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ATI im Rückwärtsgang? 2D-Leistung bleibt auf der Strecke | Retro Teil 1 von 2

Mit Hilfe des neuen Benchmarks wollen wir der Ursache der zu Tage geförderten 2D-Flaschenhälse bei den uns zur Verfügung stehenden HD5870, 5850 und 5750 ergründen. Hier vorab bereits das Ergebnis, das beweist, dass die 2D-Beschleunigung der GDI-Funktionen unter Windows 7 auf den Radeon HD5xxx definitiv nicht funktioniert, sondern die Darstellung zusätzlich verlangsamt. Ist es ein Treiber- oder ein Hardwareproblem? Doch auch Nvidia kommt nicht ganz ohne Blessuren davon, denn auch bei der grünen Fraktion wurden nicht alle der möglichen Funktionen wirklich beschleunigt.

Testsystem: Intel
Prozessor Q6600 G0-Stepping
Taktrate 3,2 GHz
RAM 8 GB DDR2 1066 CL5 A-Data Vitesta Extreme
Mainboard: DFI Lanparty DK X48-T2RS
Betriebssystem Windows 7 Ultimate x64
Grafikkarten Radeon HD5870, GTX 285
Grafiktreiber: Catalyst 9.12, Forceware 195.62
Grafikkarte Takt mit Aero und PWM Takt ohne Beschleunigung
Radeon HD 5870 850 MHz 157 MHz
GTX 285 648 MHz 300 MHz

Wir haben zur besseren Vergleichsmöglichkeit zusätzlich die GPU-Beschleunigung aller Tests auf einem einfachen Büro-PC mit einem alten nForce610i-Chipsatz und langsamer Geforce 7050 Onboard-Grafik ohne dedizierten Speicher mit aufgenommen. Auf dem Board stecken testweise die gleiche CPU und 4GB RAM, zum Einsatz kam ebenfalls Windows 7 x64. Darüber hinaus greifen wir den weiteren Tests vor und stellen der HD 5870 den Vorgänger in Form der HD4870 gegenüber.

Test 1 – Rendering von TrueType und OpenType

Hier liegen alle Kandidaten eng zusammen. Interessant ist allerdings, dass mit möglicher 2D-Hardwarebeschleunigung unter Aero bei der HD 5870 ein leichter Leistungsverlust eintritt, während die Nvidia-Karte aufholen kann. ATI verliert, Nvidia beschleunigt leicht. Allerdings muss sich Nvidia fragen lassen, warum die alte Onboard-Grafik im 2D schneller als eine GTX 285 rendert, auch wenn der Unterschied eher gering ausfällt. Die HD 4870 als Kontrollkarte sortiert sich im unteren Drittel ein ohne ausgesprochene Schwächen zu zeigen.

Test 2 – Linien

Wir wollten es zunächst nicht glauben, aber die HD 5870 ist nicht einmal ansatzweise in der Lage, hardwarebeschleunigt Linien mit brauchbarer Performance darzustellen! Während die beiden Testkandidaten ohne eine mögliche 2D-Hardwarebeschleunigung noch akzeptabel zusammenliegen, klafft nach Aktivierung von Aero eine erschreckende Lücke. Die GTX 285 ist um den Faktor 11 schneller als die HD 5870, was auch das völlige Versagen der ATI-Karte in allen getesteten 2D-Anwendungen erklärt. Die schwächliche Onboard-Grafik eines über 2 Jahre alten 35-Euro-Mainboards schlägt die neue 370-Euro-Karte locker um den Faktor 10! Die Werte der HD 4870 unterscheiden sich zwischen Aero und Basic kaum. Die Karte ist zwar deutlich schwächer als eine GTX 285 und die Onboardlösung, aber selbst im unbeschleunigten Zustand noch sichtbar besser als die HD 5870. Wir stellen fest, dass mit dem aktuellen Catalyst im Zusammenspiel mit der HD 4870 keine Hardwarebeschleunigung der Linien unter Windows 7 stattfindet. Zumindest verliert die Karte unter Aero nicht so viel wie die neuere Schwester.

Test 3 – Bézier-Kurven

Das gleiche Bild wie bei den Linien. Die HD 5870 bricht ins Bodenlose ein und beweist erneut die (derzeitige) Untauglichkeit für 2D-Anwendungen. Das ist selbst für Home-Anwender nicht im Mindesten tolerierbar. Mit aktivierter Aero-Oberfläche und DWM ist die um den Faktor 9 höhere Performance der GTX 285 geradezu eine Abstrafung. Die alte Onboard-Grafik demütigt die neue ATI-Karte ebenfalls und ist selbst ohne GPU-Beschleunigung mit 14215 Splines noch deutlich schneller als die HD 5870! Interessant ist hingegen das Verhalten der HD 4870. Kurven werden im Gegensatz zur neuen Karte durch die Hardware beschleunigt, auch wenn das Ergebnis im Vergleich zu den Nvidia-Karten eher bescheiden ausfällt.

Test 4 – Rechtecke

Da die Radeon 5870 eklatante Probleme mit der Liniendarstellung hat (vor allem mit größeren Strichstärken) haben wir der Objektivität halber die Rechtecke im Test ohne jegliche Umrisse ausgeben lassen. Interessanterweise ist dann die Leistung der HD 5870 mit 2D-Grafikbeschleunigung erstmalig doppelt so hoch wie ohne, liegt aber immer noch unter dem Niveau der alten Geforce 7050. Die Rechtecke waren der einzige Testbereich, bei dem wir bei der ATI-Karte überhaupt eine mögliche Beschleunigung messen konnten, die auch den Namen als solche verdiente. Die HD4870 profitiert von der Hardwarebeschleunigung wiederum mehr als die HD 5870, obwohl sie ohne Beschleunigung deutlich das Schlusslicht aller Karten bildet.

Test 5 – Polygone

Hier kippt das Bild komplett zur alten Onboard-Grafik! Der alte nForce610i mit integrierter Grafiklösung schlägt beschleunigt und unbeschleunigt alle teuren 3D-Karten im Test um Längen. Interessant ist, dass die 2D-Beschleunigung der Polygone bei beiden großen Karten überhaupt nicht funktioniert. Der Onboard-Chip ist unter Aero wiederum über 10 Mal schneller als eine HD 5870! Ohne Beschleunigung ist die HD 4870 einen Tick langsamer als die HD 5870, jedoch unter Aero fast doppelt so schnell.

Test 6 – Kreise, Kreisbögen, Ellipsen

Gleiches Bild wie bei den Polygonen. Auf beiden Karten findet faktisch keine nennenswerte 2D-Beschleunigung statt, während die alte Onboard-Grafik erneut kräftig punktet. Die HD 5870 büßt unter Aero zudem noch ein, während die ältere HD 4870 im Durschnitt bleibt.

Anmerkung

Diese Ergebnisse erhielten wir analog auf einem AMD-System mit HD 5750, so dass ein Defekt der HD 5870 auszuschließen ist. Wir haben die Treiber Catalyst 9.11 und 9.12 verglichen. Wir konnten bei den Schriften eine deutliche Steigerung der Leistung verzeichnen, allerdings unabhängig davon, ob Beschleunigung möglich gewesen wäre, oder nicht. Wie haben in diesem Abschnitt zunächst auf einen Vergleich mit Vista verzichtet, um dem zweiten Teil der Benchmarks nicht vorzugreifen. Wir können aber versichern, dass auch diese Testläufe Überraschungen bringen werden.

 

Kommentar

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MechUnit

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64 Kommentare 38 Likes

Interessanter Hintergundbericht.

Damals (Windows 1.0-3.00) war eben das Amiga OS aufgrund des Systems mit seinen Co-Prozessoren (für 2D hauptsächlich Blitter) und echten überlappenden Fenstern besser, von der schon damals unerschütterlichen Stabilität einmal abgesehen.

Das Mac OS setzte nochmal einen drauf. Auch da gab es ja fast von Anfang an quasi integrierte Hardwarebschleunigung für 2D-Anwendungen.

Dann gab es ja noch SGI-OS - ein Traum.

Präemptives Multitasking und schnelles, flüssiges Arbeiten war man also hier auf den 3 o.g. Systemen schon gewohnt. Ok, auf A500 & A1000 war aufgrund des langsameren Motorola 68000-Prozessors und 512kb-, bzw. 1 MB Chip-RAM und ohne HDD mit Diskettenzugriff die Lade- und Arbeitsgeschwindigkeit etwas langsamer. Dennoch war das ein besseres Gefühl und komfortabler als noch mit Windows 1.0, geschweige denn DOS - dank Blitter und Copper mit nicht 100 dazwischenfunkenden Treibern und Schnittstellen. Die im System fest integrierte Hardware war eben fest im OS integriert. Angebundene Hardware und deren Treiber wurden "hinten dran" geschoben. Reflections, Video Toaster, Cinema 4D oder Lightwave (die beiden letztgenannten dann schon auf AGA-Maschinen aka A4000, später mit Power PC u.a. in Verbindung mit Silicon Graphics) liefen wie Butter. 2,5D-Layer und deren Beschleunigung spielten da aber auch noch keine Rolle.

Das war aber auch ein Vorteil der damaligen geschlossenen Systeme mit aufs Leib zugeschnittenen Betriebssystemen. Der PC war ja offen und es musste ja schon damals auf unterschiedlichen Systemen das OS möglichst performant und stabil laufen. Damit war (und ist) ein PC nicht nur von der dedizierten, modularen Hardware abhängig, sondern auch über seine Schnittstellen und Treiber. Wenn dann noch die 2D-Unterstützung schlecht oder gar nicht integriert ist (schlimmstenfalls noch auf Hardware-, OS-, Schnittstellen- und Treiberebene) fehlt, ist das für flüssiges Arbeiten im Betriebssystem ein Desaster. Das merkte man sogar später tw. in Windows NT oder 2000 auf professionellen Maschinen. Es stockte halt mal oder es gab "Denkpausen".

Ein gutes Beispiel hierfür waren damals auch Emulatoren. Man merkte direkt, wenn auf Hardwareebene einfach die 2D-Beschleunigung fehlte und die CPU dann mehr schuften musste.

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Lagavulin

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Vielen Dank für den interessanten Blick zurück in die 2010er Jahre. Habe ich mit großem Interesse gelesen, weil ich mich damals noch gar nicht mit PC-Technik beschäftigt habe. Spannt man einen zeitlichen Bogen von ATI bis zum 12VHPWR, dann ist Igor‘sLab für mich wirklich so etwas wie „CSI Chemnitz“ im PC-Bereich.

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F
Furda

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663 Kommentare 371 Likes

Irgendwo in dieser Zeit da, wohl noch unter WinXP, hatte ich noch einer der letzten Karten von ATI mit AGP Schnittstelle in Betrieb, als der endgültige Wechsel zu PCI vollzogen geworden war.

Der Artikel hat einige Trigger, bin mal auf den 2. Teil gespannt.

Auf alle Fälle, die Einleitung hier birgt für mich schon jetzt das grösste Ausrufezeichen, nämlich, dass man den Finger in die Wunde drücken muss, um eine Änderung/Verbesserung zu erwirken. Damals schon so und heute immer noch brandaktuell. Da hatte ATI offenbar, wie auch alle anderen immer, negativ darauf reagiert, anstatt einsichtig und konstruktiv sein zu wollen. Von ATIs Treiber-Kultur hat wohl bis heute ein Teil bei AMD überlebt.

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Igor Wallossek

1

10,220 Kommentare 18,922 Likes

Das missgünstige Treiber Team firmiert heute immer noch unter ATI in Toronto und es sind die gleichen Leute, die heute alles verdongelt haben, weil sie das MorePowerTool nicht wollen. Das geht schon seit Jahren so :D

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Derfnam

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Toronto Trittchen - guten Feinden gibt man ein Trittchen. Oder 2.
Wobei ich Ati & the Vandalers mit 'Nowhere Toronto' bevorzuge.

Die damaligen Kommentare unter bzw zu den Artikeln läs ich zu gern nochmal.

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Derfnam

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7,517 Kommentare 2,029 Likes

Alles gut und schön, @Igor Wallossek, aber ich wollte schon ein wenig Wehmut fühlen wegen der alten Köppe.

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C
ChaosKopp

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Ich erinnere mich noch gut an die zugrunde liegenden Artikel und die Emsigkeit, die Du damals ausgelöst hast

Auch wenn die Treiber-Truppe Dich damals hasste, hast Du das Produkt selbst massiv vorangetrieben.

Eigentlich wäre Dankbarkeit angemessen gewesen.

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eastcoast_pete

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Ja, wenn man darauf hinweist, daß der König nackt dasteht oder der tolle GPU Treiber für die neueste Karte kaum 2D packt, macht man sich schnell unbeliebt. Auch wenn man damit, so wie hier @Igor Wallossek , ATI einen großen Gefallen hattest, denn die Käufer finden solch unterirdische Leistung gar nicht gut. Wie heißt es so schön im Englischen: " No good deed goes unpunished". ATI, anstatt sich zu schämen und für den Hinweis zu danken, wurde ärgerlich und nachtragend.

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eastcoast_pete

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Der Toaster auf den großen Amigas waren ja aus gutem Grund jahrelang das Kit der Wahl bei frühen CGI Geschichten. SGI Workstations waren klar besser, aber wer hatte schon soviel Geld? Die waren nämlich richtig teuer, für das Geld konnte man schon ein sehr schönes Auto (Oberklasse, keinen Golf 😀) kaufen .

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MechUnit

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64 Kommentare 38 Likes

Allerdings - das waren Preise jenseits von gut und böse :D

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eastcoast_pete

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Waren (und sind) sehr gute Hintergrund Artikel, danke @Igor Wallossek für das Encore! Und jetzt ein paar Fragen zum Stand der Dinge 2023: wie sieht es denn heutzutage mit Unterstützung von 2D und 2.5D Grafik aus? Sind die iGPUs hier eigentlich immer noch gleichauf (oder besser?) als viele dGPUs, und gibt's hier Unterschiede zwischen Intel iGPUs und den AMD APUs?

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Igor Wallossek

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AMD vor NV und Intel :)

APUs gehen, iGP bei Intel eher meh

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e
eastcoast_pete

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Danke! Auch und gerade wenn man doch einiges machen will, das nach wie vor 2 bzw 2.5D ist; vor allem wenn mehrere UHD Monitore befeuert werden sollen. Interessant, daß AMD aus dem Debakel damals gelernt hat, auch wenn Toronto immer noch schmollt 😁

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P
Postguru

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39 Kommentare 7 Likes

Und heute mit einer 6900XT unter Win10
Direct drawing to visible device:
BENCHMARK: DIB-BUFFER AND BLIT

Text: 23245 chars/sec
Line: 28631 lines/sec
Polygon: 12435 polygons/sec
Rectangle: 3229 rects/sec
Arc/Ellipse: 15193 ellipses/sec
Blitting: 14961 operations/sec
Stretching: 1107 operations/sec
Splines/Bézier: 17800 splines/sec
Score: 201

DIB Buffering:
BENCHMARK: DIB-BUFFER AND BLIT

Text: 60096 chars/sec
Line: 151668 lines/sec
Polygon: 631579 polygons/sec
Rectangle: 5491 rects/sec
Arc/Ellipse: 347222 ellipses/sec
Blitting: 58207 operations/sec
Stretching: 7123 operations/sec
Splines/Bézier: 70822 splines/sec
Score: 4510

scheint einiges besser zu laufen .. jedenfalls gepuffert ;)

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Igor Wallossek

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10,220 Kommentare 18,922 Likes

DIB geht direkt in den Speicher, Direct Draw jeder einzelne Pups durch die Renderpipeline.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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