Nach den bereits ausführlich getesteten neuen AMD-Karten im unlängst erschienenen Launchartikel hat nun auch die Sapphire Radeon RX 6950 XT Nitro+ Pure als weitere Boardpartnerkarte den weiten Weg zu mir ins Labor gefunden. Die anhaltende Nichtverfügbarkeit dieser bestimmter Grafikkarten für die breite Masse ist schade und umso ärgerlicher, als dass es sich bei diesen Produkten um wirklich gute und konkurrenzfähige Grafikkarten handelt, die es verdient hätten, auch die breite Masse der Kaufwilligen zu beglücken. Und so teste ich heute ein Produkt, das sich von der breiten Masse wohltuend abhebt und leider noch in der Lieferung nach Deutschland feststeckt.
Mit der (Achtung! Offiziell vorgeschriebener Name laut AMDs Nomenklatur) „NITRO+ AMD Radeon™ RX 6950 XT PURE Gaming Graphics Card with 16GB GDDR6, AMD RDNA™ 2“, die ich im Artikel der Einfachheit halber wieder Sapphire RX 6950 XT Nitro+ Pure nennen werde, da sonst die Charts und Legenden explodieren würden, liegt hier ein durchaus interessantes RDNA2-Exemplar bereit, bei dem man schon zweimal (oder dreimal) hinhören muss, um es zu hören. Und Sapphire hat den Werkstakt nicht allzu hoch angesetzt und lässt damit sogar viel Raum für eigene OC-Experimente. Dass dies geht, werde ich noch in einem Wasserkühlungsartikel zeigen.
Diese Grafikkarte kommt, wie alle RX 6000 Modelle, mit dem neuen Videocodec AV1 zurecht, sie unterstützen erstmals auch DirectX 12 Ultimate und damit eben auch DirectX Raytracing (DXR). Mit AMD FidelityFX bieten sie zudem ein Feature, das Entwicklern zudem mehr Spielraum bei der Auswahl der Effekte ermöglichen soll. Ebenfalls dabei ist Variable Rate Shading (VRS), was immens Rechenleistung sparen kann, wenn Bildbereiche, die ohnehin nicht im Auge des Spielers liegen, in der Darstellungsqualität smart reduziert werden. Soviel zum Feature-Set aller neuen Radeon-Karten.
Mit einer UVP von 1399 Euro hat man einen gewissen Aufschlag generiert, den man akzeptieren kann oder nicht. Das muss das jeder mit sich selbst ausmachen. Schneewittchen und Einhorn-Feeling sind aber bereits mit inkludiert. Immerhin, das ist ja auch schon mal was.
Optik und Haptik
Die Sapphire RX 6950 XT Nitro+ Pure wiegt 1571 Gramm und ist damit natürlich schwerer als die Referenzkarte der RX 6900XT, dafür aber etwas leichter als die MSI-Karte aus dem Launchartikel. Sie ist mit ihren satten 32,5 cm auch länger, stattliche 13 cm hoch (Einbauhöhe ab PEG) und dazu brachiale 6.4 cm dick (3.5-Slot-Design), wobei noch eine Backplate und das PCB mit insgesamt vier weiteren Millimetern dazukommen.
Der weiße Korpus ist aus Leichtmetall, der Sapphire-Schriftzug und das Leuchtband auf der Oberseite sind LED-beleuchtet, die Backplate ziert noch ein beleuchtetes Logo. Ansonsten ist alles schön in Leichtmetall statt Kunststoff gehalten, was haptisch jede Menge hermacht.
Versorgt wird der grafische Ziegelstein samt Illumination über zwei standesübliche 8-Pin-Buchsen und eine 6-Bin-Buchse, also alles wie bekannt und gehabt. Wir sehen hier auch die vertikale Ausrichtung der Kühllamellen und die Platinenverstärkung in Form einer Backplate und eines massiven Rahmens. Doch dazu beim Teardown gleich mehr.
Die Slot-Blende ist geschlossen, trägt 1x HDMI 2.1 und drei aktuelle DP-Anschlüsse. Die USB Type C Buchse fehlt hingegen. Mehr zum Aufbau, dem Kühler und der Bestückung dann auch noch auf der nächsten Seite beim Teardown.
Technik
Mit den 80 Compute Units (CU) besitzt die Karte insgesamt 5120 Shader. Während der Basistakt mit 2162 MHz angegeben wird, liegt der Boost-Takt beim Silent BIOS bei 2368 MHz und beim Performance BIOS bei 2435 MHz, was auch erreicht wird. Karte setzet auf 16 GB GDDR6 mit 18 Gbps, die sich aus jeweils 8 Modulen mit 2 GB Größe ergeben. Dazu gehört auch das 256-Bit Speicherinterface und der 128 MB große Infinity Cache, der das Bandbreitenproblem lösen soll. Die Karte verfügt somit über ein umschaltbares Dual-BIOS, was schön ist. Bei Mittelstellung des BIOS-DIP-Schalters lässt sich mit der TriXX-Software von Sapphire nahtlos und direkt per Software eine Umschaltung on-the-fly lösen.
Im BIOS sind noch weitere Daten abweichend, so zum Beispiel die TGP, also die maximale Power für GPU, SoC und Speicher. Die Performance-Version bietet bis zu 325 Watt TGP statt 303.
Raytracing / DXR
Spätestens seit der Präsentation der neuen Radeon-Karten ist klar, dass auch AMD Raytracing unterstützen wird. Hier geht man einen zu NVIDIA deutlich abweichenden Weg und implementiert einen sogenannten „Ray Accelerator“ pro Compute Unit (CU). Da die Radeon RX 6800 insgesamt 72 CUs besitzt, ergeben sich somit auch 72 solcher Beschleuniger für die Radeon RX 6800XT, bei der kleineren Radeon RX 6800 sind es noch 60. Eine GeForce RTX 3080 kommt auf 68 RT Cores, also nominell erst einmal weniger. Beim Vergleich der kleineren Karten steht es dann 62 für die RX 6800 und 46 für die GeForce RTX 3070. Allerdings sind die RT-Cores anders organisiert und man wird abwarten müssen, was hier Menge gegen Spezialisierung ausrichten kann. Es ist am Ende also erst einmal ein Äpfel und Birnen Vergleich.
Doch was hat sich AMD hier ausgedacht? Jeder dieser Beschleuniger ist erst einmal in der Lage, gleichzeitig bis zu 4 Strahl-/Box-Schnittpunkte oder einen einzigen Strahl-/Dreieckschnitt pro Takt zu berechnen. So berechnet man die Schnittpunkte der Strahlen mit der Szenengeometrie (analog zur Bounding Volume Hierarchy), sortiert sie zunächst vor und gibt diese Informationen dann an die Shader zur weiteren Bearbeitung innerhalb der Szene zurück bzw. gibt das finale Shading-Resultat aus. NVIDIAs RT-Cores scheinen da allerdings deutlich komplexer vorzugehen, wie ich es beim Turing-Launch bereits ausführlich erläutert habe. Was zählt, ist allein das Ergebnis und genau dafür haben wir auch passende Benchmarks.
Smart Access Memory (SAM)
AMD zeigte auf der Präsentation der neuen Radeon-Karten bereits SAM, also Smart Access Memory – ein Feature, das ich heute zusätzlich auch zu den normalen Benchmarks aktiviert habe, womit auch ein direkter Vergleich möglich wird. Doch eigentlich ist SAM nicht Neuers, nur verbal schöner verpackt. Dahinter verbirgt sich nämlich nichts anderes als der clevere Umgang mit dem Base Address Register (BAR) und genau dieser Support muss zwingend auch im Unterbau aktiviert sein. Bei moderner AMD-Grafikhardware spielen größenveränderbare PCI-Bars (siehe auch PCI SIG vom 24.0.4.2008) schon länger eine wichtige Rolle, da die eigentlichen PCI BARs normalerweise ja nur auf 256 MB begrenzt sind, während man bei den neuen Radeon Grafikkarten nun bis zu 16 GB VRAM vorfindet.
Die Folge ist, dass nur ein Bruchteil des VRAM für die CPU direkt zugänglich ist, was ohne SAM eine ganze Reihe von Umgehungslösungen im sogenannten Treiber-Stack erfordert. Das kostet natürlich stets Performance und sollte demzufolge vermieden werden. AMD setzt bei SAM also genau dort an. Neu ist das nicht, muss aber sauber im UEFI implementiert und später auch aktiviert werden. Das wiederum geht nur, wenn das System im UEFI Modus läuft und CSM/Legacy deaktiviert sind.
CSM steht dabei für das Compatibility Support Module. Das Compatibility Support Module gibt es ausschließlich unter UEFI und es sorgt dafür, dass ältere Hardware und Software auch mit UEFI funktioniert. Das CSM ist immer dann hilfreich, wenn nicht alle Hardware-Komponenten zu UEFI kompatibel sind. Einige ältere Betriebssysteme sowie die 32-Bit-Versionen von Windows lassen sich auch nicht auf UEFI-Hardware installieren. Genau diese Kompatibilitätseinstellung verhindert jedoch die saubere und für die neuen AMD-Komponenten benötigte Windows-Variante oft schon bei der Installation.
Testsystem und Auswertungssoftware
Das Benchmarksystem ist neu und steht jetzt nicht mehr im Labor, sondern wieder im Redaktionsraum. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich NVIDIAs PCAD und eine eigene Entwicklung mit der Software von Powenetics, was den Komfort ungemein erhöht. Die Messung der Leistungsaufnahme und anderer Dinge erfolgt weiterhin im klimatisierten Labor auf einem redundanten und bis ins Detail identischem Testsystem, allerdings dann mittels hochauflösender Oszillographen-Technik…
…und dem selbst erschaffenen, MCU-basierten Messaufbau für Motherboards Grafikkarten (Bilder unten), wo am Ende im klimatisierten Raum auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen außerhalb in meiner Chamber (Raum im Raum).
Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:
- 1 - Einführung und technische Details
- 2 - Teardown: Platine, Spannunsversorgung, Kühler
- 3 - Gaming Performance
- 4 - Leistungsaufnahme beim Gaming und Effizienzanalyse
- 5 - Leistungsaufnahme, Lastspitzen und Netzteil-Empfehlung
- 6 - Taktraten und Temperaturen
- 7 - Lüfter und Geräuschemission ('Lautstärke')
- 8 - Übersicht, Zusammenfassung und Fazit
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