Waffengeräusche sind sehr komplex, denn neben dem Mündungsknall gibt es noch Luft- und Fluggeräusche und gegenenfalls auch Reflexionen. DEN Waffen-Sound gibt es nicht und je nach Kaliber und Richtung klingt jede Waffe anders.
Schrotflinte (Shotgun), Einzelschuss
Der Auftritt ist breitbandig und voluminös, benötigt aber zur guten Wiedergabe das gesamte Frequenzspektrum, denn wir sehen trotz des Gesamtumfangs sehr charakteristische Peaks einzelner Frequenzen.
Explosionsknall
Eine Stange C4 klingt komplett anders, es ist eher eine Art abklingenes Rosa Rauschen nach einem sehr hohen Initialpegel.
Panzerkanone, Einzelschuss
Die relativ dumpfe Kanone eines frontal heranrollenden Panzers kommt eher dem Abbild der Explosion nahe und auch eine räumliche Ortung fällt schwer, wie das Stereo-Spektrum deutlich zeigt. Lag die heller klingende C4-Explosion aber noch bei bis zu 20 kHz, ist die Panzerkanone mit dem Spektrum bis zu 12 kHz dumpfer und in sich voluminöser.
Langläufiges Präzisionsgewehr (Sniper Rifle), Einzelschuss
Das Geräusch basiert auf zwei akustischen Säulen: dem breitbandigem Mündungsknall mit dem Peak bei etwa 500 Hz und den Flug- und Luftgeräuschen mit dem Peak bei rund 2,5 kHz. Trifft man hier auf das übliche 400-600-Hz-Loch und die 3-kHz-Peaks, dann geht der Mündungsknall unter und das Geräusch wird eher zu dem einer heller klingenden Kurzwaffe.
Kurzläufige Pistole (9mm), Einzelschuss
Die heller klingende Pistole ist sehr breitbandig und erinnert fast schon an Weißes Rauschen. Jedes Sounding würde den Charakter dieser Waffe schon merklich beeinflussen. Kleine Spielereien am Equalizer disqualifizieren diese Pistole zum Kleinkaliber (zu starke Höhenanhebung) oder machen gar einen fetten Colt daraus (zu viel Oberbass und untere Mitten).
Automatische Waffen, lange MPi-Salve im geschlossenen Raum
Wie unsere nächste Grafik zeight, ist eine längere MPi-Salve von ca. 20° links in Bezug auf räumliche Ortung durchaus problematisch, da die stakkatoartigen Mündungsexplosionen die Reflexionen, die uns bei der Orientierung helfen würden, vollends überlagern und eine Vermischung zu einem lauten Knallbrei stattfindet. Es ist eben einfach nur laut.
Spiele, bei denen so eine Salve auch in kleineren, geschlossenen Räumen bei solch geringeren Winkeln gut räumlich zu orten sind, liegen weit von der Realität entfernt; hier wurde arg nachgeholfen.
Automatische Waffen, drei kurze MG-Salven im Freien
Was passiert im Freien, wenn die Reflexionen wegfallen? Eine MG-Salve nutzt das ganze Spektrum beim Knall sehr gleichmäßig, die Folgegeräusche sind aber auch im Freien noch bis ca. sechs kHz zimlich linear. Unterhalb von ca. 350 Hz passiert dann nur noch direkt beim Münungsknall ein wenig. Eine zu hohe Bassanhebung bis in den Oberbass lassen solche Salven zu wahren Kanonenschlägen mutieren.
Egal, ob nun Schusswaffen aller Art oder eine reine Explosion eines Sprengsatzes – nichts ist breitbandiger als ein Knall! Sounding trägt zu nichts weiter bei als zur Verfälschung der Wahrnehmung und dem Verlust des Klangcharakters einer Waffe. Bei der Orientierung hilft es nämlich definitiv nicht weiter. Ein zu starker Bass zerstört zudem jede Realität und hinterlässt ein matschig dumpfes Erbe. Zu viele Höhen bewirken das genaue Gegenteil und bestücken das Schlachtfeld mit lauter albernen Kleinkaliberwaffen.
Bei vielen Headset-Sound-Interpretationen, bei denen vor allem mit FPS-Qualitäten geworben wird, fragt man sich allenthalben, ob die am Sound-Design Beteiligten überhaupt jemals eine Waffe in der Realität gehört haben. Schlamm fressen statt Pizza und Pommes hätte auch da mit Sicherheit ab und an weiter geholfen.
Vorbeifahrender Truck
Die Motor- und Abrollgeräusche der Reifen verschmelzen zu einem relativ breitbandigen Gesamtkunstwerk, das ziemlich basslastig ist. Allerdings sind für die Abrollgeräusche auch die oberen Bereiche des Spektrums wichtig, sonst wird aus jedem Fahrbahnbelag schnell eine muffige Sanddüne.
Vorbeifahrendes Kettenfahrzeug (Panzer)
Im Gegensatz zum dumpfen Truck passiert hier noch richtig was! Neben dem Motorgeräusch sind es vor allem die Ketten, deren typisches und sehr komplexes Geräusch die Wiedergabegeräte fordern. Hierbei werden auch verschiedene Frequenzbereiche stärker genutzt, so dass es vor allem auf deren detailgetreue Wiedergabe ankommt.
Vorbeifliegender Düsenjet
Schön anzusehen: der sogenannte Dopplereffekt beim Vorbeifliegen! Hier vereinen sich zudem Triebwerks- und Luftgeräusche zu einem interessanten Potpourri.
Stationär schwebender Helikopter
Einen vorbeifliegenden Hübschrauber hatten wir ja eingangs schon einmal, hier nun die über unserem Kopf schwebende Variante. Am prägnantesten sind hier wieder die breitbandigen bzw. hochfrequenten Rotor- und Abrissgeräusche der Luft, der Motor gibt dazu dann die sehr basslastige Grunduntermalung.
Komplexe Situation: Schlachtfeld mit MG-Feuer, Detonationen und Kettenfahrzeugen
Das ist einfach nur noch Lärm – oder doch nicht? Spielt man dieses Material in minder- oder höherwertige Headsets ein, dann wird man bei den wirklich guten Exemplaren die Augen aufreißen, wenn man nur billigen Akustikmatsch gewohnt ist. Genau an dieser Stelle greift nämlich das, was ich bereits auf der zweiten Seite zur Auflösung und detaillierten Wiedergabe geschrieben habe.
Nur die besten (und vor allem auch pegelfesten) Treiber kommen mit einer solch komplexen Anhäufung von akustischen Ereignissen noch gut zurecht. Das Heraushören einzelner Schallquellen und deren räumliche Ortung sind die hohe Schule der Kopfhörerwiedergabe und einzig und allein der Qualität der Treiber geschuldet. Der ganze Dolby-Kram hilft hier ohne den passenden Unterbau kaum weiter, ganz im Gegenteil.
Komplexe Situation: Schachtfeld mit überfliegender Flugzeugstaffel
Nicht nur ein Düsenjet, sondern gleich mehrere machen das Schlachtfeld komplett. Ansonsten gilt das bereits eben Geschriebene: Der beste Kopfhörer ist dafür gerade gut genug!
Vor allem bei komplexen Situationen stehen perfekte Auflösung, detailgetreue Abbildung des Frequenzspektrums und eine hohe Pegelfestigkeit im Vordergrund. Das nachträgliche Beeinflussen einzelner Frequenzbereiche durch das Headset erschwert zudem die räumliche Ortung solch vieler eher breitbandinger Schallquellen.
- 1 - Einführung und Übersicht
- 2 - Alles über Schall und Frequenzen
- 3 - Räumliches Hören, Surround und viel Voodoo
- 4 - Sounding: Markting-Gag oder Skill-Verstärker?
- 5 - Menschliche Sprache, Tiere, Bewegungen
- 6 - Typische Kampf- und Transportmittelgeräusche
- 7 - Wie wir messen und urteilen
- 8 - Fazit und Zusammenfassung
2 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
1
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →