Wer jetzt pauschal auf den neuen 12VHPWR einprügelt (obwohl mir das Teil auch nicht so richtig gefällt), kann zwar damit netten Traffic generieren, aber er hat das eigentliche Problem mit den vermeintlich brandgefährlichen und schmelzenden Anschlüssen oder Kabeln einfach nicht erkannt. Auch wenn gewisse YouTube-Größen da anderer Meinung sind, weil man im 12VHPWR mal wieder ein williges Hassobjekt gefunden zu haben scheint: Dieser Anschluss ist an sich nämlich durchaus sicher, auch wenn es nachvollziehbare Bedenken hinsichtlich der Handhabung gibt.
Das mit dem “sicher” gilt jedoch nur dann, wenn z.B. die verwendeten Zuleitungen vom Netzteil mit “nativem” 12VHPWR-Stecker eine gute Qualität und 16AWG-Leitungen besitzen oder zumindest der verwendete 12VHPWR zu 4x 6+2 Pin Adapter auch das bietet, was er verspricht. Womit wir auch direkt schon beim wirklichen Auslöser der aufgetretenen Fälle angekommen wären: Es handelt sich um die von NVIDIA allen Boardpartnern exklusiv zur Verfügung gestellten Adapter-Lösung, die im inneren Aufbau brandgefährliche Mängel aufweist!
Unsere Untersuchung hat nun auch NVIDIA auf den Plan gerufen, jedoch noch nicht offiziell, sondern nur in den eigenen Boardpartner-Kreisen.
Adapter-Gate? NVIDIA brieft heute früh alle Boardpartner und macht Schäden zur absoluten Chef-Sache
Betrachten wir nun als Erstes schnell noch einmal das typische aufgetretene Fehlerbild, wenn so ein Adapter einen Defekt auslöst, bevor wir uns auf die Spurensuche im Inneren des von NVIDIA vertriebenen Zubehörs begeben. Und bevor man jetzt pauschal auf den PCIe 5.0 Steckverbinder einprügelt, erkennt man ja bereits sogar als Laie am Fehlerbild und der Lastverteilung, was bzw. wo der eigentliche Auslöser gewesen sein muss.
Zur Erinnerung zeige ich Euch jetzt auch noch einmal kurz das Blockschaltbild des speziellen NVIDIA-Adapters, wobei uns hier nur die oberen sechs gelben Anschlüsse des Steckers einschließlich der Brücke interessieren. Elektrisch sind nämlich alle 12V-Pins noch miteinander verbunden und dann auch noch einmal mit den vier zuführenden Leitungen:
Die traurige Wahrheit liegt IM Stecker, nicht AM Formfaktor
Ich bin mir ziemlich sicher, dass NVIDIA selbst nicht so genau weiß bzw. wusste, was der Supplier da im Inneren des vergossenen Steckers für eine Kontakt-Party veranstaltet. Sonst hätte man dieses Teil in dieser Form gar nicht abnicken dürfen. Wenn man hier nämlich Schicht für Schicht abträgt, dann kommt schrittweise etwas zum Vorschein, was man besser gar nicht erst gesehen hätte:
Es verteilen sich insgesamt vier dicke 14AWG-Leitungen auf insgesamt sechs Kontakte, wobei die beiden äußeren Leitungen an jeweils einen Pin angelötet werden und die beiden mittleren an jeweils zwei Pins. Lötbasis ist eine lediglich 0,2 mm dünne Kupferfolie mit 2 mm Breite pro eingehender Leitung, was für die mittleren Anschlüsse dann 4 mm pro Paar ergibt. Darauf eine bzw. sogar zwei 14AWG-Leitungen zu verlöten, ist arg sportlich. Konfuzius sagt dazu lapidar, “Was eingegossen ist, sieht man nicht und was man nicht sieht, kann auch nicht kaputt gehen.”
Doch allein schon das vorsichtige Abheben der umhüllenden Schicht lässt die dünne Folie sofort reißen. Womit wir auch sehen, dass das Abbiegen der Kabel am Stecker im Gehäuse derartige Schäden verursachen kann. Wackelkontakte bzw. unsichere Brücken, sowie erhöhte Widerstände in folge solcher Aktionen sind bei diesen Stromstärken jedoch hochgefährlich und führen sehr schnell zu genau den Fehlern, die wir bereits weiter oben gesehen habe. Und man erkennt nun auch, warum besonders die beiden äußeren Kontakte des Steckers betroffen sind. Die verschmorte Buchse an der Karte ist dann lediglich der Folgeschaden.
Man kann aber den Stecker noch weiter auftrennen und schauen, was sich da im Inneren genau befindet. Denn auch dieses Detail ist hochinteressant für die Ursachenforschung. Wir sehen, dass die Kontakte im Stecker noch einmal untereinander verbunden sind. Wenn jetzt im schlimmsten Fall die äußeren zwei Leitungen abbrechen, fließt der gesamte Strom in der Mitte über die verbleibenden zwei Leitungen und verteilt sich dann erst wieder im Stecker. Doch auch diese “Folie” ist dünn und ersetzt kein echtes 14AWG. Dass das dann richtig heiß wird, muss man sicher nicht noch extra erklären..
So geht 12VHPWR richtig!
Man kann den Anschluss mögen oder auch nicht, aber man muss auch bei den Tatsachen und der Wahrheit bleiben. Dass es auch anders geht, zeigen die nativen 12VHPWR-Kabel der besseren Netzteile. Im Übrigen habe ich mittels Widerstandmessfühlern auch am 12VHPWR gemessen und absolut unverdächtige Temperaturen feststellen können (Bild oben). Bei reichlich 530 Watt waren es unter 60 °C und selbst die Maximaltemperatur von knapp 68 °C konnte ich erst nach einer Stunde mit 600 Watt im Stresstest nachweisen. Da schmilzt aber definitiv noch nichts!
Ein gutes Beispiel für eine funktionierende Verbindung sind z.B. die beiden 12VHPWR-Kabel des neuen be quiet! Dark Power Pro 13, die ich hier jetzt noch exemplarisch zeige. Denn da muss man auch nicht den Spagat mit den Spannungsbrücken machen, sondern spendiert jeweils einem Pin eine eigene 16AWG-Leitung. Sicher, 12 dicke Leitungen in einem Kabel sind jetzt auch nicht so sexy, aber es ist zumindest eine exakte und saubere Lösung. Ich habe diese Kabel ebenfalls mehrmals direkt am Stecker abgeknickt und einen Großteil meiner Tests für die GeForce RTX 4090 sowie den Intel Core i9-13900K im Labor damit auf dem redundanten Testsystem erledigt.
Zusammenfassung und Fazit
Die gesamte Verarbeitungsqualität des mitgelieferten Adapters für die GeForce RTX 4090, der von NVIDIA selbst vertrieben wird, ist extrem schlecht und der innere Aufbau hätte so eigentlich auch nie genehmigt werden dürfen. Hier muss NVIDIA den eigenen Zulieferer in die Pflicht nehmen und ein Austausch der im Umlauf befindlichen Adapter wäre eigentlich das Mindeste. Ich fasse deshalb noch einmal zusammen, was den Beteiligten (mich eingeschlossen) bisher aufgefallen ist:
- Das Problem ist nicht der 12VHPWR-Anschluss als solcher, auch nicht das mehrmalige Einstecken oder Lösen.
- Standard-konforme Netzteilkabel der Markenhersteller sind davon bisher NICHT betroffen.
- Aktueller Auslöser ist NVIDIAs eigener Adapter auf 4x 8-Pin im Zubehör, dessen mindere Qualität zu Ausfällen führen kann und in Einzelfällen auch bereits zu Schäden geführt hat.
- Die Aufteilung der jeweils vier 14AWG-Leitungen auf jeweils 6-Pins im 12VHPWR-Stecker des Adapters durch das Verlöten auf viel zu dünne Brücken ist gefährlich, weil die Leitungsenden an der Lötstelle abreißen können (z.B. beim Abknicken oder mehrmaligen Biegen).
- Das Biegen oder Abknicken der Leitungen direkt am Stecker des Adapters übt zu viel Druck auf die Lötstellen und Brücken aus, so dass diese abreißen können.
- Die innere Brücke zwischen den Pins ist zu dünn (resultierender Querschnitt), um den Stromfluss auf zwei oder drei statt vier angeschlossener 12V-Leitungen zu kompensieren.
- NVIDIA wurde bereits vorabn informiert und die Daten und Bilder wurden u.a. auch von be quiet! direkt ans R&D weitergegeben.
Eigentlich wollte ich heute etwas komplett anderes machen, aber diese Richtigstellung war mir dann doch wichtiger. Pauschale Panik und Häme sind hier wirklich schlechte Ratgeber, wenn es um die Einführung neuer Standards geht. Dass sich AMD dem Stecker-Wechsel (noch) nicht angeschlossen hat, zeigte ja meine News zu einer der kommenden Boardpartner-Platinen. Aber wenn man, wie NVIDIA, einen solchen radikalen Schritt geht, dann sollte zumindest das mitgelieferte Zubehör über nach einem leichten Biegen richtig funktionieren und einen sicheren, stabilen Betrieb der Grafikkarten gewährleisten.
Mein Dank geht hier ausdrücklich an Christian Rex von be quiet!, dessen Taschenmesser schneller war als mein Dremel.
Quelle: Eigene, be quiet!
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