Sicher klingt der Titel erst einmal reißerisch, aber er enthält eigentlich alles, was diesen Test des AMD Ryzen 9 7950X3D wirklich geprägt hat. Denn da trifft eine hocheffiziente und in vielen Bereichen wirklich extrem schnelle CPU auf kleinere, selbst auferlegte Hürden. Das klingt vielleicht erst einmal dramatischer, als es am wirklich Ende ist und es sollte auch nichts sein, was sich nicht lösen ließe. Aber um das volle Potential abrufen und dann auch entsprechend würdigen zu können, muss ich diesmal schon etwas weiter ausholen. Euphorie darf natürlich sein, aber auch die Sorgenfalten darf man nicht einfach so wegbügeln.
Der neue AMD Ryzen 7950X3D ‘Zen 4 Raphael’ samt Spezifikationen
Kommen wir nun endlich zur neuen CPU, die ebenfalls auf Basis der Zen 4-Kernarchitektur entstand und im Prinzip ja dem bekannte Ryzen 9 7950X entspringt. Dass die Nomenklatur mit dem X3D etwas abweicht, liegt an der speziellen Bauweise und dem auf einem der beiden CCDs angebrachten(gestapelten) 3D-V-Cache. Beide CCDs sind in der Summe am Ende trotzdem gleich hoch, denn um den Cache aufsetzen zu können, wird der betreffende Die vorher einfach passend abgeschliffen. Der Heatspreader bleibt also ebenfalls gleich.
Der heute getestete AMD Ryzen 9 7950X3D bietet eine Anzahl von 16 Kernen und 32 Threads, was man aus den beiden vorherigen Generationen und der aktuellen X-Version beibehält. Die CPU besitzt eine Basisfrequenz von 4,2 statt der 4.5 GHz und einen Boost-Takt von bis zu 5,7 GHz (5,85 GHz F-Max) auf dem Kern ohne 3D-Cache. Man dürfte hier bis an die Grenzen gegangen sein und ausschöpfen, was innerhalb der 120 W TDP (162 W PPT) noch irgendwie stabil möglich ist. Was den Cache angeht, so verfügt die CPU in der Summe über 128 MB L3- und 16 MB L2-Cache. Die CPU besteht aus einem IOD und zwei Chiplets (CCD). Das Flaggschiff wird in Deutschland 789 Euro inkl. MwSt. kosten (UVP), was billiger ist, als man für den Ryzen 9 7950X zum Launch aufgerufen hatte.
Wichtige Vorbemerkung zum Testfeld und der Testmethodik
Dass ich mich nach einigen Plausibilitätstests im Vorfeld für eine GeForce RTX 4090 und gegen eine Radeon RX 7900XTX als Grafikkarte entschieden habe, muss ich sicher nicht weiter lang kommentieren, denn ich werde diesmal alle vier interessierende Auflösungen von 1280 x 720 Pixel bis 3840 x 2160 Pixel testen und benötige dafür eine möglichst nicht limitierende Grafikkarte. Wir werden später nämlich noch sehen, dass es sogar Spiele gibt, die in Ultra-HD Unterschiede aufweisen können, auch ohne DLSS. Das ging mit der Radeon RX 7900XTX leider in dieser Form nicht mehr.
Da es beim neuen Ryzen 9 7950X3D eher auf die Frage ankommt, wann und ob der 3D V-Cache überhaupt etwas bringt, sowie welche Hürden auszuräumen sind, damit auch ja der jeweils optimale Die ausgesucht wird, habe ich im Vorfeld fast 20 Spiele getestet und deren Verhalten analysiert. Danach habe ich Spiele mit ähnlichen Ergebnisse aussortiert und jeweils eines dieser Spiele im Pool behalten. Das reicht von enormen Leistungszuwachs bis gar keine Reaktion. Und auf ein Spiel, welches AMD lustigerweise sogar selbst in den Folien hatte, gehe ich gleich hier gesondert ein, weil es in so eine Folie einfach nicht hineingehört und alles verfälscht.
Ja, der Ryzen 9 7950X liegt hier einige Prozentpunkte vor dem Intel Core i9-13900K, nur muss man es leider auch stets im Gesamtkontext sehen, da fast jede kleinere CPU einfach schneller ist. Ich habe das auf einigen Systemen gegengetestet und kam stets zum gleichen, doch sehr schrägen Ergebnis. Da sich die Ergebnisse vom Ryzen 9 7950X und 7950X3D fast genau decken, darf man hier von einer kompletten Ignoranz des 3D-Caches ausgehen, zumal dieses Spiel nur sehr wenige Threads mit echten Lasten erzeugt. Scheinbar funktioniert die richtige Zuweisung dann überhaupt nicht. Deshalb habe ich dieses Spiel, obwohl es komplett mit allen CPUs gebenchmarkt wurde, wieder aus den Statistiken entfernt. Viel Aufwand für nichts.
Viel wichtiger sind hier also die Spiele, die fair und ausgewogen über Sieg oder Niederlage entscheiden und deren Wichtung. Dafür habe ich mich auch ein wenig von den Erfahrungen des sehr (zeit)aufwändigen Workstation-Parts leiten lassen. Ich will auch nicht verschweigen, dass ich mich beim Intel-Testsystem bewusst gegen mein Z790-System entschieden habe und auf ein sehr stabil laufendes Z690-System setze. Da ich fair sein möchte, war mir der Leistungsverlust auf den Z790-Boards seit Intels letztem IME-Updates und den neuen BIOSen etwas arg suspekt. Zwischen zwei ähnlichen Boards desselben Herstellers waren es nach allen Updates bis zu 5% Leistungsdifferenz (und einmal sogar mehr) bei ansonsten selbem RAM und derselben CPU. Damit weiche ich bewusst von AMDs Systemkonfiguration ab, aber man muss schon fair bleiben. Raptor-Lake-Refresh? So schafft man vielleicht schon im Vorfeld gewisse “Fortschritte” bei Intel.
Generell habe ich mich dagegen entschieden, ältere Ergebnisse weiterzuverwenden, weil es einfach zu viele Differenzen in den letzten Monaten gab. Auch wenn es die Zeit erheblich verkürzt hätte. Neue AGESA-Versionen, neue Chipsatztreiber, Spiele-Updates und Grafikkartentreiber. Und mit Interpolation und Taschenrechner arbeitet man einfach nicht. Ich brauche pro SKU mit Gaming und Workstation fast einen Tag, was auch den Testumfang besser erklärt. Aber dann stimmen wenigstens die Ergebnisse.
Cache oder Takt, oder beides?
Es wurde ja im Vorfeld gerätselt, wie es AMD gelingen würde, für jeden Prozess den optimalen Die auszuwählen, also die wichtige Entscheidung zu treffen, welcher der beiden CCD für eine Anwendung der optimale ist. Mehr Cache oder doch besser mehr Takt? Und was passiert, wenn es mal mehr als 16 Threads werden? Oder aber eine Applikation landet auf dem “falschen” CCD und das immer und immer wieder? Automatismen hin oder her, man wird immer wieder an die Grenzen stoßen und negative Beispiele finden, so wie ich im Workstation-Test.
Leider fehlen auch in den aktuellen BIOSen noch wichtige Einträge, um seine Präferenzen manuell und Betriebssystem-unabhängig eintragen zu können. Auf meine Nachfrage beim Motherboardhersteller wurde mir mitgeteilt, dass dies zwar möglich sei, aber auf Grund fehlender Freigabe (Kommunikation!) vorerst gesperrt war. Mittlerweile sollen einige Hersteller dieses Feature als Beta-Version und auf eine Kappe hin verteilt haben. Schön ist es nicht und testen konnte ich das deshalb auch nicht, obwohl AMD die Reviewer explizit auf diese Option hingewiesen hatte.
Und wenn es manuell nicht geht, was macht dann der Automatismus? Spiele sind hier noch relativ einfach zu erkennen, denn so viele andere Anwendungen, die (exklusiv) im Vollbild laufen, findet man auf dem Desktop ja nicht. Und doch ist AMD hier gefordert, eine Art Programm anzubieten, das als grafisch gestaltete White-List arbeitet und wo ich meine eigenen Applikationen selbst explizit priorisieren kann. Das wäre, auch schon im Vorfeld zum Launch, eigentlich das Mindeste, was man hätte erwarten können. Genau das hat AMD aber leider bisher nicht abgeliefert. Wir werden später noch sehen, wo so etwas im Produktiveinsatz hätte helfen könnte. Ich hatte AMD meine Bedenken im Vorfeld ausführlich mitgeteilt, bekam aber am Ende (so wie alle anderen auch) aber nur eine lapidare Mail, dass alles völlig unkompliziert sei:
- Update the system BIOS & chipset driver. This is the only required step.
- Run all Windows updates & Microsoft Store updates – Including the Xbox Game Bar App. Windows Updates and Microsoft Store updates are on by default.
- Ensure Windows “Settings > Gaming > Game Mode” has Game mode set to On. Game mode is on by default in Windows 11, but worth double checking.
- Reboot & wait a few minutes for logon scheduled tasks to run.
- Game!
Customers will be required to update the BIOS and chipset driver – however all other software will update automatically over the course of time.
Jain. Hätte ich das allein nur getan, dann wären meine heutigen Ergebnisse ca. 3 Prozent schlechter ausgefallen. Mindestens. Diesen Wert hatten andere Kollegen als Differenz nämlich auch. ich will das jetzt nicht bis ins Detail zerlegen, aber es gibt einen netten Kommando-Zeilen Workaround, den sogar AMD den Reviewern mit auf den Weg gab, um möglichst gute Werte zu erreichen. Dumm nur, dass die meisten hier abgebrochen haben, weil keiner gemerkt hat, dass die Kommandozeileneingabe noch läuft. Selbst bei einem frisch installierten Windows dauert das gern einmal 15 bis 30 Minuten, ich musste auf meinem System sogar satte 53 Minuten warten, in denen man NICHTS am PC machen sollte!
Zu AMDs Ehrenrettung muss man natürlich sagen, dass die Ausführung von Leerlauf-Aufgaben (Idle-Tasks) vorranging dem System hilft, noch anstehende Aufgaben zu erledigen. Aber das ist nur eine Seite der Medaille, denn oft genug schob sich während der Tests irgendein Programm aus dem Hintergrund wieder auf den “guten” CCD. Wer Kommandozeilen und ein flüssig laufendes System liebt, sollte das schon mal tun. Denn das geht de facto ja auf jedem Windows-Rechner:
Wer sich vor der puristischen Eingabe scheut, hier eine kleine Bastel-Anleitung für alle mit Administrator-Konto:
- Klicke mit der rechten Maustaste den Desktop und wähle: Neu -> Verknüpfung
- Gib den Pfad für das Element ein: %windir%\system32\rundll32.exe advapi32.dll,ProcessIdleTasks
- Klicke auf Weiter
- Gib auf dem nächsten Bildschirm einen Namen für diese Verknüpfung ein (z.B. Laufaufgaben bearbeiten)
- Klicke auf Fertigstellen
Die Verknüpfung ist nun erstellt, und wann immer man das Gefühl hat, dass das System nicht mehr flüssig auf Befehle reagiert, führe einfach diesen Befehl aus, und das System sollte wieder laufen.
Weitere Artikel von igor’sLAB zum Thema Ryzen 7000
An dieser Stelle will ich auch weiterführende Artikel mit voranstellen, die den Launchartikel abrunden, denn alles passt nun einmal nicht in ein einziges Review und es würden auch zu viele redundante Inhalte. Deshalb bitte ich, hier einfach einmal quer zu lesen, falls noch weiterer Informationsbedarf besteht.
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- 1 - Einführung, Vorbemerkung und CPU-Daten
- 2 - Chipset, Motherboard und das aufwändigere Test-Setup
- 3 - Gaming Performance HD Ready (1280 x 720 Pixels)
- 4 - Gaming Performance Full HD (1920 x 1080 Pixels)
- 5 - Gaming Performance WQHD (2560 x 1440 Pixels)
- 6 - Gaming Performance Ultra-HD (3840 x 2160 Pixels)
- 7 - Autodesk AutoCAD 2021
- 8 - Autodesk Inventor 2021 Pro
- 9 - Rendering, Simulation, Financial, Programming
- 10 - Wissenschaft und Mathematik
- 11 - Leistungsaufnahme und Effizienz
- 12 - Zusammenfassung und Fazit
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