Grundlagenartikel Kühlung Praxis Testberichte Wasserkühlung

Der große Radiator-Material-Test: Wie viel Kupfer und Technologie stecken im Watercool Mo-Ra3 360 Pro? | Teil 4

Im heutigen vierten Teil opfere ich im Dienste der Wissenschaft meinen privaten Mo-Ra3 360 Pro aus dem Labor, weil einfach Platz für etwas Größeres benötigt wurde. Ja, ich gebe es zu, dass man den funktionierenden Radiator, den es in dieser Größe leider nicht mehr neu zu kaufen gibt, sicher auch bei kleinanzeigen.de noch gewinnbringend hätte verkaufen können. Doch Erstens mache ich so etwas generell nicht und Zweitens war die Neugier am Ende dann doch größer als das Streben nach Gewinnmaximierung, weil mich mittlerweile auch sehr viele Anfragen zu diesem Monster erreicht haben. Ja, etwas schade war es dann schon, aber egal. Zerteilt ist zerteilt und woher meine Neugier stammt, erfahrt Ihr auch gleich.

Der Mo-Ra3 360 Pro ist mit 6,5 Kilo Brutto mehr als nur ein Ziegelstein, das Teil ist einfach nur eine Kampfansage an Arme, Hände und die zu kühlende Technik. Aber geschenkt, ums Kühlen geht es heute ja nicht, sondern allein ums Innenleben. Also quasi um eine Art Autopsie eines aufgeschnittenen Körpers. Und es wird auch im ein spezielles Löt- bzw. Schweißverfahren gehen, bei dem man gar kein herkömmliches Lot wie Zinn oder Blei verwendet. Aber dazu mehr auf der zweiten Seite.

Technische Details

Radiator Größe extern
Radiator Typ Multipass
Radiator Höhe (exakt) 65 mm
Radiator Breite (exakt) 383 mm
Radiator Länge (exakt) 415,5 mm
Radiator Höhe 50 – 59 mm
Radiator Breite über 200 mm
Radiator Länge 400 – 499 mm
Anzahl Wakü-Anschlüsse 6x G1/4 Zoll
Kühler Material Aluminium, Kupfer
Lüfter Kompatibilität 18x 120 mm, 8x 180 mm
Lüfter-/Radiator Befestigung M4 Gewinde
Druckgetestet 5 Bar
Gewicht in g (exakt) 6.500
Gewicht in g über 2500 g
Hauptfarbe Schwarz
Akzentfarbe Silber

Messing oder Kupfer?

Man darf Messing natürlich nicht generell verteufeln und Kupfer exklusiv heilsbringend loben, wenn es um rein thermische Belange geht. Etwas Zink schafft mehr Stabilität und lässt durchaus auch dünnwandigere Kanäle zu, wenn man diese Legierung bewusst für die Reduzierung der Wanddicken und damit auch des Wärmewiderstands nutzt. Dann kann man, gutes Engineering vorausgesetzt, sogar noch knapp unter die Werte von Kupfer in dickeren Wandungen kommen. Wenn man es will. Firmen wie Hardware Labs versuchen sich seit Jahren erfolgreich im Verkleinern der Strukturen, während andere mit Messing lediglich Kosten reduzieren. Der Teufel steckt also auch immer im Detail und darin, für welchen Weg man sich letztendlich als Firma entscheidet.

Doch wie ich im ersten Teil bereits schrieb: Die Alltags-Performance ist nicht der Gegenstand dieser Artikel-Reihe, sondern die reinen Materialanalysen und das Auffinden verbotener Stoffe. Ich bitte auch diejenigen, die diese Artikel in Ihren Medien übernehmen, wirklich die Nuancen zu beachten und die Inhalte nicht nur mit eigenen, dann auch mit etwas Pech missverständlichen Worten, auf eine kurze Form herunterzubrechen. Bei Blei ist das wirklich eindeutig und es muss vorbehaltlos kritisiert werden, beim Messing muss man das stets auch das Gesamtkonzept sehen.

Dazu kommt auch, das muss man beachten, wenn man es nicht mit rein deutschen Augen sieht, die unterschiedliche Bedeutung von Kupfer und Messing. Historisch gesehen unterscheidet man im englischsprachigen Raum eigentlich nur zwischen Kupfer- und Aluminium-Radiatoren. Die Feinheiten bezüglich der Unterscheidung zwischen Messing und Kupfer interessieren dort interessanterweise niemanden, erst recht nicht das Marketing. Das muss man im Hinterkopf behalten, wenn die jeweilige PR-Abteilung solche Webseiten erstellt und danach ins Deutsche übersetzt. Aber es geht ja heute um ein deutsches Produkt und die Befindlichkeiten der hiesigen Zielgruppe.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Radiatoren übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Test-Sample zur Kalibrierung

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Die Suche nach Blei habe ich deshalb nur bewusst im Prozentbereich gemacht, obwohl die RoHS ja sogar Spurenelemente kritisiert. Mehr zu Genauigkeit und Methodik habe ich weiter unten noch als Link zu einem separaten Artikel verlinkt.

Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

Weitere Artikel aus dieser Artikel-Reihe:

Watercool MO-RA3 420 LT schwarz (25100)

MindfactoryZentrallager: verfügbar, Lieferung 3-5 WerktageFiliale Wilhelmshaven: nicht lagerndStand: 29.04.24 22:58219,97 €*Stand: 29.04.24 23:02
Aquatuninglagernd: 10+219,98 €*Stand: 29.04.24 23:02
Caseking.deLagernd239,90 €*Stand: 29.04.24 23:02
*Alle Preise inkl. gesetzl. MwSt zzgl. Versandkosten und ggf. Nachnahmegebühren, wenn nicht anders beschriebenmit freundlicher Unterstützung von geizhals.de

 

Kommentar

Lade neue Kommentare

e
eastcoast_pete

Urgestein

1,484 Kommentare 839 Likes

Obwohl mir der Radiator zumindest zur Zeit deutlich zu groß wäre, war die Analyse und der Hintergrund spannend zu lesen. Und ja, so ein Radiator, bei dem die Kupferrohre mittels Induktionsschweißen so sauber und ohne Lot verbunden sind, spielt auch fertigungstechnisch in einer ganz anderen Klasse als die Billigheimer die dann auch noch mit Bleilot verlötet sind. Wenn's mal tatsächlich unbedingt ein "high end" flüssiggekühltes System sein soll, ist sowas wie der Mo-Ra dann auch eine konsequente Wahl für den Radiator. Das der auch mit der Abwärme einer Top dGPU und einer CPU am Anschlag fertig werden kann, glaube ich gerne.

Antwort 1 Like

echolot

Urgestein

932 Kommentare 723 Likes

Sehr ausführliche Materialanalye. Scheint sein geld wert zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es keinen deutschen Anbieter im Bereich des Induktionsschweißens auf diesem Gebiet geben soll. Osteuropäer machen das sicherlich auch. Und die Chinesen haben das für sich noch nicht entdeckt? Scheint ja eine recht ordentliche Methode zu sein um saubere Verbindungen herzustellen.

Antwort Gefällt mir

arcDaniel

Urgestein

1,615 Kommentare 878 Likes

Ich hatte einen und war sehr begeistert. Sollte ich allerdings wieder eine Wakü planen, würde ich sofort den 420iger nehmen, nimmt nicht viel mehr Platz weg man kommit mit 4*200mm Lüftern aus, welche sehr langsam (und somit unhörbar) drehen dürfen.

Antwort 2 Likes

Nulight

Veteran

228 Kommentare 149 Likes

Der MoRa 420 war meine beste Anschaffung.
Vier Noctua Lüfter samt Blende dazu und gut ist.
Die Weiße Edition macht sich wirklich gut und dank eines externen Standortes, mit der D5 und AGB am Radiator, ist das Büro schön leise.

Antwort 3 Likes

Ghoster52

Urgestein

1,412 Kommentare 1,068 Likes

Danke für den Test, aber es ist wirklich schade um den MoRa... 😢

Antwort 2 Likes

B
Besterino

Urgestein

6,735 Kommentare 3,329 Likes

Aua. Der gute Mora. :(

Aber für die Wissenschaft muss man (am besten: andere) ja Opfer bringen. ;)

Nun ist der 360 ja schon was älter - stellt sich die Frage, ob die Quali bei einem aktuellen 420er immer noch so gut ist? ;)

Antwort 3 Likes

c
cunhell

Urgestein

551 Kommentare 504 Likes

Klasse Test und trotzdem irgendwie schade um das tolle Stück Handwerkskunst ;-)
Die Frage, die sich mir aufdrängt ist, sind die jetzt erhältlichen Moras immer noch so toll gearbeitet oder
zehrt man mittlerweile von dem, zu recht, guten Ruf.
Anm.: Subjektiv habe ich so den Eindruck, dass einige Firmen ihren guten Ruf nutzen und stillschweigend an so mancher Ecke
an der Güte sparen wo es nicht auffällt. Was aber nicht heissen soll, dass es beim Mora so sein muss.

Cunhell

PS: Besterino hatte wohl zeitgleich den gleichen Gedanken ;-)

Antwort 2 Likes

N
NilsHG

Mitglied

85 Kommentare 52 Likes

Mein Hauptgrund für eine Wakü. Egal ob idle oder ob gerade 650W aus der Steckdose genuckelt werden. Der PC ist, auch mit Pumpe und Mora420 im gleichen Raum, immer gleich leise. Nur das Spulenfiepen ist wahrnehmbar 😅.

Das hoffe ich doch sehr!

Antwort 1 Like

Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,840 Likes

Kannst ja ein Foto vom Lötpunkt schicken. Also von außen 😎

Antwort 3 Likes

m
modena.ch

Mitglied

84 Kommentare 36 Likes

Danke für die Untersuchung!

Hab ichs jetzt übersehen oder fehlt die Analyse der Kühlfinnen?
Im Titel sind sie ja erwähnt, aber nicht da....

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,840 Likes
m
modena.ch

Mitglied

84 Kommentare 36 Likes

Jetzt schon! :D

Besten Dank!

Antwort Gefällt mir

B
Besterino

Urgestein

6,735 Kommentare 3,329 Likes

@Igor Wallossek Hab gerade tatsächlich welche im Zulauf. Bevor ich die verbaue, könnte ich mal Sachen aufmachen. Geht das zerstörungsfrei?

Antwort 1 Like

Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,840 Likes

Ja, man kann den POM Einlass abschrauben und abziehen. Siehe auch Teaserbild

Antwort 2 Likes

N
NilsHG

Mitglied

85 Kommentare 52 Likes

Dann überlasse ich das doch lieber @Besterino. Ich will meinen Mora nicht von der Wand nehmen und trocken legen ;)

Antwort 1 Like

B
Besterino

Urgestein

6,735 Kommentare 3,329 Likes

@Igor Wallossek: Danke!

@NilsHG: Dauert aber bis frühestens (!) Wochenende.

Antwort 1 Like

e
eastcoast_pete

Urgestein

1,484 Kommentare 839 Likes

Was sind denn gute Indizien für brauchbare Qualität bei Radiatoren, die man auch begutachten kann, wenn man jetzt kein Labor dafür hat? Hast Du (@Igor Wallossek ) denn sowas wie eine Checkliste die Du selbst durchgehst? Ich meine das (vor allem) bevor man sowas einbaut. Testest Du Dichtheit usw, und wie? Vorher mit Wasser durchspülen, dann abfüllen und stehen lassen um Leckagen zu finden würde ich auch automatisch machen, aber was ist sonst gut und wichtig zu prüfen?
Große, offensichtliche Schäden (Risse, Dellen) die auch im Transport passieren können sind ja kein Problem, die grobe Inspektion macht man ja automatisch beim Auspacken.

Wenn es sowas bereits im Forum gibt, bitte gerne darauf hinweisen!

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,205 Kommentare 18,840 Likes

Fast alles sieht man nicht von außen, da bleiben nur qualifizierte Reviews (keine Influencer). Wenn man einen Blick fürs Coating hat, merkt man auch die Preisgruppe des OEM, aber das ist schon viel zu kleinteilig.

Was ich immer gern mache: Alle Anschlüsse verschließen und nur Ein- und Auslass offen lassen. Und dann lasse ich das Teil mittels Kompressor richtig durchpusten (am Auslass habe ich ein feines Sieb mit drübergezogenem Strumpfhosenfilter). Wenn da Gebrösel rauskommt, wurde geschlampt und meist auch nicht gut gespült. Flux-Reste bekommt man gut mit verdünnter Schwefelsäure raus, aber dann muss man hinterher spülen wie ein junger Gott... Und immer schön auf die Umwelt achten. Heißes Wasser mit Geschirrspültab geht übrigens auch (gut bei gebrauchten Radis), aber danach kommt auch wieder der junge Gott mit der Spülung...

Ergo: ich kaufe lieber die üblichen Unverdächtigen, da muss ich vorher nicht so rumfingern. Ich habe einen PC mit Aqua Computer und meinen Gaming Table mit Alphacool bestückt. Bei beiden sieht das DP Ultra auch nach 2 Jahren noch top aus. Liegt sicher auch am guten Schlauch :D

Antwort 1 Like

RedF

Urgestein

4,665 Kommentare 2,553 Likes

Bin ja echt Fan von den Watercool Industrial EPDM Schläuchen.

Antwort 2 Likes

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung