Sound-Check
Testen wir nun endlich subjektiv, was man im Original wirklich hört (oder auch nicht). Probegehört habe ich in meinem Meeting-Raum, dessen massive Echtholzmöbel nicht mitschwingen und der über eine großen Teppich und schwere Vorhänge verfügt, was den Hall schön dämpft. Dort, wo ich gesessen habe, stören auch die Moden des im Eck aufgestellten Subwoofers nicht. Außerdem sind die Satelliten eher in Kopfhöhe, solange ich sitze.
Basswiedergabe
Welcher Tiefstbass? Edifier gibt die Subwoofer zwar mit 50 Hz an, doch man kann auch noch bis rund 44 Hz etwas vernehmen. Darunter ist nichts mehr hörbar. Eine tiefer abgestimmte Bassgitarre wird also gerade noch so wiedergegeben, Filmeffekte hört man zwar, spürt sie aber nicht körperlich. Ab rund 48 Hz geht dann aber durchaus die Post ab. Normale U-Musik geht also auch in laut und einer Helene-Fischer-Party steht absolut nichts im Wege. Für die Größe und die 50 Watt entsteht noch relativ viel Druck. Das geht auch schlechter.
Dieser Bereich klingt etwas zu übertrieben, denn die Sprachgrundfrequenz männlicher Vocals fällt zu 100% auf den Subwoofer. Das verleiht dem Ganzen eine viel zu große Fülle und wirkt arg übertreiben. Dazu kommt eine Art Wummern, das wohl aus der geringen Bedämpfung resultiert, mit der man die Kennempfindlichkeit hoch halten möchte. Laut und gut gleichzeitig ist in dieser Klasse schwer zu realisieren. Man hätte die Satelliten auf 125 Hz untere Grenzfrequenz trimmen und dafür den Subwoofer früher cutten sollen. Technisch ginge das mit der verbauten Elektronik nämlich klaglos.
Edifier geht hier einen ähnlichen Weg wie mit dem Spinnaker-System, das man bei 120 Hz extrem angehoben hat, um Fülle vorzutäuschen, wo schon das Boxenvolumen dagegen spricht. Der Weltmeister der Klangtäuscher ist allerdings Bose, aber das ist dann ein ganz anderes Thema. Kurzum: Bass geht, aber es ginge auch besser und vor allem auch präziser. Mein Tipp: ein kleiner Stopfen im Bassreflexrohr erdet das Wummern etwas und macht den Sub gleichzeitig deutlich knackiger, wenn auch leiser.
Mitteltonbereich
Weibliche Vocals klingen deutlich entspannter als die männlichen und somit auch viel besser. Es wird fast schon filigran und samtig und man spürt sogar eine subjektiv empfundene Wärme, die nicht nur angenehm ist, sondern auch dazu beiträgt, dass man die Boxen akzeptiert, wie sie sind. Die Mitteltöner machen nämlich einen recht guten Job.
Solange der Kondensator die Tweeter absperrt, geht es recht entspannt weiter nach oben. Gitarren-Soli oder ein Finale Furioso im großen Orchester sind machbar, sogar in relativ laut. Leise geht natürlich auch. Die Ortung ist noch ganz gut, wenn auch die Abstimmung keine übertrieben breit aufgespannte Bühne erlaubt. Es ist und bleibt also ein System mit Kompromissen. Die Tiefenstaffelung ist zumindest brauchbar, wenn auch nicht gut, was ich bei Filmen aber noch nicht als störend empfinde. Bei Musik allerdings schon. Man sitzt also quasi nicht vorm Orchester, sondern eher irgendwo oben auf dem Rang. Die Ortung einzelner Instrumente (oder Quellen) geht noch so. Auch fürs Gaming ist die Bühne noch ausreichend bemessen und immer noch besser als das, was man sonst so als sogenannte Gaming-Tröten in biederem Kunststoff-Barock aufgetischt bekommt.
Hochtonbereich
Jetzt macht sich die fehlende Frequenzweiche schmerzlich bemerkbar. Denn der Mitteltöner lässt beim Pegel bereits vorher extrem nach, während der nun einsetzende Tweeter das nicht vollends kompensieren kann. Das wiederum ist sehr ungünstig fürs Gaming, wo man gern die Schritte besser orten möchte. Kleiner Tipp: konfigurierbare 2-Wege-Weichen gibt es in der Bucht ab rund 5 Euro pro Kanal. Und ja, es lohnt sich wirklich. Man wird die neue Brillanz nicht mehr missen wollen!
Business as usual. Da die hohen Frequenzen leider auch hier im Mitteltöner kurzgeschlossen werden, fehlt am Ende einfach der Pegel und damit auch die Brillanz. Zum Umbau schrieb ich ja bereits etwas. Und ohne? Die Sibilanten versinken etwas in der Bedeutungslosigkeit. Hochton-Peaks oder zu schriller Diskant sind deshalb zwar kein Thema, aber Ausblasgeräusche, zischend-wischende Jazzbesen und andere Sound-Hochgewächse werden arg vernachlässigt. Schade drum.
Zusammenfassung
Mit einer pauschalen Einordnung tue ich mich sehr schwer, denn ich bin absolut zwiegespalten. In meinem Meeting-Raum (rund 27 m²) hinterlassen sie am Fernseher (Einspeisung optisch) einen echt brauchbaren Eindruck, solange es sich alles um Filme oder reine Unterhaltung dreht. Da stehen sie den dort aufgestelltem deutlich teureren Edifier A200 in kaum etwas nach. Man wird etwas teurere Soundbars sicher auch nicht vermissen, denn die Stereo-Bandbreite kann man ja durch die Entfernung der Satelliten zueinander sogar selbst bestimmen. Dass man den Subwoofer dann drahtlos einfach irgendwo frei im Raum platzieren kann, ist echt ein toller Benefit in dieser Preisklasse.
Schwieriger wird es bei Musik, weil dann genau die Schwächen hörbar werden, die ich bereits beim Teardown angesprochen hatte. Der riesige Crossover-Bereich zwischen Subwoofer und Satelliten und die fehlende Frequenzweiche führen zu Peaks und Verlusten, die ich so nicht haben möchte. Für eine Geburtstagsparty sind sie noch recht gut geeignet, für Auto-Tune „Sänger“ mit immer den gleichen Samples als triviale musikalische Untermalung sicher auch. Doch sobald es etwas anspruchsvoller wird und auch mal echte Vocals oder Instrumente auftreten, beginnt das Dilemma. Wobei das nicht heißt, dass ein 2.1 Setup das nicht auch könnte. Aber dann muss man eben auch mehr Geld auf den Tisch blättern. Mit aptX klingt auch Tidal in der Theorie der Bezahlversion noch ganz gut, aber praktisch merkt man kaum einen Unterschied zu höherkomprimierten Inhalten oder gar Spotify. Kleiner Tipp für alle mit einem Software-Equalizer: 125 Hz um rund 3 dB absenken, 8 KHz um 3 dB und 16 KHz um mindestens 6 dB anheben.
Die Hochton-Schwäche durch die fehlende Frequenzweiche verstärkt sich noch durch den recht geringen Abstrahlwinkel der Hochtöner in den Boxen und deren textile Abdeckung. Das macht die Satelliten sogar im Nahfeld auf dem Schreibtisch problematisch, weil man sie in Richtung der Ohren nach oben ankippen muss. Mit abgewinkelten Ständern klingen sie dann plötzlich wieder akzeptabel statt muffig. Deshalb würde ich sie ohne jegliche Aufständerung auch nicht am Desktop empfehlen. Ohne diese Hilfe macht dann auch Gaming überhaupt keinen Spaß.
Aber man kann diesem System natürlich auch positive Seiten abgewinnen, denn ich bin ja stets fair. Der Gegenwert für die knapp 200 Euro ist nämlich recht ordentlich. Das Edifier M601DB 2.1-System bietet einen drahtlosen Subwoofer, eine große Anschlussvielfalt samt Bluetooth 5.1 und aptX, eine brauchbare Fernbedienung und verzichtet auf Kunststoff beim Korpus der jeweiligen Boxen. Ja, man merkt den Sparzwang an vielen Details, aber man sieht ihn erst einmal nicht. Am Ende ist es also wieder so ein Preis-/Leistungs-Ding, wo man mit nicht einmal 200 Euro eigentlich fast nichts falsch machen kann. Man bekommt zumindest das, wofür man bezahlt, mehr geht scheinbar nicht. Oder doch?
Gesetzt den Fall, man legt selbst etwas Hand an, dann geht noch was. Mit etwas mehr Dämpfung in den Satelliten (optional) und jeweils einer konfigurierbaren 2-Wege Weiche (muss) sowie einem kleinen Pfropfen im Bassreflexrohr des Subwoofers (kann) bekommt man für nicht einmal 15 Euro das akustische Feeling eines 300-Euro-Systems. Mit dieser Erkenntnis schicke ich Euch jetzt guten Gewissens in die neue Woche.
Das Testmuster wurde mir von HMC ohne Vorbedingungen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme oder Vergütung fand nicht statt, ein Zwang zur Veröffentlichung bestand ebenfalls nicht.
Edifier M601DB
Bestellware - 7-9 Tage Lieferzeit | 178,99 €*Stand: 13.05.24 18:20 | |
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