Comic vs. Realität
Die Kombination als bemühter Fotorealität und eher mittelmäßig gezeichnetem Comic polarisiert natürlich. Aber zumindest hebt es das Spiel mal wohltuend vom üblichen NFS-Brei ab. Ob man das dann mag, weil es stellenweise schon kindisch bemüht wirkt, das muss wirklich jeder mit sich selbst abmachen. Das schöne am menschlichen Gehirn ist ja, dass es immer wiederkehrende Nichtigkeiten galant auszublenden pflegt. Ergo: je länger man spielt, um so einfacher kann man das alles ignorieren und sich aufs Wesentliche konzentrieren.
Die Stadt ist gut modelliert, die Fahrzeugmodelle sind es sowieso. Rein optisch ist der fotorealistische Part jedenfalls gelungen. Nur mit den ganzen Manga-für-Arme-Charakteren mit einem dezenten Hauch der vergangenen Bronx über dem lauwarmen Mate-Tee der etwas weltfremden Zeichner muss man sich erst anfreunden. Aber irgendwann gelingt auch das. Was mich aber am Anfang wirklich abgeschreckt hat, sind die Comic-Effekte beim Fahren, die sich entgegen anderslautender Ankündigungen im Vorfeld nicht abschalten lassen. Nur ist es genau das, was ich mit Nichtigkeiten und Gehirn meinte. Also weniger driften und schon klappt es auch wieder mit dem Auge.
Modifikations- und Tuningmöglichkeiten
Während ich mein Alter Ego eher so meh finde und mich mangels Optionen auch nicht mal ansatzweise mit irgendeiner der wählbaren Figuren identifizieren kann, sind die Fahrzeugmodelle und Tuningteile mit vollem Enthusiasmus umgesetzt worden. Dem Ganzen fehlt zwar optisch etwas der Glanz von Forza Horizon 5, aber dafür ist es ja ein anderes Spiel. Kopieren wäre zudem uncool. Allerdings wäre eine direkt erreichbare Testfahrt nach dem Trim des Fahrzeugsetups wie in NFS UG2 sicher keine dumme Idee gewesen. So muss man aufpassen, dass einen die Polizei nicht erwischt und das ewige Laden zwischen Garage und freier Fahrt nervt komplett.
Die optischen Optionen fürs Pimp-my-Ride sind recht umfangreich ausgefallen und man kann wirklich Stunden damit verbringen, an den Teilen zu basteln, alles umzufärben und die Karosserie auf halbstark zu trimmen:
Auch bei der Leistung geht was, man muss aber immer die aktuelle Fahrzeug-Leistungsgruppe im Blick haben. Sonst kann man u.U. nicht mehr an den Rennen teilnehmen, die man gern noch gehabt hätte. Aber: das individuelle Tuning von NFS UG2 ist auch hier unerreicht und die Fahrwerksabstimmung eher von Zufallstreffern geprägt. Das ist zwar schade, aber passt auch irgendwie in die Zeit, wo die Kids eine Aufmerksamkeitsspanne in Größe einer Stecknadel haben.
Sound-Samples und Sound-Tracks
Ich hätte mir eigentlich neben dem ganzen Hiphop- und Rap-Gemixe auch noch andere Optionen gewünscht. Die Song-Liste von Underground 2 war wirklich legendär und hochkarätig. Nichtsdestotrotz kommt man auch mit den Titeln von Unbound klar, aber da ist noch ordentlich Luft nach oben. Schließlich spielen hier ja nicht nur Akneplantagen und selbst für diese Klientel ist neben ein paar hochkarätigen internationalen Interpreten nicht alles so hip, was so hop wummert und Auto-Tune nutzt. Aber es passt zu vielen Rennen, das kann man also so durchgehen lassen. Eine eigene, importierbare Songauswahl wäre die Krönung gewesen. Aber es ist hier wie mit den Savegames: Schmalkost, denn es wiederholt sich alle viel zu oft. Der Fahrzeugsound geht hingegen in Ordnung, auch wenn manche Tuning-Optionen klanglich gar keinen Unterschied ergeben, was etwas inkonsequent bei der Umsetzung ist.
Gameplay mit Joystick und Tastatur
Man merkt dem Spiel etwas die Konsolenlast an. Die Steuerung mit meinem XBox Elite Wireless ist gut und für eine Arcade-lastige Fahrweise auch einigermaßen zielsicher. Mit der Tastatur fährt es sich stellenweise etwas „unrund“, aber so etwas ist natürlich reine Gewöhnungssache. Die Menüführung ist zudem auch etwas arg verschachtelt, geht aber gerade noch so. Manchmal wünscht man sich dann aber echt eine Mausunterstützung. Hier gibt es eigentlich kaum einen Grund zum Maulen, auch wenn man nicht alle Tasten frei konfigurieren kann (Gamepad). Aber man kann ja auch vieles mit geeigneter Software vorher umbiegen.
Das Fehlen der Gummiband-KI ist wirklich lobenswert, die KI der Gegner durchaus auch. Die crashen auch schon einmal ineinander oder gegen irgend etwas, was jedes Rennen deutlich abwechslungsreicher macht. Hier sehe ich die eigentliche Stärke des neuen Spiels, denn die einprogrammierte Allmächtigkeit der Gegner ist wie weggeblasen. Sie fahren (je nach Schwierigkeitsgrad) sogar richtig gut, sind aber alles andere als fehlerfrei, was das alles etwas plausibler macht. Das Gilt auch für die (etwas zu) aufdringliche Polizei ab Fahndungsstufe 3.
Das Wett-System und die einzelnen Renn-Typen sind gut umgesetzt worden und es macht immer wieder Spaß, das Risko und die eignen Skills gegeneinander abwägen zu müssen. Denn man kann auch Pleite gehen. Und dann heißt es wieder grinden, bis der Arzt kommt. Mehr will ich gar nicht spoilern, auch wenn Vieles durchaus altbekannt erscheint. Das Fehlen der Gummiband-Gegner hingegen hebt den neuen Titel endlich mal wieder von der zwangs-getriggerten Masse ab. Danke dafür.
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