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Edifier M601DB im Test – Ein aktives 2.1 Stereo-Setup mit Höhen und Tiefen

Teardown: Satellit

Schrauben wir zunächst den aktiven, rechten Satelliten auf und wagen einen Blick ins Innere. Mit Schrauben hat Edifier übrigens nicht gegeizt. Der recht sauber zusammengeleimte MDF-Korpus mit seinen 10 mm Seitenwandstärke ist stabil genug, denn es ist weder eine große Box, noch muss sie sehr viel Druck aushalten.

Im Inneren ist relativ viel Platz, was auch an den kleinen Lautsprechern liegt. Während die Öffnung des Tweeters sauber ausgeschnitten wurde, löst sich beim Mitteltöner die Spanplatte bereits umlaufend ab. Ich bin mir allerdings sicher, dass ich hier eine Ausnahme erwischt habe, denn die linke Box war in Ordnung. Trotzdem muss so etwas bei der QC auffallen und hätte gar nicht erst mit Technik bestückt werden dürfen.

Wir sehen auch, dass Edifier auf eine echte Frequenzweiche verzichtet, sondern nur mit einem einfachen Längskondensator arbeitet, der die tiefen Frequenzen von Hochtöner fernhält. Da eine Spule zum Blocken der hohen Frequenzen am Mitteltöner fehlt, dürfte hier so Einiges an Leistung im Hochtonbereich verloren gehen. Unschön, denn es findet kein echter Übergang statt. Über dem Tweeter sehen wir übrigens das Ende des Bassreflexrohres und dort dahinter die Platine der drei Taster auf der Oberseite. Vorn links ist der Empfänger der IR-Fernbedienung platziert.

Das Panel trägt ein ausreichend bemessenes Schaltnetzteil und eine Einplatinen-Lösung für alle Baugruppen. Edifier setzt für die Steuerung auf einen STM32F103 Mikrocontroller mit Cortex-M3-Kern und einer maximalen CPU-Geschwindigkeit von 72 MHz, Flash-Speicher, USB-Full-Speed-Schnittstelle und CAN. Das PCB trägt zudem zwei Funkmodule. Links das 2,4-GHz-Bluetooth-Modul mit der Antenne auf dem PCB und halbrechts aufgesetzt das 5.8-GHz-Modul für den Subwoofer, ebenfalls mit integrierter Antenne.

Der verbaute PCM9211 ist ein komplettes analoges und digitales Frontend für moderne Multimedia-Player, Soundbars und Recorder. Er integriert einen Stereo-ADC, einen S/PDIF-Transceiver mit bis zu 12 gemultiplexten Eingängen und drei PCM-Eingänge, damit andere Audioempfänger gemultiplext werden können, sowie die analogen und S/PDIF-Signale an einen digitalen Signalprozessor (DSP). Der Chip für die Endstufe ist dummerweise komplett mit Kleber überzogen, was absolut unsinnig ist. Auch wenn es ein Versehen sein dürfte, thermisch ist so etwas eigentlich der Super-GAU. Ich habe es vorsichtig nach und nach abgekratzt.

Es handelt sich hierbei um einen 2-Kanal-Verstärker von Texas Instruments in einem DKD Package in Form des gern genutzten TAS5805. Das ist ein recht effizienter, digitaler Class-D Stereo-Leistungsverstärker mit 23 Watt RMS max. pro Kanal und vielen Zusatzfunktionen. Er bietet einen unabhängigen Kanallautstärkeregler mit einem 24-dB- bis -100-dB-Bereich, eine sanfte Stummschaltung (50% Tastverhältnis), eine programmierbare Dynamikbereichskontrolle, 16 anpassbare Biquads für den Lautsprecher-EQ,  sieben Biquads für den linken und rechten Kanal sowie zwei Biquads für den Subwoofer-Kanal.

 

Doch wenn der Chip das alles hergibt, warum hat man dann keine Soundprofile oder Klangregler implementiert? Regeln lässt sich beim M601DB nämlich überhaupt nichts außer der Lautstärke. Die reine Sinusleistung der Satelliten des M601DB würde ich nach einer ersten Messung mit ehrlichen 15 Watt pro Kanal bewerten, was gerade noch angemessen, aber nicht wirklich viel ist.

Doch auch der Subwoofer ist interessant und so habe ich mir wie immer auch hier den Weg ins Innere gebahnt. Diesmal waren es Torx-Schrauben, aber so etwas hindert mich natürlich nicht. Hinter etwas Alibi-Schaumstoff sitzt der Tieftöner. Extrem viel Hub besitzt er nicht, aber es reicht durchaus für etwas Druck in kleineren bis mittleren Räumen (ca. 25 m²). Man sieht auch die Stabilisierung der Kanten durch aufgeleimte Klötze.

Unterstützt wird das Ganze durch eine seitlich positionierte Bassreflexröhre. Hier hat Edifier die maximal mögliche Länge fast komplett ausgenutzt. Man sieht am Querschnitt der Rückwand, dass die sehr feinporigen MDF-Platten ausreichend dick und stabil sind.

Die Platine verbirgt keine Geheimnisse. Wir sehen an exponierter Stelle das aufgeklebte 5,8-GHz-Funkmodul sowie mittig den Verstärker-Schaltkreis. Edifier setzt hier auf den TAS5754 von Texas Instruments. Der Class-D-Verstärker wird als Mono-Endstufe in Brückenschaltung betrieben, wobei ich die ausgewiesenen 70 Watt RMS etwas anzweifeln möchte. Mal abgesehen davon, dass der Chip nur für 61 Watt Mono spezifiziert ist, messe ich mit viel gutem Willen verzerrungsfreie 50 Watt Sinus bei 1 KHz.

Das ist natürlich für diese Kombination noch völlig ausreichend und harmoniert auch mit den beiden Stereo-Satelliten recht gut. Aber auch die 50 Watt Output müssen kühltechnisch gemeistert werden. Das muss dann ein separater Kühlkörper auf der Rückseite zwischen der Platine und dem Schaltnetzteil lösen. Richtig heiß wird das alles nicht, maximal ordentlich warm.

Zwischenfazit

Trotz meiner technischen Einwände und der doch deutlich niedrigeren Ausgangsleistung muss man so fair bleiben und das alles stets in die richtige Relation zum Preis setzen. Ein solches System für aktuell unter 200 Euro anzubieten ist angemessen und fast schon so etwas wie eine freundliche Einladung, stets ein Auge zuzudrücken. Der Preis fordert nun einmal harte Kompromisse und allein zwei ordentliche Frequenzweichen hätte man dann nicht mehr verlustfrei einpreisen können. Diskrete Bauteile kosten, im Verhältnis gesehen, einfach zu viel. Eine aktive Trennung in Mitten- und Hochtonkanal hätte dann ein anderes Verbindungskabel zu passiven Box erfordert.  Auch das sind leider extreme Kostentreiber. Wobei mir das dünne Kabel mit Cinch-Stecker natürlich auch widerstrebt. Das ist halt der Blech-Standard der Audio-Industrie für kostengünstige Lösungen.

Die Verarbeitungsqualität ist ok, auch wenn ich die oberste Schicht der Platten in der Tischlerei sicher penibler kontrolliert hätte. Ausgefranste Öffnungen gehen gar nicht, auch wenn sie der Kunde am Ende ja nicht sieht. Und die Menge des Heißklebers…  Mal abgesehen von optischen Tiefpunkt der Funkmodule, einen Endstufen-Chip mit Kleber zu überziehen ist fast schon Körperverletzung.

 

Kommentar

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Megaone

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1,754 Kommentare 1,652 Likes

Naja, bei dem Preis muss man halt die Kirche auch mal im Dorf lassen. Ist halt immer die Frage was man so treibt. Um was zu zocken und ab an mal was Radio hören oder für ein Meeting wird es sicher schon gut funktionieren. Da gibt es definitiv schlimmeres.

Man kann halt mit einer Ente nicht beim Grand Prix antreten. Trotzdem kann sie einen von A nach B bringen.

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ipat66

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1,360 Kommentare 1,358 Likes

Schade,dass Edifier hier diese zwei,drei Kleinigkeiten ( Dämmung, Frequenzweiche, Abstimmung, Fertigung ) nicht besser umgesetzt hat.
20 Euro höherer Endpreis wäre nicht aufgefallen und hätte klanglich viel gebracht....

Vielleicht bringen diese Kritikpunkte eine Rev.2,0 auf den Weg ?

Auf Edifier, verwöhnt doch auch die „kleinen“ Kunden.....

Wenn der Kunde zufrieden ist,bestellt dieser vielleicht beim nächsten Mal auch
höherwertige Boxen des gleichen Herstellers. Kundenbindung und so....

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G
Guest

Schön, dass der Test mal tiefgründiger ging als woanders oft üblich. Die Marke wird ja oft übern Klee gelobt.
Keine Frequenzweiche in den Satteliten ist natürlich blamabel. Dämmung kostet auch nichts, Sonofil rein und gut is.

Andererseits muss man sagen, dass der Preis natürlich verdammt niedrig = Kampfpreis ist. Ich habe mir ja schon einige Boxen selbst gebaut, allerdings gute Bausätze mit Weichendimensionierung. Was man da an Arbeit in die Holzveredelung setzen kann, ist schon beachtlich :D. Allerdings kann man auch weniger umständlich arbeiten mit OSB oder MDF und dann folieren.
Dennoch mit guten Komponenten ist das Ergebnis natürlich toll. Allerdings dieser Low-Tier-Bereich ist da schon wieder was anderes. Während man ja im High-End-Bereich mitunter mit Schlangen-Öl oder vermutlich Schrott (Bos*) zu tun hat und viel Geld für das Finish und die Marke zahlt, sieht das im Niedrigsektor schon anders aus. Natürlich könnte man auch ein adäquates Set aus Selbstbauzeug bauen. Mit Subwoofer wird das allerdings schwieriger, einfach weil das Submodul oft schon nicht ganz billig ist.

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Igor Wallossek

1

10,244 Kommentare 18,951 Likes

Preislich sind die Teile wirklich hochinteressant. Zwei Weichen kosten weniger 12 Euro und die kann man dann sogar noch anpassen. Das bringt echt was. Ich habs einfach mal in der passiven Box mit einer einfachen Längs-Spule getestet und war ob der neu gewonnen Brillanz echt geflasht. Warum man soviel Potential verschenkt, erschließt sich nicht. Gut, für Asien und Nordamerika passt das, die sind eh all Klimaanlagen-geschädigt.

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AB5TAUB3R

Veteran

213 Kommentare 85 Likes

für ab und zu mal radiohören oder mal wieder Vinyl genießen ist aber für 200€ auch zu teuer, allerdings gehöre ich nicht zu den Menschen, die jetzt
dieses feine Gehör haben und den Unterschied kennen.
für mich reichen 50€ 2.1 Logitechboxen genauso um Musik zu hören, alles andere ist für mich rausgeschmissenes Geld

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garfield36

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1,283 Kommentare 334 Likes

Ich denke für € 200.- kann man keine Spitzenqualität erwarten. Aber wie Igor herausgearbeitet hat, hätte man mit relativ geringen Kosten das System besser machen können. Ich verwende seit Oktober 2020 zwei Audioengine A2+. Ich bin nach wie vor vom Sound begeistert. Was diese doch recht kleinen Boxen klanglich bieten finde ich hervorragend. Es gibt auch einen Subwoofer dazu, aber der ist relativ teuer. Da gibt es jedoch einen Sub von Yamaha (Yamaha NS-SW200) der nur die Hälfte kostet, und sehr gut sein soll. Man kommt dann aber doch auf ca. € 564,00.
Das ist dann doch mehr als das Doppelte des Preises vom Edifier-System. Lohnt sich aber mMn.

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oXe

Mitglied

37 Kommentare 7 Likes

Es ist wie immer und überall.
Wenn du zu viel Geld für etwas ausgibst, dass den Zweck erfüllt, dann hast du nur etwas Geld verloren.
Wenn du zu wenig Geld ausgibst und es den Zweck nicht erfüllt, wirst du dich ärgern, hast Zeit verplempert und kaufst später ein zweites mal.

Für mich gibt es bei Lautsprechern keine Kompromisse, weil Lautsprecher in der Regel nicht kaputt gehen (außer man zieht im strömenden Regen um). Ich habe vor Jahren mit einem günstigen AV-Receiver und 2x nuBox 683 angefangen und das System immer weiter aufgebohrt. Das würde ich jedem empfehlen, der irgendwann "mehr" Lautsprecher anstrebt.

Heute würde ich einen gebrauchten 5.1 Receiver und 2 nuBoxx B-40 kaufen. Dann irgend einen Subwoofer und dann das System weiter ausbauen.
2.0 (2x B-40) -> 2.1 (Sub dazu) -> 4.1 (Hier muss man dann entscheiden, ob man Standlautsprecher für vorne nimmt und die B-40 für hinten nutzt, oder ob man einfach 2 weitere B-40 dazu kauft) -> 5.1 (B-50 Center dazu) -> 7.1 (Ab hier bräuchte man dann einen anderen AV und 2x Atmos LS)

Igor hat auch immer mal wieder aktive Nubies getestet und wurde bisher nie wirklich enttäuscht, oder?

Gruß Stefan

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e
eastcoast_pete

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1,519 Kommentare 859 Likes

Man kann mit einer Ente sehr wohl beim Grand Prix antreten, allerdings darf man sich dann nicht wundern, wenn man auf einmal einen Rennwagen im Hintern der Ente hat 🦆.
Aber ja, für das Geld passt das schon, solange man sich über die begrenzten Möglichkeiten im Klaren ist.

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Ghoster52

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1,423 Kommentare 1,085 Likes

Danke für den Test! (y) Tröten sind immer willkommenes Beiwerk. 🥰
Das Frequenzweichen fehlen ist schon fast ärgerlich, weil die Dinger "drüben" für'n Appel und Ei zu haben sind.
Die 10-20 € hätte man gern in die Hand genommen. Die Weichen sind erschreckend günstig in CN. Beispiel
In "D" bekommt man da eventuell nur ein 10er Pack Widerlinge...

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ssj3rd

Veteran

219 Kommentare 155 Likes

Dafür braucht man aber Um- und evtl. Auf/Unter dem Schreibtisch enorm viel Platz. Hat nun wirklich nicht jeder…

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R
RichardPickman

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30 Kommentare 13 Likes

Ok, wieder zurück zu Mackie Speaker ans Audiointerface. Schade, dass es PC Audio immer noch nicht geschafft hat.

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Fresh-D

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70 Kommentare 10 Likes

@Igor Wallossek
1. Seite ;)

Topic:
Danke für den Test Igor.

In meiner Welt sind die 200€ eigentlich kein Einstieg mehr, aber im Bereich Audio sind die Preisvorstellungen ja sowieso eher mehr mit Gefühl als mit der Realität verbunden.
Zum Glück ist das Angebot günstiger Einstiegslösungen mit den Jahren größer geworden als früher, auch dank der Bluetooth Lautsprecher.

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Kolossus

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52 Kommentare 15 Likes

Um klassische Musik mit Frequenzen unter 100 Hertz präzise wiederzugeben, ist schon im Vorfeld klar, dass dieses System dies niemals können wird. DEN Test hätte man sich sparen können. Selbst als Ersatz für die nicht immer volumige Wiedergabe der Flachbildfernseher taugt das nicht, da ist schon die eine oder andere Null an die 200 anzuhängen, um ein brauchbares Klangbild zu erhalten.

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S
Senfgurke

Mitglied

28 Kommentare 5 Likes

Ich war auch schon drauf und dran mir sowas zuzulegen.
Danke für den Test Igor. Das Geld geht ins Sparschwein.

Sound wird im PC aber leider immer noch sehr vernachlässigt. Ich als Gelegenheitszocker mit meiner Creativ ZB bin auch schon genervt weil sie "nicht alle Zoundereignisse" im Game rüberbringt. Gehts drunter und drüber "verschluckt" sie einige Ereignisse. Zudem ist der Equlizer echt ein Krampf, dh. die Karte fürs Gamen viel zu basslastig für meinen Geschmack. Also anderes Profil laden. Aber ... zuviel Bässe.

Aber das Gamen ohne einen sehr guten Sound ist echt was zum Abgewöhnen! Das bremst die Immersion drastisch aus!

Musikhören ist ok. weils da "ruhiger" zugeht und die HyperX sehr gut was rüberbringen. Sowohl beim Gamen als auch bei der Musik. Sie sind auch sehr reaktionsschnell und nehme alles schnell mit was die Karte hergibt. Aber mit der o.g. Soundkarte? Da muss wohl was Neues her. Aber was? Ist der Soundchip fürs Gamen auch schnell genug?

Null Ahnung. Null Tests.

Also: Neue Soundkarte bestellen. Selber testen. Und dann zurückschicken. Ist aber auch irgendwie nervig.

Grüße!

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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