Gute Spule, schlechte Spule?
Nachdem ich Euch nunmehr über drei Seiten mit den ganzen Basics zur Spannungswandlung auf so einer Grafikkarte gefüttert habe, kommen wir abschließend noch zu den akustischen Folgen der hohen Ströme und der hörbaren Auswirkung der bereits ausführlich beschriebenen Lorentzkraft von Seite Zwei. Also alles schön und gut, aber was machen wir nun oder wo bleibt man hilflos? Eigentlich ist Spulenfiepen ja kein Reklamationsgrund, weil es eine elektrotechnische Gesetzmäßigkeit und Normalität mit mehr oder weniger hörbarem Geräusch ist.
In der Realität wird eine extrem fiepende Grafikkarte aber trotzdem oft zurück genommen, solange es sich vielleicht doch um Bauelemente-Toleranzen handelt. Generell kann man sagen, dass auch die Fertigungstoleranzen bei günstigeren Spulen recht hoch sein können. Und es spielt erst einmal auch keine Rolle, ob die Spulen nun hoch oder eher flach sind! Hier kommt es auf die verwendeten Materialien, Ausdehnungskoeffizienten, die Zweckmäßigkeit der Verwendung anhand des tatsächlichen Temperaturfensters und den Verguss im Inneren an. Und natürlich auch auf die Last und die Topologie der Spannungswandler. Ihr seht schon, das Thema ist komplex.
Hohe FPS-Zahlen und extrem schnelle Lastwechsel
ich habe mir mal den Spaß gemacht, und auch die GeForce RTX 4080 Founders Edition ins FPS-Inferno getrieben. Zunächst einmal das Ganze gut und gesittet mit knapp unter 120 FPS in einem normalen UHD Gaming Loop (Horizon Zero Dawn). Bis zu 34 Ampere in den kleinen Spitzen sind messbar, aber diese heftigen Intervalle sind noch nicht so häufig und eng beieinander. Die Spulen sind de facto nie hörbar und der angestrebte Kompromiss bei Verschaltung und Bauelemente-Bemessung (Spulen, Kondensatoren) passen perfekt.
Ohne Frame-Limiter würde ich das Nachfolgende nicht spielen wollen, denn die weit über 500 FPS in NFS Underground 2 mit Wide-Screen-Patch sind jenseits von Gut und Böse. Und ja: die eben noch so hoch gelobten Spulen zirpen leicht hörbar. Es ist noch kein akustischer Weltuntergang, aber man hört es leider doch. Die Stromstärke in den Spitzen ist genauso gut gekappt worden, aber man sieht sehr deutlich, dass es hier schon im Mikrosekundenbereich voll zur Sache geht.
Das Einzige, was hier wirklich hilft, sind en Frame-Limiter auf das, was der Monitor kann und ggf. auch ein Absenken des Power Limits zusammen mit dem Takt für solche Situationen. Mehr kann man da eigentlich gar nicht tun. Leider.
Zu gut gekühlte Spulen
Das klingt erst einmal paradox, ist aber eigentlich bei näherer Betrachtung durchaus logisch. ich kenne einige Fälle, auch aus dem Forum, wo sich User beschweren, dass die Karte nach einem Umbau auf einen guten GPU-Wasserblock plötzlich anfängt, Spulengeräusche zu zeigen, die vorher nicht oder nur deutlich geringer vorhanden waren. Der Wasserblock im Bild ließe die Kühlung der Spulen mit einem dicken Wärmeleitpad sicher zu, aber eigentlich ist das gar nicht nötig und ich sage Euch auch gleich, warum.
Eine gut bemessene Spule mit niedrigem Innenwiderstand Spule erzeugt nämlich nur eine Verlustleistung (je nach Stromfluss) von ca. 0.2 bis 0.5 Watt, was absolut wenig ist und definitiv nicht gekühlt werden muss. Im Gegenteil, denn die Spulen haben ein gewisses Temperaturfenster, in dem sie optimal funktionieren. Hier kommt der Ausdehnungskoeffizient des Kupfers zum Tragen, der beim Hersteller im ungekühlten Zustand einberechnet wird. Wenn wir uns jetzt noch einmal an die Lorentzkraft erinnern, dann verstehen wir auch, dass die Spulen um so leiser werden, umso heißer sie sind, weil sich die Windungen nicht mehr aneinander reiben können. Es ist einfach im Inneren zu eng!
Leider kommt man als Normaluser an solche Datenblätter nur schwer heran, deshalb kann man das als Außenstehender auch nur schlecht abschätzen. Wer auf Wasser umbaut, darf die Pads also gern weglassen. Der Irrglaube, man würde damit die Platine besser kühlen, stirbt spätestens dann, wenn man sich mal die Summe der Wärme- und Wärmeübergangswiderstande zwischen Lötstelle auf der Platine und der Gehäuseoberseite einer Spule vor Augen führt. Das können wir also schon einmal vergessen. Eine GeForce RTX 4090 FE mit 20 Schaltregler-Spulen setzt (laut NVIDIAs Thermal Design Guide) rund 10 Watt in Abwärme um, wobei damals noch eine TBP von 600 Watt veranschlagt wurde. In Wirklichkeit dürften es ganze 7 bis 8 Watt sein, also maximal 0,4 Watt pro Spule. Peanuts bei einem Wasserkühler für den Rest.
Das Verkleben von Spulen
Hier scheiden sich die Geister etwas und ich sehe das Prinzip als eher heikel an. Es gab schon Videos, wo sich Anwender mit Sekundenkleber und zwischen den Spulen eingesetzten Kunststoffplättchen eine Art Spulen-Monolithen als Block zusammengeklebt haben. Ziel war es, die Vibrationen zu reduzieren. Was man damit aber ausblendet, ist der simple Umstand, dass die Schwingungen der Windungen nur im Inneren der Spule stattfindet. Diese übertragen sich natürlich auch nach außen und es kann durchaus den Lautstärkepegel etwas abmildern, das will ich nicht bestreiten. Aber es kann auch zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, wenn die Spulen maschinell bestückt wurden (SMD).
Würde man diese jetzt untereinander fest verkleben, nachdem man die Lücken mit plastischen Material gefüllt hat, dann kann das zum Abreißen der Spule am Lötpad oder zumindest zu schadhaften Lötstellen führen, wo sich dann der Übergangswiderstand extrem erhöht und es zu Instabilitäten am betroffenen Schaltregler kommen kann. So etwas geschieht meist schleichend und nicht abrupt, so dass man den Fehler später gar nicht mehr lokalisieren kann. Was jedoch ginge, das habe ich auch schon einmal getestet, ist das Ausfüllen mit geeignetem Heißkleber, der einigermaßen elastisch bleibt. Dann hat man in der Theorie sogar eine schöne Dämpfung. Aber der Mehrwert, sollte er wirklich existieren, geht auch hier eigentlich gegen null und man verliert die Garantie.
Je nach Platinendesign und Hersteller gibt es jedoch auch durchgesteckte und im Wellenlötbad erst massiv verlötete Spulen mit zwei soliden Pins. Das machen heute die wenigsten Hersteller, aber vor allem auf günstige Karten (oder älteren) sieht man es immer mal wieder. Diese Spulen sind für ein Verkleben deutlich unempfindlicher und es kann zumindest nicht so viel kaputt gehen, wenn man alles zu einem massiven Block verklebt. Das nachfolgende Bild zeigt die Platinenunterseite samt der durchgesteckten, verlöteten und eingekürzten Anschlüsse.
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