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Wenn der OEM schludert oder spart – AiO-Kompaktwasserkühlungen mit vorprogrammiertem Verfallsdatum und ein sehr aktuelles Beispiel | Investigativ

Was ist eigentlich Korrosion?

Jetzt muss erst einmal der Erklärbär ran. Einfach ausgedrückt: Korrosion ist die chemische oder elektrochemische Reaktion zwischen zwei (oder mehr) unterschiedlichen Materialien, in der Regel also einem Metall und dessen Umgebung, die zu einer Verschlechterung des Metalls und seiner Eigenschaften führt. Man muss allerdings bereits an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es sowohl eine chemische Korrosion, eine elektrochemische als auch eine galvanische Korrosion gibt. Die Korrosion von metallischen Komponenten ist ein inhärentes Problem für alle Wasser- und Wasser/Glykol-basierten Kühlsysteme, da viele Metalle von Natur aus dazu neigen, in Gegenwart von Wasser zu oxidieren. Im Falle unserer AiO ist es wohl sogar eine Mischung aus mehreren Faktoren.

Der im Wasser gelöste Sauerstoff beschleunigt die meisten Korrosionsprozesse, auch das ist sicher allgemein bekannt. In Systemen mit geschlossenem Kreislauf wie einer AiO wird der gelöste Sauerstoff allerdings (zumindest in der Theorie) mit der Zeit verbraucht und stellt dann kein Korrosionsrisiko mehr dar. Allerdings sind auch Schläuche erst einmal keine 100%-ige Garantie und die obligatorische Luftblase zum Druckausgleich tut dann ihr übriges.

Korrosion wird in der Regel entweder als allgemeine oder als örtliche Korrosion klassifiziert. Allgemeine Korrosion ist der gleichmäßig über die gesamte Oberfläche verteilte Verlust von Metall. Sie führt aber in der Regel nicht zu einem schnellen Ausfall des Systems, da die Geschwindigkeit des Metallverlustes sehr gering ist. Die örtliche Korrosion hingegen ist nicht so einfach vorhersehbar. Lochfraß ist bei neuern AiO in der Regel kein Thema, wohl aber die sogenannte Kavitation, die immer dann auftritt, wenn sich Dampftaschen in einer Flüssigkeit bilden und der lokale Druck in der Nähe der Metalloberfläche unter den Dampfdruck der Flüssigkeit fällt. Wenn diese Dampfblasen kollabieren oder implodieren, erzeugen sie große Mengen an Energie. Dies führt dann auch schon mal zu Beschädigungen an den Pumpen, einhergehend mir einer Geräuschentwicklung und Verringerung der Pumpeneffizienz.

© igorsLAB

 

Mögliche Korrosionsprobleme

Korrosion kann zu vielen Problemen führen. Bei den AiO ist es meist eine verringerte Wärmeübertragung durch Oberflächenverzunderung, die immer dann auftritt, wenn Metall mit Sauerstoff, Chlorid und/oder Inhibitoren im Kühlmittel reagiert und sich an der Metalloberfläche abscheidet, wodurch eine Schicht entsteht, die als Wärmeübertragungsbarriere wirkt. Außerdem besteht die Gefahr, dass Zuleitungen oder Mikrokanäle verstopfen und Dichtungen schaden nehmen.

Wenn Kupfer in einer AiO korrodiert, dann wird es häufiger durch allgemeine Korrosion als durch Lochfraß geschädigt, denn diese greift oft Kupfer an, das Ammoniak, Sauerstoff oder Flüssigkeiten mit hohem Schwefelgehalt ausgesetzt ist oder wenn sich in der verwendeten Kühlflüssigkeit gelöste Salze wie beispielsweise Chloride, Sulfate und Bikarbonate befinden. Doch auch Radiatoren und andere mechanische Teile können betroffen sein. Im Gegensatz zum Kupfer ist bei Aluminium der Lochfraß die häufigste Form der Korrosion.

Dieser Lochfraß wird in der Regel durch die Anwesenheit von Halogenidionen verursacht, von denen Chlorid (Cl-) in Flüssigkeitskühlkreisläufen am häufigsten vorkommt. Man nutzt deshalb zwingend einen passenden Inhibitor, wenn Wasser zusammen mit Aluminium verwendet wird, um eine saubere Wärmeübertragungsoberfläche zu erhalten. Fehlt dieser, leiden vor allem die Radiatoren auf längere Sicht. Hier werden die Schäden an der Oberfläche aber nur sehr spät wirklich sichtbar, denn es spielt sich ja im inneren ab und ändert erst einmal die Temperaturen nicht so extrem.

Wir sehen, es gibt in einer AiO zwei parallel voneinander wirkende Dinge: die allgemeine Korrosion des Kupfers einschließlich der entstehenden Ausflockungen bis hin zu verstopfenden Kristallen und die Oberflächenkorrosion des Aluminiums in den Radiatoren bis hin zum echten Lochfraß in den Kanälen.

 

Unterschätzte Zeitbombe: ungehemmtes Ethylenglykol

Studien haben bewiesen, dass ungehemmtes Ethylenglykol in Gegenwart von Wärme, Sauerstoff und gängigen Kühlsystemmetallen wie Kupfer und Aluminium längerfristig in fünf organische Säuren zerfällt – Glykolsäure, Glyoxylsäure, Ameisensäure, Kohlensäure und Oxalsäure. Kupfer und Aluminium wirken in Gegenwart von ungehemmtem Ethylenglykol dabei noch als als ungeahnter Katalysator. Diese organischen Säuren greifen dann Kupfer und Aluminium unter extremen Bedingungen schon innerhalb weniger Wochen oder Monate an, wenn es zu höheren Temperaturen (Cold-Plate) und Sauerstoffeintritt (Restluft, Luftblase im Radiator) kommt. Die Folge sind metallorganische Verbindungen in der Flüssigkeit, die zum Verstopfen von Leitungen, Pumpen und Mikrokanälen führen können.

© igorsLAB

Es wird sehr oft angenommen, dass Kupfer und Aluminium mit Ethylenglykol in unverdünnter Form verträglich sind, nur beruht dieser weit verbreitete Irrtum fast immer auf Kurzzeitstudien zur chemischen Verträglichkeit verschiedener Metalle bei unterschiedlichen Temperaturen. Die Langzeiterfahrung zeigt aber, dass ungehemmtes Ethylenglykol unter extremen Bedingungen wie in einer AiO in der Regel nach Wochen oder Monaten ebenfalls zu zerfallen beginnt und dann die Korrosion freien Lauf nimmt. Firmen wie Asetek hatten solche und ähnliche Probleme bei den ersten H60 von Corsair schon vor Jahren, dies aber mittlerweile im Griff. Apaltek scheinbar noch nicht.

 

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RedF

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4,600 Kommentare 2,521 Likes

Tippe mal auf Alusalze.

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B
BloodReaver

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56 Kommentare 20 Likes

Ich kenne die Kristallbildung nur am Korken von Rotwein ;)

Toller Bericht! Meine Alphacool Eisbaer Aurora werkelt immer noch tadellos vor sich hin. Ist ja aber auch erst 1/2 Jahr alt. Ich hoffe das bleibt auch so.

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D
Deleportas

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27 Kommentare 6 Likes

Sehr interessanter Bericht.
Danke dafür!

Dann werde ich heute Abend mal meine Pumpe etwas hoch regeln :)

Zum Glück bin ich vor Jahren auf einen Custom Loop umgestiegen, da kann man zumindest an einigen Stellen auch rein schauen :cool:

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Igor Wallossek

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Turnusmäßige Kontrolle ist völlig ausreichend :)
Traue keiner AiO, die Du nicht selbst befüllt hast!

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hansmuff

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37 Kommentare 23 Likes

Ich benutze AIOs einfach weil die für mich leiser sind als Luftkühlung; dazu will ich sagen, daß mein Rechner so 1-2 Minuten lang alle 5-10 Minuten so richtig angefeuert wird. Mit jeder Luftkühlung habe ich das Problem, daß der Kühlkörper schnell an seine Kapazität kommt, und die Lüfter dann reinhauen müssen, und das habe ich mit AIO halt nicht, da dauert's wesentlich länger bis die Lüfter sich drum kümmern müssen. Dieses Aufbrausen der Lüfter hasse ich wie die Pest.

Aber naja, mein erster AIO von Corsair kackte nach 3 Jahren ab, der war $120. Neueres Modell gekauft, $150. Läuft jetzt seit 2 Jahren sehr gut, aber ich mach' mir auch nichts vor, ewig lebt das wohl auch nicht.

Ist dann halt eine Wahl: (1) Immer neue AIOs kaufen nach 3-5 Jahren (2) Luftkühler und mehr Lärm (3) selbstgebaute Wasserkühlung.

Ich bin für (1) weil ich keine Zeit habe, (3) wenn ich mal Zeit have. Lärm geht mir sehr auf den Senkel.

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I
Irrer Pinguin

Neuling

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Kurz vorweg, ich bin ein totaler Laie was Wasserkühlungen im PC betrifft.

Meine Frage ist: Gibt es eine Ölkühlung, abgesehen von der Tauchbadkühlung, für Computer?

Ja die Spezifische Wärmekapazität von ÖL ist nur halb so hoch wie die von Wasser und müsste deswegen als größerer Volumenstrom durch die Wärmetauscher fließen.
Größere Kanäle in den Wärmetauschern wären, durch die höhere Viskosität des ÖLs, auch von nöten.
Trotz dieser, nicht unerheblichen, Nachteile, hätte man ein system, welches deutlich wartungsärmer als eine WaKü wäre, da Ausfällung, Kristallbildung und Korrosion sehr unwahrscheinlich bis zu nicht vorhanden wären.
Ein weiterer kleiner Vorteil ist, dass bei einem Leck kein Kurzschluss entstehen kann.

Mir ist bewusst, dass man nicht einfach ÖL in eine WaKü kippen kann, das müsste schon ein eigenständiges System sein.

Grüße gehen raus und allen eine schöne Restwoche.

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G
Guest

@Irrer Pinguin
Steht in keinem vernünftig nutzbaren Verhältnis, wenn man Öl (gibt es ja auch in sehr dünnflüssig....kennst du auch = Diesel ) nehmen würde.

Will nicht zu pedantisch erscheinen, aber es ist sehr selten noch richtiges Eisen (=Element) zu bekommen. (Abschirmungen, Restauration, Chemie usw)
Eigentlich ist fast alles eine Legierung = Stahl ( alles über 0,5% Legierung nach Verhüttung), oder?
@Igor Wallossek

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LEIV

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1,542 Kommentare 620 Likes

Hätte ich meine Pure Loop nicht vor nem halben Jahr entsorgt, wäre es mal interessant gewesen das mal mit richtig dünnflüssigem Öl zu testen 🤔

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I
Irrer Pinguin

Neuling

5 Kommentare 3 Likes

Das wäre mal tatsächlich interessnnt gewesen. Auch wenn ich glaube, dass die Werte echt schlecht gewesen wären. Bzw, könnte die pumpe das vielleicht gar nicht bewältigen.

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G
Guest

Gibt ja kaum eine leicht zu beschaffende Flüssigkeit mit dermassen hohen Wärmekapazität (Koeffizienten) wie Wasser.

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P
Phelan

Veteran

189 Kommentare 171 Likes

https://www.silentmaxx.de/lautlose-PC/?force_sid=38dq4cc5hdnou62e6fubap3kvc

Leise / Lautlos geht auch ohne Wasserkühlung, auch als Highend oder Gaming PC mit ner 3080 :)

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S
Stormfirebird

Mitglied

40 Kommentare 13 Likes

Das ist jetzt nicht zufällig eine dieser schicken MSI Coreliquid mit nem R hinten? Da gabs im CB Forum schon den ein oder anderen Thread wo sich über Temperaturen gewundert wurde.

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FfFCMAD

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Ich hoffe das das bei meiner AIO nicht so kommt. Die ist erweiterbar und nutzt nur Kupfer + Destilliertes Wasser. Ist von Alphacool, die Eisbaer Aurora. Einzig die Verbindungsstutzen fuer die Schlauche machen mir Sorgen. (Habe nicht geprueft ob die komplett aus Kupfer sind) Ich hoffe, ja, das bei diesen nachgekauften Stutzen kein Alu mit dabei war... Ich habe auch beim zweiten Radiator darauf geachtet, einen aus Kupfer zu nehmen. Denn ich habe keine Lust, das da irgendein Teil Opferanode spielt.

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Igor Wallossek

1

10,104 Kommentare 18,589 Likes

Ich habe hier die Eisbär Pro sogar noch als Prototypen im Einsatz - da ist Nullkommanichts dran. Sauber wie im Krankenhaus. :D

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Snipe

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Ich habe eine Eisbär 280er -ich hoffe die lässt mich nicht im stich.
Seit 3 Monaten im Einsatz und bin sehr zufrieden :)

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FfFCMAD

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663 Kommentare 170 Likes

Ich kuehle aktuell einen 10900x mit auf 250Watt angehobener maximalen TDP, vorher einen leicht uebertakteten x5675. Die Dinger performen fuer die kleine Pumpe echt gut. Meine ist nun etwa ein Jahr alt. Ich hoffe die macht noch ein paar Jahre. Und ich hab sie gekauft, weil Igor gesagt hat, die ist gut xD

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Alphacool

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@Snipe
Wenn was sein sollte -> [email protected]
Egal wo du die gekauft hast.

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M
MHoppe

Mitglied

26 Kommentare 9 Likes

Ich hoffe das mir sowas mit meiner Eisbär Extreme, erweitert um einen 420er Radiator, auch erspart bleibt. Befüllt mit einer popelig klären Flüssigkeit ohne Farbspielerei der gleichen Firma (auf Rückfrage was denn vorbeifüllt ist) und TPV Schlauch.

Entgegen der Tests im Netz höre ich die Pumpe bis 75% kaum aus meinem Rechner heraus da fast alle Lüfter auf 1000U/Min lauter sind

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S
Staarfury

Veteran

257 Kommentare 206 Likes

Ich kann mir ganz ehrlich nicht vorstellen, wie die 600+ Watt Leistung passiv loswerden wollen.
Und irgendwie finde ich auch 0 Informationen oder Tests zu den Produkten.

Hast du denn Erfahrungen mit den Produkten?

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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