Audio/Peripherie Headsets Kopfhörer Testberichte

[UPDATE] Audio-Roundup: Die besten Gaming-Headsets im Vergleichstest

Einführung und Lieferumfang

Preiswert, klappbar, aber nicht klapprig? Beim Preis von knapp 19 Euro zuckt man natürlich immer erst einmal mit den Schultern, denn so recht trauen wird man dem Ganzen sicher nicht. Das ist nur zu verständlich, denn die Regale der einschlägigen Ohrwärmer-Discounter sind voll von potentiellen Klang- und Geldvernichtern.

Die Creative Flex mögen auf den ersten Blick noch nicht einmal auffallen, auf den zweiten dann vielleicht doch. Mit nahezu unscheinbaren 136 Gramm sind diese unspektakulären Reisebegleiter natürlich auch keine schlagkräftige Sound-Drückerkolonne, aber man kann mit ihnen durchaus etwas anfangen.

Gesunde Skepsis war schon immer ein nützlicher Weg, sich unnütze Ausgaben im Vorfeld zu sparen und so waren auch wir reichlich gespannt, was sich da in der Schachtel eigentlich verbirgt und was uns im Test erwarten wird.

Das Unboxing ist schnell erledigt, denn die Klarbox enthält lediglich die Schallwandler, ein paar bunte Kunststoffapplikationen, ein Handbüchlein und viel asiatische Luft.

Das insgesamt 1,2 m lange Kunststoffkabel (ca. 30 cm davon muss man allein für das Y-Stück von Ohrmuscheln bis zur Kabelbrücke veranschlagen), reicht zumindest auch für die Verkabelung unterm Mantel mit Kapuze bis zur Gesäßtasche, ohne gleich extremes Bondage-Feeling aufkommen zu lassen. Es sei denn, man ist 2,10 m groß, Türsteher und breit wie ein andalusischer Stier. Dann wird das eher kurze Kabel schnell zur Zündschnur für explosive Gedanken. Der abgewinkelte Klinkenstecker ist mittlerweile eher Blödsinn, aber nun einmal fest angebracht.

Optik und Haptik

Es ist ein echter Plastikbomber, oder besser gesagt, ein Kunststoff-Ultraleichtflugzeug. Alles an diesem Hüpfer ist aus Kunststoff, der sich farblich von schwarz-glänzend-geriffelt, über matt-anthrazit bis hin zu einem mutlosen Metallic-Grau für die Bügelhalterung aufschwingt. Als Farbklecks in der Brandung der Unscheinbarkeiten gibt es einsetzbare Farbapplikationen zum Individualisieren des Kopfhörers. Dann kann man sich später wenigstens noch die passende Handtasche dazu kaufen – oder umgekehrt. Pink fehlt, Orange und Postkastengelb leider auch.

Schön hingegen, dass es so auffällig unauffällig ist. Man weckt damit auch im nächtlichen, öffentlichen Nahverkehr sicher keinerlei Begehrlichkeiten gewisser Zielgruppen und als Bassbomber-Junkie outet man sich damit auch nicht. Man ist irgendwie mit anwesend und gut. Passt doch.

Tragekomfort

Es trägt sich so gut, wie es fast nichts wiegt. Damit kann so ein Creative Flex also wirklich punkten. Der Klappmatismus tut, was er soll und auch die Gelenkigkeit beim Anpassen an die eigene Physiognomie und Anatomie ist keine unlösbare Aufgabe, sondern flux erledigt. Man sollte nach längerem Tragen nur eben nicht vergessen, dass man das Teil noch aufhat, sonst wird eine ruckartige Kopfbewegung schnell zum Schleudertrauma für das Winz-Set.

Die Anpassung der Ohrmuscheln um mehrere Achsen gefällt, denn hier gibt es neben einem Auf und Ab auch noch die Drehbewegung aus der gelenkigen Hüfte. Auch das Ausziehen hat seine Reize, zumindest wenn es sich um den Bügel handelt. Bis Hutgröße 62 darf man hoffen, nicht bei dessen Länge enttäuscht zu werden, was für asiatische Lebensentwürfe schon eine Menge Holz ist.

Die PU-Lederimitat-Polsterung des klassischen On-Ears ist abnehmar und auch einigermaßen komfortabel. Ein hermetischer Abschluss erfolgt nicht, was dem Mikroklima in der Druckkammer zwischen Schallwandler und Gehörgang sehr dienlich ist. Man wird damit jedenfalls nicht schwitzen. Man darf nur nicht ruckartigen Exzessen verfallen, sonst fliegt das Teil schnell in eine geostationäre Umlaufbahn. Halt ja, aber bitte nicht zu fest. Trägt sich also gut und auch nicht auf.

Funktionalität und Anschluss

Die Lautstärkeregelung macht keine Probleme, denn es gibt keine. Der Mute-Knopf dient gleichzeitig noch als Multifunktionsknopf, z.B. für die Annahme von Telefongesprächen. Klappt auf vielen Smartphones, außer bei Windows Phones. Die Mute-Taste ist einigermaßen griffig und lässt sich auch im verdrehten Zustand des Kabels noch gut ertasten.

Treiber und Sounding

Wenn man das Ohrpolster entfernt hat, liegt der Blick auf den eingeklebten 32-mm-Treiber frei. Öffnen können wir die Muschel leider nicht, denn hier ist alles so fest zugeklebt, als müsste es dem nächsten Tsunami in vorderster Reihe trotzen. Und komplett zerstören wollten wir es dann doch nicht. Man weiß ja mittlerweile trotzdem recht genau, was drin ist (und was nicht).

Für 20-Euro bekommt man natürlich keine Edel-Treiber und beim angepeilten Gewicht gibt es auch keine Mega-Magneten. Aber wir werden sehen, dass sich das praktizierte Sounding (man beachte die beiden mit Vlies abgeklebten Öffnungen) fast schon zu weit aufbäst. Zumindest untenrum.

Mikrofon

Das Mikrofon mit Kugelcharakteristik sitzt im Kabel. Die Rundumsorglos-Charakteristik lässt die Verständigung auch bei verdrehtem Kabel nie ganz abreißen, aber man fängt sich akustisch so manches ein, was man besser außen vor gelassen hätte. Die Verständlichkeit ist im Idealfall aber sogar als sehr gut zu bezeichnen, auch wenn es keinen richtigen Low-Cut und kein Clipping gibt. Reinspucken und laut pusten ist also nicht, sonst bekommt der Gegenüber einen fetten Punch in die Membran.

Messungen und Sound-Check

Die Messkurve zeigt uns eine klassische Badewanne, die jedoch mit einer recht hohen Schaumdecke und einem rausstehenden Knie bei ca. 2 KHz noch recht gut gefüllt ist. Doch kommen wir erst zur Grafik und dann zu den Details:

Wer glaubt, der Tiefton wäre echter Bass, der irrt etwas, denn die Spitze liegt bei recht hoch angesetzen 125 Hz, also dem klassichen Oberbass. Darunter ist nichts Dominantes mehr und das ist auch gut so, denn die 32-mm-Treiberchen sind alles, nur keine echten Puncher. Das ist akustisches Dameboxen im Fliegengewicht, mehr nicht. Helene Fischers atemlos-synthetische große Basstrommel wird zum Topfschlagen, vermissen wird man die Samples aber auch nicht wirklich. Wortmeldungen aus der Kontraoktave und noch exquisiteren Kellersitzplätzen nimmt man dann schon gar nicht mehr wahr.

Womit wir bei den Mitten angekommen wären. Die sind zwar bei Pegel und Auflösung etwas gehandicapt, halten aber trotzdem immer irgendwie Anschluss. Die Grundtonbereiche von so ziemlich allem kann damit akzeptieren und wir haben sogar in der 50-Euro-Klasse schon schimmere Formen akustischer Unterjochung von ganzen Frequenzbereichen hören dürfen (bzw. eben nicht). Insgesamt ist die Pegelfestigkeit bei Oberbass und Mitten nicht gerade Thors Hammer, aber es reicht im Extremfall für Lautstärken, die Sitznachbarn in Bus und Bahn zu Furien mutieren lassen könnten. Over-Ear und so.

Im Bereich der Mitten und oberen Mitten trägt der Buckel bei ca. 2 KHz etwas zum gesteigerten Telefon-Feeling bei, denn die Holde am anderen Ende bleibt recht dominant im Ohr, wie auch die gesamte Sprachqualität keine schlechte ist. Nur Synchronsprecher mit extrem tiefen Stimmen sollte man besser von der Telefonliste streichen, denn der überfette Oberbass überschmiert dann den Gesamtvotrag des Gegenübers. Asexuelle Hühnerstimmchen hingegen liegen voll im Trend. Die Auflösung ist noch nicht einmal übel und auch die Bühne ist akzeptabler Durchschnitt. Filigrane Auftritte sollte man allerdings nicht erwarten und Gaming ist auch nichts, da die Ortung maximal fur Blinde Kuh 2.0 in 3D reicht.

Wo also packt man nun die Creative Flex hin? Am besten wohl in die farblich passend gewählte Reisetasche! Für unterwegs sind die Teile brauchbar und günstiger, als sie billig wirken. Damit kann man jede Menge Spaß haben, sogar am Strand. Aber dann endet auch schon der akustische Kreuzzug, denn für ambitionierten, orthodoxen Musikgenuss oder richtigs atheistisches Gaming-Feeling sind sie nichts. Nur wollen sie es ja auch gar nicht sein. Es ist der typisch konfessionslose Immer-dabei-Kopfhörer, dessen möglicher Verlust durch unbeabsichtiges Liegenlassen keine schlaflosen Nächte bereitet oder dem Konto den K.O.-Schlag beim fälligen Neukauf versetzt.

Fazit

Es geht auch deutlich billiger, schlechter und belangloser als das, was Creative mit den Flex für aktuell knapp 19 Euro dann doch so alles bietet. Es kostet nicht die Welt und auch keine große Mühe, die Teile mal selbst zu testen. Das Risko, einen Hör- oder Blutsturz nach dem Kassensturz zu erleiden, tendiert nämlich so ziemlich gegen Null. 

Brauchbar? Ja! Zumindest so lange, wie man nicht audiophiles Inselfeeling zum Schleuderpreis erwartet. Die Flex sind eine gute Mixtur aus Cost-Down und dem Bestreben, trotzdem als Hersteller früh noch in den Spiegel schauen zu können. Immerhin gibt es hier schon echtes Mittelmaß zum kleinsten KiK-Preis und wer nicht gar so anspruchsvoll ist, spart noch richtig Geld für vielleicht wichtigere Dinge im Leben wie z.B. ein Eis für die Angbetete, oder auch ein paar solide Bier für die Kumpels. Je nachdem.

Geprüft, passt (in fast jede Handtasche) und sollte wohl auch eine Weile halten, wenn man nicht gerade drauftritt. Mehr kann man für unter 20 Euro auch nicht verlangen. So gesehen passt das also.

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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