Der Raijintek Morpheus ist aktuell der wohl beliebteste und vor allem auch potenteste Luftkühler für Grafikkarten, jedoch nicht für NVIDIAs RTX 3xxx Reihe. Bis jetzt, denn ich habe nun exklusiv den ersten Prototypen getestet, der auch richtig gut performt. Ihr erinnert Euch ja sicher noch an das erste Experiment mit der Anpassung des Brackets. Doch inzwischen hat sich noch so Einiges geändert, denn Raijintek war so nett (und/oder im Eigennutz auch so clever), die von mir eingebrachten Verbesserungen und Umbauten auch wirklich umzusetzen, wo ich es gern gehabt hätte. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert und wir dürfen uns heute gemeinsam einmal das Resultat ansehen.
Ich werde Euch den neuen Kühler heute nicht nur im Detail vorstellen, sondern auch noch ein bisschen aus der Fertigung schreiben, denn man kann so etwas smart und aufwändig oder billig und lieblos lösen. Wir haben uns für die erste Variante entschieden, zumal es gar nicht so viel teurer ist, wenn man so ein Projekt vorher gut genug durchdenkt. Raijintek kann hier auf den größten Heatpipe-Spezialisten setzen und das merkt man auch. Der Rest ist natürlich noch ein Prototyp und noch nicht optisch sowie haptisch finalisiert. Das mal als Vorwort, denn hier geht es um brachiale Funktionalität und keinen Miss-Asien-Wettbewerb.
Und neben dem eigentlichen Gegenstand unseres heutigen Tests seht Ihr auch noch einen kleinen Teil dessen, was ich so im Labor treibe, wenn ich gerade mal keine Fertigprodukte teste und Artikel schreibe. Wobei: Diesmal durfte ich mit freundlicher Genehmigung von Raijintek doch was darüber schreiben. Das geht leider nicht immer und bei jedem. Für den heutigen Test verwende ich übrigens eine NVIDIA GeForce RTX 3080 im reinen Referenzdesign und mit exakt 320 Watt TBP. Eine RTX 3080 Ti hätte der neue Morpheus übrigens auch geschafft.
Erste Schritte mit bekannter Hardware
Am Anfang stehen natürlich wie immer die Platine und eine stabilisierende Backplate. Dazu kommen auch die beiden Kupferkühlkörper für die zwei VRM-Reihen. Und ich darf jetzt schon mal spoilern, dass es auch in dieser Form kühltechnisch völlig ausreicht, weil die Heatpipes nun besser liegen (dazu komme ich aber gleich noch) und der Airflow weniger gestört wird. Zudem wird es auch noch eine neue Befestigung geben, die sicherer ist, als die aktuellen allein dafür verantwortlichen Klebepads. Zum eigentlichen Kühler komme ich dann auf der nächsten Seite, weil es etwas zu viel Content für diesen Part ist.
Aber auch die Messvorbereitungen will (und darf) ich Euch nicht verschweigen. Da man aktuell die Spannungswandler-Temperaturen bei den RTX-Karten nicht sicher auslesen kann, habe ich in die zwei Kühler jeweils einen ausgemessenen K-Sensor geklemmt. Den Temperaturabfall über die Wärmewiderstände der einzelnen Schichten inkl. Klebepad kann man leicht ausrechnen und noch mit einer großzügigen Toleranz versehen.
Zwischen Messpunkt im Kühler und dem Substrat der VRM liegen nach dem Plausibilitäts-Check an meinem digitalen Aufheizer rund 18 bis 20 Kelvin, wobei ich einfach mal großzügige 20 Kelvin ansetze. Das ist sicher mehr als in Wirklichkeit, aber sicher ist sicher.
Die Geschichte mit der Stärke der Wärmeleitpads für den Speicher ist auch immer so eine Sache. Für solche Dinge haben ich ja eine Messlehre mit Zungen, aber Pads sind ja mehr oder weniger weich. Da hilft nur das Herantasten und thermische Auslesen im Betrieb nach einer ersten groben Messung für den Startwert der Dicke. Mein Glücksfall ist ja, dass ich genügen Pads der verschiedensten Stärken im 0,25-mm-Raster im Großgebinde habe, um das auch wirklich sauber auszutesten. Der Spalt ist knapp 2 mm breit, aber die thermisch beste Lösung liegt dann bei leichtem Druck und 2,25 mm Ausgangsstärke der Soft-Pads.
Von der Seite betrachtet, sehen die 1.95 mm des 2,25-mm-Pads dann so aus und man erkennt auch die kleine Wölbung durch den Druck. Es ist aber immer noch so gering, dass die Lötperlen unter den RAM-Modulen nicht wegbrechen. Gewalt ist nie eine Lösung, schon gar nicht beim RAM. Ohne Underfill sind das nämlich alles Diven allererster Güte. Und wenn es bei den Pads zu dick ausfällt, bekommt auch der Heatsink nicht mehr genügend Anpressdruck auf die GPU. Im umgekehrten Fall wird dann der RAM zu heiß. Wer hier beim Testen viel Zeit investiert, wird dann später auch mit einem guten Ergebnis belohnt. Aber ich will ja nicht vorgreifen.
Mindestens genauso wichtig wie diese Pads ist auch die richtige Wärmeleitpaste. Ich verwende seit einiger Zeit ausschließlich die Alphacool Apex. Nicht etwa, weil ich dafür Geld bekomme, sondern weil sich diese Paste als “Apex” bei mir in internen Testreihen erst gegen unzählige andere reine Industriepasten beweisen musste und sich am Ende dann als die beste Paste herausgestellt hat, wenn es um den Balanceakt aus Wärmeleitfähigkeit, Anwenderfreundlichkeit (Viskosität!) und Langzeithaltbarkeit geht. Das Zeug kommt direkt von einem großen Original-Hersteller und nicht von irgendeinem Abfüller, der da was zurechtpanscht und “individualisiert” und dann die Pasten von Charge zu Charge unterschiedlich ausfallen. In der Industrie nutzt man im Allgemeinen nämlich keine pastell eingefärbten Pasten und man setzt dafür auf die Beständigkeit der Qualitäten.
Die Würstchen-Methode ist hier die beste und ich will gern auch noch mal erklären, warum großflächiges Einstreichen wirklich sinnlos ist. Wenn man alternierend die Längskanten festschraubt, drückt sich die Paste von der Mitte elegant nach draußen und was zu viel ist, wird rausgedrückt. Die Schicht ist auf diese Weise immer gleich dünn und gleichmäßig. Streicht man stattessen alles ein, kann sich kaum was verdrücken, weil schon alles an den Rändern voller Paste ist. Die Schicht wird somit immer dicker sein. Und genau das will man ja nicht.
Und nachdem nun die VRM-Kühler befestigt und die Platine präpariert ist, komme ich zum neuen Kühler und den wichtigen Änderungen. Und ja, es hat mir durchaus Spaß gemacht, Euch bis hierher noch ein wenig hinzuhalten. 😀
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