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NVIDIA GeForce RTX 3090 Founders Edition Review: Zwischen Mehrwert und vermeintlicher Dekadenz – wenn der Preis nicht alles ist

Mit der GeForce RTX 3090 rundet NVIDIA sein Grafikkarten-Portfolio heute nach oben hin ab, vorerst. Viel mehr geht mit dem GA102-300 ja eh nicht mehr und so darf man den jetzigen Ausbau wohl eher als Ersatz für die Titan RTX sehen, als für die RTX 2080 Ti. Eine kommende „Quadro RTX A“ sollte dann auch alle Shader bekommen können, um sich wieder etwas vom Consumer-Portfolio absetzen zu können. Nun leicht, denn viel ist es ja nicht, was man vielleicht noch freigeben könnte.

Der GA102 verfügt im ungekürzten Maximalausbau ja bekannterweise über 7 GPC (Graphics Processor Cluster). mit je 12 SM (Streaming Multiprocessor) was 10.752 CUDA-Cores bedeutet. Bei der GeForce RTX 3090 sind jedoch zwei SM deaktiviert, was 10.496 ALUs ergibt und somit 97,6% entspricht. Das man hier nun noch einmal eine Consumer-Karte nachschieben könnte, ist also eher unwahrscheinlich. Der von Jensen Huang kolportierte Codename „BFGPU“ für die GeForce RTX 3090, was am Ende ja nichts anderes als „Big Ferocious GPU“ bedeutet, wird aber im heutigen Test noch seine Macht demonstrieren müssen.

Bei der GeForce RTX 3080 mit dem gleichen GA102 ist ja gleich ein ganzer GPC abgeschaltet und nur vier von sechs GPC nutzen die vollen 12 SM, denn zwei sind wiederum auf 10 SMs reduziert. Rechnet man nun die SM hoch, ergibt die 68 und somit 8.704 CUDA-Cores. Im Idealfall wohlgemerkt, wenn alle Einheiten mit FP32 werkeln dürfen. In genau diesem Idealfall, wären es ca. 20.5 % mehr Shader für die RTX 3090, was man aber in der Praxis wohl eher selten sehen wird. Geht man zudem von den Leistungszuwächsen der GeForce RTX 3080 gegenüber der GeForce RTX 2080 Ti aus, dann sollte das in der Realität eher bei bei 10 bis 15% landen. Ich muss also noch nicht einmal einen Benchmark starten, um die GeForce RTX 3090 schon vorab richtig einordnen zu können.

Und was ist jetzt mit dem Hype-Train? Die GeForce RTX 3090 ist keine „Wunderwaffe“, sondern ein nettes Stück Technik zu einem recht selbstbewussten Preis. Die „Wertschöpfung“ der RTX 3090 gegenüber der RTX 3080 muss also auch woanders liegen, sonst ergäbe so ein Top Dog auch keinen Sinn. Der Fast-Vollausbau mit allen GPC ermöglicht satte 24 GB GDDR6X-Speicher, was in den heutigen Zeiten ein echter Benefit sein könnte (aber nicht zwingend sein muss), je nach Auflösung und Anwendung.

Der Gamer von Welt sollte, auch was Preis und Logik betrifft, lieber auf eine GeForce RTX 3080 (Ti) mit 20 GB Speicherausbau warten, wenn ihm die 10 GB der RTX 3080 zu wenig sind. Denn der eigentliche Sinn dieser mit fast 1500 Euro dann auch doppelt so teuren Karte liegt eher nicht beim Daddeln, auch wenn gerade viele danach gieren. Ich habe die Workstation- und Studio-Benchmarks nicht umsonst bereits im Launchreview der GeForce RTX 3080 mit eingebaut. Denn heute lässt es sich geschmeidig fortsetzen. Und ohne spoilern zu wollen, aber gerade in Anwendungen wie Maya samt dem Arnold Renderer oder meinetwegen auch Blender mit OptiX liegt man weit über den gerade angerissenen 10 bis 15 Prozent Unterschied.

Ihr kennt es ja schon vom Werkzeug, denn alles, womit man Geld verdienen muss, kostet auch erst einmal selbiges und zwar nicht zu knapp. Die Zielgruppe ist damit eigentlich komplett, denn es wird natürlich den Edelzocker geben, der einfach die größte Karte haben muss (und sei es für die Signatur) und den Creator, dem eine Quadro RTX zu teuer ist, weil er nicht auf die zertifizierten Treiber angewiesen ist. Beide dürften hier gern zuschlagen, aber auch beide gleichermaßen für das Wellness-Produkt latzen. Wobei sich das mit dem Preis relativiert, wenn man sich überlegt, was bisher die Titan RTX oder die Quadro RTX 6000 gekostet haben. Dagegen ist die RTX 3090 fast schon ein Schnäppchen. Es ist also wie immer eine Frage des Betrachtungswinkels.

Die GeForce RTX 3090 Founders Edition

Theorie, naja, nimmt man gern mit, aber jetzt geht es direkt und schnörkellos ans Eingemachte. Das Gehäuse der Karte ist ein ziemlich cleverer Mix aus Leichtmetall, Kunststoff und Eisenwaren, der sich toll und wertig anfasst und zudem auch optisch ordentlich was hermacht. Das Design mit den 5.5 cm Einbautiefe inklusive der 4 mm Backplate macht diese Karte zu einem astreinen Triple-Slot-Design mit allen bekannten Vor- und Nachteilen. Es impliziert Leistung und gute Kühlung gleichermaßen. Man kann es lieben oder hassen, aber es sieht schon imposant aus.

Mit den 2157 Gramm ist die Karte das Schwerste, das ich bisher in der Hand hatte, was auch vom Kühler und dem sehr massiven Aufbau herrührt. Die Länge von 31,3 cm ist schon recht fesch auch die Einbauhöhe ist mit 13,5 cm ab der Oberkante des PCIe-Slots bei eingebauter Karte bis zur Oberseite der Abdeckung recht hoch. Der lustige 12-Pin Micro-Fit 3.0 an der Oberseite ist um 45° abgeschrägt und zeigt leicht nach hinten. Hier darf man dann den mitgelieferten 12-Pin Adapter anschließen, an den die zwei herkömmlichen 6+2-Pin Stecker passen, die man ja schon seit Jahren kennt. Ihr werdet auf der nächsten Seite noch die Platine sehen und verstehen, warum das so sein musste. Form follows Function, oder so. Zum Kühlerdesign gibt es dort dann gleich auch noch weitere Details. Den NVLINK-Anschluss hat Nvidia hinter einer Kappe versteckt.

NVIDIA verzichtet wieder auf den USB Type C am Slot-Panel, wohl auch deshalb, weil sich der VR-Hype mittlerweile wieder deutlich abgekühlt hat. Interessanterweise wird AMD dieses Feature bei Big-Navi neu aufnehmen, während man hier damit bereits abgeschlossen zu haben scheint. Der neue HDMI-2.1-Anschluss darf nicht fehlen, die drei aktuellen DisplayPorts natürlich auch nicht. Die sehr großen Kühlöffnungen zeigen, woher der Wind weht und damit wären wir mit den Äußerlichkeiten auch schon wieder komplett fertig.

Die Daten der Founders Edition zeigt uns noch einmal der aktuelle GPU-Z Screenshot, den Rest hatte ich ja schon weiter oben aufgeführt. Die 1395 MHz Basis und die 1695 MHz Boost-Takt sind sind ja bereits genauso bekannt, wie die 1219 MHz Speichertakt und der Speicherausbau mit 24 GB am 384-Bit Interface.

Im direkten Vergleich zu den anderen neuen Karten liegt die RTX 3090 am oberen Ende der Nahrungskette und der leistungsbezogene Abstand der 699-Euro-Karte zur 1499 Euro teuren GeForce RTX 3090 ist auch in der Theorie schon deutlich kleiner als der Preisunterschied. Auch hier habe ich noch einmal eine Tabelle für alle Statistiker unter Euch, bevor es dann ab der nächsten Seite wirklich voll losgeht.

  GeForce RTX 3060 (Ti) GeForce RTX 3070 GeForce RTX 3080 GeForce RTX 3090
GPU GA104-200 GA104-300 GA102-200 GA102-300
Process Node Samsung 8nm Samsung 8nm Samsung 8nm Samsung 8nm
Die Size 395.2 mm2 395.2 mm2 628.4 mm2 628.4 mm2
Transistoren 17.4 Mrd. 17.4 Mrd. 28 Mrd. 28 Mrd.
CUDA Cores 4864 5888 8704 10496
TMUs/ROPs TBA TBA 272 / 96 328/112
Tensor/RT 152 / 38 184 / 46 272 / 68 328 / 82
Basis-Takt
TBA 1500 MHz 1440 MHz 1400 MHz
Boost-Takt
TBA 1730 MHz 1710 MHz 1700 MHz
FP32 Compute TBA 20 TFLOPs 30 TFLOPs 36 TFLOPs
RT TFLOPs TBA 40 TFLOPs 58 TFLOPs 69 TFLOPs
Tensor-TOPs TBA 163 TOPs 238 TOPs 285 TOPs
Speicher 8 GB GDDR6 8 GDDR6 10 GB GDDR6X 24 GB GDDR6X
Interface 256-bit 256-bit 320-bit 384-bit
Durchsatz 14 Gbps 14 Gbps 19 Gbps 19.5 Gbps
Bandbreite 448 Gbps 448 Gbps 760 Gbps 936 Gbps
TGP 180W? 220W 320W 350W
Launch 10/2020 ? 15.10.2020 17.09.2020 24.09.2020

Testsystem und Auswertungssoftware

Das Benchmarksystem ist neu und steht jetzt nicht mehr im Labor, sondern wieder im Redaktionsraum. Ich setze nunmehr auch auf PCIe 4.0, das passende X570 Motherboard in Form eines MSI MEG X570 Godlike und einen selektierten Ryzen 9 3900XT, der wassergekühlt bis auf 4.5 GHz übertaktet wurde. Dazu kommen der passende DDR4 3600 RAM von G.SKILL in Form des TridentZ Neo, sowie mehrere schnelle NVMe SSDs. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich NVIDIAs PCAD, was den Komfort ungemein erhöht.

Die Messung der Leistungsaufnahme und anderer Dinge erfolgt hier im Speziallabor auf einem redundanten und bis ins Detail identischem Testsystem dann zweigleisig mittels hochauflösender Oszillographen-Technik…

…und dem selbst erschaffenen, MCU-basierten Messaufbau für Motherboards Grafikkarten (Bilder unten), wo am Ende im klimatisierten Raum auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen Außerhalb in meiner Chamber.

Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:

Test System and Equipment
Hardware:
AMD Ryzen 9 3900XT @4.5 GHz
MSI MEG X570 Godlike
2x 16 GB G.SKILL TridentZ Neo RGB DDR4 3600, CL
1x 2 TByte Aorus (NVMe System SSD, PCIe Gen. 4)
1x 500 GB Toshiba RC500
1x Seagate FastSSD Portable USB-C
Seasonic Prime 1300 Watt Titanium PSU
Cooling:
Alphacool Eisblock XPX Pro
Alphacool Eiswolf (modified)
Thermal Grizzly Kryonaut
Case:
Raijintek Paean
Monitor: BenQ PD3220U
Power Consumption:
Oscilloscope-based system:
Non-contact direct current measurement on PCIe slot (riser card)
Non-contact direct current measurement at the external PCIe power supply
Direct voltage measurement at the respective connectors and at the power supply unit
2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz multichannel oscilloscope with memory function
4x Rohde & Schwarz HZO50, current clamp adapter (1 mA to 30 A, 100 KHz, DC)
4x Rohde & Schwarz HZ355, probe (10:1, 500 MHz)
1x Rohde & Schwarz HMC 8012, HiRes digital multimeter with memory function

MCU-based shunt measuring (own build, Powenetics software)
Up to 10 channels (max. 100 values per second)
Special riser card with shunts for the PCIe x16 Slot (PEG)

NVIDIA PCAT and FrameView 1.1

Thermal Imager:
1x Optris PI640 + 2x Xi400 Thermal Imagers
Pix Connect Software
Type K Class 1 thermal sensors (up to 4 channels)
Acoustics:
NTI Audio M2211 (with calibration file)
Steinberg UR12 (with phantom power for the microphones)
Creative X7, Smaart v.7
Own anechoic chamber, 3.5 x 1.8 x 2.2 m (LxTxH)
Axial measurements, perpendicular to the centre of the sound source(s), measuring distance 50 cm
Noise emission in dBA (slow) as RTA measurement
Frequency spectrum as graphic
OS: Windows 10 Pro (2004, all updates, current certified drivers, NVIDIA press driver R456)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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