Kühlung Praxis Testberichte Wasserkühlung

Wenn der OEM schludert oder spart – AiO-Kompaktwasserkühlungen mit vorprogrammiertem Verfallsdatum und ein sehr aktuelles Beispiel | Investigativ

Pathologie: Sezieren einer frühzeitig verstorbenen AiO

Kommen wir nun zu unserer AiO zurück. Wir haben zunächst die Schläuche vorsichtig entfernt, um die Kühlflüssigkeit aus dem Radiator samt Pumpe und dem Teil mit den Schläuchen und dem CPU-Wasserblock möglichst verlustfrei aufzufangen. Der Messbecher hier im Bild täuscht etwas, denn es waren nur reichlich 140 ml. Man anhand kann eines Gegenversuches davon ausgehen, das inklusive der obligatorischen Luftblase sicher auch 150 ml hineingepasst hätten. Bei den üblichen Schläuchen verliert man bei einer AiO übrigens 10 bis 15 ml Wasser pro Jahr, wenn das Teil nicht 24/7 läuft. Allein schon deshalb ist eine AiO mit Nachfüllstutzen nie von Nachteil.

Die Flüssigkeit lässt sich bereits anhand der gelblichen Farbe als günstige Ethylenglykolmischung identifizieren, die im Kfz-Bereich so geliebt und sehr günstig verkauft wird. Nun muss man wissen, dass die richtigen Inhibitoren (hier hat jede Firma die Mischung als eine Art Curry-Geheimnis im Giftschrank unter Verschluss) richtig viel Geld kosten. Es könnte nahe liegen, dass man hier aus Kostengründen auf eine günstigere Variante gesetzt hat, aber da wird dann das Gutachten sicher noch weitere Details offenlegen, über die ich erst einmal nicht spekulieren möchte.

Ich schrieb zwar „möglichst verlustfrei“, allerdings ist beim Abziehen der ersten Schlauchs dann doch ein Tropfen der wertvollen Flüssigkeit auf die Rückseite des Radiators getropft. Wir sehen hier bereits ziemlich deutlich, dass die enthaltenen Kristalle dort definitiv einfach nicht hingehören. Bereits der Schlauch (vor allem am Outtake des CPU-Kühlers und dann beim Anschluss am Radiator) war fast komplett zugesetzt. Wasserfluss? Nun ja, etwas war wohl noch da. Aber es hätte sicher nicht mehr lange gedauert, bis das Rohr an der Tülle komplett dicht gewesen wäre.

Dann haben wir natürlich die Coldplate am Kühlerboden abgeschraubt und das Erste, was uns entgegenfiel, waren wieder die hässlichen, ausgefällten Kristalle, die wie übergroße Sandkörner aussahen. Auch hier muss ich für die chemischen Details natürlich noch auf den Laborbericht wurden, aber man sieht bereits, wohin die Reise geht. Falsche oder fehlende Inhibitoren zusammen mit einer möglichen Verunreinigung beim Wasser, über dessen Qualität sicher auch noch etwas in Erfahrung zu bringen sein wird.

Im Übrigen muss noch nicht einmal das Wasser an sich verunreinigt sein, denn bereits bei der Herstellung der billigen Aluminium-Radiatoren wird, wenn man sie den überhaupt vorher spült, meist ungeeignetes und ungereinigtes Leitungswasser genutzt. Dann aber bilden sich bereits im Inneren ungewünschte Salze, die dort nichts zu suchen haben. Ich schrieb ja bereits über lästiges Chlorid. Zumal chinesisches Wasser in Shenzhen in Bezug auf Wasserhärte und Reinheit auch keinen wirklich legendären Ruf besitzt.

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Nimmt man die Jetplate ab, dann sehen wir den Rest des abgelagerten Brösels, der vor allem im Dead-End des Düsenkanals eine neue und dauerhafte Heimat gefunden hat. Da geht auch nichts mehr durch und wir erinnern uns bitte daran, was ich zur heruntergeregelten Pumpe schrieb. genau so etwas ist auch die Folge des zu geringen Durchflusses.

Kommen wir nun abschließend zur Coldplate mit den Mikrokanälen über der CPU. Wir erkennen erneut die Kristalle, die sich hier verhakt haben. Interessanterweise ist es aber kein Schleim, der alles zusetzt, sondern es sind echte und richtig harte Kristalle, so dass wir hier einen kompletten chemischen Zerfall des Glykols erst einmal ausschließen können. Auch das Kupfer sieht noch gut genug aus, um einen potentiell beginnenden Lochfraß vermuten zu können.

Anhand der Kristalle und deren eher weiß-gelblicher Farbe würde ich sogar fast schon das Kupfer als Molekülspender ausschließen, sondern eher auf ausgefälltes Kalzium bzw. Magnesium tippen, was auf schlechtes und zu hartes Wasser als Basis der Kühlflüssigkeit hindeuten könnte. Aber es kann auch Aluminium aus dem Radiator sein, denn bei Kupfer hätte man unter passender Beleuchtung wohl eher einen grünlich-türkisen Farbton. Aber ich bin kein Chemiker und werde das Ganze dann schon dem Labor überlassen. Denn für ein eigenes Urteil fehlen mit das Equipment und die echten Fachkenntnisse eines studierten Laborchemikers. Ich bin ja letztendlich nur Autodidakt und aufmerksamer Beobachter, mehr nicht.

Warten wir also gespannt auf die Fortsetzung, denn das Thema ist wirklich spannend, auch für Open-Loop-Systeme und die Entscheidung, welche Plörre man seinem System antut und welche besser nicht. Namen sind Schall und Rauch und ich oute mich mal als Liebhaber von reinem Osmosewasser ohne weitere Zusätze. Da kann man z.B. aus dem Medizinbedarf bereits hochreines, destilliertes Wasser besorgen, das gar nicht so teuer ist und sich das Ganze mit Hilfe von Wasserfiltern einer Firma mit B am Anfang aus dem Lebensmittelbereich für den Endkunden dann noch zurechtfiltern. Probleme habe ich seitdem keine mehr.

In diesem Sinne, wir bleiben dran, auch am Prozessgeschehen. Und ich kann abschließend nur jedem Produktmanager raten, der für die Erweiterung des Produktportfolios seiner Firma zuständig ist, sich einen etwas teureren OEM mit nachvollziehbarer Reputation und lückenlos guter Bewertung herauszusuchen. Ob man nun für so eine AiO 20 oder 40 USD ab Hongkong zahlt, macht bei einem Endkundenpreis von über 100 Euro das Kraut auch nicht mehr fett. Regel Nummer Eins: RMA is a b1tch!

 

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RedF

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Tippe mal auf Alusalze.

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B
BloodReaver

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Ich kenne die Kristallbildung nur am Korken von Rotwein ;)

Toller Bericht! Meine Alphacool Eisbaer Aurora werkelt immer noch tadellos vor sich hin. Ist ja aber auch erst 1/2 Jahr alt. Ich hoffe das bleibt auch so.

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D
Deleportas

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27 Kommentare 6 Likes

Sehr interessanter Bericht.
Danke dafür!

Dann werde ich heute Abend mal meine Pumpe etwas hoch regeln :)

Zum Glück bin ich vor Jahren auf einen Custom Loop umgestiegen, da kann man zumindest an einigen Stellen auch rein schauen :cool:

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Igor Wallossek

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Turnusmäßige Kontrolle ist völlig ausreichend :)
Traue keiner AiO, die Du nicht selbst befüllt hast!

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hansmuff

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44 Kommentare 27 Likes

Ich benutze AIOs einfach weil die für mich leiser sind als Luftkühlung; dazu will ich sagen, daß mein Rechner so 1-2 Minuten lang alle 5-10 Minuten so richtig angefeuert wird. Mit jeder Luftkühlung habe ich das Problem, daß der Kühlkörper schnell an seine Kapazität kommt, und die Lüfter dann reinhauen müssen, und das habe ich mit AIO halt nicht, da dauert's wesentlich länger bis die Lüfter sich drum kümmern müssen. Dieses Aufbrausen der Lüfter hasse ich wie die Pest.

Aber naja, mein erster AIO von Corsair kackte nach 3 Jahren ab, der war $120. Neueres Modell gekauft, $150. Läuft jetzt seit 2 Jahren sehr gut, aber ich mach' mir auch nichts vor, ewig lebt das wohl auch nicht.

Ist dann halt eine Wahl: (1) Immer neue AIOs kaufen nach 3-5 Jahren (2) Luftkühler und mehr Lärm (3) selbstgebaute Wasserkühlung.

Ich bin für (1) weil ich keine Zeit habe, (3) wenn ich mal Zeit have. Lärm geht mir sehr auf den Senkel.

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I
Irrer Pinguin

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Kurz vorweg, ich bin ein totaler Laie was Wasserkühlungen im PC betrifft.

Meine Frage ist: Gibt es eine Ölkühlung, abgesehen von der Tauchbadkühlung, für Computer?

Ja die Spezifische Wärmekapazität von ÖL ist nur halb so hoch wie die von Wasser und müsste deswegen als größerer Volumenstrom durch die Wärmetauscher fließen.
Größere Kanäle in den Wärmetauschern wären, durch die höhere Viskosität des ÖLs, auch von nöten.
Trotz dieser, nicht unerheblichen, Nachteile, hätte man ein system, welches deutlich wartungsärmer als eine WaKü wäre, da Ausfällung, Kristallbildung und Korrosion sehr unwahrscheinlich bis zu nicht vorhanden wären.
Ein weiterer kleiner Vorteil ist, dass bei einem Leck kein Kurzschluss entstehen kann.

Mir ist bewusst, dass man nicht einfach ÖL in eine WaKü kippen kann, das müsste schon ein eigenständiges System sein.

Grüße gehen raus und allen eine schöne Restwoche.

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G
Guest

@Irrer Pinguin
Steht in keinem vernünftig nutzbaren Verhältnis, wenn man Öl (gibt es ja auch in sehr dünnflüssig....kennst du auch = Diesel ) nehmen würde.

Will nicht zu pedantisch erscheinen, aber es ist sehr selten noch richtiges Eisen (=Element) zu bekommen. (Abschirmungen, Restauration, Chemie usw)
Eigentlich ist fast alles eine Legierung = Stahl ( alles über 0,5% Legierung nach Verhüttung), oder?
@Igor Wallossek

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LEIV

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1,545 Kommentare 623 Likes

Hätte ich meine Pure Loop nicht vor nem halben Jahr entsorgt, wäre es mal interessant gewesen das mal mit richtig dünnflüssigem Öl zu testen 🤔

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I
Irrer Pinguin

Neuling

5 Kommentare 3 Likes

Das wäre mal tatsächlich interessnnt gewesen. Auch wenn ich glaube, dass die Werte echt schlecht gewesen wären. Bzw, könnte die pumpe das vielleicht gar nicht bewältigen.

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G
Guest

Gibt ja kaum eine leicht zu beschaffende Flüssigkeit mit dermassen hohen Wärmekapazität (Koeffizienten) wie Wasser.

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P
Phelan

Veteran

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https://www.silentmaxx.de/lautlose-PC/?force_sid=38dq4cc5hdnou62e6fubap3kvc

Leise / Lautlos geht auch ohne Wasserkühlung, auch als Highend oder Gaming PC mit ner 3080 :)

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S
Stormfirebird

Mitglied

41 Kommentare 13 Likes

Das ist jetzt nicht zufällig eine dieser schicken MSI Coreliquid mit nem R hinten? Da gabs im CB Forum schon den ein oder anderen Thread wo sich über Temperaturen gewundert wurde.

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FfFCMAD

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Ich hoffe das das bei meiner AIO nicht so kommt. Die ist erweiterbar und nutzt nur Kupfer + Destilliertes Wasser. Ist von Alphacool, die Eisbaer Aurora. Einzig die Verbindungsstutzen fuer die Schlauche machen mir Sorgen. (Habe nicht geprueft ob die komplett aus Kupfer sind) Ich hoffe, ja, das bei diesen nachgekauften Stutzen kein Alu mit dabei war... Ich habe auch beim zweiten Radiator darauf geachtet, einen aus Kupfer zu nehmen. Denn ich habe keine Lust, das da irgendein Teil Opferanode spielt.

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Igor Wallossek

1

10,198 Kommentare 18,814 Likes

Ich habe hier die Eisbär Pro sogar noch als Prototypen im Einsatz - da ist Nullkommanichts dran. Sauber wie im Krankenhaus. :D

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Snipe

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Ich habe eine Eisbär 280er -ich hoffe die lässt mich nicht im stich.
Seit 3 Monaten im Einsatz und bin sehr zufrieden :)

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FfFCMAD

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670 Kommentare 174 Likes

Ich kuehle aktuell einen 10900x mit auf 250Watt angehobener maximalen TDP, vorher einen leicht uebertakteten x5675. Die Dinger performen fuer die kleine Pumpe echt gut. Meine ist nun etwa ein Jahr alt. Ich hoffe die macht noch ein paar Jahre. Und ich hab sie gekauft, weil Igor gesagt hat, die ist gut xD

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Alphacool

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@Snipe
Wenn was sein sollte -> [email protected]
Egal wo du die gekauft hast.

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M
MHoppe

Mitglied

27 Kommentare 9 Likes

Ich hoffe das mir sowas mit meiner Eisbär Extreme, erweitert um einen 420er Radiator, auch erspart bleibt. Befüllt mit einer popelig klären Flüssigkeit ohne Farbspielerei der gleichen Firma (auf Rückfrage was denn vorbeifüllt ist) und TPV Schlauch.

Entgegen der Tests im Netz höre ich die Pumpe bis 75% kaum aus meinem Rechner heraus da fast alle Lüfter auf 1000U/Min lauter sind

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S
Staarfury

Veteran

257 Kommentare 206 Likes

Ich kann mir ganz ehrlich nicht vorstellen, wie die 600+ Watt Leistung passiv loswerden wollen.
Und irgendwie finde ich auch 0 Informationen oder Tests zu den Produkten.

Hast du denn Erfahrungen mit den Produkten?

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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