Gretchenfrage und eine heillos offene Welt
Was kommt eigentlich dabei heraus, wenn man „Burnout Paradise“ mit Verfolgungsjagden, einer strunzdummen Polizei, der obligatorischen „Most-Wanted-Liste“, Autolog und einem Schuss Nostalgie mixt? Genau das habe ich mich gefragt, nachdem ich das Spiel nach zwei Stunden das erste Mal unterbrochen hatte. Was ich vorfand, war (und ist) ein riesiges Open-World-Areal mit jeder Menge Dinge zum Entdecken und auch Kaputtfahren. Kennen wir aber schon, denn sehr viele Objekte und Gestaltungselemente hat EA bei Criterion im Mega-Burnout-Recycling-Mix sicher recht günstig erstanden. Warum der barocke Hintern des Benz im folgenden Video eine Art Booty-Shake aufführt, erkläre ich später noch, zunächst lasse ich erstmal was springen:
Mit Criterion im Hinterkopf wundert es mich auch kaum, dass an jeder Ecke Werbetafeln zum Zerbrettern einladen, irrwitzige Sprünge die fahrerische Eleganz verdrängen, Sicherheitszäune immer wieder zum Durchfahren animieren und überhaupt so ziemlich alles zerstörbar ist, was man auch auf Um- und Abwegen vor die virtuellen Reifen bekommt. Und so bin ich nach nur wenigen Stunden von der Piste geschüttelt und von den vielfältigen Möglichkeiten gerührt – schade, dass es nach einer gewissen Zeit dann leider kaum noch Steigerungen gibt. Ein fettes Plus verdient auf alle Fälle das neue Easy-Drive-Menü, das sich sehr intuitiv bedienen lässt und auch im Spiel selbst alle Konfigurationen erlaubt.
Ja, es macht Spaß, und ich bin genauso gefangen wie seinerzeit bei „Burnout Paradise“. Wer sich nicht nur stur an den Rennen orientiert und sich auf kürzestem Wege durch die „Most-Wanted“-Liste hangelt, hat sogar so etwas wie Langzeitspaß. Jedenfalls habe ich insgesamt mindestens 4 Stunden verdaddelt, nur um die Hälfte der Fahrzeugwechselpunkte zu finden, die meisten der Sicherheitszäune zu killen, Werbetafeln zu vernichten und so genügend Punkte zu sammeln, um mit nur 3 gefahrenen Rennen automatisch bis auf Platz 9 der Liste vorzudringen. Man kann sich also Zeit nehmen, sollte es sogar.
Steuerung
Daumen runter, leider. Ich spiele nicht mit der Tastatur, so dass die Umsetzung für Lenkrad und Gamepad meine Meinung geprägt haben. Arcade hin oder her – das, was man im Spiel abliefert, ist höchstens Mittelmaß. Da wäre zunächst die Einstellerei. Die Konfiguration der Gamepad-Tasten geht mir ständig mit irgendwelchen Fehlermeldungen auf den Keks. Entweder soll ich die Taste zu schnell gedrückt haben (ermutigend, in meinem Alter noch so gute Reflexe bescheinigt zu bekommen) oder doch bitte erst ins Einstellungsmenü wechseln, weil mein Controller noch nicht konfiguriert sei, obwohl ich ja exakt dort bereits angelangt bin. Das betrifft übrigens auch den Spielanfang als solchen, denn ich muss ja erst mal ins Spiel, um auch nur die klitzekleinste Option ändern zu können.
Nachdem ich all dies gemeistert habe, geht’s raus auf die Piste. Hibbelig und irgendwie auch ein wenig schwammig – so stellt sich mir die Steuerung der einzelnen Fahrzeuge dar. Gut, eine Rennsimulation habe ich ja auch nicht erwartet, aber ein wenig mehr Feingefühl in den analogen Joysticks hätte es dann schon sein dürfen. Irgendwie fährt sich alles ziemlich im Entweder-Oder-Stil und einen differenzierten Radeinschlag sucht man vergebens. Fahrphysik ist hierbei so etwas, was im Arcade-Genre den Hauch eines Schülergespräches über die Finite-Elemente-Methode in einer Hauptschul-Klasse besitzt: Sie findet nicht statt. Um das zu veranschaulichen, habe ich einfach mal eine Stadtsequenz im Video festgehalten, in dem man auch sieht, wie schnell man den Verfolgern entkommt, wenn man nur mutig genug auf dem Gas bleibt.
Manche Dinge hat man allerdings auch zu gut gemeint, was ich bereits als Übermotivation bezeichnet habe. Wer so opulent mit Lichteffekten um sich wirft, sollte sich nicht wundern, dass sogar HighEnd-Hardware an ihre Grenzen stößt (siehe im Bild unten). Lief „Burnout Paradise“ faktisch noch auf jedem übertakteten Lockenwickelstab, so kurbelt man mit diesem Spiel nun die Konjunktur noch einmal an, denn der PC-Markt lahmt ja bekanntlich ein wenig. Doch zur Hardware später mehr.
Tuning? Fehlanzeige
Jedes gefundene Auto lässt sich exakt für ganze 5 Rennen verwenden, die komplett fahrzeuggebunden sind. Alle Teile, die man sich durch Siege freischalten kann, zählen jedoch nur für dieses eine Auto. Dann geht der Spaß (oder die Nerverei) wieder von vorn los. Wer es will, der kann probieren, ohne nachgerüstete Teile die 5 Rennen zu absolvieren. Geht sogar. Sogar die Listen-Rennen kann man mit den ungetunten Boliden gewinnen, wenn man nicht ganz unfähig daherkommt.
Aber, das sollte man jetzt fett hervorheben, es ist eine glatte Entmündigung des Spielers, wenn einerseits bereits von Anfang auch die Supersportwagen zur Verfügung stehen und diese andererseits im „ungetunten“ Zustand dann weit unterhalb der realen technischen Möglichkeiten bleiben. Gut, die KI ist dann auch nicht besser, aber ich komme mir glatt verschaukelt vor, wenn ich selbst mit einem Supersportler auf einer langen Geraden keine 250 km/h erreiche. Fahrzeuge, die selbst zum Stehen noch 500 Meter Anlauf brauchen sind geradezu absurd.
Das ist kein Balancing, das ist Horror. Einstellen kann man an den Teilen und Fahrzeugen auch nichts, und wer einzig und allein einen Arcade-Racer mit Tuning-Feeling sucht, der sollte besser die Finger vom Spiel lassen.
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