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Radeon RX 7800XT und RX 7700XT im Test – AMD, XFX und Sapphire gegen NVIDIA mit Vernunft oder energetischer Brechstange

Disassembilierung und Teardown

Auch wenn AMD das Zerlegen der MBA-Karte eigentlich explizit untersagt hat: Ohne diese Aktion, die darauf folgende Platinen- und Kühleranalyse sowie einen echten 3D-Scan kommt man leider nie zum Ziel. Genau aus diesem Grund habe ich mir natürlich die originalen Dinge wie die runden blauen Thermal Putty Pads von Honeywell oder das spezielle Phase Change Pad besorgt, um die Karte nach der Analyse auch wieder originalgetreu zusammensetzen zu können. Vor allem die Materialanalyse ist durchaus interessant (nächste Seite). Und die Schaltung muss man ja auch erklären, denn das tun leider die wenigsten.

Die hier exemplarisch gezeigte Platine der Radeon RX 7800XT AMD ist diesmal eine Art Referenzdesign, das sowohl für die RX 7800XT (mit 8 oder 9 Phasen) als auch die RX 7700XT (mit leichten Einsparungen) verwendet wird. Das gilt auch für die Boardpartner, die sich hier mehr oder weniger an AMDs Design halten. Keine extreme Fragmentierung also und  nahezu identische Platinen mit äquivalenter Bestückung sind die logische Folge. Das erklärt auch, warum sogar die Referenzplatine der MBA-Karte einen (nicht bestückten) BIOS-Switch besitzt und auch einen freien Lötplatz für ein zweites BIOS bereithält. Die Platine der Sapphire-Karte ist in Bezug auf die Spannungswandler-Topologie gleich, besitzt aber noch einen freien Bereich für eine MCU und erweiterbares RGB-Gedöns, was aber bei der Pulse nicht zum Einsatz kommt. Darüber hinaus haben die unteren vier RAM-Module noch einen Underfill, den die anderen Karten nicht haben. Der Rest ist wieder wie bei der MBA.

PCB-Layout und Komponenten der Radeon RX 7800XT und 7700XT

Kommen wir nun direkt zur Platinenanalyse. Und genau hier muss und will ich Euch noch ein paar Details mit auf den Weg geben, die bei AMD grundsätzlich anders gelöst sind als bei NVIDIA. Phasen zählen kann jeder (oder glaubt es zumindest), aber das führt hier sogar ein wenig in die Irre. Denn AMD nutzt für die Erzeugung der fünf (!) wichtigsten Spannungen gleich drei teure Dual-Rail PWM-Controller und passend dazu auch echte Smart Power Stages (SPS), die die fließenden Ströme (IMON) und Temperaturen (TMON) in Echtzeit zurückmelden können. Da freut sich die Telemetrie, denn AMD geht nicht NVIDIAs einfachen Weg mit den Shunts zur Überwachung des Leistungslimits der gesamten Karte einschließlich aller Verluste VOR den Spannungswandlern (Primärseite), sondern kontrolliert die ganzen Ströme einzeln direkt NACH der Spannungswandlung. Der Rest ist leider reine Schätzung. Aber es klappt deutlich besser als bei NVIDIAs RTX 4060, wo am Ende ein klarer Ausgabefehler entstand. weil man erstmalig seit Langem aufs Shunt-Monitoring verzichtet hatte. Kunst kommt von Können.

Da immer wieder Fragen gestellt wurden, welche Spannungen das im Einzelnen sind, erkläre ich die unbekannteren Spannungen heute einmal. Das Akronym „VDD“ steht hierbei für „Voltage Drain-Drain“, was aus der MOSFET-Terminologie stammt, und es dient als Bezeichnung für die Versorgungsspannung. Dieser Term wird jetzt immer wieder auftauchen, deshalb erkläre ich das besser gleich vorab. Und nun gehen wir kurz ins Detail der „Magischen Fünf“.

Die Spannungsversorgung setzt natürlich auf VDDCR_GFX (also das Äquivalent zu NVIDIAs NVVDD) als größten Posten für die GPU. Man verwendet hier acht (RX 7800XT MBA), neun (XFX RX 7800XT) bzw. sieben (die beiden RX 7700XT) Phasen, die jeweils einen einzelnen SPS (Spannungsregler) ansteuern. Die Platine gäbe sogar maximal 9 Phasen her (siehe XFX mit einer leichten Abwandlung). Hierfür setzt man mit dem MP2856 auf einen 4 + 4 Phasen Controller von Monolith bei 8 Phasen oder den MP2857 mit 8 +4 für 9 Phasen mit AMDs SVI2 Interface sowie die MP87997 als SPS vom gleichen Hersteller. Der PWM Controller könnte im Single-Rail-Betrieb auch die 9 Phasen, also hängt hier nichts weiter dran. Es handelt sich um einen digitalen, mehrphasigen Dual-Rail-Controller, der primär die Stromversorgung für PWM-VID-Kern bereitstellt und der außerdem mit der AVSBus-Schnittstelle kompatibel ist. Zudem kann er mit den Intelli-Phase-Produkten von Monolith zusammenarbeiten, um die Mehrphasen-Spannungsreglerlösung (VR) mit einem Minimum an externen Komponenten zu realisieren.

Ein weiterer PWM-Controller steuert zwei Phasen für VDD_SOC und eine für VDD_USR. VDD_SOC schreibt die Versorgungsspannungsebene, die den System-on-Chip antreibt. Diese Spannungsebene ist wichtig für die Funktionsweise des SoC und muss genau spezifiziert und geregelt werden, um sicherzustellen, dass der Chip ordnungsgemäß funktioniert. Noch geheimnisvoller ist jedoch VDD_USR. Das USR steht dabei für Ultra-Short Reach und eigentlich müsste es USR_PHY heißen. Denn hier geht es um eine Spannung für die Inter-Die-Communication und PHY steht dabei für den physikalischen Layer (Physical Layer) eines Verbindungsprotokolls. Oder kurz gesagt, die MCM-Komponenten des Chiplet-Designs wollen und müssen ja auch untereinander auch Daten austauschen.

Rückseitig liegt in der Nähe der PWM Controller für Spannungsversorgung des Speichers VDD_MEM  und VDDCI_MEM. Hier hätte (wie auch bei VDD_USR und VDD_SOC) auch ein günstigerer MP2853 von Monolith gereicht, aber man packt auch den großen Controller drauf. Geldverschwendung, aber zumindest lieferbar. VDDCI_MEM ist leistungsmäßig zwar kein großer Posten, aber enorm wichtig. Sie dient dem GPU-internen Pegelübergang zwischen dem GPU- und dem Speichersignal, quasi so etwas wie die Spannung zwischen dem Speicher und dem GPU-Kern auf dem I/O-Bus.

Darüber hinaus erzeugt man weitere Kleinspannungen (siehe Schema Vorderseite). Der Großteil dieser sehr ähnlich ausgeführten Spannungswandler befindet sich auf der Frontseite der Platine. Außerdem existiert auch noch eine 1,8V-Source (TTL, GPU GPIO), VDD_13 (Aux) und ein Ultra-Low-Dropout-Chip erzeugt die sehr geringe Spannung für den PLL-Bereich (VPP).  Alle verwendeten Power Stages, auch die für den Speicher, sind ebenfalls Produkte von Monolith. Der MP87997 ist eine sehr leistungsfähige monolithische Halbbrücke und die Integration von Treibern und MOSFETs (DrMOS) führt zu einem hohen Wirkungsgrad aufgrund einer optimalen Totzeit und einer Reduzierung der parasitären Induktivität. Dieser kleine, 5 mm x 6 mm große LGA-Baustein passt bestens zum MP2856.

 

 

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LEIV

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1,554 Kommentare 636 Likes

Uff, schlimmer als befürchtet, hoffentlich wirds bei der nächsten Generation wieder besser

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Igor Wallossek

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10,242 Kommentare 18,944 Likes

Die RX 7700XT ist eigentlich gut, denn sie füllt eine böse Lücke. Und NV hat da einfach nichts.

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RX480

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1,881 Kommentare 873 Likes

View image at the forums

Wenn der Preis sich normalisiert, net schlecht.

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Roland83

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685 Kommentare 528 Likes

@Igor da hast du in der Überschrift schnell mal die 7800XTX gespoilert xD

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M
Moeppel

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868 Kommentare 312 Likes

Also ein Lückenfüller und eine 6900XT zum Preis einer 6900XT?

Reiht sich nahtlos in den Rest der Generation ein, würd ich sagen ;)

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SchmoWu

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92 Kommentare 23 Likes

Danke für den Test.

@Igor Wallossek bringst du noch was zum untervolten? Wieviel Verbrauch man einsparen kann und wie sich das auf die Leistung auswirkt.

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C
ChaosKopp

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553 Kommentare 562 Likes

Nicht, dass es an sich schlechte Karten sind, aber diese Generation hat nicht geliefert, was wir uns wohl erhofft hatten.

Mich wundert, wie inkonsistent die Leistung im Vergleich zu den Vorgängern ist. Mal spürbar mehr Performance, mal nicht so prall. Als läge wirklich noch treiberseitig etwas im Argen.

Gut, man war auch gewohnt, dass das Preis- Leistungsverhältnis sich jede Generation verbessert. Und die Leistungsaufnahme.

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Igor Wallossek

1

10,242 Kommentare 18,944 Likes

Da AMD uns leider nichts mehr machen lässt, wird das eher nichts :(

Ja, kommt vom Stress. Peinlich aber auch. Habs gefixt :D

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SchmoWu

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92 Kommentare 23 Likes

schade aber trotzdem Danke Igor

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e
exi78

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161 Kommentare 89 Likes

Finde die Karten jetzt nicht schlimm, beides gute Karten.

Nach wie vor gibt es paar 6800 und 6800XT im Abverkauft, da kann man noch paar € sparen, grad wenn beide unter 400€/500€ zu bekommen sind.

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echolot

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944 Kommentare 728 Likes

Habe es befürchtet und bin direkt vom Benchmark zum Fazit übergangen. Im Grunde geht auch noch eine günstig zu ergatternde 6800XT, aber ganz ehrlich für 1080p und 1440p besser eine RTX 4070, alleine schon wegen dem Stromhunger. Was haben die sich nur dabei gedacht. Wenn jetzt FSR3 exklusiv nur für die neuen Karten verfügbar wäre könnte man das der Community ja noch vermitteln. Abser so lautet mein Fazit: 3 Jahre alte Technik annähernd auf Augenhöhe mit der neuen Generation. Nichts neues unter der Sonne. Schade.

Nachtrag: man muss natürlich abwarten was AMD mit FSR3 abliefert, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist die 4070 schon alleine aufgrund von DLSS 3.5 und Frame Generation die bessere Wahl.

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R
RX_Vega1975

Veteran

165 Kommentare 46 Likes

NEUER v23.20 Branch für die gerade Releasten 7700XT und 7800XT Karten
Mit welchem Treiber wurde getestet und zudem was bringen die Neuen Optionen im Treiber Menü @Igor Wallossek
Kannst dies schon mal sagen bitte,- Danke!

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S
Staarfury

Veteran

257 Kommentare 206 Likes

Dass die 7800XT gegen aufgrund der 4070 mit ähnlicher Leistung und ähnlichem Preis nicht unbedingt brilliert kann ich verstehen.

Aber wieso die 7700 XT mit ~16% weniger Leistung für 11% tieferen Preis dann zu einem guten Angebot wird, nur weil Nvidia da kein schlaues Produkt hat, erschliesst sich mir nicht wirklich.

Für mich ist die 7700 XT den aufgerufenen Preis nicht wert, und die 4060 Ti als "Alternative" ist nochmals viel schlechter.

P.S. Die Überschrift von Seite 9 hat noch die falsche Auflösung.

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W
Wheely

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14 Kommentare 6 Likes

Noch eine kleine Sache zum ändern: die Überschrift der Seite 9 ist Details zu Full-HD, soll aber wahrscheinlich Details zu WQHD heißen.

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Casi030

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11,923 Kommentare 2,339 Likes

Schaun wir mal.;)
PL runter und mehr FPS ist doch auch was......

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Y
Yumiko

Veteran

495 Kommentare 216 Likes

Das ist ja genau die Nvidia-Taktik: Nur die neuere Generation bekommt die coolen Features, so dass die Leute nicht die sonst grob gleichwertige und inzwischen günstige Vorgängergeneration kaufen können.
Das ist doch super fair von AMD - hätten ja FSR3 auch nur für die 7xxx Generation machen können. Ok, wäre wegen Open Source wohl eh nicht gegangen - noch ein Vorteil von AMD: läuft auf allen Karten die wollen/können.

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Y
Yumiko

Veteran

495 Kommentare 216 Likes

Vielleicht machst du dann mal ein Artikel ;)

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echolot

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944 Kommentare 728 Likes

Noch mal von hier kopiert:

Das ist auch das was die anderen Tester in ihren benchmarks aufzeigen. Preislich würde ich trotzdem zur 7800 XT greifen. 50 € machen den Bock nicht fett und für 4GB mehr RAM und bessere Chipleistung ganz klar zu bevorzugen. Wenn man dann schon 50 € mehr hat, dann sind die nächsten auch nicht mehr weit und man gönnt sich eine RTX 4070. Die Staffelung von 400 bis 600 € ist aber auch sowas von eng. Mal gucken wer zuerst einbricht.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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