Es wäre sicher ungerecht und gehässig, würde man AMD, wie schon bei der Vega Frontier Edition, einfach unterstellen, dass man alles, was es beim Gaming nicht auf die Spitzenplätze schafft, einfach als Produktiv-Hardware für den sogenannten Prosumer (oft auch Content Creator genannt) deklariert und sich dann in einer neu geschaffenen Nische einfach auf dem selbst kreierten Spitzenplatz sonnt.
Am Ende steckt nämlich durchaus Kalkül und Methode hinter der aktuellen Strategie, auch wenn man es vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennt, obwohl die ganze Architektur in sich durchaus sehr schlüssig ist. Das Leben besteht nun mal nicht nur aus Gaming, aber eben auch. Ryzen Threadripper ist somit eigentlich eine Art Wanderer zwischen den Welten, was definitiv nicht ohne Charme ist.
All diejenigen nämlich, die nicht (nur) spielen, erhalten zusammen mit der X399-Platform eine recht performante Arbeitsumgebung geboten, die in ihrer Mixtur kaum Wünsche offenlässt. Noch nicht einmal beim Preis, was aber nicht heißt, dass sich AMD unter dem selbigen verkaufen muss. Dass Intel hier mittlerweile reagiert hat, zeigt einmal mehr, wie ernst man die aktuelle Prozessorfamile nehmen kann, ja sogar muss.
Die ganze Euphorie über die Kernschwemme bedeutet aber auch nicht, dass man die Ryzen Threadripper nun uneingeschränkt jedermann empfehlen könnte. Der Nur-Gamer, der als Enthusiast von früh bis spät auf der Jagd nach den allerhöchsten FPS-Werten ist und dabei auch nicht aufs Geld schauen muss, wird enttäuscht in die Tischkante beißen, denn genau das bieten die Ryzen Threadripper nun mal nicht.
Konzeption, Architektur und Positionierung stehen dem eisenhart entgegen. Was uns aber auch deutlich zeigt, dass aktuelle Spiele, zumindest was die CPU betrifft, immer noch weit hinter den aktuellen technischen Möglichkeiten hinterherhinken. Die fast ausschließliche Fixierung auf Grafikkarten mag einer der Gründe sein, der nötige Aufwand, Engines komplett neu zu konzipieren und dabei doch massenkompatibel zu bleiben, ein anderer.
Womit wir bei unserer Einschätzung angelangt wären. Ryzen Threadripper kann nämlich eines richtig gut: arbeiten. Wenn es auf viele möglichst parallel abzuarbeitende Aufgaben ankommt, seien es Video-Encoding oder das Rendern fotorealistischer Inhalte, dann ist Ryzen Threadripper allererste Wahl, wenn die genutzte Applikation nicht gerade komplett auf Intel-Besonderheiten hin fixiert ist und auch so kompiliert wurde. Und wenn dann noch mehrere Anwendungen parallel laufen müssen? Umso besser, denn exakt dann laufen beide Ryzen Threadripper zur Hochform auf.
Wir haben im Eigenversuch Mafia 3 auf 4K gespielt, gleichzeitig ein ellenlanges 4K-Video mit Adobes Media Encoder neu enkodiert und nebenbei noch eine virtuelle Maschine laufen lassen, auf die wir per Remote-Desktop zugreifen konnten. Ging alles mehr oder weniger problemlos! Und genau in so einem Moment erschließt sich einem dann auch der Sinn oder Unsinn einer solchen CPU. Allerdings auch nur dann.
Und genau diese Einschränkung ist es, die uns den Award speziell für die Zielgruppe der selbsterklärten Multitasker vergeben lässt, denn nur diese werden auch verstehen können, welche Wünsche Ryzen Threadripper erfüllen kann. Reine Nur-Gamer werden hier nicht fündig, aber das sollen sie ja eigentlich auch gar nicht. Lastesel vs. Stadtflitzer oder Rennwagen – das Leben in Kategorien kann eigentlich ganz einfach sein. Zumal auch noch der Preis stimmt.
Die 1000 Euro für den Ryzen Threadripper 1950X als echten 16-Kerner sind eine Kampfansage an Intel und auch an das innere Ich mit dem Haben-Wollen-Suchtfaktor, der alle finanziellen Bedenken mit einer Geste von Nonchalance abbügelt. Doch auch der etwas höher taktende Ryzen Threadripper 1920X mit den verbliebenen 12 Kernen wird für die kolportieren 800 Euro sicher seine Abnehmer finden. Somit trennt zusätzlich der Preis die Masse der Spieler von der Masse an Kernen und Threads, wobei kaum aktuelle Spiele von einem derartigen Ausbau profitieren können. So gesehen hat AMD also vieles richtig und kaum etwas falsch gemacht. Glückwunsch!
- 1 - Einführung und Testsystem
- 2 - Game vs. Creator Mode: Was ist was?
- 3 - VRMark, 3DMark Fire Strike, Time Spy, API Overhead
- 4 - Civilization VI (DX12)
- 5 - Warhammer 40K: Dawn of War III (DX11)
- 6 - Grand Theft Auto V (DX11)
- 7 - Hitman 2016 (DX12)
- 8 - Ashes of the Singularity: Escalation (DX12)
- 9 - Battlefield 1 (DX11)
- 10 - Middle-earth: Shadow of Mordor (DX11)
- 11 - Project Cars (DX12)
- 12 - Far Cry Primal (DX11)
- 13 - Rise of the Tomb Raider (DX11)
- 14 - The Witcher 3: Wild Hunt (DX11)
- 15 - DTP, Office, Multimedia und Kompression
- 16 - Workstation 2D- und 3D-Performance
- 17 - CPU-Computing und Rendering
- 18 - Wissenschaftlich-technische Berechnungen und HPC
- 19 - Übertaktung, Kühlung und Temperaturen
- 20 - Leistungsaufnahme
- 21 - Zusammenfassung und Fazit
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