Entkopplung im Inneren
Ich schrieb ja gerade, dass sich die Vibrationen im Stator, also dem kompletten Rahmen, bündeln und sogar vermischen, der ja auch wie ein Lautsprecher wirkt und dieses als Geräuschemission an die Umgebung abgibt. Genau an dieser Stelle hat Alphacool nun angesetzt und definiert den Impeller und den Teil mit dem Motor als eigenständige und rahmenlose Lüftereinheit. Hier werden einfach zwei Hälften zusammengesetzt und ergeben, ihm wahrsten Sinne des Wortes, erst einmal eine runde Einheit. Das Bild unten zeigt den zerlegten Lüfter, den man in der finalen Version dann nicht mehr auseinander nehmen kann. Das hat Alphacool aus RMA-Gründen wieder verworfen, weil die O-Ringe der Entkopplung leiden könnten. Doch dazu gleich mehr. Werfen wir zunächst erst einmal den Blick auf den zerlegten Lüfter, den ich aus optischen Gründen mal als blaue Variante gewählt habe (die kommt später ja auch noch).
Ich bemühe jetzt einmal die Marketingfolie mit der Explosionszeichnung von Alphacool, um den Aufbau zu veranschaulichen. Die beiden Metallrahmen-Teile sind jeweils auf einen dicken O-Ringe aus Silikongummi aufgelegt und haben somit keinen direkten Schluss zur vibrierenden Lüftereinheit. Wer jahrelang Wasserkühlungen baut und mit O-Ringen groß geworden ist, musste ja irgendwann einmal auf so eine Idee kommen. Und ja, das funktioniert wirklich, nur dass man diesmal nicht das Wasser, sondern die Vibrationen aussperrt.
Die beiden O-Ringe liegen jeweils in einer Nut und entkoppeln so den äußeren Rahmen. Mit fast 2 mm Durchmesser im zusammengedrückten Zustand (sonst rund 1.9 mm) reicht das auch. Und genau an dieser Stelle hat man sich entschlossen, das in der finalen Version nicht mehr aufschraubbar zu machen. Ich habe selbst versucht, so einen (eingeklemmten und fixierten) O-Ring wieder abzuziehen und diesen dabei so überdehnt, dass er sich nicht wieder sauber einlegen ließ. Man muss an dieser Stelle also den Kunden einfach vor sich selbst schützen. Alphacool entgeht damit zwar auch ein Stück des beliebten Customizing-Geschäfts, aber sicher ist sicher.
Womit wir diesen Part fast erledigt hätten. Naja, fast, denn jetzt kommt noch ein weiteres Feature, welches hilft, die Geräuschemission zu mindern und vor allem die Übertragung der Vibrationen an das Gehäuse bzw. den Radiator zu verringen. Normalerweise nutzt ein Hersteller dafür an den Schraubenöffnungen diverse aufgeklebte oder eingesetzte Gummi-Entkoppler, die aber im festgeschraubten Zustand meist wirkungslos bleiben. Was also tun, damit z.B. der sogenannte Körperschall gar nicht erst dort ankommt? Man kann mit den O-Ringen schon vieles fernhalten, aber was geschieht mit dem Rest?
Was bitte ist der Körperschall?
Als Körperschall bezeichnet man Schwingungen, die sich in festen Medien, wie beispielsweise Bauteilen oder Maschinen, ausbreiten. Im Gegensatz zum Luftschall, der sich in gasförmigen Medien ausbreitet, ist der Körperschall oft für unerwünschte Geräuschübertragungen im Lüfter verantwortlich. Körperschall entsteht durch mechanische Anregungen, wie ich sie bereits auf der vorigen Seite ausführlich beschrieben habe. Es sind Schwingungen in der Struktur des Materials. Der Körperschall bewegt sich dabei in einem breiten Frequenzbereich, wobei niedrigfrequente Schwingungen oft schwerer zu dämpfen sind als hochfrequente.
Da die Lüftereinheit bereits mit O-Ringen entkoppelt wurde und damit nicht mehr direkt mit einem Bauteil in Kontakt steht, wird der Schall nicht mehr direkt übertragen, sondern es kommt zur Flankenübertragung: Hierbei wird der Körperschall über Strukturen wie den Silikongummi übertragen und bereits gedämpft. Wenn die Frequenz der Schallquelle mit einer Resonanzfrequenz des Materials übereinstimmt, kann dies zu einer verstärkten Schallübertragung führen, wie es oft bei normalen Lüftern der Fall ist. Und warum dann so ein schwerer Metallrahmen? Ganz einfach: Eine Erhöhung der Masse eines Bauteils kann die Körperschallübertragung reduzieren, da eine größere Masse schwerer in Schwingung zu versetzen ist. Durch die Auswahl geeigneter Materialien mit geringer Schallleitfähigkeit kann die Körperschallübertragung dann noch weiter reduziert werden, wie im Fall des Apex Stealth.
Die Besonderheiten des zweiteiligen Metallrahmens und des Gussverfahrens
Das mit der Masse hatten wir ja bereits, aber es kommt auch auf das Material selbst und seine Herstellung an. Die Metallteile werden im Zink-Druckguss, genauer im Warmkammerverfahren hergestellt. Druckguss ist ein weit verbreitetes Verfahren zur Herstellung von Metallkomponenten mit hoher Präzision und guter Oberflächenqualität. Zink-Kupfer-Legierungen sind in diesem Kontext von besonderem Interesse, da sie eine Reihe von Vorteilen bieten, die sie für bestimmte Anwendungen besonders attraktiv machen. Auch wenn Alphacool ZAMAK angibt, es ist laut meinen Messungen nur sehr wenig Aluminium und überhaupt kein Magnesium enthalten. Und das hat einen guten Grund, auf den ich gleich noch eingehen werde.
Warum also kein normaler Zink-Druckguss mit ohne alles? Die Zugabe von Kupfer zu Zink verbessert die Festigkeit und Härte der Legierung, ohne ihre Gießfähigkeit zu beeinträchtigen. Dies führt zu einem Material, das sowohl leicht zu verarbeiten als auch langlebig ist. Solche Zink-Kupfer-Legierungen (mit einem sehr geringen Aluminiumanteil) haben eine niedrige Schmelztemperatur und hervorragende Fließeigenschaften, was eine präzise Füllung der Gussform ermöglicht und zu Teilen mit hoher Detailgenauigkeit führt. Aufgrund der geringen Schmelztemperatur und der geringen Abrasivität der Legierung weisen die Druckgusswerkzeuge zudem eine längere Lebensdauer auf, was zu niedrigeren Produktionskosten führt.
Teile, die aus Zink-Kupfer-Legierung gegossen werden, haben eine glatte Oberfläche, die leicht zu bearbeiten und zu beschichten ist. Die Legierung bietet zudem auch eine gute Beständigkeit gegen Korrosion, was die Lebensdauer der hergestellten Teile verlängert Aufgrund ihrer Vorteile werden Zink-Kupfer-Legierungen im Druckgussverfahren häufig für die Herstellung von Präzisionsteilen in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Elektronik und in vielen anderen Branchen verwendet. Oder eben bei Lüftern von Alphacool. Schauen wir einmal auf meine Laser-Bohrung durch den verchromten Metall-Frame. Unter der dünnen Chrom-Schicht sehen wir galvanisiertes Nickel und darunter galvanisiertes Kupfer. Erst dann kommt der eigentliche Druckguss-Körper aus der Zink-Legierung:
Wir sehen dann im Guss die unterschiedlichen Bestandteile der Legierung, die natürlich nicht zu 100% homogen ist, weil sich die Metalle ja nicht zu einem einzigen verbinden können:
Warum genau diese Legierung?
So eine Legierung hat bei Raumtemperatur eine hervorragende Dämpfungsfähigkeit von bis zu 4%. Dieser Wert liegt deutlich über dem von Aluminium und sogar auch Stahl (nur bis zu 1.5%). Wir sehen also, dass sowohl die Masse als auch das Material selbst noch einmal zur Dämpfung gehörig beitragen. Dann kann man diese Lüfter auch bedenkenlos ohne Gummiüberzieher verschrauben – es vibriert nichts. Wo nichts ankommt, kann nämlich auch nichts weitergegeben werden. Und mal im Ernst: Das gehört sicher nicht zum Allgemeinwissen, erklärt aber auch ein Stückweit die Euphorie, mit der sich Alphacool hier auf den Markt begibt. Und das Beste daran: es ist kein Marketing, sondern eine echte Innovation.
Bei vielen Elementen, die im technologisch fortgeschrittenen Bereich Anwendung finden, ist keine Oberflächenbehandlung notwendig, bei unseren Lüftern aber schon. Da wären natürlich die dekorativen Effekte, die Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit und die Erhöhung der Verschleiß- und Abriebfestigkeit. Das Spektrum der Beschichtungen beim Zink-Legierung-Druckguss ist extrem breit, und es werden ständig neue Veredelungsverfahren erforscht und entwickelt. Dass es leicht möglich ist, zeigen die bereits angedachten, weiteren Farben über Blau, Rot, Violett und – bitte nicht zu laut stöhnen – einem gediegenen Pink für eine hippe Barbie Edition. Ok, damit hätten wir das auch erledigt und wissen nun, warum die jetzt folgenden Ergebnisse so sind, wie sie sind: einzigartig und fast schon deklassierend.
- 1 - Einführung und technische Daten
- 2 - Ursachen für Geräuschentwicklung und Vibrationen
- 3 - Das Geheimnis der Entkopplung und des Materials
- 4 - Apex Stealth Metal Power Fan: Messergebnisse im Detail
- 5 - Vergleich zum Noctua NF-A12x25 PWM (2023)
- 6 - Vergleich zum Be Quiet! Silentwings Pro 4
- 7 - Vergleich zum Cooler Master Mobius 120
- 8 - Zusammenfassung und Fazit
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