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NVIDIA GeForce RTX 3090 Founders Edition Review: Zwischen Mehrwert und vermeintlicher Dekadenz – wenn der Preis nicht alles ist

Spiele-Performance

In den nachfolgenden Ergebnisübersichten habe ich einerseits die durchschnittlichen FPS aller Karten und in allen Spielen kumuliert sowie dies dann noch prozentual berechnet und gegenübergestellt. Insgesamt 10 Spiele habe ich getestet und in Ultra-HD geht immer noch die Post ab. Wir dürfen ja nie vergessen, dass dies kein Cherry-Picking ist, sondern sich in jeder Situation Spiele in der Auswahl befinden, die die Schönwetterfront leicht durchbrechen können.

Schaut man jetzt einmal auf die Prozente, dann landen wir im Schnitt bei 10,5 % fürs Gaming. In professionellen Anwendungen wie Arnold oder Blender waren es immerhin reichlich 20% und damit auch die theoretisch mögliche Maximalsteigerung. Mehr ginge ja eh nicht, es sei denn der RAM käme nicht mit ins Spiel.

 

Zusammengefasst: Vor allem bei höheren Auflösung ist diese Karte ein echtes Brett, denn auch wenn der Vorsprung zur GeForce RTX 3080 nicht immer so hoch wie geträumt ausfällt, so reicht es doch immer, die Spitzenposition bei der Spielbarkeit zu erreichen. Rechtsanschlag vieler Qualitätsregler inbegriffen. Besonders dann, wenn die Spiele der GeForce RTX 3090 und der neuen Architektur liegen, geht die Post so richtig ab. Das muss man neidlos zugestehen, wobei der eigentliche Zugewinn nicht in reinen FPS-Zahlen sichtbar wird.

Wer sich die Seite mit den Varianzen angesehen hat, der wird auch schnell begreifen, dass  es hier einen deutlich besseren, weil weicheren Bildverlauf ergibt.  Da sind die FPS oder Perzentile noch viel zu grobe Intervalle, um diesen doch sehr subjektiven Eindruck gut abbilden zu können. Ein Blindtest mit 3 Personen hat meinen Eindruck vollends bestätigt, denn etwas Besseres als viel Speicher gibt es nicht, maximal noch mehr Speicher. So gesehen ist die RTX 3080 mit 10 GB eher das Aschenputtel, das sich später noch mit 10 GB mehr aufbrezeln muss, wenn es an die Prinzenrolle will.

Aber der mündige Kunde hat ja eh immer was zu meckern (was übrigens gut ist und die Anbieter schön auf Trab hält) und man hält sich bei NVIDIA auf diese Art und Weise im Gegenzug alle Optionen offen, eine eventuelle Navi2x-Karte mit 16 GB Speicherausbau später dann noch einmal mit 20 GB toppen zu können. Und erinnert sich noch wer an die geheimnisvolle SKU20 zwischen der GeForce RTX 3080 und RTX 3090? Falls es AMD diesmal nicht wieder versemmelt, wird diese SKU20 sicher noch zum Tie-Break beim Pixel-Tennis. Abwarten.

Ich habe lange mit mir gerungen, was wohl in diesem Test am Wichtigsten sei. Ich habe auch 8K-Auflösungen getestet, diesen Part aber mangels aktueller Praxisrelevanz erst einmal etwas hinten angestellt. Falls sich wer findet, der mal einen 8K-TV übrig hat, dann werde ich das mit Freude nachholen, auch allein deshalb, weil mich dann auch 8K-DLSS brennend interessiert. So aber ist das wie das Lutschen an einem Eis, das man sich vorher nur auf dem Laserdrucker ausgedruckt hat.

Anwendungsperformance und Studio

Insgesamt 17 Benchmarks und viele Stunden später kann man in diesem Bereich fast noch mehr Begeisterung aufbringen als es bereits mit der GeForce RTX 3080 der Fall war. Denn immer dann, wenn es um FP32-Berechnungen geht und man z.B. beim finalen Rendern jedes Mal der Rente ein Stück näher zu kommen glaubt, ist die RTX 3090 ein Spielverderber per excellence. Teilweise wird sogar eine Quadro-RTX 6000 mit 24 GB Speicher dermaßen deklassiert, dass man sich fragen muss, welchen Film man gerade sieht. Apropos Film, der NvEnc macht das leben ja schon seit Turing leichter, aber wenn die ganzen Postprocessing-Filter jetzt auch noch ordentlich Beine gemacht bekommen, dann reicht die Zwangspause am Schneidetisch noch nicht mal mehr für eine schöne Kaffeepause und man ist sogar noch einmal schneller als mit der GeForce RTX 3080.

Und weil wir gerade bei den Bewegtbildern waren, die neuen Ampere-Karten unterstützen beim Decoder nativ auch AV1 (Intels Xe wird dies wohl ebenfalls tun). Doch warum AV1? Der Codec ist bis zu 50% effizienter als H.264, was bedeutet, dass man nur noch die Hälfte der Internet-Bandbreite benötigt, um die gleiche Qualität zu übertragen – einschließlich HDR und auch 10-Bit-Codierung. Das ginge bis zu 8K – theoretisch. Leider sieht die Praxis selbst bei den Kabelanbietern ein Deutschland eher mau aus. Aber die Anfänge sind gemacht und der Wille zählt ja irgendwie auch, selbst wenn mir der 8K-TV fehlt.

Zusammengefasst: Ja, man kann mit der GeForce RTX 3090 richtig gut arbeiten und man kann sie dabei sogar noch schöner finden als die RTX 3080. Die 3D-Gemeinde wird wohl genüsslich zuschlagen und hyperventilieren, solange der Gelbeutel mitspielt, denn egal ob nun Octane, Arnold oder Blender – hier geht wirklich die Post ab. Mit OptiX mutiert die GeForce RTX 3090 zur Kannibalin, die teilweise mehr als doppelt so schnell agiert, wie die Quadro RTX 6000 oder die Titan RTX. Quadro-Punishment ist also schon mit inkludiert. Was natürlich auch für die Videobearbeitung gilt und alle die Workstation- oder CAD-Anwendungen, die keine zertifizierten und optimierten Treiber zum Sprinten benötigen.

GeForce RTX 3090 Founders Edition

Die hauseigene Founders Edition macht diesmal alles richtig und ist deutlich besser als die Vorgängerinnen, auch als die GeForce RTX 3080. Optisch und haptisch ist das Teil allererste Sahne, nur leider auch etwas schwer. Gut, barocke Kurven fordern eben ihren Preis. Das mit dem 12-Pin-Stecker ist mittlerweile ein Running-Gag, aber tolerierbar. Der Kühler macht seinem Namen alle Ehre und es ist beruhigend zu wissen, dass er beides kann: kühl UND leise. Selbstverständlich ist das nicht.

Genau deshalb wird diese Karte trotz des Preises ihre Freunde und Käufer finden, da bin ich mir sicher. Die Umsetzung der FE ist smart, denn bei der RTX 3090 wurde so ziemlich alles aufgefahren, was die Fertiger-Regale so hergeben. Spätestens die Platine macht sie mit Sicherheit auch einmal zu einem begehrten Sammlerstück. Die Größe der Karte liegt in ihrer Größe, der Rest ist zu verschmerzen. Kaufen? Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Umbau auf Wasserkühlung? Ginge auch, wäre aber fast schon zu schade.

Fazit und Schlussbemerkung

Den pauschalen Kauftipp gibt es diesmal nicht, denn die Zielgruppe ist schon fast zu speziell für so eine emotional vorbelastete Gießkannen-Empfehlung. Just buy it? Passt nicht. Just think about it? Ja, schon eher. Trotzdem warte ich lieber fairerweise mal ab, ob und was AMD bald zu bieten hat. Allerdings finde ich den Chip der GeForce RTX 3090 und die Umsetzung als Founders Edition grandios, auch wenn sich hier natürlich auch noch die Gretchenfrage nach der Effizienz stellt. Wobei es sich mit den absoluten Wattzahlen schnell relativiert, wenn sich nur man mal die Seite mit der Effizienzauswertung anschaut. Wem eine Quadro RTX bisher zu teuer war oder dem die Titan RTX schon immer als Ziel der Träume galt, der bekommt hier eine deutlich schnellere und dabei sogar noch viel preisgünstigere Alternative. So herum kann (und sollte) man es nämlich auch sehen.

Der Mehrwert der RTX 3090 gegenüber der RTX 3080 für den Nur-Gamer ist, bis auf den Speicherausbau, eher zu vernachlässigen und man versteht auch, warum viele Kritiker den doppelten Preis für 10 bis 15 % mehr Gaming-Performance nie zahlen werden. Das würde ich nämlich auch nicht. Nur ist dies dann genau die Zielgruppe für die kolportierte RTX 3080 (Ti) mit doppeltem Speicherausbau. Deren Preis sollte gegenüber der 10-GB-Variante zwar noch einmal sichtlich steigen, aber immer noch deutlich unter dem einer GeForce RTX 3090 liegen. Das ist nicht ehrenrührig oder Betrug, sondern folgt einfach nur den Gesetzen des Marktes. Ein Top Dog kostet nun mal immer etwas mehr, als es einem pure Skalierung, Logik und Verstand zugestehen.

Und der Nicht-Gamer oder Nicht-nur-Gamer? Den Mehrwert sieht man vor allem im Produktivbereich, egal ob nun Workstation oder Creation. Studio ist das neue GeForce-RTX-Wunderland abseits der Triple-A-Spiele und die Quadros dürfen sich langsam wieder in die professionelle Ecke der zertifizierten Spezialprogramme zurückziehen. Was AMD damals mit der Vega Frontier Edition begonnen und leider nicht weitergeführt hat (warum eigentlich nicht?), hat NVIDIA mittlerweile längst aufgegriffen und konsequent perfektioniert. Der Markt hat sich gewandelt und Studio ist nun mal keine exotische Worthülse mehr. Dann sind auch die ab ca. 1500 Euro wieder ohne Kopfschmerztablette zu überleben.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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