Bereits Ende letzten Jahres konnten wir die Vega64 in ihrer ersten Form bestaunen und seitdem fütterte uns der Hersteller (und damit auch die Leser, sowie die potentiellen Kunden) immer wieder mit kleinen Informationshäppchen und Verlautbarungen zum neuen Chip, wurde jedoch nie wirklich konkret.
Das Problem an der ganzen Sache ist, dass gerade dadurch eine fast schon übersteigerte Erwartungshaltung aufgebaut wird, die man am Ende wohl nur selten befriedigen kann und einem die Geschichte irgendwann dann einfach aus den Händen gleitet und vielleicht sogar auf die Füße fällt. Eigendynamik kann unbeherrschbar sein.
Man kann den Spannungsbogen nämlich auch überdehnen und damit ein an sich innovatives und wirklich interessantes Produkt fast schon vernichten, indem man einfach zu viel Zeit verstreichen lässt, in der man den eigenen Zielen hinterherrennt, ohne sie einholen zu können. Natürlich steht es uns nicht zu, AMD für die Produktpolitik zu kritisieren, denn die wahren Gründe kennt wohl nur der Hersteller selbst. Aber für einen Außenstehenden war und ist es nun mal nur schwer nachvollziehbar.
Warum wir bei dieser Einführung nun so weit ausholen? Wir haben einfach überlegt, wie wir fair mit einem Produkt umgehen können, das eigentlich ein Jahr zu spät am Markt erscheint. Lieber spät als nie wäre natürlich auch eine Erklärung, aber das wäre wohl zu kurz gesprungen. Was war nicht alles in den Foren diskutiert worden. Da war die Rede von Wunder-Treibern, finalen BIOSen, nicht freigeschalteten Funktionen (Binning Rasterizer) und vielem mehr. Spekulatius ist aber eher etwas für Weihnachten und wir haben jetzt erst Spätsommer.
Deshalb tun wir einfach erst einmal so, als wäre es jetzt Ende 2016 und die Vega64 läge noch voll im Zeitplan. Die Vega FE wurde gerade gelauncht und hat auf dem Markt der Prosumer und Content-Produzenten eine echte Nische aufgerissen. Dem ist ja auch so, wie man unserem Test zur Vega Frontier Edition entnehmen kann. Deshalb schweifen wir jetzt auch nicht weiter ab, sondern konzentrieren uns endlich auf das Wesentliche.
Uns erreichte letzte Woche nämlich ein interessantes Paket mit umfangreichem Inhalt, einschließlich diverser Dreingaben in Form eines Würfels mit Radeon-Hologramm, eines Radeon Vega Bändchens, diverser Sticker und eines Packages mit Interposer, Chip und HBM2. Verpackungstechnisch hat AMD mittlerweile echt aufgerüstet und auch wenn es sich nur um eine limitierte Ausgabe für Medien und Edel-Partner handelt – sie macht schon etwas her.
Da unser Schwerpunkt aber nicht auf der Beurteilung von Aufmachungen und Verpackungen oder dem Aufmachen selbiger liegt (dafür gibt es YouTube), werden wir versuchen, möglichst sachlich an die folgenden Tests heranzugehen, denn nur so kann man einem Produkt wirklich fair begegnen. Wir werden deshalb die Schwerpunkte erneut auf die Theorie hinter dem Chip, die technische Umsetzung von Platine und Kühler, sowie diesmal auch die Gaming-Performance legen. Genaue Analysen der Leistungsaufnahme und die professionelle Messung der Temperaturen und Geräuschemissionen sind natürlich auch mit dabei.
Zur Kühlung, der Übertaktung und einigen weiteren Features werden wir in einem zeitnah folgenden Follow-Up mit dem Wasserkühlungsumbau noch weitere Tests realisieren, denn die Unterschiede vieler Settings ließen sich mit dem aktuellen Luftkühler kaum bzw. nur unzureichend abbilden bzw. beurteilen. Deshalb an dieser Stelle schon mal ein Teaser auf Kommendes.
Anders sieht es bei der Vega56 aus. Da es AMD ganz offensichtlich noch nicht einmal geschafft hat, alle Redaktionen gleichermaßen und paritätisch mit Samples zu versehen, müssen wir diesbezüglich leider alle Antworten offen lassen. Mangels Hardware wird es aktuell also keinen Test geben, so viel bereits vorab. Ob dies jetzt bereits die möglicherweise ebenfalls eingeschränkte Verfügbarkeit im Handel wiederspiegelt, kann an dieser Stelle noch nicht beantwortet werden.
Optik, Haptik und Anschlüsse
Die immerhin 1066 Gramm schwere Karte (16 Gramm mehr als die Frontier Edition) ist 26,8 cm lang (ab Außenkante Slot-Blende bis Ende Gehäuse), 10,5 cm hoch (ab Oberkante Mainboard-Slot bis Oberkante Gehäuse) und 3,8 cm tief. Damit ist es eine echte Dual-Slot-Karte, auch wenn die Backplate noch einmal ca. 0,4 cm auf der Rückseite benötigt.
Gehäuseabdeckung und Backplate sind aus schwarz eloxiertem Aluminium, welches sich wertig und kühl anfasst. Die Oberflächenstruktur des Deckels wurde einfach per Kaltverformung vor dem Eloxieren realisiert. Alle Schrauben sind mattschwarz lackiert. Nur das aufgedruckte, rote Radeon-Logo an der Front hebt sich farblich deutlich ab.
Die Oberseite ist geprägt von den beiden 8-Pin PCIe-Spannunsgversorgungs-Anschlüssen, sowie dem beleuchteten, roten Radeon-Logo. Außerdem finden wir einen BIOS-Umschalter, der auf ein BIOS mit deutlich niedriger Leistungsaufnahme zugreifen lässt. Leiser, kühler und natürlich auch etwas langsamer. Zusammen mit den drei neuen Modi im Wattman “Turbo” (max. Power Limit), “Balanced” (Standardvorgabe) und “Power Saver” (min. Power Limit) ergeben sich so mehrere Variationsmöglichkeiten, auf die wir später noch eingehen werden.
Das Kartenende ist geschlossen und am Rahmen findet man die bei Workstation-Karten üblichen Löcher fürs Mounting. Die mattschwarz pulverbeschichtete Slot-Blende beherbergt drei DP-Anschlüsse und einen HDMI-2.0. Auf einen DVI-I hat man aus strömungstechnischen Gründen cleverer Weise verzichtet, denn die Blende ist gleichzeitig ja der Auslass der warmen Abluft aus dem Kühlsystem.
Modell | Radeon Vega64 |
Radeon Vega FE |
Radeon R9 Fury X |
Geforce GTX 1080 |
Geforce GTX 1080 Ti |
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GPU | Vega 10 XTX | Vega 10 XTX | Fiji XT | GP104 (400-A1) |
GP102 (350-K1-A1) |
Chipgröße | 484 mm² | 484 mm² | 596 mm² | 471 mm² | 471 mm² |
Transistoren | 12.5 Mrd. | 12.5 Mrd. | 8.9 Mrd. | 12 Mrd. | 12 Mrd. |
GPU-Basistakt/ Boost-Takt |
1406 MHz 1677 MHz |
1138 MHz 1382 MHz |
k.A. 1050 MHz |
1480 MHz 1582 MHz |
1480 MHz 1582 MHz |
Shader/SIMD | 4096/64 | 4096/64 | 4096/64 | 3840/30 | 3584/28 |
Textur-Einheiten/ROPS |
256/64 | 256/64 | 256/64 | 240/96 | 224/88 |
Pixel-Füllrate |
98,9 GPix/s | 88,4 GPix/s | 67,2 GPix/s | 151,9 GPix/s | 141,7 GPix/s |
Textur-Füllrate | 395,8 GTex/s | 353,8 GTex/s | 268,8 GTex/s | 379,7 GTex/s | 354,1 GTex/s |
Speicheranbindung | 2048 Bit | 2048 Bit | 4096 Bit | 384 Bit | 352 Bit |
Speichertyp | HBM2 | HBM2 | HBM | GDDR5X | GDDR5X |
Speicherbandbreite |
483,8 GB/s | 483,8 GB/s | 512,0 GB/s | 547,6 GB/s | 484,0 GB/s |
Geschw. Grafikspeicher |
1,89 Gbps | 1,89 Gbps | 1,0 Gbps | 11,4 Gbps | 11,0 Gbps |
Speicherausbau |
8 GB | 16 GB | 4 GB | 12 GB | 11 GB |
DX12 Feature-Level | 12_1 | 12_1 | 12_0 | 12_1 | 12_1 |
PCIe-Buchsen | 2 × 8-Pin | 2 × 8-Pin | 2 × 8-Pin | 6 + 8-Pin | 6 + 8-Pin |
TBP | 295 Watt | 300 Watt | 275 Watt | <250 Watt | <250 Watt |
Testsystem und Messmethoden
Das neue Testsystem und die -methodik haben wir im Grundlagenartikel “So testen wir Grafikkarten, Stand Februar 2017” (Englisch: “How We Test Graphics Cards“) bereits sehr ausführlich beschrieben und verweisen deshalb der Einfachheit halber jetzt nur noch auf diese detaillierte Schilderung. Wer also alles noch einmal ganz genau nachlesen möchte, ist dazu gern eingeladen. Allerdings haben wir CPU und Kühlung erneut verbessert, um für diese schnelle Karte mögliche CPU-Flaschenhälse weitgehend auszuschließen.
Interessierten bietet die Zusammenfassung in Tabellenform schnell noch einen kurzen Überblick:
Testsysteme und Messräume | |
---|---|
Hardware: |
Intel Core i7-6900K @4,3 GHz MSI X99S XPower Gaming Titanium Corsair Vengeance DDR4-3200 1x 1 TByte Toshiba OCZ RD400 (M.2, System SSD) 2x 960 GByte Toshiba OCZ TR150 (Storage, Images) Be Quiet Dark Power Pro 11, 850-Watt-Netzteil |
Kühlung: |
Alphacool Eisblock XPX Alphacool Eiszeit 2000 Chiller 2x Be Quiet! Silent Wings 3 PWM (Closed Case Simulation) Thermal Grizzly Kryonaut (für Kühlerwechsel) |
Gehäuse: |
Lian Li PC-T70 mit Erweiterungskit und Modifikationen Modi: Open Benchtable, Closed Case |
Monitor: | Eizo EV3237-BK |
Leistungsaufnahme: |
berührungslose Gleichstrommessung am PCIe-Slot (Riser-Card) berührungslose Gleichstrommessung an der externen PCIe-Stromversorgung direkte Spannungsmessung an den jeweiligen Zuführungen und am Netzteil 2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz Mehrkanal-Oszillograph mit Speicherfunktion 4x Rohde & Schwarz HZO50, Stromzangenadapter (1 mA bis 30 A, 100 KHz, DC) 4x Rohde & Schwarz HZ355, Tastteiler (10:1, 500 MHz) 1x Rohde & Schwarz HMC 8012, Digitalmultimeter mit Speicherfunktion |
Thermografie: |
Optris PI640, Infrarotkamera PI Connect Auswertungssoftware mit Profilen |
Akustik: |
NTI Audio M2211 (mit Kalibrierungsdatei) Steinberg UR12 (mit Phantomspeisung für die Mikrofone) Creative X7, Smaart v.7 eigener reflexionsarmer Messraum, 3,5 x 1,8 x 2,2 m (LxTxH) Axialmessungen, lotrecht zur Mitte der Schallquelle(n), Messabstand 50 cm Geräuschentwicklung in dBA (Slow) als RTA-Messung Frequenzspektrum als Grafik |
Treiber | Radeon: 17.20.1035 Quadro: R381 U2 (382.05) |
Betriebssystem | Windows 10 Pro (Creators Update, alle Updates) |
- 1 - Einführung und Übersicht
- 2 - Details zu Architektur und HBM2-Speicher
- 3 - Demontage, Kühler und Interposer-Details
- 4 - Platinendesign und Detailinformationen
- 5 - Ashes of the Singularity: Escalation
- 6 - Battlefield 1
- 7 - Warhammer 40,000: Dawn of War III
- 8 - Doom (2016)
- 9 - Tom Clancy's Ghost Recon Wildlands
- 10 - Hitman (2016)
- 11 - Metro Last Light (Redux)
- 12 - Rise of the Tomb Raider
- 13 - Tom Clancy's The Division
- 14 - The Witcher 3
- 15 - Und kann sie Mining?
- 16 - Leistungsaufnahme im Detail
- 17 - Takt, Temperaturen und Geräuschemission
- 18 - Zusammenfassung und Fazit
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