Zusammenfassung
Und wo sortierten sich die neuen Karten nun ein? Denn um ein Fazit komme ich nach den ganzen Messungen und Benchmarks natürlich nicht herum. Beginnen wir deshalb mit der größeren Radeon RX 7800XT 16 GB. AMD hat den NAVI32-Vollausbau für 549 Euro UVP bewusst gegen NVIDIAs GeForce RTX 4070 12 GB positioniert. Stand heute früh kostet diese mindestens 595 Euro, also knapp 50 Euro mehr. Und nun muss man abwägen, was man auch in Zukunft lieber Spielen will – reine Rastergrafik oder doch lieber Spiele mit DXR bzw. Raytracing-Fähigkeiten. Die GeForce RTX 4070 12 GB besitzt 4 GB weniger Speicher, was aktuell bei WQHD noch nicht so sehr ins Gewicht fallen sollte, es aber irgendwann durchaus könnte.
In QHD nimmt die Radeon RX 7800XT MBA im 60:40 Prozent Mix aus Raster- und Raytracing-Spielen der RX 6800 XT locker 5.5 Prozent ab und ist somit sowohl schneller als auch etwas sparsamer. Auf die GeForce RTX 4070 FE 12 GB fehlen der Radeon RX 7800XT 2.6 Prozentpunkte. Sie läge bei reiner Rastergrafik sogar vorn, bei DXR jedoch deutlicher hinten. Was jedoch enttäuscht, ist die Leistungsaufnahme, auch wenn AMD die für Gamer als nicht so relevant ansieht. Wegen ein paar Watt müsste man auch nicht diskutieren, aber es sind immerhin 61 Watt, die eine RTX 4070 FE gegenüber der RX 7800XT MBA im Durchschnitt aller Spiele weniger an Leistung aufnimmt. Das ist richtig viel.
Die XFX RX 7800 XT MERC 16 GB liegt im Schnitt bei der gemischten Performance nur 0,7 Prozentpunkte hinter der GeForce RTX 4070 und erzielt de facto einen Gleichstand und würde die NVIDIA-Karte bei reiner Rastergrafik weit hinter sich lassen. Allerdings ist dieser Performance-Boost mit der energetischen Brechstange erkauft worden, denn es sind nunmehr sogar 85 Watt mehr am Netzteil. Zumal die Boardpartner-Karte deutlich über der UVP liegen dürfte. Hier kommt dann nicht nur der Strom ins Spiel, sondern auch die Notwendigkeit, diese Abwärme auch wieder abzuführen, denn das System heizt sich deutlich schneller auf. Mehr war von NAVI32 auch nicht zu erwarten, das kann man fast schon am Taschenrechner ermitteln. Damit ist die große Überraschung ausgeblieben und AMD verkauft die Karte über den Preis und das Argument, mehr Speicher zu bieten. Zu FSR3 schreibe ich gleich noch etwas, wenn es um das Feature-Set im Vergleich zu NVIDIA geht.
Doch kommen wir vorher noch zur Radeon RX 7700XT. Das es keine MBA-Karte von AMD gibt, begründet man mit mangelndem Käuferinteresse an den MBA-Karten. Das kann ich so zwar nicht ganz nachvollziehen, denn schließlich sind diese Karten meist die vernünftigsten Offerten der jeweiligen Chip-Klasse. Und man hätte hier noch nicht einmal eine Fragmentierung riskiert, denn bis auf eine Spannungswandler-Phase weniger und ein in der Firmware niedriger angesetztes Power Limit sind die Karten nämlich identisch. Nur wird man nichts groß dran verdienen, wenn man nicht weiter abspeckt. Die 489 Euro UVP machen die Radeon RX 7700XT zum typischen Upselling-Produkt.
Das klingt zwar erst einmal paradox, ist aber aus AMDs Sicht durchaus nachvollziehbar. Die Lücke zur aktuell rund 270 Euro teuren Radeon RX 7600 ist riesig. Zumal die kleine Navi33-Karte nichts so richtig kann. Wer AMD als Anbieter vorzieht, der muss sich zwangsläufig eine RX 7700XT kaufen, wenn es für die RX 7800XT nicht ganz reicht. Ja, er könnte natürlich auch die Leiter langsamer nach oben klettern und auf eine mindestens 365 Euro teure RX 6750XT setzen, hätte damit aber eine langsamere Karte. Und die 120 Euro mehr gibt man doch immer noch gern aus. Die RX 7700XT wird sich im Schatten der RX 7800XT durchaus gut, vielleicht am Ende sogar besser verkaufen
Der Grund ist eigentlich einfach, denn NVIDIA hat in dieser Leistungsklasse eigentlich nichts. Die mindestens 399 Euro teure GeForce RTX 4060 Ti mit 8 GB ist überhaupt keine Gegnerin, da fehlt der Karte einfach die Grundperformance und sie ist eh langsamer als die gerade erwähnte RX 6750XT. Da hilft auch die 16 GB Variante für rund 500 Euro nicht, hier bietet die Radeon RX 7700XT einfach mehr. AMD stößt mit dieser Karte dankbar in eine riesige Lücke, die NVIDIA sträflich (oder sogar absichtlich?) offen gelassen hat. Und genau deshalb empfinde ich das Fehlen der MBA-Karte als einen Verlust.
Das Feature-Set der AMD-Karten könnte demnächst mit FSR deutlich aufgewertet werden, nur predigt man das ja bereits seit Februar diesen Jahres. Mit Starfield hat es noch nicht geklappt, nun warten wir auf den ersten DL zu Cyberpunk 2077, NVIDIAs Spielwiese, wo FSR 3 erstmalig integriert werden soll. Ich wünsche AMD wirklich alles Gute, aber sich exakt an diesem Brocken als Premiere zu versuchen, zeugt entweder von sehr großem Selbstbewusstsein oder purem Nihilismus. Wir werden das natürlich objektiv und vorurteilsfrei begleiten und testen, denn Wettbewerb schadet nie.
AMD Radeon RX 7800XT MBA 16 GB
Es ist eine im Rahmen der machbaren Effizienz gut gelungene Vernunftskarte, die sich keine wirklichen Schwächen erlaubt und wirklich solide durchkonstruiert wurde. Dass man sogar drei teure PWM-Controller und die dazu passenden Smart Power Stages statt billigerer DrMOS verbaut, nun ja. Geholfen hat es nur bedingt. Aber die Karte wirkt extrem solide und durchdacht. Die Abmessungen sind akzeptabel und noch recht kompakt. Diese Spielart wird mit Sicherheit ihre Käufer finden, da muss man nicht spekulieren.
XFX Radeon RX 7800XT MERC 16 GB
XFX hat die Vernunft beiseite gelassen und mit der gleichen Platine eine Spaßkarte mit integrierter Brechstange gebaut, die NAVI32 noch einmal etwas beflügelt und sogar bei der Performance zur GeForce RTX 4070 aufschließen kann. Leise ist sie auch, nur das mit dem Spulenfiepen sollte man noch etwas üben. XFX setzt den MSRP auf 529.99 bis 539.99 USD an, was die Position der Karte gegenüber der GeForce RTX 4070 deutlich verschlechtert. Um ein objektives und faires Urteil zu fällen, müssen wir aber den Launch und die realen Euro-Preise abwarten. Aber es wird sicher knapp. Die Karte ist aber gut gelungen, optisch und haptisch auf der Höhe und auch das PCB geht so vollends in Ordnung.
XFX Radeon RX 7700XT QICK 12 GB
Gleiche Platine, ähnlicher Kühler und eine angelehnte Optik – damit kann diese Karte durchaus punkten, denn sie ist quasi genauso leise, wie die große Schwester und deutlich sparsamer. In der Effizienz liegt sie deutlich vorn, auch wenn es gegen die NVIDIA-Karten einfach nicht reicht. Aber es ist eine solide Karte ohne Kapriolen, das muss man fair zugestehen. Auch die Spulen sind hier deutlich zurückhaltender. Beim Preis liegt man mit 459.99 – 469.99 USD MSRP auch wieder über der Euro-UVP und wir müssen abwarten, was die Shops am Ende auspreisen. Schlecht ist die Karte jedenfalls nicht, nur reichlich groß.
Sapphire Radeon RX 7700XT Pulse 12 GB
Diese Karte ist fast so kompakt wie AMDs MBA-Karte der RX 7800XT und nutzt zudem ein abgewandeltes Custom-PCB, welche durch die unbelegten Platzhalter für MCU und ARGB auf die Nitro+ schließen lässt. Außerdem, und ich werde die RTX 7800XT Nitro+ und die RX 7700XT Pure auch noch testen, kann eine weitere Phase am PEG angebunden werden. Mal schauen, was das ggf. bringt. Die Karte ist durch das engere Power Limit gegenüber der XFX-Karte etwas limitiert und benötigt durch das andere PCB sogar noch etwas mehr Leistung. Aber das sind kleinere Unterschiede. Die Karte wirkt solide und sauber verarbeitet, mehr kann man eh nicht erwarten.
Fazit
Lieber spät als nie. Das muss sich AMD mit diesem Launch gesagt haben, denn man hätte das Ganze schon lange verkaufen können. Vor allem die Radeon RX 7700XT hat keine echte Gegenspielerin und ob die 4 GB mehr Speicher der RX 7800XT und ein etwas niedrigerer Preis gegen eine GeForce RTX 4070 anstinken können, sei mal dahingestellt. So mancher Kunde will DLSS, Frame Generation und NVIDIAs ganze KI-Spielereien schon ganz gern nutzen, das steht außer Frage. Wie relevant das dann aber für die Masse ist, bleibt abzuwarten, denn man muss echt sehen, ob es über den Preis geht. Falls nicht, ist die Radeon RX 7700XT der eigentliche Star dieses Launches. Das hätte ich so anfangs auch nicht gedacht. Meine einzige Sorge gilt der tatsächlichen Verfügbarkeit, aber da wird man sehen müssen, was wirklich ankommt.
Die Grafikkarten wurden von AMD und den Boardpartnern für diesen Test zur Verfügung gestellt. Die einzige Bedingung war die Einhaltung der Sperrfrist, eine Einflussnahme oder Vergütung fand nicht statt.
- 1 - Einführung und Übersicht zu Navi32
- 2 - Die Karten von AMD, Sapphire und XFX im Überblick
- 3 - Test System im igor'sLAB MIFCOM-PC
- 4 - Teardown: PCB und Komponenten
- 5 - Teardown: Kühler und überraschende Materialanalyse
- 6 - Gaming-Performance in Full-HD (1920 x 1080)
- 7 - Detailed Metrics for Full-HD (1920 x 1080)
- 8 - Gaming-Performance in WQHD (2560 x 1440)
- 9 - Detailed Metrics for WQHD (2560 x 1440)
- 10 - Details: Leistungsaufnahme und Lastverteilung
- 11 - Lastspitzen, Kappung und Netzteilempfehlung
- 12 - Temperaturen, Taktraten und Infrarot-Analyse
- 13 - Lüfterkurven und Lautstärke
- 14 - Zusammenfassung und Fazit
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