Es gibt immer wieder viele Ungereimtheiten und Unwissen rund um die Spannungswandler einer Grafikkarte und der damit verbundenen Komponenten, sowie der Folgen im praktischen Einsatz. Lästiges „Spulenfiepen“ ist da nur eine Facette, was zudem nicht zwingend auf eine minderwertige Qualität der Spulen zurückzuführen sein muss, sondern oft auch auf die grundlegende Topologie der Verschaltung und der Betriebsparameter. Darüber hinaus wollen (und müssen) wir heute auch einmal mit einer Legendenbildung aufräumen, was die reale Anzahl der Phasen betrifft und worin sich diese von der vorhandenen Anzahl der Regelkreise unterscheidet. Denn auch hier kann eine ungünstige Topologie zu nervigen Geräuschen führen, gegen deren Entstehung die beste Spule nahezu machtlos ist. Hier kommen dann auch noch der liebe Herr Lorentz und die nach ihm benannte Kraft ins Spiel, aber dazu komme ich gleich noch.
Eins muss ich aber noch voranstellen: Das Thema ist hochkomplex und auch nicht ganz einfach für einen Außenstehenden zu durchdringen. Ich habe deshalb versucht, das meiste auf ein allgemeinverständliches Level herunterzubrechen und auch manche weiterführenden Details wegzulassen, die Ingenieure unter Euch mögen mir bitte verzeihen. Und trotzdem sind nicht alle Inhalte einfach zu verstehen, also nehmt Euch bitte etwas Zeit. Auch wenn der eine oder andere Absatz kompliziert klingen mag, man kann auch zwischendurch mal Dinge überspringen.
Der DC/DC Konverter, die Topologie, Spulen und Kondensatoren
Kommen wir zunächst zur Begriffserklärung, die nicht ganz unwichtig ist und dem besseren Verständnis der weiteren Ausführungen dient. Da Gleichspannung nicht effizient direkt transformiert werden kann (Linearregler erzeugen viel zu hohe Verluste), arbeiten die DC/DC-Wandler im Prinzip wie elektronische Schaltnetzteile, allerdings ohne Transformator und somit auch nicht isoliert. Die auf Grafikkarten genutzten DC/DC-Wandler nutzen die Pulsweitenmodulation (PWM) und wandeln die anliegende 12-V-Versorgungsspannung in niedrigere Spannungen, meist zwischen 0,7 bis 1.2 Volt um, je nach Lastverhalten und Taktfrequenz der GPU.
Der Begriff Topologie verweist auf verschiedene Arten von Schaltvorgängen und Kombinationen von Energiespeicherelementen, wobei uns nur die transformatorlosen, nichtisolierte Wandler interessieren, die einen gemeinsamen Stromweg zwischen Eingang und Ausgang nutzen. Uns interessiert heute nur der sogenannte Buck- oder auch Abwärtswandler. Doch keine Angst, so schwer wird das jetzt mit der Theorie nun auch wieder nicht. Für uns wichtig: Im Unterschied zu den bereits kurz erwähnten Linearreglern, die die Verlustleistung komplett in Wärme umsetzen, um die Ausgangsspannung zu beschränken, verwenden DC/DC-Schaltregler die Energiespeicherungseigenschaften von induktiven und kapazitiven Komponenten, um eine Leistung in einzelnen „Portionen“ zu übertragen. Diese Energie-Portionen werden bei einer Grafikkarte überwiegend im Magnetfeld einer Induktivität gespeichert, also den uns so gut bekannten Spulen. Womit wir nun auch wissen, wofür die Dinger im Spannungsregler eigentlich genutzt werden.
Die Wirkungsweise des Buck-Converters
Der Schaltregler stellt übrigens sicher, dass nur die Energie, die für die von der GPU aktuell abgeforderte Last erforderlich ist, in jedes Paket übertragen wird, weshalb diese Topologie sehr effizient ist. Die nachfolgende Zeichnung eines sogenannten Buck-Converters zeigt die stark vereinfachte Struktur eines Schaltreglers, wobei der Schalter symbolisch für die MOSFET-Brücke steht, die vom sogenannten PWM-Controller gesteuert wird, der mindestens eine Phase (wie hier im Bild) erzeugt. Die Verluste sind deutlich niedriger als bei einem Linearregler und die Effizienz der gesamten Schaltung kann zwischen ca. 85% und über 95% liegen, je nach getriebenem Aufwand bei Schaltung und Komponenten.
Betrachten wir nun den Schalter in Form des PWM-gesteuerten Schaltreglers. Durch ihn fließt Strom über einen den kurzzeitig geschlossenen Schalter in einen induktiven Stromkreislauf (unsere so innig geliebten Spulen), der zum Ausgangsstrom führt. Bei Erreichen des gewünschten Spannungswerts (in Abhängigkeit von Takt und Last der GPU) öffnet sich der Schalter am Anfang des Stromkreises und verbraucht so auch nicht viel mehr Strom, als er am Ende wirklich benötigt. Fällt nun der in der Spule (Induktivität) gespeicherte Strom unter ein gewisses Niveau, dann schließt sich der Schalter automatisch wieder und der Kreislauf beginnt von Neuem. Das ist erst einmal die Theorie, bei der der Kondensator C zur Glättung dient. Außerdem lest Ihr das alles auf der übernächsten Seite noch einmal komplett vereinfacht, wenn es um die Spulengeräusche geht.
Um diese gewünschte Energie nun in kontrollierten Mengen vom Eingang zum Ausgang zu übertragen, ist ein sehr kompliziertes Regelungsverfahren notwendig. Die auf der Grafikkarte genutzte Art der Regelung ist PWM (Pulse Width Modulation bzw. Pulsweitenmodulation), bei der die vom Eingang (Ue) zum Ausgang (Ua) zu übertragende Energiemenge durch einen in seiner Breite variablen Impuls in einem festen Zeitintervall moduliert wird. Die relative Einschaltdauer der PWM ist das Verhältnis vom Zeitraum (in dem Energie aus der Quelle fließt) zur Periode T (als Umkehrgröße der Schaltfrequenz). Das soll uns hier erst einmal nicht weiter interessieren, aber wir kommen gleich noch einmal darauf zurück, wenn es um die Verwendung mehrerer Phasen geht.
Was ist eine High- und eine Low-Side?
Die üblichen MOSFETs (also unsere VRM) werden bei der Verwendung als Schalttransistoren meist gesättigt betrieben, wobei da der Drain-Quellen-Widerstand immer am Minimum ist und somit auch die Leistungsverluste im Schalter gering bleiben. Solange die Gate-Spannung wesentlich größer ist als die Schwellenspannung, befindet sich der MOSFET über den ganzen Lastbereich in Sättigung. Wir sehen auf dem unten stehenden Schema, dass sogar zwei MOSFETs vorhanden sind, wobei der eine auf Masse (Niederspannungsseite, Low Side) und der andere auf VIN+ (Hochspannungsseite, High Side) schaltet. Die genaue Wirkungsweise dieser zwei MOSFETs erkläre ich Euch später noch im Detail, wir nehmen den Aufbau an dieser Stelle erst einmal nur zur Kenntnis.
Was aber für die Effizienz wichtig ist, sind die Spielarten des Aufbaus und der Komponenten. Man kann die High- und Low-Side sowie den Gate Treiber diskret aufbauen und braucht so mindestens drei Komponenten. Oft nimmt man für die Low Side noch einen zweiten MOSFET parallel hinzu, um die hohen Ströme besser aufzuteilen und um damit quasi auch den Innenwiderstand zu senken. Ein klassisches Beispiel so einer Low-Cost-Lösung sehen wir im nachfolgenden Bild und ich kann es schon verraten: hier zirpen die Spulen wie durchgeknallte Zikaden auf Extasy.
Packt man all diese Komponenten in ein gemeinsames Package, dann entsteht ein einziger IC als sogenannter DrMOS (Driver + MOSFET). Kommen noch weitere Steuer-Features und ein intelligentes Monitoring wie TMON (Temperatur) und IMON (Strom, MOSFET-DCR) hinzu, entstehen sogar hochkomplexe Smart Power Stages (SPS), mit denen man extrem effiziente Schaltungen aufbauen kann. Der Vorteil liegt aber nicht nur in der sehr hohen Effizienz, sondern auch dem deutlich niedrigeren Platzbedarf so eines Bauteils. Nutzt man nur diskrete Bauelemente und keine SPS, muss man zur Stromüberwachung auf die sogenannte Inductor-DCR zurückgreifen, also eine deutlich ungenauere Strommessung über den induktiven Widerstand der jeweiligen Filterspulen im Ausgangsbereich.

Die Schaltfrequenz des Schaltreglers und die Größe der Spulen
Die Größe der Schalt- und Speicherelemente des Schaltreglers sind stets umgekehrt proportional zur verwendeten Schaltfrequenz. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss auch, dass die in einer Spule gespeicherte Energiemenge proportional zur Frequenz ist. Und das wiederum bedeutet, dass man für eine konstante Energiemenge die Induktivität L einfach halbieren könnte, indem einfach die Frequenz verdoppelt wird. Nur kann man das leider nicht endlos steigern, sonst gibt es hochfrequenten Wellensalat. Daher existiert ein EMV-Kompromiss, der die höchste, noch sinnvoll nutzbare Schaltfrequenz auf ca. 500 kHz beschränkt.
Im Fall unserer Grafikkarten liegen die Schaltfrequenzen meist zwischen 350 und 450 kHz. Da hat jeder Boardpartner so seine eigenen Vorlieben, muss aber auch berücksichtigen, welche Bauelemente vorhanden sind, welche Ströme fließen könnten und wie die Aufteilung und Anzahl der Phasen aussieht. Denn dieses Thema ist hochwichtig und entscheidet auch über die Effizienz der Spannungswandler und das mögliche Entstehen des Spulen-Schnarrens bzw. -Fiepens. Ja, es war bisher etwas viel Theorie, die ich versucht habe, soweit wie möglich zu vereinfachen, nur muss man diese Dinge wirklich wissen. Ohne diese Kenntnisse werden dann wieder vogelwild und fast immer nur auf Verdacht Spulen getauscht und im ungünstigsten Fall richtet man sogar die Grafikkarte hin, trotz vermeintlich besserer Qualität der Bauelemente.
Fakt ist aber, dass diese Bemessungen auch einen gewissen Einfluss auf das Spulengeräusch haben können und es dann im ungünstigsten Fall schon fast egal ist, welcher Güteklasse die verwendeten Spulen entstammen. Eine preiswerte Karte mit auf Kante genähter Spannungsversorgung wird also fast immer sehr hörbar sein, denn irgendwo musste ja gespart werden. Allerdings ist dann der gesamte Block aller Spannungswandler als akustisch missratenes Gesamtkunstwerk zu betrachten.
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