Prozessor Testberichte

Sparsamkeit gabs schon einmal: AMD FX-8370E im Test und mehr Effizienz dank angezogener Handbremse | Rückblick

Testaufbau und Messgeräte

Stellen wir also wie bereits angedroht die Leistungsaufnahme in den Mittelpunkt unserer Analysen. In unserem deutschen Labor haben wir wie immer keinen Aufwand gescheut, alle Kabel für die Messung direkt am Mainboard entsleevt und das Mainboard zudem etwas modifiziert. Nun haben wir die exakt gleichen Messmöglichkeiten wie bei den Grafikkarten, die auf dem schnellen, speicherfähigen Mehrkanal-Oszillografen HAMEG HMO 3054 und geeigneten Stromzangenadaptern vom selben Hersteller basieren.

Damit messen wir die Leistungsaufnahme der CPU in Form des tatsächlichen Inputs, der am Mainboard für die CPU anfällt, und der auch die Verluste der Spannungswandler mit beinhaltet, die je nach Last bis zu acht Prozent der Messwerte ausmachen.  Da uns das von AMD bereitgestellte ASRock-Board leider keine genaue Analyse der kompletten VR-Daten erlaubt, haben wir diese Verluste diesmal NICHT abziehen können. Die tatsächliche Leistungsaufnahme der bloßen CPU liegt also noch einmal ein klein wenig niedriger als nachfolgend angegeben. 

Testssystem
Komponenten: AMD FX-8370E
ASRock Fatal1ty 990FX Killer
16GB Radeon DDR3 1866
Samsung 840 EVO 500GB
Be Quiet Dark Power Pro 1200W
Microcool Banchetto 101
Kühlung: be quiet! Dark Rock Pro 3, Luftkühler
be quiet! Shadow Rock Slim, Luftkühler
Messverfahren: berührungslose Strommessung an allen Schienen
Spannungsmessung
Infrarot-Überwachung in Echtzeit
Messgeräte: 1x HAMEG HMO 3054, 500 MHz 4-Kanal-Oszillograph mit Speicherfunktion
4x HAMEG HZO50 Stromzangenadapter (1mA-30A, 100 KHz, DC)
4x HAMEG HZ355 (10:1 Tastteiler, 500 MHz)
1x HAMEG HMC 8012 Digitalmultimeter mit Speicherfunktion
1x Optris PI450 80Hz Infrarotkamera + PI Connect

Infrarot-Messungen mit der Optris PI450

Jetzt wird es hochinteressant, denn wir verwenden zum Gegentest dessen, was uns die Sensoren liefern, mit der PI450 eine von Optris speziell für die Prozessüberwachung entwickelte Infrarotkamera. Mit einer Rate von 80 Hz liefert sie uns Echtzeit Wärmebilder in Höchstgeschwindigkeit, die via USB auf ein separates System übertragen werden, so dass wir diese Vorschau bei Bedarf auch als Video aufzeichnen können. Mit einer thermischen Empfindlichkeit von 40 mK eignet sie sich speziell zur Erkennung minimaler Temperaturunterschiede, was uns natürlich sehr entgegenkommt.

 

Luftkühlung mit dem be quiet! Dark Rock Pro 3

Wir haben das Testsystem für bessere Übertaktbarkeit zunächst mit dem be quiet! Dark Rock Pro 3 bestückt, einem großen Dual-Tower-Kühler mit zwei Lüftern, die wir automatisch von der CPU-Temperatur steuern lassen. Dieser riesige Kühler hat die entstehende Abwärme der CPU selbst bei maximaler Übertaktung so gut im Griff, dass diese Lüfter mit unter 800 U/min laufen können. Dadurch arbeitet der mit Lüftern rund 1,2 Kilogramm schwere Kühlriese in der Praxis so leise, dass wir an die Grenzen unseres Mess-Equipments kommen und angesichts der annähernden Unhörbarkeit im Rahmen dieses Tests auf eine Schallpegelmessung verzichten. Wer mehr über diesen CPU-Kühler wissen will, studiert einfach mal den oben verlinkten Vergleichstest.

Die Werte im Idle sind selbst nach dem Abkühlen einer längeren Testphase extrem niedrig. Wir starten, wenn wir an der Heatpipe nur noch ca. 30°C messen und auch der Rest gut abgekühlt ist.

Da wir am Schluß auch noch die optimale Variante als Kompromiss von Übertaktung, Spannung und Kühlung ausloten wollen, werden wir diesen massiven Kühler später noch gegen ein preiswerteres Modell austauschen und eine Empfehlung abgegeben.

Allerdings müssen wir zum Mainboard noch eine weitere Kritik loswerden, denn 75°C im Idle sind für einen nicht belastetes Chipsatz viel zu hoch. Im eingebauten Zustand haben wir auf der Oberfläche des Kühlkörpers später sogar deutlich über 80°C gemessen – viel zu viel für unseren Geschmack und auch den Mittelfinger der rechten Hand, der beim Wechsel der Grafikkarte in Folge einer ungewollten Kontaktaufnahme recht schmerzhaft in Mitleidenschaft gezogen wurde.

AMD FX-8370E beim Standardtakt (3,3 GHz)

1. Kernspannung (Vcore)

Zunächst betrachten wir die Werte für die anliegende Kernspannung, die von den VRM (Voltage Regulator Module, Spannungsregler) bereitgestellt wird, denn exakt diese Spannung entscheidet am Ende ja auch über Leistungsaufnahme und anfallende Abwärme. Mit durchschnittlich 1,17 Volt liegt der Wert etwas niedriger als die BIOS-Vorgabe (1,1850 Volt). Interessant ist, dass die Werte bei der automatischen Voreinstellung des Mainbards doch sehr stark alternieren, was später bei der manuellen Einstellung der Spannungswerte nicht mehr der Fall ist. Der Turbo-Takt sackt beim Stresstest aufgrund der hohen Auslastung stellenweise bis auf den Basistakt ab.

2. Leistungsaufnahme

Betrachten wir nun, was wir insgesamt für CPU und Wandler zuführen müssen. Sind es im Idle noch knapp 17 Watt, so messen wir an der Versorgungsschiene für die CPU ganze 75 Watt, was uns mehr als verblüfft – in einem positiven Sinn. Denn genau so hätten für uns die FX-Prozessoren schon immer gewüscht! Zieht man die Spannungswandler-Verluste nämlich noch ab, liegt man locker bei ca. 65 bis 68 Watt für die CPU allein. Sicher, aktuelle Intel-CPUs der gleichen Leistungsklasse unterbieten diesen Wert, aber nicht mehr so extrem wie gern kolportiert. Bleiben wir also fair.

 

3. Temperaturen

Die Temperaturen sind im Idle-Betrieb und unter Last ebenfalls erfreulich niedrig, so dass man hier am Ende sogar einen der alten Boxed-Kühler ohne Ohrenschäden hätte verwenden können.

Die Heatpipe des Tower-Kühlers ist ganze 34 °C warm, was durchaus begeistern kann, denn die gesamte Umgebung einschließlich RAM und Spannungswandler sind deutlich wärmer als Kühler und Heatpipes. Ganze 40 °C in der CPU fürs Package sind zudem ein Spitzenwert.

Setzt man Leistungsaufnahme und Performance ins Verhältnis, dann erhält man einen interessanten 8-Kerner, der meilenweit von dem entfernt ist, was AMD noch mit den älteren Modellen der FX-Reihe angeboten hat. Auch wenn der niedrige Takt zu Lasten der Gesamtleistung geht, ist diese CPU genau das, was sie beim Erscheinen der neuen FX-Reihe hätte sein können und sollen. Nur leider fast zwei Jahre zu spät.

 

Kommentar

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DrDre

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240 Kommentare 93 Likes

Die liefen gar nicht schlecht. Ich hatte den 8320E, oc auf 4,2GHz noch bis vor ca 3 Jahren. Lief schön kühl und hat alles mitgemacht.

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Derfnam

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Sag mal: haste da über mir jetzt mehr abgesetzt als AMD damals von dem Prozessor?

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ChaosKopp

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Der Rückblick ist fast interessanter, als der zu erwartende Test.

Ein weiter Weg, den AMD überlebt hat seit Bulldozer.

Die neue CPU ist zwar für Spieler die interessanteste, aber man kann ja grob erahnen, wo diese performancetechnisch landet.

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Casi030

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Ich würde sagen bei gleicher Leistung 10Watt.:ROFLMAO:

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big-maec

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Rückblicke finde ich gut, hat mich daran erinnert, dass ich auch noch ein altes AMD AM3+ System habe.

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Gamer_One

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16 Kommentare 3 Likes

Hi,
Auf Seite 6. sind 2 Zahlendreher 3870E
- Auch die APU zeigt dem FX-3870E nämlich die Rücklichter
- dem FX-3870E in allen drei Taktstufen

Ich selbst hab nicht viel von den FX-CPUs gehalten, war da nur mit Intel zufrieden in der Zeit.
Habe aber als HTPC einen A10-7800 gehabt und immer noch im Schrank. Wobei das System nur mit dem entsprechenden Speicher auch schnell war (2R/DualRank/2133)

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LurkingInShadows

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220W, hat da ein Designer von AMD zu Intel gewechselt?

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e
eastcoast_pete

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Aus meiner Sicht eher ein leichter Gasfuß als eine angezogene Handbremse 😁. Die (Handbremse, wenn sie nicht ganz löst) kostet nämlich deutlich Sprit; eine Uralt Karre die ich als Student hatte war ein Beispiel dafür (Bowdenzug nachgeölt, dann war's wieder gut).
Aber - zurück zu CPUs- , gerade bei denen skaliert die Rechenleistung eben nicht linear mit dem Takt und Stromverbrauch. Sieht man ja wieder mit den Alder und Rocket Lake CPUs von Intel. Die letzten ~100 W die man da durchprügeln kann bringen nur wenige Prozent mehr Leistung.

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LurkingInShadows

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Festgerostete Trommelbremsen haben auch was nettes (nicht).

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M
Mr.Danger

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77 Kommentare 43 Likes

Zufälligerweise habe ich in der letzten Woche den original Artikel gelesen.
Ich habe hier auch noch ein 8370E in einem 2. System bei 4.45 GHz und 1.35V laufen. Der läuft mit einer meiner auf 170W gedrosselten RTX 3080TI bei B2042 bei ca. 400W und 35 FPS😜 Lastverhältnis CPU/GPU 100/40% 🦧

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eastcoast_pete

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1,475 Kommentare 832 Likes

Hatte ich glücklicherweise nie. Wenn die richtig festgerostet sind, hilft wohl nur noch: heiß machen - brachiale Gewalt (Hammer) - Kriechöl - mehr brachiale Gewalt usw.
Dafür war bei meinen Billig Kisten aber vieles andere ver- und durchgerostet. Aber, was soll man machen, wenn das Geld knapp ist; das vermisse ich auch nicht.

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iljalein

Neuling

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Da kommt mit das alte Boockheizkraftwerk FX 8350 in den Sinn. Er lief bei mir mit 5,2 GHz und 1,55 V unter Wasser zu ca. 450 Watt an seiner Grenze. Schöne Zeiten.

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P
Pu244

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30 Kommentare 11 Likes

Naja, ich würde da viele Worte benutzen, aber "Effizienz" käme nicht vor. Zum Vergleich: der i7 3770K hatte eine TDP von 77W und hat damit alle FX 8000er vernichtend geschlagen.

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Aleister

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@Igor Wallossek
Na da hast Du für Deinen damaligen Test aber ein blödes Mainboard bekommen!!!
Der 8370E war eine hervorragende CPU, wenn man denn etwas über das Übertakten lernen wollte. Habe den mit einem guten Mittelklasse Mainboard unter einem sehr aufgeräumten Windows 10 System im Cinebench R15 einen Wert von 113, bzw. 110(denn wegen Spectre und Meltdown) im Single-Threaded Test entlocken können!!!
Und wir reden hier noch nicht über absurde Verbrauchswerte! Man musste nur beim HT bzw. Speichertakt ein wenig rechnen können, denn einen hatte er bei mir im Bios nicht umgerechnet, wenn man denn den BLCK angehoben hatte. Der eigentliche Trick bei der CPU war, mit dem BLCK, dem Multiplikator und dem HT Takt rumzuspielen ;-)
(Der HT Takt[+?da gabs glaub ich auch noch einen 2. Systemtakt?!] musste hoch bei dem Ding....das brachte Vorschub)
Dazu einen DDR3 Takt von ca. 2050-2200MHz und schon lief die Kiste ;-) die CPU lag dann so bei knapp unter 4450MHz. Auch konnte man unter Windows 10 schön die Abschaltung der Kerne und ein Runtertakten der CPU auf weit unter Basistakt hinbekommen. Das hat dem Cinebench R15 Test, wenn man denn alle Kerne getestet hat, auch keinen Abbruch getan. Klar haben Intel Cpu´s, zu ihrer Zeit, den armen kleinen Kerl in einiger Hinsicht geschreddert - doch war dieses Teil bis heute meine heimliche lieblings CPU.
Aber um fair zu bleiben muss ich zugeben, dass ich meinen 8370E erst kurz vor Erscheinen von Ryzen1 gekauft hatte.
Trotzdem cooler Artikel, der einige Erinnerungen daran weckte wie man aus einer CPU die annähernd beste Leistung rauskitzelt, ohne zum nächsten Fernwärmeerzeuger in der hiesigen Nachbarschaft zu werden ;-)
---Grüße---

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Klicke zum Ausklappem
Igor Wallossek

1

10,198 Kommentare 18,814 Likes

Ein Kollege einer heute noch existierenden großen deutschen Webseite hatte sogar Brandblasen von Chipsetkühler dieses Drecksboards :D
Meine Haut war auch ab, als ich die Grafkkarte gewechselt habe und mit den Fingern auf genau diesen "Kühler" gekommen bin. 105 °C waren schon pervers...

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Aleister

Mitglied

19 Kommentare 3 Likes
Aleister

Mitglied

19 Kommentare 3 Likes

Naja, das erklärt auch recht gut, warum ihr damals nicht die internen Systemtakte in die Höhe katapultieren konntet. Wie warm soll so ein Chip noch werden?!!
Mit einem Mainboard wie dem ASUS M5A97 R2.0 gab es solche Probleme absolut nicht ¯_(ツ)_/¯

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T
Thomas2605

Mitglied

31 Kommentare 13 Likes

Interessant wäre wie sich so ein "quasi" 8-Kerner in heutigen Spielen und Anwendungen gegen seine damaligen P/L Konkurenten i5-4570 schlagen würde...
damals waren ja sogar die i5 durch die noch nicht so verbreitete Mehrkernunterstützung schneller...
Wenn ich Zeit finde versuche ich mal paar Benchmarks zu machen... Habe noch einen [email protected] mit einer GTX1060 laufen und auch noch einen i5-4570 und einen i7-6700 mit Boards im Schrank liegen...

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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