Einführung und Lieferumfang
Mit immerhin knapp 330 Euro Straßenpreis ist das Steelseries Siberia 800 Wireless Gaming Headset ja nun wirklich keine preiswerte Einsteigerlösung mehr, sondern schon richtig dick mit im Geschäft dabei, indem man die Mittelklasse einfach nonchalant und schnell überspringt. Zumindest beim Preis stimmt die Positionierung schon, über den Rest wollen wir nun im nachfolgenden Test urteilen.
Drahtlos? Check. Wechselakkus und angemessene Laufzeiten? Check. Vielfältige Anschlussmöglichkeiten und umfangreiches Zubehör? Moment, schauen wir erst mal schnell noch nach Letzterem und packen aus: das Headset, zwei Wechselakkus, die Basisstation (Transmitter mit Soundkarte und Kopfhörerverstärker, sowie Akku-Ladefach), ein Steckernetzteil mit vier Steckeraufsätzen für unterschiedliche Normen, ein optisches Kabel, diverse USB-Kabel und natürlich auch noch einiges Analoges für die konventionelle Verbindung zu PC, Konsole oder Smartphone. Check!
Damit man mit den ganzen Teilen und Dreingaben noch durchsieht und sich in vielen Fällen auch den Blick ins Handbuch abkürzen kann, hat Steelseries an allen missverständlichen Stellen, bzw. dem, was man dafür hielt, noch nette Hinweisaufkleber angepappt, die selbst dem letzten Ignoranten die Tür sperrangelweit offen halten. Wer das dann auch nicht überreißt, braucht nun wirklich kein Headset mehr, sondern einen personengebundenen Erklärbären in Vollzeit.
Optik und Haptik
Beginnen wir zunächst mit dem Headset. Sicherlich nicht nur wegen der verbauten Technik liegt es zunächst satt und recht kompakt in der Hand. Wer Metall, bzw. wenigstens Metallapplikationen erwartet hat, wird sich mit Kunststoff bescheiden müssen, der überwiegend schwarz und seidenmatt dominiert und nur bei den abnehmbaren Deckeln der Ohrmuschen ins Klavierlack-Finish abgleitet. Falsche Reihenfolge, sollte man meinen und es ist dann auch leider so, dass jedes Öffnen der Schalen eine Putzaktion hinterlassener Fingerabdrücke nach sich zieht.
Die orange abgesteppten Nähte im Kunstlederbezug über den zielmlich dicken Ohrpolstern ist optisch ganz nett und passt zudem auch farblich zur Innenbespannung der Ohrmuscheln. Rein haptisch hat man, bis auf den sich eher warm anfühlenden Ganzkörperkunststoff, eigentlich nichts auszusetzen. Die geringen Spaltmaße passen dann auch zur an sich schon recht guten Verarbeitungsqualität.
Tragekomfort
Beginnen wir mit dem Positiven und dem, das wohl auch die Mehrheit der Anwender betrifft. Der Schaumstoff der Ohploster ist im ersten Moment recht straff, passt sich aber den anatomischen Konturen recht gut an. Große Ohren werden es jedoch schwer haben, ganz darunter zu verschwinden, so dass es immer auf eine Art Mix aus On- und Over-Ear herausläuft. So lange man den Bügel so einstellt, dass der Druck nicht zu hoch ausfällt, sollte dies jedoch kein Problem darstellen
Womit wir auch zur Verstellung übergehen können, die an sich recht gut gelöst ist. Mit insgesamt zwei Gelenkebenen, also der vertikalen Achse am Bügelende und der horizontalen an der Muschelaufhängung kann man eigentlich fast jede Position einstellen, die man gern hätte. Der recht weit herausziehbare Bügel sorgt dann für den Rest.
Was jedoch passiert, wenn der Kopfumfang die 58-cm-Grenze überschreitet, ist allerdings nicht mehr ganz so souverän. Dann nämlich steigt der Anpressdruck so stark an, dass man bereits ein leichtes und auf Dauer auch unangenehmes Drücken spürt. Wer zudem auch noch Brillenträger ist, hat leider verloren, denn es gibt dafür keine mechanische Lösung. Wenn Siberia 800, dann nur, wenn man sich sicher sein kann, dass der eigene Kopf nicht zu groß ausfällt.
Die Gewichtsangabe des Herstellers ist auch nicht ganz korrekt, denn wir messen auf der Laborwaage immerhin 325 Gramm (mit eingesetztem Akku), statt der 319 Gramm aus dem Datenblatt. Beide Werte sind aber für ein Headset schon recht beachtlich, so dass man beim Siberia 800 um so mehr eine große Sorgfalt beim optimalen Einstellen des Sitzes aufwenden sollte. Das Kopfband rastet straff genug ein, um die gefundene Position dann auch beizubehalten.
Die Polsterung im Kopfband ist sehr dick und angenehm, weil auch hier der gut abgesteppte Schaumstoff nicht den Charme eines durchgesessenen Sofas besitzt, sondern nur dann nachgibt, wenn es auch benötigt wird.
Funktionalität und Anschluss
Das Headset funktioniert drahtlos, was es jedoch damit noch nicht aus der Masse heraushebt. Steelseries schwört jedoch auf eine Mehrkanal-Lösung, bei der analog zum WLAN die jeweils am besten nutzbaren Frequenzbereiche genutzt werden und Sender bzw. Empfänger automatisch hin und herspringen.
Ob dies jetzt im Detail zu den beworbenen niedrigen Latenzen führt, konnte nicht gemessen werden, aber die Verbindungsqualität war auch bei reichlich 8 Metern in einem Raum mit sehr vielen Geräten im gleichen Frequenzbereich überdurchschnittlich gut. Wir werden auf die sehr umfangreich ausgestattete Basisstation (Transimtter, Soundlösung) gleich noch näher eingehen.
Doch bleiben wir zunächst noch etwas bei den Kopfhörern. Der Lautstärkeregler hat es nämlich in sich, denn er nimmt das Prinzip der Ein-Knopf-Regelung auf, die wir auch gleich noch an der Basisstation sehen und erklären werden. Weitere Steuerelemente findet man bis auf den Chat- bzw. Ein-/Aus-Taster erst einmal nicht. Wer sich jetzt nicht verwirren lassen will: mit Chat meint Steelseries stets den Mikrofonkanal und in diesem Fall die Mute-Funktion.
Alle weiteren Anschlüsse und den Wechselakku hat man hinter den beiden abnehmbaren Abdeckungen der beiden Ohrmuscheln versteckt. Das wirkt alles durchaus durchdacht und auch sehr sauber umgesetzt, wären da nicht immer wieder die lästigen Fingerprints. Man hätte in dieser Preisklasse sicher auch mit Carbon-Optik ein klein wenig die Brillanz aus den unansehnlichen Schmierspuren nehmen können.
Steelseries setzt auf Wechselakkus und liefert gleich zwei Stück mit einer Kapazität von 1000mAh mit. In der Regel kann man davon ausgehen, dass hier ca. 800 mAh dauerhaft erreicht werden können, was für 6-10 Stunden Dauerbetrieb gut ist – je nach Lautstärke und Regelwütigkeit. Aufgeladen werden diese dann an der seitlichen Öffnung der Basisstation, womit wir auch eine sehr elegante Überleitung gefunden hätten.
Diese Basisstation, die Steelseries etwas kurz angebunden nur Transmitter nennt, hat es aber durchaus in sich, auch wenn man im stromlosen Zustand erst einmal nur einen schwarzen Kasten samt eines großen Knopfes sieht. Hinter der schwarzen Front verbirgt sich jedoch ein größeres und sehr kontraststarkes OLED-Display, das sich auch bei schräg einfallendem Licht noch gut ablesen lässt.
Das Springen durch die Menüs und das Auswählen geschieht intuitiv und ist sehr schnell zu beherrschen. Mit dieser Ein-Knopf-Regelung kann man jeden Winkel der ziemlich tief gegliederten Menüs gut erreichen und durch die Kombination aus Drücken (Bestätigung) und Auswahl (Drehen) so ziemlich alles ein- oder verstellen, was angeboten wird. Und dies ist wirklich eine Menge.
Man kann sehr einfach die Laustärke der verschiedenen Sourcen einstellen und so als eine Art Mixer auf die richtige Balance zwischen Ingame-Sound und Chat/Audio achten oder die Priorität einer der Quellen bei Bedarf kurzzeitig verschieben. Auch klanglich kann man mittels DSP und einem Equalizer mit vordefinierten Profilen noch einigermaßen gut eingreifen. Außerdem lassen sich hier auch die Audioquellen bequem umschalten.
Wo wir schon bei den Quellen sind: dafür werden natürlich auch jede Menge Ein- und Ausgänge benötigt. Ein Blick an die Rückseite zeigt dann auch das normale analoge Buchsenpaar für Audio-Eingang und Mikrofon-Ausgang. Zusätzlich gibt es noch einen optischen Eingang und auch Ausgang, an dem dann der Mix aus allem noch einmal als digitales Signal anliegt, bzw. den man nutzen kann, um das digitale Signal vom PC noch zu einer Lautsprecherlösung weiter durchzuschleifen.
Die ganzen beigelegten Audio-Kabel sorgen dann noch zusätzlich für die Verbindung zu Konsolen oder mobilen Endgeräten, denn es muss ja nicht immer der PC sein.
Praktischerweise lassen sich die Muscheln vertikal sehr weit drehen und somit auch bis zum 90-Grad-Winkel umklappen. Damit steht dem dann ca. 7 cm hohen Headset auch mehr Platz für den Transport zur Verfügung.
Natürlich verstecken sich im Detail noch viele weitere Features bis hin zur Dolby-Implementierung, aber es reicht auch jetzt schon. Schließlich wollen wir nicht die ganze Bedienungsanleitung herunterbeten, sondern das Headset als soches testen. Und das macht im Betriebszustand eine wirklich angenehme Figur.
Das Aufladen ist in weniger als 70 Minuten erledigt, wobei man ja immer den Ersatzakku im Ladeschlitz belassen kann, denn die normale Ladeerhaltung funktioniert genauso, wie auch die Abschaltung bei voll aufgeladenem Akku. Das beantwortet dann auch die Frage nach dem Wohin mit dem Zweitakku. Den braucht man erst dann, wenn es bei einem piept. Also im Headset, als Warnton für einen niedrigen Akkustand.
Mikrofon
Das Mikrofon mit Kugelcharakteristik ist herauszieh- bzw. einschiebbar, falls es einmal stören sollte. Drückt man die Mute-Taste, dann blinkt eine kleine, rote LED im Ring des Mikrofons, mehr Beleuchtungselemente gibt es jedoch Gott sei Dank am ganzen Headset nicht.
Der Low-Cut bei ca. 100 Hz funktioniert recht ordentlich und auch die Begrenzung auf eine obere Frequenz von 10 KHz erscheint schlüssig. Außerdem erfolgen diese Angaben ohne einen Toleranzbereich, denn effektiv stehen hier 125 Hz bis ca. 8 KHz wirklich zur Verfügung, was vollend ausreicht. Selbst der Grundtonbereich der tiefsten männlichen Stimme ist voll abgedeckt und zischende Sibilanten kommen nie über sieben Khz hinaus.
Messungen und Sound-Check
Wir wählen uns für die Messung und den subjektiven Hörtest die neutralste Einstellung und verzichten auch auf Spielereien wie Dolby & Co., so dass mit einem reinen binauralen Signal probegehört und mit einem monauralen (pink noise) gemessen wird. Die Messkurve das ein wenig basslastig abgestimmten Headsets ist frei von bösen Überraschungen und Bocksprüngen und zeigt lediglich die voreingestellte Dominanz bei ca. 90 Hz. Hier liegt man dann ca. 8 dB über dem bei einem Kilohertz normalisierten Durchschnitt. Alle weiteren Werte bleiben dann erfreulicherweise im Toleranzbereich von +/- 3dB.
Die Ohren quittieren dies alles mit Wohlwollen, auch wenn ab und an noch kleine Wölkchen den akutischen Sternenhimmel trüben. Doch beginnen wir zunächst beim Bass. Die Anhebung der Tiefen vor allem des Oberbasses ist ein wenig unverständlich, denn der Bums und Wums echter Schlachtfeldgeräusche liegt deutlich tiefer und nicht jede männliche Stimme muss gleich tief hinunter in den Kohlenkeller geschickt werden.
Jedoch hätte Dr. Dre sicher seine diebische Freude an der Präsenz der großen Basstrommel und Helene Fischers atemloses Synthetik-Schlager-Schlagzeug haut dann auch noch dem virtuellen Fass ganz galant den Boden aus. Allerdings ist dies dann auch die einzige Stelle, die uns viel zu fett erscheint, der Rest wird besser. Auch nach unten hin, den der Tief(st)bass ist präsent genug. Das Einschwingverhalten ist zudem akzeptabel; hier machen die kleineren 40-mm-Treiber gar keinen so schlechten Job.
Sind die Mitten drin, dann ist man mitten drin. Eine alte Regel, die auch hier voll zur Geltung kommt. Da die unteren Mitten leicht angehoben sind, erhalten viele Instrumente und Stimmen etwas mehr Fülle, was man lieben oder hassen kann. Trotz der für unseren Geschmack etwas zu voluminösen Auslegung bleibt die Auflösung jedoch auf gutem Niveau. Es spielt nicht filigran, aber doch noch differenziert genug.
Di oberen Mitten bis unteren Höhen bleiben unaufgeregt und ausgeglichen, was dem Hörer eine recht ordentliche Bühne beschert und auch der Gegnerortung sehr entgegen kommt. Die Klangfarbe der Instrumente, Stimmern und Geräusche bleibt weitgehend neutral ohne ins Analytische abzugleiten.
Das leichte Hochton-Peak ab ca. 6 KHz führt zu einer leichten Überbetonung der Zischlaute und hebt schiebt zudem auch einge kleinere Instrumente in den Vordergrund. Der Höreindruck ist eher kühl, jedoch noch nicht metallisch und passt besser zum Gaming als zur Musikwiedergabe von Orchesterwerken. Normale U-Musik läuft jedoch recht ordentlich, nur A Capella gesungene Stücke klingen in den Sibilanten etwas zu spitz.
Wo können wir das Gehörte nun einordnen? Sicher gibt es für das gleiche Geld bereits einen sehr ordentlichen HiFi-Kopfhörer samt gutem Verstärker, nur ist man dann ans Kabel gebunden und hat noch kein Mikrofon. Wäre das Headset mit diesem Klang, sowie der vorliegenden Ausführung und Verarbeitung kabelgebunden, würden wir es durchaus in der 100- bis 120-Euro-Klasse sehen.
Somit müssen wir nun den Aufpreis von etwas 200 Euro an Transmitter und Drahtlosfeature festmachen. Zieht man hier noch ca. 100 Euro für die reine Soundlösung ab, bleiben ca. 100 Euro für Transmitter und die lagfreie Drahtlosumsetzung, sowie das Gehäuse der Basisstation samt gutem Display und zweier Akkus plus sonstigem Zubehör übrig. Mit etwas gutem Willen passt das dann schon, auch wenn der Straßenpreis sicher noch ein wenig fallen wird.
Fazit
Die ca. 330 Euro sind also weiß Gott kein Kampfpreis, sondern eine echte Ansage, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzt. Das Ganze ist aber zumindest dann berechtigt, wenn man wirklich bereit und in der Lage ist, für so umfangreiche Features auch sehr viel Geld zu zahlen. Entweder, weil man sicher ist, diese Funktionalität auch zu brauchen, oder es zumindest annimmt und glaubt.
Klanglich ist das leicht basslastige Headset keine schlechte Lösung und Gott sei dank auch mehr HiFi-Kopfhörer, als versoundbasteltes Gaming-Bling-Bling-Headset. Die Pegelfestigkeit ist für eine Drahtlos-Lösung doch ganz gut und die Akkus halten auch einigermaßen lange durch – zumindest solange, wie man keine schmerzbringende Dauerbeschallung veranstaltet.
Die Basisstation mit dem Transmitter, den ganzen Soundoptionen und den vielen Ein- und Ausgängen dürfte der eigentliche Preistreiber im Siberia-800-Gesamtpaket sein. Optisch gut gelungen, ist dieser Kopfhörerverstärker, gepaart mit einer universellen Soundlösung, Dolby-Zertifizierung und der gelungenen Ein-Knopf-Bedienung samt der gut gegliederten Menüs, mit Sicherheit auch das eigentliche Highlight.
Immerhin: man kann den Sound auch fast schon beliebig verschlimmbessern, muss es aber nicht. Somit fällt das gut verarbeitete Headset mit dem doch recht emfindlichen Mikrofon auch ordentlich aus dem Rahmen des üblichen Einheitsbreis: beim Preis, bei der Funktionalität und natürlich auch der Konnektivität.
Nur mit dem großen Köpfen hapert es ein wenig, den ab Hutgröße 58 bis 60 drückt das Headset dann doch schon recht ordentlich auf die Lauscher. Das muss man mögen, oder sich nach etwas Leichterem und auch Größerem suchen. Der Rest darf sich bequem auch auf der Couch zusammenkuscheln und viele Stunden Chillout-Musik genießen. Immer vorausgesetzt, das Geld sitzt auch locker genug.
Technische Daten und Verfügbarkeit
Abschließend fassen wir noch die technischen Daten in einer Tabelle zusammen. Das Headset ist relativ neu, weshalb der Preis (noch) in der Nähe der UVP liegt.
- 1 - Einführung und Übersicht
- 2 - Arctic P533 Penta
- 3 - Cougar Immersa
- 4 - Creative Flex
- 5 - Creative Sound Blaster Inferno
- 6 - Creative Sound Blaster Tactic3D Rage Wireless V 2.0
- 7 - Creative Sound BlasterX H5
- 8 - [NEU] Lioncast LX50
- 9 - Logitech G230
- 10 - Ozone Ekho H80
- 11 - Qpad QH-90
- 12 - Razer ManO'War Wireless
- 13 - Roccat Renga
- 14 - Sharkoon Skiller SGH1
- 15 - Steelseries Siberia 200
- 16 - Steelseries Siberia 800
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