Auf die richtige Kühlung kommt es an!
Eins vorab: AMD verzichtet bei den Ryzen Threadripper auf Wärmeleitpaste zwischen Die und IHS, sondern setzt auf das gute, alte Lot. Dies wird uns später beim Übertakten noch völlig neue Perspektiven eröffnen. Deshalb wollen wir uns auch Eingangs noch etwas unserer Kühlung widmen. AMD hat die Pressemuster ja mit einer AiO-Kompaktwasserkühlung von Thermaltake ausgeliefert, die über einen flachen 360er Radiator verfügt und demzufolge auch mit drei angeschlossenen 120-mm-Lüftern arbeitet.
Hier braucht man fast schon eine Sonnenbrille
Dass dies alles zusammen mit dem Mainboard und dem RGB-getoppten Speicher etwas wie eine asiatische Weihnachtsbaumkopie aussieht – geschenkt. Es hat, zumindest in weiten Teilen, auch funktioniert. Was jedoch nicht klappt, ist die originale Beschichtung mit Wärmeleitpaste auf dieses Asetek-Pumpen. Das ist schlicht und ergreifend zu wenig. Die in der Praxis auch ohne Übertaktung erreichten 180 Watt im Lastbetrieb, sowie die relativ große Fläche des Heatspreaders erfordern eine etwas andere Technik. Statt eines Kleckses in der Mitte haben wir eine längliche Wurst aus Wärmeleitpaste aufgetragen und den Heatsink das leicht hin und her drehend erst einmal mit der Hand angepresst, bevor wir ihn final verschraubt haben.
Montage eigener Wasserkühler
Wir hatten ja im Artikel “Sockel SP3 für Threadripper – Kühlerkompatibilität und exklusive Detailzeichnungen” eingehend erklärt, wie AMD nunmehr die Sockelgestaltung geändert hat. Einer der für uns wichtigen Punkte ist hierbei auch die Verschraubung, denn es kommt mit den verwendeten metrischen M3.5-Schrauben eine eher ungewöhnliche Zwischengröße mit Feingewinde zum Einsatz, die man in dieser Form im normalen Baumarkt nicht bekommt. Den Unterschied sieht man sehr deutlich, wenn man unseren Zukauf (links) und die Schraube eines originalen AM4-Systems vergleicht:
Einfach in der Größe angepasste Brackets auszuliefern, wird sicher keine Lösung sein, denn es kommt auch auf neue und passende Schrauben an. Da die Gewindehülsen des Sockels nicht durchgehend (also hinten offen) sind, muss man auch bei der Länge aufpassen. Die von uns verwendeten 20 mm sind für eine direkte Verschraubung zu lang, so dass wir experimentell auf passende Unterlegscheiben zurückgegriffen haben. Hier wären ca. 15 mm besser gewesen, nur spielt dabei auch noch die Dicke des Brackets eine große Rolle.
Die nächste, sogar noch wichtigere Frage, stellte sich nach dem richtigen Anpressdruck. Wir haben dazu einen speziellen, fein abgestuften Drehmoment-Schraubendreher und die M3.5-Schrauben mit Innensechskant (H2.5) genutzt. Zunächst haben wir alles erst einmal mit 0,1 Nm mittelfest angezogen. Ab ca. 0.25 Nm konnten wir keine Verbesserung der Kühlleistung mehr verzeichnen, so dass wir es dabei belassen haben. Denn es ergibt auch keinen Sinn, den Sockel etwaigen Biegeproben auszusetzen oder die Brackets mit Gewalt kaltzuverformen. Bei ca. 0,35 Nm würde wir auch die Grenze des maximal Sinnvollen sehen.
Die fertige Kühllösung mit einem Alphacool XPX und den für den Sockel SP3 passenden Brackets sieht dann im Einsatz so aus, wie unten abgebildet. Die Polyamid-Unterlegscheiben dienen als Abstandshalter und ersetzen die Federn, die oberste Stahl-Unterlegscheibe verhindert das Eindrehen des Zylinderkopfes in das deutlich weichere Material.
Übertaktung
Natürlich haben wir auch versucht, was mit normalen Mitteln wirklich stressfrei und gefahrlos möglich ist. Während wir den AMD Ryzen Threadripper 1950X bei 1.35 Volt auf stabile 3.9 GHz übertakten konnten, ging es beim 1920X sogar bis 4.1 GHz. Beide Übertaktungsschritte waren mit der einfachen AiO-Kompaktwasserkühlung jedoch nicht mehr durchgängig realisierbar, denn beim Rendern überschritten beide CPUs dann locker die 250-Watt-Grenze (dazu später mehr)
Wir nutzen für einen möglichst exakten Vergleich natürlich auch wieder unseren Chiller, da diese Messwerte zumindest eine echte Konstante bei den Umgebungsbedingungen aufweisen können: die konstante Wassertemperatur von ca. 20°C, die auch dann gehalten werden kann, wenn später weit über 300 Watt an Abwärme an das Kühlmedium abgeführt werden müssen. Allerdings hätte hier für den Alltagseinsatz wohl auch eine normale Wasserkühlung gereicht, denn dank des verlöteten Heatspreaders waren die thermischen Herausforderungen deutlich geringer als noch beim Intel Core i9-7900X.
Mit dem Chiller waren bei 1.45 Volt für den 1920X sogar noch 4.2 GHz und bei 1.5 Volt 4.3 GHz möglich, jedoch hat dies mit Alltagstauglichkeit definitiv nichts mehr zu tun. Gleiches gilt auch für die 4 GHz mit dem Ryzen Threadripper 1950X, der mit 1.45 Volt ebenfalls zu durstig wurde. Man muss auch hinzufügen, dass selbst der Chiller dann schnell an die Grenzen der Kühlbarkeit gestoßen ist, bzw. die Temperaturen einfach zu hoch wurden. Deshalb werden wir in allen Benchmarks die Grenzen von 3,9 GHz für den Ryzen Threadripper 1950X und die 4.1 GHz für den Ryzen Threadripper 1920X auch nicht überschreiten.
Maximale Temperaturen beim Werkstakt
AMD kolportiert eine Dreingabe von 27°C auf die Tctl-Werte, die dem Mittelwert der Kerntemperaturen entsprechen sollen. Dem können wir zumindest ansatzweisefolgen, wenn wir in der Folge nun die Temperaturdifferenz zwischen Tctl und Tdie, also der Chip-Temperatur, betrachten. Deshalb und weil der große Kühler faktisch jede eigene Messung am Heatspreader unmöglich macht, haben wir diesmal auf die Delta-Messungen wie beim Ryzen 7, 5 und 3 dankend verzichtet.
Zunächst testen wir beide CPUs mit der von AMD beigelegten Kompaktwasserkühlung. Ohne die Messungen zur Leistungsaufnahme auf der nächsten Seite zu spoilern, müssen wir voranstellen, dass die Mainboard-Einstellungen beide Prozessoren auf exakt 179 bis 180 Watt einbremsen. Dieser Wart war, auch nicht kurzzeitig, mit normalen Settings zu überschreiten. Da der Ryzen Threadripper X1920 zwar mit weniger Kernen, dafür aber mit deutlich höherem Takt antritt, fallen beide Leistungsaufnahmewerte fast deckungsgleich aus. Betrachten wir zunächst den Temperaurverlauf für die größere der beiden:
Beim Ryzen Threadripper 1920X sehen die Kurvenverläufe fast identisch aus, wären da nicht einige unbedeutende Sprünge mehr bei Tdie und Tctl. Da die last die gleiche ist, verwundert uns das Ganze dann auch nicht wirklich.
Das, was uns HWInfo64 als CPU-Temperatur aus dem separaten Sensorloop für das Asus-Board zurückgibt, liegt zwischen 6 und 12 Kelvin niedriger als Tctl und besitzt einen etwas flacheren Anstieg. Die Spannungswandler-Temperaturen liegen mit knapp 60°C ohne weitere Kühlung im tiefgrünen Bereich.
Maximale Temperaturen bei Übertaktung
Kommen wir nun noch zu dem, was wir gerade eben als Grenzbereich bezeichnet haben. Da wir aufgrund der hohen Spannungen, die wir für den stabilen Betrieb benötigen, weit oberhalb des Sweet-Spots agieren, explodiert auch hier die Leistungsaufnahme geradezu. Da wir uns hier jedoch deutlich jenseits der 300 Watt-Grenze bewegen, muss die Kühlung schon so einiges wegstecken und wir setzen ausschließlich auf den Chiller. Ein Gegentest mit einer normalen Wasserkühlung beim Extremfall ergab eine um ca. 10-15 Kelvin höhere Temperatur bei Tctl und Tdie, was durchaus noch vertretbar ist.
Der übertaktete Ryzen Threadripper 1950X schnappt sich im Extremfall ca. 320 bis 325 Watt, was beim Chiller für Tctl-Werte von angenehmen 87°C sorgt. Das ist richtig wenig, wenn man den Offset im Hinterkopf behält und auch auf Tdie schaut. Die reichlich 60°C zeigen den großen Vorteil von Lot gegenüber der Wärmeleitpaste, wie sie z.B. Intel beim Core i9-7900X verwendet und was auch bei dieser CPU möglich gewesen wäre, hätte Intel nicht gekniffen und eine mutmaßliche thermische Notbremse eingebaut.
Auch wenn die Leistungsaufnahme des Ryzen Threadripper etwas niedriger ausfällt (nun ja, so um die 10 Watt sind in diesen Leistungsbereichen fast nichts), die Tctl-Wert liegen deutlich höher. Das verwundert auch nicht, denn die Leistungsaufnahme pro Kern steigt ja sogar. Tdie und das, was Asus ermittelt, liegen nun in etwas gleichauf. Die Differenz zwischen Tctl und Tdie liegt wieder bei den bekannten 26 bis 27 Kelvin, was durchaus hinkommt.
Spannungswandler-Temperaturen
Wer werden natürlich noch einen separaten Test mit verschiedenen Lasten und auch unterschiedlichen X399-Mainboards machen, so wie wir es auch für Skylake-X und den Sockel X299 geplant haben. Generell kann man dem Asus X399 ROG Zenith extreme bescheinigen, dass die Spannungswandler-Temperaturen auch deutlich oberhalb von 300 Watt Leistungsaufnahme des Packages und ohne zusätzliche Luftunterstützung unter 100°C bleiben.
Die Temperaturobergrenze fürs Throttling hat Asus auf 105°C gesetzt. Dass ein kleiner Luftzug jedoch nie schaden kann, beweisen die beiden Kurven der Temperaturen beim Übertakten (siehe oben) ziemlich eindrucksvoll. Der über dem I/O-Shield verbaute Lüfter ist nahezu wirkungslos, dafür aber unnötig laut. Dieses Gimmick hätte man sich schenken können.
- 1 - Einführung und Testsystem
- 2 - Game vs. Creator Mode: Was ist was?
- 3 - VRMark, 3DMark Fire Strike, Time Spy, API Overhead
- 4 - Civilization VI (DX12)
- 5 - Warhammer 40K: Dawn of War III (DX11)
- 6 - Grand Theft Auto V (DX11)
- 7 - Hitman 2016 (DX12)
- 8 - Ashes of the Singularity: Escalation (DX12)
- 9 - Battlefield 1 (DX11)
- 10 - Middle-earth: Shadow of Mordor (DX11)
- 11 - Project Cars (DX12)
- 12 - Far Cry Primal (DX11)
- 13 - Rise of the Tomb Raider (DX11)
- 14 - The Witcher 3: Wild Hunt (DX11)
- 15 - DTP, Office, Multimedia und Kompression
- 16 - Workstation 2D- und 3D-Performance
- 17 - CPU-Computing und Rendering
- 18 - Wissenschaftlich-technische Berechnungen und HPC
- 19 - Übertaktung, Kühlung und Temperaturen
- 20 - Leistungsaufnahme
- 21 - Zusammenfassung und Fazit
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