Subjektiver Sound-Check
Nach den ganzen technischen Details kommen wir nun endlich zum Wichtigsten: Wie klingt das Headset eigentlich? Wir setzen jetzt dort fort, wo es etwas mehr weh tut: nämlich beim individuellen Hörtest. Das Headset wurde fleißig eingespielt, dieses Argument entfällt also. Zum Einsatz kommen meine Tidal-Playlist mit Klassik, Jazz, Rock, elektronischer Musik und diversen Vocals (Soul, Chormusik) sowie natürlich so Einiges an Gaming.
Bassbereich
Musik: Das offene Headset scheitert auch nicht der Subkontraoktave und bietet ausreichendes Volumen. Die Treiber neigen nicht zum Nachschwingen. Das Virtuoso Pro ist kein bollernder Bass-Bomber, sondern bietet ein rabenschwarzes Bassfundament mit enormen Reserven in der Pegelfestigkeit. Für einen offenen Kopfhörer ist das schon richtig gut.
Gaming: Fürs Gaming könnten die Granaten etwas massiver wummern, aber man hört, auch wenn man beim Pegel am Equalizer nachhilft, parallel dazu noch alles, was über den Mitten liegt, ohne dass das obere Ende vom Bass weggeschoben wird. Die Differenzierung der einzelnen Klangschichten und Frequenzbereiche ist hervorragend. Es mangelt manchem vielleicht etwas Volumen, aber die überdurchschnittliche Präzision bietet einen guten Ausgleich. Kurzum: kein nerviger Bassbomber für die Generation TikTok, aber die Zielgruppe wird das so sicher mögen.
Musik: Dieser Bereich wirkt souverän und geht vollends in Ordnung. Die männlichen Vocals werden recht volumig modelliert und sind etwas über rein neutraler Grundton-Basis. Die Instrumente werden ebenfalls sehr sauber angebunden, was zwar nicht per se komplett massenkompatibel klingt, aber doch herrlich neutral. Man mag es sicher nicht, wenn man es nicht gewohnt ist, aber mir kommt so etwas durchaus entgegen.
Gaming: Die nur leichte Badewannen-Ausrichtung ist recht gut gelungen, denn auch männliche Stimmen bekommen hier ein nicht zu kräftiges Fundament. Das kann man also so lassen.
Mitteltonbereich
Musik: Jetzt wird es fast schon kühl, weil die Mitten bereits ab ca. 200 Hz etwas verschwinden. Viele Details der Grundtonfrequenzen entfernen sich leicht vom Original, aber es ist noch akzeptabel. Das kann man natürlich sogar mögen, aber diese Spielart ist für die meisten vielleicht etwas zu flach. Weibliche Vocals klingen im Fundament trotzdem sehr souverän, aber etwas flacher als die überbetonten männlichen.
Gaming: Die weiblichen Vokals sind noch gut verständlich aber ohne jegliche Dominanz im Fundament. Der Grundtonbereich ist ausgewogen und fast neutral, was sich beim Gaming nicht rächt, weil man damit keine Details verliert. Die Auflösung der Treiber ist einfach gut, um alles exakt wiedergeben zu können. Das kann man getrost so lassen.
Musik: Man fällt erst einmal in ein kleines Tal bei rund 1 KHz, um dann ab 2 KHz wieder enorm zuzulegen, was der differenzierten Wiedergabe in diesem Bereich etwas abträglich ist und ein Bild von falsch verstandener Neutralität ergibt. Die Bühne ist trotz allem grandios breit und die subjektiv empfundene Qualität der räumlichen Auflösung ist hier auf überdurchschnittlichem Niveau. Hohe Pegel bei sehr vielen gemeinsam spielenden Quellen sind trotz des Peaks kein Problem, die Ortung gewinnt jedoch immens, wenn man den Bereich um 1 KHz etwas anhebt und alles darüber etwas absenkt.
Gaming: Hier ist das mit dem Pegel nicht ganz so kritisch und es ist vieles so, wie es eine gewisse Gruppe von Gamern sicher gern hätte. Die Lokalisierung der Schallquellen ist allerdings nach dem bereits erwähnten Eingriff mit dem Equalizer noch einmal deutlich besser, obwohl sie auch ohne Nachhilfe schon über dem Durchschnitt liegt.
Hochtonbereich
Musik: Die Wiedergabe ist qualitativ gut, aber immer noch etwas arg höhenlastig. Sie setzt auf den teilweise verhalten ausgeprägten Mitten und den prägnanten oberen Mitten auf, was das Ganze wieder etwas ausgleicht. Die Sprachverständlichkeit sowie die Qualität der Vocals bei der Wiedererkennung sind recht gut und es wird immer dann sehr viel besser, wenn man diesen Bereich am EQ etwas zurückregelt. Geschmacksache, wie immer.
Gaming: Hier gilt exakt das Gleiche, das Resultat kann man auch beim Gaming vollends akzeptieren. Manche Peaks sind dann aber schon nervig. Naja, dafür gibt es den EQ.
Musik und Gaming: Der Hochton ist brillant, das kann man erst einmal so lassen. Sibilanten und Ausblasgeräusche sind präsent, aber nicht zu vordergründig und es gleitet nichts ins Metallische und Spitze ab. Da bildet sich auch keine eisige Höhenluft. Klanglich liegt das Headset also voll im Trend.
Zusammenfassung und Fazit
Wo soll ich das Ganze jetzt einordnen? Für einen Straßenpreis von aktuell 160 Euro ist das Corsair Virtuoso Pro eine sehr gute offene Alternative zu den gewollt jugendlich hippen Produkten. Zumal hier auch beim Material deutlich bessere Eigenschaften angeboten werden als bei den üblichen Plastikbombern. Ja, man könnte sicher auch einen guten Hi-Fi-Kopfhörer mit einem Mikrofon zum Headset umbauen, aber dann kommt man in der Summe auch wieder auf einen ähnlichen oder gar höheren Preis, wenn das Mikro was taugen soll. Der Preis ist nicht niedrig aber eben auch nicht übertrieben happig. Nur muss man es sich leisten können und wollen. Und es sitzt auch richtig gut, bleibt dabei luftig und unaufdringlich.
Kommen wir zunächst zum Mikrofon. Plosiv-Laute werden das Mikrofon zum Pop-Monster mutieren lassen, da muss man wirklich den Schwanenhals so verdrehen, dass man die kleine Öffnung nicht direkt bespricht. Die Empfindlichkeit ist in Ordnung, allerdings könnte der Gesamtpegel etwas höher liegen. Aber auch wenn man extern nachregelt, rauscht nur wenig. Und das kann man so lassen. Das Mikro ist besser als man glauben mag und wer kann, der nimmt den EQ und macht unterhalb von 125 Hz einfach dicht.
Klanglich ist das Headset voll auf der Höhe, wobei einen der rabenschwarze, trockene und sehr gut konturierte Bass durchaus begeistern kann. Die Mitten sind bis in die oberen Lagen ok, auch wenn ich das Peak bei 3 KHz nicht sonderlich mag. Hier kann man aber etwas nachregeln und sich dem Ideal der Harman-Kurve sehr einfach annähern. Was aber in jedem Fall begeistert, sind die flinken Treiber mit einem vorzüglichen Einschwing- und Ansprechverhalten. Für diese Preisklasse ist das wirklich gut.
Die Pegelfestigkeit ist überdurchschnittlich, allerdings wird man am Onboard-Sound der Mainboards eher wenig Freude haben, da dort alles flau und viel zu kraftlos klingt. Mit etwas mehr Antrieb startet ein wahrer Höhenflug und es bleibt kein Auge trocken. Das Ohr übrigens auch nicht. Für ein offenes Headset ist mir die Gesamtleistung in dieser Preisklasse einen Award wert. Womit ich wieder beim Intro angekommen wäre und sich der Kreis schließt. Ich hatte diesmal nicht wirklich viel zu meckern. Gut so.
Es gibt übrigens Mitbewerber, die sich einem solchen Test mit Messung der Parameter und Prüfung des Matrials elegant widersetzen. Ich habe aber nicht übel Lust, das auf externem Wege zu klären, bin jedoch nicht in der Lage (und Willens) alle diese Headsets selbst zu kaufen. Falls jemand Headsets wie z.B. die neueren MMX 100 und MMX 150 von Beyerdynamic oder Modelle von Teufel besitzt und für einen echten, Influencer-freien Test zur Verfügung stellen möchte, den bitte ich um Kontaktaufnahme. Danke!
36 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
Mitglied
1
Mitglied
Urgestein
Mitglied
Urgestein
1
Urgestein
1
Urgestein
Mitglied
1
Mitglied
Urgestein
1
Urgestein
Urgestein
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →