Edifier kann sicher Vieles, von günstig bis teuer, aber die Airpulse A200 sind so speziell, dass ich mir (und damit auch Euch) einen Test einfach nicht vorenthalten wollte. Diese Aktiv-Lautsprecher sind alles andere als Krawall- oder Party-Boxen, haben jedoch immer noch genügend Tiefgang und Pegel, um notfalls auch das zu können. Nur wollen sie es gar nicht, denn es gibt ja auch noch ein Leben außerhalb von Tante Helgas Party-Keller mit der obligatorischen Fischer’schen Schrammel-Mucke. Hier ist jetzt Helene-freie Zone und das ist auch gut so.
Der Preis ist mit 830 bis 850 Euro als Einstieg und Straßenpreis schon recht hoch angesetzt, was auch meine Lauscher in die Höhenluft des Messlatten-Gebirges getrieben hat. Denn genau so ein Preis verlangt auch eine besonders gewissenhafte Bewertung, wo man nicht nur genau hinhört, sondern die Probanden auch einmal komplett zerlegt. Das gehört zu einem Review einfach mit dazu, denn man will ja auch die inneren Werte mal kennenlernen. Politur kann jeder, der Rest verschwindet dann immer in den Tiefen der asiatischen Dämmwolle. Keine Chance, das Werkzeug wartet schon!
Doch bevor die Hüllen endgültig fallen, muss man natürlich erst einmal das eigentliche Paket auspacken. Und genau damit fange ich erst auch mal an, denn vor dem Vergnügen gibt es ja wie immer auch jede Menge Arbeit. Wobei: der aufmerksame Leser wird schon gemerkt haben bzw. es noch merken, dass die Boxen nicht ganz neu sind, denn meine kleineren Gebrauchsspuren sieht man auf den hochauflösenden Fotos dann schon. Aber ich tue jetzt einfach mal so, als hätte mir der DHLer gerade eben einen ladenneuen Karton hingestellt und packe alles erwartungsfroh aus.
Lieferumfang und Zubehör
Und was bekommt (bzw. bekam) man jetzt als zahlender Kunde so alles mit dazu? Neben der aktiven (Rechts) und der passiven Box (Links) liegt in der Extra-Schachtel auch Extra- Zubehör. Darin finden wir ein RCA-zu-RCA Kabel (Cinch) mit 1,5 Metern Länge inklusive Steck-Adapter von RCA auf 3,5-mm-Klinke, ein genauso langes optisches TOSLINK-Kabel (SPDIF), das Verbindungskabel zum linken Lautsprecher mit satten 5 Metern Länge und zwei proprietären Steckern, sowie ein Kaltgerätekabel für den Netzanschluss. Obwohl die Boxen auch einen symmetrischen Eingang besitzen, gibt es dieses spezielle Kabel nicht mit dazu, schade.
Optik, Haptik und Funktionalität
Das Paar wiegt zusammen satte 19 Kilo und das ist genau auch das, was ich mit Arbeit meinte. Mit den 203 x 355 x 295 mm (Breite x Höhe x Tiefe) sind die Lautsprecher für Regalboxen eher mittelgroß, so dass man das Gewicht vor allem im Korpus verorten kann. Ich zeige es später noch beim Teardown, aber ich kann schon mal spoilern, dass Edifier hier hochverdichtetes MDF mit 25 mm Stärke nutzt. Dazu kommt noch ein sauber kaschiertes Kirschbaumfurnier (Echtholz) und die mit matt-schwarzem Schleiflack abgesetzte Front. Ich habe die aktive Box auch ins Fotostudio gehievt und sie bei gefühlten 30 Grad im Schatten in 45-Grad-Schritten für Euch posieren lassen:
Rein optisch macht das Ganze also schon einmal einen soliden, eher klassischen Eindruck. Experimente? Bloß nicht. Fährt man mit den Fingern über die Flächen, Ecken und Kanten, dann ist man von der hochwertigen Verarbeitung fast schon gefangen. Keinerlei Absätze, ordentliche Übergänge und Spaltmaße wie bei einem absoluten Oberklassewagen. Hier spielen Optik und auch die Haptik zweifelsfrei in genau der Liga, die auch den Preis vorgibt. Das passt in jedem Fall. Die Front wird geprägt von einem 5,5 Zoll Mitteltieftöner mit recht langem Hub sowie einer speziellen Metallmembran aus Aluminium und einem sehr kurzen Schwingspulendesign. Dazu kommt der richtig gute Bändchenhochtöner, also eine Art Flachmembranlautsprecher mit Aluminium-Streifen. Auf die beiden Chassis werde ich später noch beim Teardown genauer eingehen, auch auf die Wirkungsweise.
Die verfügbare Ausgangsleistung pro Box liegt bei ca. 65 Watt RMS, wobei sich diese mit 55 Watt auf den Mitteltieftöner und ca. 10 Watt auf den Bändchenhochtöner aufteilt. Pro Kanal natürlich. Insgesamt stehen also um die 130 Watt RMS zur Verfügung, wobei das Schaltnetzteil recht effizient zu Werke geht. Peaks bis ca. 150 Watt gehen bei Vollaussteuerung schon einmal durchs Netzkabel, aber im Normalbetrieb sind es bei moderater Lautstärke meist unter 20 Watt. Im Standby bleibt man bei unter 0,5 Watt.
Konnektivität
Die Eingänge sind selbsterklärend, wobei ein symmetrischer Eingang nicht selbstverständlich ist. Aber es gibt ihn, schön. Neben den beiden üblichen RCA-Buchsen (Cinch), finden wir einen optischen Eingang (SPDIF) und den digitalen Coax. Neben dem Anschluss für die linke Box gibt es allerdings keine weiteren Ausgänge und somit auch keinen für einen optionalen Subwoofer. Es ist anzunehmen, dass man klanglich einfach keine Verfremdungen möchte, nur empfinde ich das schon fast als Bevormundung. Technisch gesehen, würde es das Innenleben nämlich locker hergeben.
Die drei Drehregler geben kein Geheimnis auf. Der Laustärkeregler (digital) ist mit einem Drucktaster für die Eingangs-Auswahl (Quelle) gekoppelt. Die beiden Klangregler für Tiefen und Höhen besitzen mit +/- 3 dB einen sehr kleinen Regelumfang, was aber der bewusst neutralen Ausrichtung angedient ist. Das kann man gut finden, oder auch nicht. Aber es ist auch so etwas wie eine staatlich verordnete Hörkontrolle, um ja keine Fehler zu begehen. Die Gründe lest Ihr gleich noch am Ende dieser Seite.
Die Kaltgerätebuchse mit Massepotential (Schutzleiter) bindet die Boxen in den normalen Massekreislauf ein, was mit etwas Pech auch zum sogenannten Massebrumm führen kann, je nach Einspieler und dessen Versorgung. Apropos Verbindungskabel: das beiliegende 5-Meter-Kabel besitzt im Inneren ausreichende Leiterquerschnitte für einen weitgehend verlustfreien Anschluss. Da die Endstufen getrennt arbeiten und es in den Boxen keine passiven Lautsprecherweichen gibt, müssen beide Signale zur linken Box gebracht werden. Das mündet dann in einem mehrpoligen Stecker (jeweils 2x Signal und 2x Masse bzw. Abschirmung). Wer sich hier an Diodenstecker erinnert fühlt, liegt gar nicht mal so schief. Diese Stecker hätten aber gern um 90° gewinkelt sein können, um das recht starre Kabel besser nach unten abführen zu können. So aber spießt es gut sichtbar recht weit nach hinten. Die Boxen stehen auf ordentlich und weichen Gummifüßen und damit wären wir dann auch fast schon wieder am Ende der Oberflächlichkeiten angekommen.
Ein Wort will ich natürlich auch noch zum immer wiederkehrenden „designed by Phil Jones“ verlieren. Phil Jones (oder auch Phil Jones Bass PJB als Firma) hat durchaus Meilensteine in der Audio-Geschichte gesetzt. Das Jahr 1998 stand beispielsweise für die Entwicklung und Herstellung des ersten Air Pulse-Lautsprechersystems, das für erkleckliche 275.000 Dollar pro Paar verkauft und von der Japan Audio Society mit dem Golden Sound Award als bester in der 100-jährigen Geschichte der Lautsprecher entwickelter Lautsprecher ausgezeichnet wurde. Davon ist man hier beim angelehnten „Airpulse“ trotz ähnlicher Schreibweise natürlich meilenweit entfernt, aber damit ist auch klar, warum bestimme Restriktionen gegen das allzu exzessive Ausleben des Spieltriebs durch den Anwender greifen. Was nicht geht, geht eben nicht. Punkt.
A200 Sell Sheet
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