Audio/Peripherie Headsets Kopfhörer Testberichte

[UPDATE] Audio-Roundup: Die besten Gaming-Headsets im Vergleichstest

Einführung und Lieferumfang

Preisbrecher oder Billigheimer? Oder besser gefragt: kann man für stellenweise sogar deutlich unter 20 Euro überhaupt ein (zumindest einigermaßen) brauchbares Headset bekommen? Extreme Haltbarkeit und noble Materialanmutung lassen wir mal bewusst außen vor, denn das schließt sich ja bei diesem Preis mit etwas logischem Denkvermögen eh schon von vornherein aus.

Doch was können wir dann eigentlich erwarten? Im Prinzip ist es so wenig, dass jeder Test, den so ein Niedrigstpreis-Objekt unbeschadet übersteht, nur noch mit einem positiven Fazit enden kann, denn die Messlatte liegt ja insgesamt extrem niedrig. Doch ohne zu Spoilern kann man jetzt schon verraten, dass dieses Headset auch in der 40- bis 50-Euro-Klasse auf Mitbewerber gestoßen wäre, die nicht mal wirklich besser sind, nur eben teurer.

Der Lieferumfang ist dann auch schon die erste Überraschung. Neben dem Headset liefert Sharkoon ein ansteckbares Mikrofon, zwei wechselbare Plüsch-Ohrpolster, eine Tragetasche, sowie ein Verlängerungskabel mit Lautstärkeregler und Mute-Taste in einer kleinen Kontrolleinheit.

Alle Kabel sind textilummantelt und die Stecker für den HD-Audio-Eingang sogar farblich eindeutig gekennzeichnet. Auf den ersten Blick ist man bei 20-Euro im Hinterkopf doch etwas geflasht. Doch Zubehör und Ausstattung machen allein noch nicht glücklich und wir dürfen gespannt sein, was vom Ersteindruck später noch übrigbleibt.

Optik und Haptik

Es ist ein Plastikbomber allererster Güte und man macht sich noch nicht einmal die Mühe, das irgendwie zu kaschieren. Warum auch? Jeder weiß doch noch genau, was er dafür bezahlt hat. Dabei ist es zumindest positiv zu bewerten, dass die matt gehaltenen Oberflächen dezent daherkommen, die blauen Akzente eher zurückhaltend eingesetzt wurden und man auf das übliche Gaming-Bling-Bling einschließlich tuntiger Klavierlackimitationen weitgehend verzichtet hat.

Gut, die Proportionen sind jetzt nicht so nicht der Hingucker, denn es wirkt alles schon ziemlich klobig und sogar etwas plump. Die zwei Skiller-Logos im Alu-Look sind am Ende die beiden einzigen Eye-Catcher, was eigentlich auch ganz gut ist. Nein, es ist wirklich nichts zum Angeben, aber das wird man in dieser Preisklasse ja eh nicht ernsthaft beabsichtigen.

Tragekomfort

Obwohl das SGH1 eine optische Wuchtbrumme ist, wirken die 253 Gramm (Herstellerangabe, gemessen 256 Gramm ohne Verlängerungskabel) noch erstaunlich leichtfüßig. Was man bei diesem Preis jedoch nicht erwarten kann, sind ein aufwändiger Gelenkmechanismus und ein arretierbar ausziehbares Kopfband. Da muss es der übliche, sich selbst anpassende Zugmechanismus mit einem einigermaßen flexiblen Kopfband richten, die man ihn bei vielen Headsets schon zur Genüge gesehen (und gespürt) hat.

Die Anpassung der Ohrmuschen um mehrere Achsen entfällt da natürlich und es ist am Ende nur ein Kompromiss aus Anpressdruck und Flexibilität der Bügel. Gut, dass die Ohrmuschen recht groß ausfallen und sehr gut abschließen. Schlecht, wenn der eigene Kopf sehr groß ist, da der Druck dann im Langzeittest doch als etwas zu stark empfunden wird.

Die relativ großen Ohrpolster machen das Headset zu echten Over-Ears. Außerdem hat man die Wahl, zwischen einem eher schwitzigen PU-Leder-Imitat und Omas Sofa-Plüsch. Die Polster sind mit vier Clips in der Muschel befestigt, was zwar erst einmal ganz gut hält, aber bei sehr oft vorgenommenen Wechseln berechtigte Fragen nach der Haltbarkeit (dünne Nasen) aufkommen lässt.

Funktionalität und Anschluss

Die Lautstärkeregelung befindet sich in der ansteckbaren Verlängerung, was ergonomisch gesehen glatter Selbstmord ist. Man wird nämlich selbst als Sitzriese immer gehörig unter der Tischkante rumfummeln müssen, weil der Abstand zum Headset viel zu groß ist. Der Lautstärkeregler fällt nicht nur fummelig klein aus, er hat (vor allem im Anfangsbereich) ordentliche Gleichlaufprobleme.

Die Mute-Taste ist hingegen griffig und eigentlich auch gut zu ertasten, selbst wenn man dabei wohl immer erst einmal den Michael-Jackson-Gedächtnishandgriff in den Schritt machen muss, weil man das Kabel sucht.

Treiber und Sounding

Wenn man das Ohrpolster entfernt hat, dann liegen vier Schrauben offen vor dem Blick des Bastlers, mit denen man die Ohrmuschel komplett auseinanderbekommt. Über die aufgeklebte Schaumstoffschicht dämpft man den Superhochton ein wenig, was manchen Media-Markt-geschädigten Zeitgenossen vielleicht etwas sauer aufstoßen wird. Doch dazu gleich mehr.

Zunächst fällt der Blick jedoch erst einmal ins bodenlos tiefe Innere, das der OEM dankenswerterweise sogar mit etwas Schaumstoff gedämpft hat. Der verbaute, sehr flache und kurzhubige 40-mm-Treiber ist hingegen eine Notgeburt und das Produkt aus Sparzwang und beschnittenen technischen Möglichkeiten. Die eher bescheiden anmutende, vom Hersteller angegebene Kennempfindlichkeit von 98dB dürfte zudem deutlich niedriger liegen, wenn man auf eine sauber klingende Aussteuerung achtet.

Für 20-Euro bekommt man zwar keine Edel-Treiber, aber wir werden auch gleich noch sehen, warum viele Normalhörer, YouTube-Unboxer und Hobby-Reviewer an dieser Kombination aus unverbastelter Stereo-Kopfhörer-Technik und einem eher neutralem Sounding im Hochtonbereich, dafür mit Bassanhebung, so überhaupt nicht klarkommen werden. Und nein, das ist keine Kritik am Headset, sondern an der Zielgruppe, die mit dieser Abstimmung wohl sichtlich überfordert sein dürfte. Doch dazu gleich mehr.

Mikrofon

Das Mikrofon mit Kugelcharakteristik sitzt in einem ansteckbaren, recht flexiblen Mikrofonarm und ist extrem simpel ausgeführt. Die verbaute Buchse ist, natürlich preisbedingt, nicht sonderlich hochwertig, so dass es sicher ratsam ist, das Mikrofon nicht allzu oft abzuziehen und wieder einzustecken. Ab und zu ist ok, aber bitte nicht mehrmals täglich.

Die Empfindlichkeit ist akzeptabel, jedoch fängt das Mikrofon gnadenlos alles ein, was sich in der Umgebung abspielt. Ein Noise-Cancelling ist nicht existent. Mit etwas Pech spricht dann sogar ein zu laut eingestellter Pegel an den Kopfhörern wieder ins Mikro über, was trotz der an sich gut und dicht sitzenden Ohrpolster wohl letztendlich am Körperschall liegt, da das Mikro offensichtlich fest und nicht entkoppelt im Arm festgeklebt wurde.

Messungen und Sound-Check

Die Messkurve überrascht und wir kommen mal auf das zurück, was wir eben beim Aufschrauben der Hörmuschel angedeutet haben. Der OEM hat nämlich einen fast linearen Frequenzverlauf hinbekommen, wenn man vom fetten Bassbonbon mal absieht. Jeder, der nun glaubt, man müsse die Höhen nur so zischen und scheppern hören, wird mit dieser Abstimmung sicher nicht glücklich werden. Wer schon immer mal sehen wollte, wie sich ein Gaming-Kopfhörer ohne übertriebenes Sounding anhört: hier ist ein gutes Beispiel dafür!

Wer glaubt, die „fehlenden“ Höhen nun durch den Equalizer wieder anheben zu wollen, der sei gewarnt! Die geringe Pegelfestigkeit der Treiber wirkt sich ab einer gewissen Grenzüberschreitung sehr negativ auf die Brillanz und Auflösung aus. Wer es obenrum dann doch gern etwas molliger hätte, der sollte besser die erwähnte Schaumstoffabdeckung oberhalb der Treiber entfernen, denn die ist nur leicht angeklebt. Das bringt mehr, als das üblichen Höhen- und Tiefen-Aufdrehen der Generation Clearasil.

Doch kommen wir zurück zum Bass. Das Headset spielt für eine 20-Euro-Vollplastik erstaunlich tief. Dass der Bass an vielen Stellen schon einmal etwas undifferenziert wirkt, liegt wiederum an der zu geringen Pegelfestigkeit, denn die Verzerrungen bei Übersteuerung setzen nun mal nicht schlagartig ein, sondern zermatschen erst einmal ziemlich perfide das Klangbild. Wer wirklich Wert auf Klangqualität legt, der sollte es also etwas leiser angehen und den Bassregler am EQ gefälligst unberührt lassen. Dann wiederum passt das Gehörte schon eher in die 50-Euro-Plus-Klasse (bei Gaming-Headsets).

Die Bassanhebung zwischen 50 und 90 Hz ist sicher so gewollt, könnte aber manuell mit noch etwas mehr Schaumstoff fast gegen die Null-Linie gedrückt werden, was dann schon richtig neutral wäre. Aber wer aus der Zielgruppe würde dann damit überhaupt noch glücklich? Die meisten würden wohl eher im Gegenzug noch den allerletzten Krümel Dämpfung aus dem Hörer entfernen, nur damit die Dröhnung noch intensiver ausfällt als schon ab Werk vorhanden.

Oberbass und untere Mitten sind kräftig und lösen recht gut auf. Die Grundtonbereiche der meisten Instrumente und Vocals werden recht brauchbar abgebildet und es ist alles andere als mainstreamiger Papp-Sound. Die Badewanne hat also Pause, was zu begrüßen ist. Die Mitten sind gut und prägnant genug, jedoch könnte die Bühne etwas größer ausfallen, was der filigranen Ortung etwas im Weg steht. Das wiederum ist stark pegelabhängig und liegt an den ziemlich kurzatmigen Treibern, deren Ansprechverhalten zwar gut ist, aber denen über die längere Distanz einfach die Puste ausgeht.

Der Hochton und Superhochton sind brauchbar und fallen zudem recht neutral aus, da nicht badewannenmäßig hervorgehoben. Was jedoch fehlt, ist stellenweise eine gewisse, subjektiv empfundene Brillanz, die man bei teureren Hörern findet, hier aber ein wenig vermisst. Da sehen die Messkurven stellenweise sogar besser aus, als das trockene Hörerlebnis.

Wenn man sich eine Frage stellen muss, dann diese: Hat Sharkoon etwas zu optimistisch an der Zielgruppe vorbeientwickelt oder ist genau diese Zielgruppe nur (noch) nicht reif für ein eher neutral abgestimmtes Headset? Am Ende stimmt wohl beides, doch die Zahl der eher bewusst zuhörenden Anwender steigt Gott sei Dank täglich. So gesehen ist das Produkt für eben diese, solange sie kein Vermögen für ein Headset ausgeben wollen oder können, fast schon ein Pflichtprogramm. Mit den bekannten Einschränkungen natürlich.

Ständer mit Kopfhörerverstärker: Sharkoon X-Rest 7.1

Für die all diejenigen, die unbedingt einen Klangverlängerer samt Pseudo-7.1-Surround brauchen, hat Sharkoon mit dem X-Rest 7.1 einen akustischen Potenzverstärker im Portfolio, an dem man sich, sorry das Headset, gediegen aufhängen kann.

Die integrierte USB-Soundkarte liefert genügend hohe Pegel, um das SGH1 an seine physikalischen Grenzen zu treiben (was an sich ja keine Kunst ist). Mittels passender Software, die man erst downloaden und installieren muss, lassen sich der geliebte Equalizer, sowie die 7.1-Surround-Emulation auf den PC bringen. Wenn man das Ganze so mag, sind weitere 20 Euro dann auch kein echtes Hindernis mehr.

Hier endet dann auch die Aufpreisliste und als Zusammenfassung bleibt einem nur übrig, dass die Kombination aus SGH1 und X-Rest funktioniert. Ob man aber den absichtlich neutral gehaltenen Sound des SGH1 dann wirklich noch verhunzen muss, sie jedem selbst überlassen. Man kann die Klangregelung ja auch ignorieren und den X-Rest als simplen Ständer nutzen.

Fazit

Es gibt jede Menge Schlimmeres, das ist unbestritten. Das Skiller SGH1 von Sharkoon ist nämlich extrem preiswert, ohne dabei gleich komplett billig zu wirken, klingt aber auch so neutral, dass damit wohl jegliche Emotionen der unverbesserlichen Klangregler-nach-rechts-Dreher galant zerstört werden.

Zielobjekt sucht Zielgruppe? Die Abstimmung ist etwas zu speziell, um einen expliziten Kauftipp zu vergeben, denn der eher neutrale Zuhörer benötigt mit Sicherheit etwas pegelfestere Treiber und gibt auch für ein Headset meist deutlich mehr aus. Hätte Sharkoon nur 5 Dollar mehr in bessere Treiber investiert, dann hätte das Konzept durchaus deutlich besser aufgehen können.

So aber wird man sich immer über den Preis entschuldigen müssen, was eigentlich schade ist. Den Gepüft-Award vergeben wir jedoch gern, denn das SGH1 macht nicht nur genau das, was man von einem Headset dieser Preisklasse erwarten kann, sondern eigentlich schon fast viel zu viel, um im Konzept wirklich verstanden zu werden. Aber man kann es nun mal nicht jedem rechtmachen.

Abschließend fassen wir noch die technischen Daten in einer Tabelle zusammen. Das Headset ist seit geraumer Zeit auf dem Markt, so dass sich auch der Preis zum Teil bereits unter 20-Euro-Marke bewegt.

 

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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