector - Plug comparisonWomit wir de facto beim Einstecken angekommen wären, zu dem ich auch noch ein paar Worte verlieren muss (und ja auch schon einmal hatte, sogar mit einem Video). Dazu mehr auf der nächsten Seite.
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