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Zu meinem Leidwesen hat sich seitens der Motherboardhersteller seit dem ersten Erscheinen 2018 nur wenig getan, um die gravierenden Nachteile einer oft sehr nah an den Grafikkarten verbauten Soundlösung zu beseitigen under wenigstens zu lindern. Im Gegenteil, die aktuellen Layouts halten selten Schritt mit den immer stärkeren Lastspitzen aktueller Grafikkarten und deren “Einstreuung” aufs Gesamtsystem. Egal, ob es nun die Einstrahlung hochfrequenter Wellen oder der Einfluss über die Spannungsversorgung ist, es zirpt unter Last immer noch zum Gotterbarmen. Zum Thema Onboard-Sound habe ich zwischenzeitlich noch Einiges an Grundlagen veröffentlicht, bis hin zu Datenblättern und genaueren Erklärungen. Das alles werde ich nun heute für Euch noch einmal zusammenfassen, einbinden und etwas übersichtlicher gestalten.
Warum dieser Artikel?
Warum ich allerdings nun den den Onboard-Sound auf vielen Motherboards für schlecht oder zumindest nicht optimal halte, will ich in dieser Analyse gern im Detail erklären. Die üblichen Tests (und das Marketing) fokussieren sich meist nur auf den DAC und die Codecs, eiern aber am eigentlichen Problem geschmeidig vorbei. Was haben gute Kopfhörer, eine potente Grafikkarte, ein mittelpreisiges Motherboard, ein Oszillograph, ein sehr gutes Multimeter und ein Satz geschulter Ohren miteinander zu tun? Finden wir’s raus!
Und noch etwas, bevor ich anfange. Das hier genutzte Mainboard MSI Z370 Gaming Pro Carbon ist noch nicht einmal schlecht, eher im Gegenteil. Es ist eines von den besseren und steckt im VGA-Testsystem für 2018/2019. Es gibt nämlich noch deutlich extremere Mainboards, bis hin zu den extra-fiesen Audio-Komplettverweigerern, meist aus dem 100-Euro-Regal (und darunter). Aber wenn selbst schon so ein Mainboard, wie das für diesen Test verwendete, nicht wirklich überzeugen kann, wie grausam muss dann wohl die Realität der Billigheimer sein?
Sicher, es gibt auch Motherboards z.B. mit einem ESS SABRE 9218, der 2 Vrms am Kophörer-Ausgang liefern soll (z.B. auf einem Aorus X299 Master), aber das sind leider echte Ausnahmen. Doch wie bereits angeteasert – auch die Pegel sind leider allein nicht alles. Und auch ESS schreibt leider nicht, bei welcher Impedanz die 2 Vrms anliegen werden. Das werde ich im nächsten Test aber bestimmt herausfinden, denn ein “bis zu” ist schwammiger als Sponge Bob nach 2 Stunden Spülmaschine.
Was dieser Artikel bietet und welche Fragen er beantwortet, ist schnell zuammengefasst:
- Analyse des maximal möglichen Ausgangspegels (“Lautstärke”)
- Warum nicht jeder Kopfhörer so klingt oder so laut ist, wie man es gern hätte
- Wo die lästigen Störgeräusche (auch am Desktop) z.B. beim Scrollen herkommen
- Warum potente Grafikkarten unter Last beim Gaming das Klangbild zusätzlich stark verfälschen können
- Wie man diesen Knoten durchbrechen kann
- Übersicht über einige der verwendeten Soundlösungen samt Datenblättern
Was dieser Artikel nicht bieten kann und will:
- Voodoo über teure DACs und japanische Edelkondensatoren
- Werbung für überteuerte Sound-Lösungen und Goldkabel
- Professorales Technik-Geschwurbel aus dem Elfenbeinturm der audiophilen Ersatzreligion
Ja, es gibt eine Menge guter Reviews über den Onboard-Sound und sogar Blindtests, die beweisen (wollen), dass es nicht immer die überteuerte Soundlösung sein muss, die zum täglichen Glücklichsein notwendig scheint oder als solche zumindest mantraartig propagiert wird. Was jedoch fast alle Tests generell falsch machen: man spielt Musik ein, ohne Prozessor- und Grafikkartenauslastung und beurteilt einen Zustand, der z.B. beim Gaming so nie eintreten wird.
Auch wird wohl bei geschmeidiger Klassikbeschallung in so einem Test niemand am Bildschirm hin-, her, hoch und runterscrollen. Das ist reichlich praxisfern und beweist eigentlich nur, dass die DACs (digital-to-analog converter) aktueller Motherboards mittlerweile besser sind, als ihr Ruf. Das Problem ist allerdings, dass der Digitalteil schon lange keine Schwachstelle mehr darstellt, sondern dass der analoge Zweig einschließlich aller Signalwege auf dem Motherboard der eigentliche Flaschenhals ist.
Mal abgesehen davon, dass die Effektivspannung (Vrms, erkläre ich gleich noch) zum sauberen An- und Aussteuern der Kopfhörer bei fast allen Motherboards viel zu niedrig ist, sind die “Einstreuungen” (Interferenzen, Transienten) durch eine potente Grafikhardware eine echte Schwachstelle, denn die EMV-Tests und die erteilten CE-Zertifikate betreffen den GHz-Bereich, nicht aber das, was als zusammengemixter Frequenzmüll am Ende in unseren Ohren landet. Oft genug kann man ja auch noch hören, was man sieht, leider.
Ohne jetzt zu technisch zu werden: an den Nichtlinearitäten so mancher Verstärkereinheit entstehen Mischprodukte aus diversen Signalen, direkten und indirekten, denn jede nicht abgeschirmte, metallische Fläche wirkt zeitgleich wie eine kleine Antenne. Da wird gleichgerichtet und intermoduliert bis der Arzt kommt. Glaubt Ihr nicht? Das lässt sich messen und nachweisen. Sogar dort, wo ungeübte Ohren erst einmal noch gar nichts wahrnehmen können oder wollen.
Außerdem betreibt man (oft ohne es zu wissen) seine Kopfhörer am Audio-Ausgang seines Motherboards weit unter Wert! Ich habe deshalb ein Extra-Kapitel eingefügt, das sich speziell damit befasst. Denn Vollaussteuerung, Übersteuerung, Verzerrungen (“Klirr”) oder der noch (subjektiv) sauber zu erreichende Maximalpegel als akustischer Mehrwert sind ein wirklich düsteres Onboard-Kapitel für sich. Und oft genug werden entweder Kopfhörer als Gurken abgestempelt, obwohl eigentlich nur das Motherboard nicht mitspielt, oder ihr “schlechter und unsauberer” Klang kritisiert, nur weil viel zu zeitig einsetzende Verzerrungen das Klangbild negativ beeinflussen. Herr und Frau Gamer mögen es gern laut, aber genau daran scheitern fast alle Onboard-Lösungen grandios. Das Schöne daran: auch dies lässt sich einfach messen und nachweisen.
Messaufbau und Tests
Da wir uns auf zwei inhaltlich komplett voneinander unabhängige Themen konzentrieren müssen, teile ich diesen Artikel auch in einzelne Themenbereiche auf, die dann wiederum auf verschiedenen Einzelmessungen und Analysen basieren. Im Detail wird dies dann so ablaufen:
- Messung der maximal erreichbaren Ausgangsspannungen an 32 und 500 Ohm (Vrms) zur Lautstärke- und Kopfhörerbeurteilung
- Messung der Störspannungen bei verschiedenen Grafiklasten und Ausgangsimpedanzen
- Detailanalyse der Störspannungen mit verschiedenen Grafikkarten
- Vergleich von analogen und digitalen Ausgängen bei separaten Soundlösungen
Ich messe die Ausgangsspannungen generell mit dem hochauflösenden Oszillografen, mache aber auch mit dem Speichermultimeter vor jedem Durchlauf die nötigen Plausibilitäts-Checks. Das Schöne an diesem Multimeter ist z.B. die sehr hohe Empfindlichkeit und die Möglichkeit, auch Frequenzen der gemessenen Wechselspannungen zu bestimmen und exakt zu kontrollieren. Am Ausgang nutze ich im vereinfachten Messaufbau nur ohmsche Lasten, schließe den Ausgang der Sound-Lösungen also mit einem 32- oder 500-Ohm-Widerstand ab. Offen laufende Ausgänge wären ja reichlich praxisfern und damit auch sinnlos.
Die niederohmigen Messungen sind interessant, wenn es um Mainstream-Kopfhörer mit Impedanzen zwischen 16 und 50 Ohm geht, die anderen Messungen mit dem Abschlusswiderstand von 500 Ohm sind wichtig für den Anschluss von externen Lautsprechersystemen (analoger Eingang) oder hochohmigen Kopfhörern mit Impedanzen zwischen 250 und 600 Ohm. Denn auch die gibt es (nicht nur, aber vor allem) im professionellen Umfeld (dann recht häufig).
Bevor ich nun zu den Messungen und thoretischen Grundlagen komme, habe ich für Euch auch noch einmal die wichtigsten Onboard-Chips als detaillierte Übersicht und Gegenüberstellung parat. Bitte Umblättern!
- 1 - Problemstellung und Testaufbau
- 2 - Realtek ALC1220 vs. Realtek ALC1200
- 3 - Realtek ALC4080 und ALC4082
- 4 - Datenblätter: Realtek ALC1200, ALC 1220 und ALC 4080 / ALC4082
- 5 - Effektivspannung, Ausgangsleistung und Schallpegel
- 6 - Grafikkarten und Intermodulation
- 7 - Zusammenfassung, Fazit und Vorschau
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