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Simple Ursache? NVIDIA GeForce RTX 4090, der verschmorte 12VHPWR Anschluss und das Einstecken | Blind Test

Manchmal muss man auch auf seine Kinder hören und einmal einen Blindtest machen. Mal abgesehen davon, dass es ganz offensichtlich drei oder vier Adaptertypen mit unterschiedlichen Lötpads und Kabeln gibt, muss das Problem der heißen Kontaktflächen der äußeren Steckverbindungen ja einen Grund haben. Bereits zum Thema Bending schrieb ich bereits mehrmals, dass die starren Stifte in den an der Grafikkarte fest verlöteten Buchsen die Hülsen des Steckers aufbiegen können, wenn man diesen zu stark bewegt, wie z.B. beim Abknicken des Kabels.

Ich hatte mir meine bisher eingesammelten Adapter angesehen und auch noch einmal einen neuen, unbenutzten Adapter aus einem Grafikkarten-Karton entnommen und unters Mikroskop gelegt. Man sieht es sehr schön, dass vor allem der linke, äußere Stecker auf dem Bild voller Grate ist (was aber jeden Stecker treffen kann) und dass zudem keine der Kanten gefast oder wenigstens nachbearbeitet wurde. Das ging mir dann heute Nachmittag beim Autofahren durch den Kopf und dann kam mir eine Idee… Sollte der Grund für das Zerstören einzelner Kontakte wirklich so simpel sein?

Grate, wohin das Auge blickt

Ich habe mich noch einmal hingesetzt und zuerst eine Radeon RX 6950XT angeschlossen, die auf die üblichen drei 6+2 Stecker setzt. Nimmt man ein nagelneues Netzteilkabel, dann geht auch dieses sehr schwer einzustecken. Nur sind die Kontakte natürlich deutlich massiver und haltbarer. Aber: hat schon mal jemand versucht, diesen Stecker absolut gerade und mit allen Kontakten gleichzeitig einzusetzen? Also mir ist das nicht gelungen. Wenn man sich selbst beobachtet, dann merkt man schnell, das man versucht ist, eine Seite zuerst reinzustecken und so den Stecker leicht schräg „einzufädeln“.

Und nun kommen meine beide Kinder und die eigene Frau ins Spiel, die solche Stecker noch nie in ihrem Leben in so eine Grafikkarte eingesteckt hatten. Es war jetzt sehr interessant zu beobachten, wie die jeweilige Person an die Sache herangegangen ist. Gerade? Geht nicht. Breite Seite, also Masse oder 12 Volt ging auch nicht – zu viele Kontakte und Grate. Und so nimmt man sich am Schluss dann doch die Seite des geringsten Widerstandes, also die mit den zwei Kontakten. Drei Personen, dreimal der gleiche Entschluss und alle drei sind Rechtshänder.

Auch das Kind macht den gleichen „Fehler“

Alle drei haben dabei den ersten bzw. letzten 12-Volt-Anschluss zuerst eingesteckt, weil sie den Stecker leicht abgewinkelt hielten, und dann erst den zweiten dieser Kante. Der Grund für die Ausrichtung und warum es immer der gleiche Stecker war liegt auch daran, dass man nur eine offene Seite hat, denn die anderen sind durch den scharfkantigen Kühler begrenzt! Danach hatten dann alle drei den restlichen Teil des Steckers eingesetzt und diesen somit wieder gerade gerückt. Ein kurzes Video zeigt das Ganze, wobei die drei Testpersonen nacheinander im Raum waren, jeweils nichts vom anderen gesehen hatten und doch exakt gleich vorgingen.

Auch das Entfernen des Steckers ist nicht ganz so ohne. Durch die eingedrückten Grate hält der Stecker auch ohne thermische Verformung bereits schon bombenfest.

Zusammenfassung und Fazit

Die heutigen Tests sind natürlich nur Momentaufnahmen und die Folgerung, dass man sich immer irgendwo eine kleine Kante zum Auflegen und Einsetzen sucht, mag in ihrer Aussage durchaus stimmen. Die am Stecker festgestellten Konstruktions- und Herstellungsfehler, das Drama beim Bending einschließlich der dadurch mechanisch beschädigten Kontakte sind nur eine Seite. Das Fehlerbild insgesamt ist mittlerweile viel zu komplex, als dass man sich hier noch zu 100% festlegen konnten, was bei wem und welchem Adapter nun der primäre Auslöser war.

Aber allein der heutige Versuch, bei dem alle drei Unbeteiligten exakt den gleichen „Fehler“ gemacht haben, spricht durchaus Bände. Denn Eines sollte man ja auch beachten – von NVIDIA kam bisher zum Thema eigentlich gar nichts. Sollte man dort mehr wissen und sich bereits sicher sein, dass ein Steckeraustausch gar nicht alle Probleme beseitigen würde? Dann bliebe aber eigentlich nur die Schlussfolgerung übrig, dass der 12VHPWR insgesamt eine wackelige Geschichte ist, bei dem sehr schnell sehr viele Faktoren zusammenkommen können (es aber nicht müssen), um einen sicheren Betrieb zu verhindern. Am Ende hätten dann viele Recht und trotzdem niemand eine echte Lösung.  Auch keine schöne Perspektive.

 

Kommentar

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C
ChaosKopp

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Fehlersuche mit so vielen Variablen ist die Hölle. Schön, dass Du es nicht bei einem einzigen Ansatz belässt.

Bin gespannt, wie sich das Thema noch entwickelt. Sonderlich sorgfältig wirkt die Fertigung tendenziell nicht. Vielleicht sollte man seinen BWLern auch mal die rote Karte zeigen bei einem Premiumprodukt. Qualität darf der Kunde hier mehr als erwarten.

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Igor Wallossek

1

10,173 Kommentare 18,750 Likes

Im Serverbereich nutzt man bereits den simplen 48VHPWR, nur ist die Spannung wohl für den unbedarften Bastler zu hoch. Touch und Matsch :D

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Thy

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Schöner Artikel, der zeigt, dass ich mit meiner teilweise überspitzten Beschreibung des "Zerrens" gar nicht so falsch lag. Die meisten meiner Bekannten stopfen die Stecker halt irgendwie drauf und machen sich keine weiteren Gedanken darüber. Deswegen muss so etwas auch UAU-sicher konstruiert werden. UAU = Unerfahrendster anzunehmender User

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J
Janis

Neuling

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Ich denke das ganze Drama ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, was zu qualmenden Steckern führt. Die Frage ist wie nvidia reagiert?! Verkaufsstopp? Neuer Adapter?

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ipat66

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Das geht sogar noch weiter als nur bei Nvidea.

Intel und AMD werden bei den leistungs-hungrigen Highend-GPU's genau die gleichen Probleme ins Visier nehmen müssen.
AMD muss sogar zeitnah reagieren.
Intel vielleicht erst nächstes Jahr.

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D
Deridex

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2,212 Kommentare 846 Likes

@Igor Wallossek
Wobei ich hier der Meinung bin, dass man die Bierpipeline nicht am größten Trinker orientieren sollte. Geschickter ist es aus meiner Sicht, sich mit auf einen geringeren Verbrauch zu einigen.

Um es etwas verständlicher zu erklären: Je größer die Verlustleistung ist, desto mehr Sorgfalt muss aus meiner Sicht in die Versorgung gesteckt werden. Das mit zunehmender Verlustleistung die Probleme größer werden, ist aus meiner Sicht absolut klar.

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m
mkossmann

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24 Kommentare 14 Likes

Wieso zu hoch ? 48 V ist ja noch "Niederspannung" und wird ja auch bei USB-PD-3.1 kommen. Das Hauptproblem sehe ich eher darin, das diese Spannung von vorhandenen Netzteilen nicht geliefert wird und man einen massiven , gut gekühlten DC-DC Wandler braucht um 48V 600W aus 12 V zu erzeugen. Bei einem Wirkungsgrad von 95% des DC-DC-Wandlers sind da dann schon über 30 W Wärme abzuführen.

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Megaone

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1,742 Kommentare 1,643 Likes

Es wird Zeit für Antworten von NV.

Wenn ich das richtig übersehe scheinen bis jetzt nur Karten von MSI, Gigabyte, Asus und Zotac betroffen.

Ist das immer noch so?

Und wenn ja, warum?

Zufall?

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v
vonXanten

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802 Kommentare 335 Likes

Finde das ja reichlich irritierend das hier seit dem doch recht massiven auftreten der Probleme von nvidia nur die Vogel Strauß Taktik kommt. Das nährt doch nur wieder die Gerüchteküche was sein könnte und schon vorher gewusst wurde...

@Igor Wallossek 48V ist doch noch Kleinspannung 🥳 ;)

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Kleine-Eule73

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57 Kommentare 52 Likes

Schöner Bericht Igor(y)
Das zeigt wieder einmal mehr das der Stecker bzw Buchse alles in allem wohl vielleicht doch zu sehr am Limit konzipiert worden ist. Wenn Stecker und Anschluß mal ne Nummer oder 2 größer ausgelegt worden wäre hätte man auch mehr Stabilität und vor allem könnte man mehr Saft durch die Leitung jagen. Das ganze liegt aber wahrscheinlich am Umstand das alles immer irgendwie kleiner und kompakter werden muss. Es hätte denke ich keinen interessiert wenn der neue Anschluß zb 5mm breiter geworden wäre

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Igor Wallossek

1

10,173 Kommentare 18,750 Likes

Per Definition ja. Aber das ist alles andere als eine gemütliche Kleinspannung! Es ist hochfrequenter, pulsierender Irrsinn und ich habe ja auch schon gezeigt, dass es zu Spitzen kommen kann. Nicht jeder wird das vertragen.

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big-maec

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824 Kommentare 475 Likes

Eine andere Lösung für das Steckerproblem. Den Stecker schön sauber aus der Platine entlöten und die Kabelpeitsche sauber in die Platine einlöten. Für diesen Fall gibt es kleine Crimpkontakte mit Knickschutz die dann mit eingelötet werden.

Was passiert denn selbst wenn der Stecker aufgesteckt ist, die Leitungen hängen ja am Stecker, könnte das auch auf Zeit gesehen nicht auch zum Problem werden?

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D
Dezor

Veteran

492 Kommentare 215 Likes

Wo ich darüber nachdenke: Steckt einer von euch den 24-Pin-ATX-Stecker eines neuen Netzteils auf ein neues Board gerade drauf? Also die Kraft ist nicht das Problem, aber das Board biegt sich dann doch sehr ungesund aussehend durch. Da mache ich auch immer die "Wackel-Methode", den Stecker mit sehr wenig Kraft leicht biegen, damit er rein rutscht.

Ich musste gerade auch an einen Autofahrer denken, dessen Auto (glaube Marke Jaguar) während der Fahrt regelmäßig ausging. Es lag daran, dass er den Takt der Musik mit dem Fuß mitgeklopft hat und dort saßen die Crash-Sensoren. Letztlich ein Bedienerfehler, aber komm da erstmal drauf.

Oder das erste Samsung Galaxy Fold: erfolgreich getestet im Labor, aber nach ein paar Stunden bei den Influenzern waren die ersten Teile bereits kaputt.

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v
vonXanten

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802 Kommentare 335 Likes

Wo gehobelt wird... :eek:
Dafür ist dann die ganze Konstruktion zu filigran für den normalen "Kevin Klaus". Der bekommt auch ganz andere Stecker platt...
Leider gibt es kein DAU sicheres System.
Der Test würde hier genau so ausgehen und ich bin mir nicht sicher ob ich selber bei schlechten Platzverhältnissen nicht auch schräg ansetzen würde um richtig zu treffen. Bei den bisherigen Steckern und Buchsen zwar nicht schön aber relativ problemlos.
Meist sind die Buchsen auf den Platinen nochmals befestigt und liegen recht gut auf der Platine auf. Da die Längen der Anschlussleitung überschaubar sind passiert da nicht wirklich etwas.

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NamaNatranius

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Bei mir ging selbst der Stecker eine ATX 3.0 Netzteils noch schwer rein man muss kraft aufwenden im Gegensatz zu den 8pin pcie Stecker von früher. Scheint kanpp bemäßen zu sein die Toleranz der 12VHPWR Stecker.

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Ifalna

Veteran

318 Kommentare 285 Likes

Natürlich, schräg würde ich den gar nicht reinbekommmen weil die Toleranzen so eng sind.
Ich halte sanft mit dem Finger von unterm Board gegen, um übermäßiges durchbiegen zu vermeiden.

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big-maec

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824 Kommentare 475 Likes

Bei den Crimp Kontakten gibt es meist mehrere Ausführungen für den Steckertyp vielleicht sollte man das auch nochmal vergleichen.

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D
Dezor

Veteran

492 Kommentare 215 Likes

Das passt wiederum nicht in jedem Gehäuse. Ich habe mich aber auch nicht genau ausgedrückt. Also ich setze ihn gerade auf und schiebe ihn mit wenig Kraft so weit wie möglich rein. Danach drücke ich abwechselnd am oberen und unteren Ende auf den Stecker, dass er langsam reinrutscht und sich das Board dabei nicht zu sehr biegt.

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Wie jetzt?

Mitglied

55 Kommentare 44 Likes

Nö, AMD wird bei RDNA3 nicht den 12VHPWR nutzen, das ist schon gesicherte Erkenntnis.

48V Gleichspannung bleiben, egal wie der Strom hier hochfrequent wechselt, 48V und damit Kleinspannung. Je nach Ausführung der Spannungserzeugung entweder FELV (nicht zwingend galvanische Trennung) oder SELV (galvanische Trennung). Sehr empfindliche Personen können die in der Tat schon fühlen, eine Gefährdung gilt aber als ausgeschlossen.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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