Um die virtuelle Welt des Spiel wirklich zu verstehen, begeben wir uns zunächst noch auf die Spuren der legendären Metro 2 – also derjenigen Tunnel, die bis zur Öffnung der KGB-Archive offiziell gar nicht existierten. Denn die Moskauer Metro besteht nicht nur aus den glamourösen Bahnhöfen, sondern zusätzlich aus einem weit verzweigten System von Tunneln, Schächten und Einstiegen, die bis vor Kurzem noch kaum jemand kannte. Das Bild rechts zeigt das Wappen der GUSP – Hauptverwaltung für Spezialaufgaben des russischen Präsidenten (ehemals 15. Abteilung des KGB).
Geheime und verbotene Orte gab es in der Metro Moskau bereits vor der Einweihung 1935. Die erste versteckte Station war die „Sowetskaja“, positioniert zwischen den damaligen Stationen „Sverdlov-Platz“ und „Majakowskaja“ der ersten geheimen Stecke der Metro 2. Diese Station wurde speziell für Stalins geheimen unterirdischen Kommandostand für die Zivilverteidigung direkt unter dem „Sowjet-Platz“ ausgebaut. In diesem Zusammenhang entstand eine sehr enge und extrem lange Strecke in der Mitte von Moskau. Hier wurde erst 1979 mit der Station „Gorkowskaja“-„Twerskaja“ ein zusätzlicher Halt eingerichtet. Man kann die Spuren dieses teuersten geheimen U-Bahn-Projektes heute noch unter dem „Sowjet-Platz“ besichtigen.
Vor dem Krieg bereits begonnen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Tunnelanlage „Arbatsko-Pokrowka“ modernisiert und fertig gestellt, die den Kreml mit den beiden Stalin-Bunkern verband. Dort plante Stalin überirdisch, begeistert von Hitlers Massenszenen während der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, ein großes Stadion für eigene Propagandainszenierungen mit einer Tribüne für die engsten Vetrauten, den schnellen Zugang zu den Bunkern und eine direkte Verbindung zum Kreml.
So entstanden letztendlich 2 lange Auto-Tunnel, von denen einer direkt am Tor vor den Spasski-Türmen endete und der andere in der Metrostation „Sokolniki“
Zusätzlich zu dem zentral verzweigten Netz existierten noch weitere, autarke Tunnelsysteme und Tunnelanlagen. So wie die unter der Datsche Stalins. In 15 Meter Tiefe gelegen, wurde die Betonarmierung mit gusseisernen Metro-Schienen ausgeführt, um beliebigen Luftangriffen stand zu halten. Auch dieser Bunker wurde später durch einen Autotunnel mit dem Kreml verbunden. Stalins Hang zur Prunksucht zeigte sich nicht nur in den pompösen Bahnhöfen der offiziellen Linien, sondern auch bei der Ausgestaltung der geheimen Bunker-Anlagen.
Die Tunnelarbeiten verkomplizierten sich zusätzlich, weil für die Bediensteten stets getrennte Wege und Verbindungen geschaffen werden mussten, damit sie Stalin nicht doch zufällig begegneten. So entstanden auch Systeme mit vielen parallelen Gängen und Querverbindungen, die zu einem wahren Labyrinth mutierten.
Auch nach dem Krieg hatte Stalin ständig Angst vor Luftangriffen. Und so entstanden weitere Verbindungsstrecken, zum Teil unter schwierigsten hydrogeologischen Bedingungen, wie die Strecke zwischen den Stationen „Smolensk“ und „Arbat“. Diese Strecke wurde in Rekordzeit und noch tiefer errichtet und führte parallel zur bereits bestehenden offiziellen Metro-Linie, deren Betrieb während des Baus nicht eingestellt wurde. Niemand von den tausenden Moskauern, die damals mit der Metro nur wenige Meter entfernt oberhalb der Baustelle entlang fuhren, konnte ahnen, welche gigantischen geheimen Bauvorhaben da in unmittelbarer Nähe stattfanden.
Auch nach dem Tode Stalins wurden weitere sagenumwobene Projekte begonnen und teilweise bzw. vollständig realisiert. Um die geheimnisvolle Metro 2 mit ihren insgesamt 4 inoffiziellen Linien ist es bis heute nicht still geworden. Gerüchte, Zeitzeugen, neue Fakten – mehrmals im Jahr tauchen neue Details auf.
Aus eigenen Erfahrungen und den Eindrücken, die die Moskauer Untergrundbahn in den vielen Jahren und unzähligen Fahrten zwischen 1979 und 2000 auch bei uns hinterlassen haben, wissen wir, dass man sich dem eigentümlichen Charme und der beklemmenden Tiefe der Tunnelanlagen nur schlecht entziehen kann. Beenden wir deshalb diesen kleinen geschichtlichen Exkurs und tauchen nun endlich in die Welt des Romanhelden Artjom ein, der nicht länger nur auf dem Papier existiert, sondern dem mit dem vorliegenden Spiel auch ein mehr oder weniger reales Leben eingehaucht wurde.
Steigen wir jetzt gemeinsam hinab in die Metro und vergessen alles, was wir bis dahin kannten.
- 1 - Metro 2033: Endzeitstimmung in der Röhre
- 2 - Albtraum über Tage: das Buch, das keiner haben wollte
- 3 - Unter Tage: die Moskauer Metro, der größte Bunker der Welt
- 4 - Reales „Stalin-Addon“: Die geheimen Tunnel der Metro Nr. 2
- 5 - Story: Viel Action, noch mehr Oben-Unten und ein langer Atem
- 6 - Gameplay: Kontrastprogramm aus Chaos und Linearität
- 7 - Benchmark: DirectX11 - der stille Tod des roten Monsters
- 8 - Benchmark: DirectX10 – Schwerathletik statt Morgengymnastik
- 9 - Fazit: Unterirdisches Drama mit himmlischer Umsetzung
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