Ursachen für Geräuschentwicklung und Vibrationen
Auch wenn mittlerweile ein Patent angemeldet wurde und das Interesse an den Lösungen und der praktischen Umsetzung riesengroß ist, muss ich heute mit der Tiefe der Informationen einen passenden Kompromiss finden. Denn ich kann mehr messen, als es Alphacool mit Sicherheit lieb ist. Außerdem weiß ich auch aus der Prototypenentwicklung mehr, als es in die Öffentlichkeit gehört. Trotzdem muss man schon etwas weiter ausholen, um genau zu erklären, warum das Konzept und die Umsetzung revolutionär und mehr als nur „just another case fan“ ist. Und das beginnt erst einmal bei den Ursachen, die man kennen muss. Wenn wir uns dann auf der nächsten Seite die Umsetzung und meine Messungen ansehen, erinnere ich Euch einfach an diese Faktoren, ohne noch einmal weiter darauf eingehen zu müssen. Und wir werden gleich sehen: Die eigentliche Pest sind stets die Vibrationen, die oft genug (auch in der Wechselwirkung) unterschätzt werden.
Die Geräuschentwicklung bei Lüftern ist leider ein sehr komplexes Phänomen, das durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Insbesondere der erzeugte Luftstrom, der Motor und die Lagerung spielen eine zentrale Rolle bei der Geräuschentwicklung. Durch ein besseres Verständnis dieser Faktoren können Lüfter effizienter und leiser gestaltet werden, was zu einer verbesserten Benutzererfahrung und einer längeren Lebensdauer des Lüfters führt. Aber erzählt das mal dem wildgewordenen Marketing oder dem knauserigen Controller.
Abrisskanten und Verwirbelungen
Wenn man an einen Lüfter und die Geräuschemission denkt, dann fällt einem primär das Thema „Windgeräusche“ ein. Diese recht breitbandigen Geräusche entstehen häufig durch Interaktionen der Luftströmung mit Abrisskanten und resultierenden Verwirbelungen sowie tieferfrequenten Vibrationen. Eine Abrisskante bezeichnet dabei eine scharfe oder abrupte Kante an einem festen Körper, an der die anliegende Strömung ihre Haftung verliert und abgerissen wird. Dieser Abriss führt zu einer turbulenten Strömung hinter der Kante. In Lüftern können solche Kanten an den Lüfterblättern, dem Rahmen oder anderen Teilen des Lüftersystems auftreten. Die resultierenden Turbulenzen können zusätzlich zu Vibrationen in der Struktur führen, die wiederum als Schallwellen in die Umgebung abgestrahlt werden.
Verwirbelungen sind kleine, chaotische Luftströmungen, die entstehen, wenn die laminare Strömung in eine turbulente übergeht. Es handelt sich um kleine Wirbel in der Strömung, die Energie enthalten. Wenn diese Energie in Form von Vibrationen an die umgebenden Strukturen weitergegeben wird, kann dies zu akustischen Emissionen führen. Sie können durch Abrisskanten, aber auch durch andere Faktoren wie die Form der Lüfterblätter oder Hindernisse im Luftstrom verursacht werden.
Wenn man über das Thema und auch die Änderungen schreibt, dann muss man auch die sogenannten Ablösungen betrachten. Und keine Angst, ich versuche das Ganze jetzt etwas zu vereinfachen. Es gibt Stellen, an denen die Strömung nicht mehr der Kontur eines Körpers folgen kann und sich dann von dessen Oberfläche löst. In diesen Ablösebereichen zeigt die Luft starke Verwirbelungen und erscheint chaotisch in Zeit und Raum. Die Geschwindigkeit in solchen Bereichen ist so gering, dass sie oft als „Totflächen“ bezeichnet werden, die durch die Reibung zwischen zwei parallelen Strömungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten entsteht. Über den „Wellenbrecher“ an der Frontseite im Außenring der Rotorblätter des Alphacool-Lüfters kann man vielleicht streiten, denn ich sehe hier keinen wirklichen Vorteil. Aber es ergibt zumindest keinen Nachteil, also verbuchen wir es eher unter der Rubrik „optisch wertvoll“ und „sieht technisch aus“.
Generell gibt es zwei Hauptursachen für Ablösungen: die druckinduzierte Ablösung, die durch einen ausreichend großen positiven Druckgradienten verursacht wird, und die forminduzierte Ablösung, die durch die Geometrie, wie z.B. eine scharfe Kante eines Körpers, bedingt ist. Die Grenzschicht eines Körpers strömt gegen den von der Außenströmung erzeugten, statischen Druck. Wenn die bewegte Luft nahe der Wand der Grenzschicht nicht genug kinetische Energie hat, um einen starken Druckanstieg zu überwinden, kehrt sie um, und die Grenzschicht löst sich von der Kontur. Die Beschaffenheit der Kontur beeinflusst also maßgeblich den Ort der Ablösung. Turbulente Wirbel besitzen aufgrund der intensiven seitlichen Bewegungen der Moleküle einen stärkeren Impulsaustausch nahe der Kanten und Begrenzungen. Dies kompensiert teilweise den Verlust kinetischer Energie und erhöht die Widerstandsfähigkeit gegen die Ablösung.
Um die durch Abrisskanten und Verwirbelungen verursachten Lüftergeräusche zu minimieren, können verschiedene Ansätze verfolgt werden. Ein Ansatz, um die Ablösung zu verzögern, sind zum Beispiel die optimierte Rotorblattgeometrie, die umlaufende Einfassung der Rotorblätter sowie die Oberflächenbeschaffenheit. Oftmals sieht man auch Spielereien wie „Winglets“ oder Knicke im Rotor, die aber eher der Optik und dem Marketing angedient sind. Meist sind sie sogar kontraproduktiv, aber nun ja. Das Bild oben zeigt, was wirklich sinnvoll ist. Den kleineren, vorgebauten „Trenner“, der an den Taylor-Bug großer Schiffe erinnert. Dieser kleine Vorsatz baut quasi eine eigene kleine „Luftwelle“ auf und verschiebt damit das Wellenbild des Rotorblattes ein klein wenig. Man braucht also weniger Energie für die gleiche Performance, was bei Schiffen ebenfalls angewandt wird.
Motorgeräusche aller Art
Auf dem Bild unten sehen wir den Aufbau des neuen Lüfters aus dem frühen Prototypen-Stadium und den 4-Pol-Motor. Beim finalen Produkt nutzt man sogar einen 6-Pol-Motor. Warum, ergibt sich übrigens auch aus dem nachfolgenden Text. Deshalb fasse ich jetzt einmal alles zusammen, was mit dem Antrieb zu tun hat und ebenfalls hörbare Vibrationen und sonstige Geräusche erzeugt. Zurück zum Motor: Normalerweise sitzt der Impeller, also der eigentliche Rotor, der gleichzeitig auch den Permanentmagneten und die Motorachse enthält, auf der starr montierten Lagebuchse des unbeweglichen Stators und die jeweiligen Spulen samt Platine liegen angeordnet um diese Achse. Das alles ist bei herkömmlichen Lüftern fest am Rahmen des Lüfters montiert, der in seiner Gesamtheit den Stator darstellt und somit alle Vibrationen aufnimmt (und fröhlich weitergibt).
Doch welche Motorgeräusche gibt es eigentlich im Detail? Das Ganze ist nämlich ein fieser Mix! Zum einen gibt es elektromagnetische Geräusche, sie entstehen durch die Wechselwirkung von elektrischen und magnetischen Feldern im Motor. Insbesondere bei PWM-gesteuerten Motoren können diese Geräusche durch das Pulsen des Stroms beeinflusst werden und das Fiepen der Elektronik kommt mit etwas Pech noch on Top. Dazu kommen dann die mechanischen Geräusche, die aus der physischen Bewegung des Motors und den Unregelmäßigkeiten in der Motorwicklung resultieren oder die im generellen Aufbau zu suchen sind. Jeder Motor hat zudem eine oder mehrere Resonanzfrequenzen, bei denen er besonders laut werden kann. Wenn der Lüfter mit einer dieser Frequenzen betrieben wird, kann dies zu erhöhten Geräuschpegeln führen. Und weil die Autovergleiche so beliebt sind: Sechszylinder laufen seidiger und weicher als Vierzylinder.
Der Lüfter setzt beim umlaufenden Dauermagneten im Impeller auf Strontium-Ferrit, auch bekannt als SrFe12O19. Es gehört zur Klasse der Hartferrite und wird häufig in Permanentmagneten verwendet, da es ausgezeichnete magnetische Eigenschaften besitzt. Es bietet eine hohe Remanenz und Koerzitivfeldstärke sowie ein sehr hohes Energieprodukt, was es zu einem der stärksten Permanentmagneten macht. Im Vergleich zu anderen Magnetmaterialien wie Neodym oder Samarium-Kobalt ist Strontium-Ferrit allerdings kostengünstiger. Strontium-Ferritmagneten haben eine gute Temperaturstabilität und die sie behalten ihre magnetischen Eigenschaften auch bei hohen Temperaturen bei, was sie für Anwendungen wie Elektromotoren, die Wärme erzeugen, gut geeignet macht. Im Vergleich zu anderen Magnetmaterialien hat Strontium-Ferrit den Vorteil, dass es weniger seltene Erden enthält. Dies macht es umweltfreundlicher und reduziert die Abhängigkeit von seltenen Erden, die oft aus geopolitisch unsicheren Regionen stammen.
Zu den mechanischen Geräuschen gehören natürlich auch die Lagergeräusche. Die Lagerung eines Lüfters ermöglicht die reibungsarme Drehung der Lüfterblätter und leider wird auch hier sehr viel Marketing-Hokuspokus betrieben. Was nützt das beste Lager, wenn der Rest nicht passt? Zweckmäßigkeit und Standfestigkeit sind Trumpf und der Rest muss dann auch noch zur Charakteristik des Motors passen. Vieles ist einfach „overengineered“ und mir persönlich ist die Langlebigkeit wichtiger als technischer Firlefanz, der sich nur gut in den Datenblättern liest. Eine Achse aus Chromstahl mit sehr hohem Chromanteil, wie beim Apex Stealth ist allerdings immer eine sichere Bank:
Trotz des Einsatzes von Schmierstoffen kann es in Lagern natürlich zu Reibung kommen, die weitere Geräusche verursacht. Dies kann man aber meist vernachlässigen, denn es gibt noch viel schlimmere Faktoren. Mit der Zeit können Lager nämlich verschleißen, was zu einer unregelmäßigen Rotation und damit zu nervigen Geräuschen führen kann. Eine nicht korrekt ausgerichtete Lagerung kann zudem zu ungleichmäßiger Belastung und Vibrationen führen, die wiederum zusätzliche Geräusche erzeugen (Klackern, Schleifen, Brummen). Ähnlich wie beim Motor können auch Lager Resonanzfrequenzen haben, die zu erhöhten Geräuschpegeln führen, wenn sie angeregt werden. Da hilft dann auch das beste Schwebelager nichts, denn auch dieses bietet Resonanzen. Dann ist es schon sinnvoller, auch das Lager als solches noch einmal etwas zu entkoppeln. Dann tut es auch ein gutes hydro-dynamisches Lager wie beim Apex Stealth.
Zwischenfazit
Wir sehen schon, ein kleiner theoretischer Exkurs kann nicht schaden, um die Komplexität zu verstehen. Alphacool war clever und hat es sich an dieser Stelle sogar recht einfach gemacht: Man hat das eigentliche Problem der aktuellen Lüfter auf die Summe aller entstehenden Vibrationen verortet und nach einem generellen Problemlöser gesucht. Dieser mess- und hörbare Mix aus den Vibrationen des Impellers, die auch durch Körperschall an die Achse übertragen werden, den ganzen Vibrationen vom Antrieb und die Wechselwirkung zu den Resonanzfrequenzen von Impeller, Motor, Lager und Stator (Frame) sind der Ausgangspunkt dafür, wo man versucht hat, diese Vibrationen als Bündel quasi gleich im Stück und in einem einzigen Aufwasch zu beseitigen. Wie das gelöst wurde, lest Ihr auf der nächsten Seite.
- 1 - Einführung und technische Daten
- 2 - Ursachen für Geräuschentwicklung und Vibrationen
- 3 - Das Geheimnis der Entkopplung und des Materials
- 4 - Apex Stealth Metal Power Fan: Messergebnisse im Detail
- 5 - Vergleich zum Noctua NF-A12x25 PWM (2023)
- 6 - Vergleich zum Be Quiet! Silentwings Pro 4
- 7 - Vergleich zum Cooler Master Mobius 120
- 8 - Zusammenfassung und Fazit
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