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Der große Radiator-Material-Test: Wie viel Kupfer und Technologie stecken im Watercool Mo-Ra3 360 Pro? | Teil 4

Watercool Mo-Ra3 360 Pro

Man bewirbt Kupfer für die Rohre, Aluminium für die Lamellen,  Stahl (Gehäuse), Edelstahl (Lüftermontagerahmen) und eine haltbare Pulverbeschichtung. Und man sieht auf den ersten Blick, dass auf der Seite von Einlass und Auslass die Enden der Kupferrohre und Verbindungen (Bögen) verbunden wurden. Also genau nicht das, was der gute alte Wasserinstallateur tut, wenn er Kupferrohre verlegt und zusammenlötet. Bei Drücken ab 5 Bar und möglichen Temperaturen oberhalb von 110 °C dürfte sicher zinnfreies Hartlot das Mittel der Wahl sein, aber hier? Und ich darf vorab schon einmal spoilern: Ich habe weder Zinn noch Blei gefunden. Braucht man auch nicht…

Auf der anderen Seite des Radiator sind keine Lötstellen oder Absätze zu finden, was auf verbaute U-Rohre hindeutet, die nur auf einer Seite mit dem nächsten U verbunden wurden, so dass am Ende eine Art Schleife aus insgesamt vier parallel arbeitenden Kanälen entsteht, was das Ganze weniger restriktiv macht.

Materialanalyse

Öffnen wir den Kühler an der Vorkammer (Tank). Der Acetal-Block sitzt direkt auf den vier Rohr-Enden für den Einlass auf und ist mit O-Ringen abgedichtet worden. Die Finnen werden großflächig auf die Rohre gepresst, so dass hier nichts gelötet werden muss.

Die verbauten U-Rohre sind aus reinem Kupfer und verschwinden erst einmal langgestreckt in den Tiefen des Radiator-Weltalls, um dann nach einer 180° Biegung (U) wieder an die Oberfläche zurück zu gelangen.

Doch was auf den ersten Blick noch stark nach einer simplen Lötverbindung aussieht, dürfte gar keine sein. Aber es dürfte sich um sogenanntes Hartlot handeln wie z.B. ein Kupfer-Phosphor-Lot, wo man Kupfer ohne Flussmittel löten kann. Der Selbstfließeffekt würde durch den einlegierten Phosphor entstehen, der beim Schmelzen des Lotes mit Luftsauerstoff zu Phosphorpentoxid wird, was sich mit dem auf der Kupferoberfläche gebildeten Kupferoxid dann zu Kupfermetaphosphat mit Flussmittelwirkung umsetzt. Nur gefunden habe ich das nicht, genauso wenig wie die dazu passenden Rückstände. Kunststück, das bekommt man ja mit verdünnter Schwefelsäure locker wieder weg.

Ich habe mit einfach mal dieses Stück herausgeschnitten und seitlich in einer etwas höheren Vergrößerung betrachtet. Das, was wir hier jetzt von der Seite sehen, sind zwei Kupferrohre mit ähnlichem Durchmesser, wobei das innere Rohr trompetenförmig aufgebogen und dann die Rohre zusammengeschoben wurden. Damit erhöht man die Fläche und kann das Ganze auch besser ineinander positionieren.

So, wie es von außen aussieht, und das wird der Anbieter ja nicht verraten, ist das Ganze wohl hartverlötet. Aber wie genau? Da alle OEMs ja ihre Geheimnisse hüten und man meist nichts erfährt, musste ich dieses Mal eine etwas härtere Nuss knacken. Deshalb bitte ich auch, die nachfolgenden Erklärungen als hypothetisch zu betrachten, auch wenn es eigentlich eindeutig aussieht. Aber die nun folgenden Schlüsse sind logisch und technologisch plausibel, jedoch nicht vom Anbieter offiziell bestätigt worden.

Wenn man das Ganze mal weiter vergrößert, dann sieht man das mit dem Hartlot noch viel deutlicher, zumal es eine leichte Verfärbung besitzt:

Von außen sieht man allerdings keine herkömmlichen Lötstellen, wenn man von der unterschiedlichen Färbung mal absieht. Das hat mich dann auf das sogenannte Induktionsschweißen mit einem aufgesteckten Ring aus einer speziellen Kupferlegierung gebracht. Würde man an dieser Stelle z.B. den israelischen OEM Lordan mit ins Spiel bringen, dann wäre das sogar plausibel, weil der das nämlich kann. Sogar richtig gut.

Und wie funktioniert das Ganze dann eigentlich? Beim Induktionsschweißen wird ein hochfrequenter Wechselstrom durch eine Induktionsspule geleitet. Wenn ein leitfähiges Material wie ein Kupferrohr in die Nähe der Spule gebracht wird, induziert das magnetische Feld des Wechselstroms Wirbelströme im Material. Diese Wirbelströme erzeugen aufgrund des elektrischen Widerstands des Materials Wärme. Wenn die erzeugte Wärme ausreichend hoch ist, können die zu verbindenden Teile des Kupferrohrs an ihren Berührungspunkten verschmelzen und eine dauerhafte Verbindung bilden. Ich habe hier die Verbindungsstelle noch einmal etwas weiter vergrößert, wo man auch den eingeschmolzenen Ring (rechte Seite) deuten kann, der eine geringere Wölbung aufweist.

Bei dieser Art des Schweißens von Kupfer oder anderen Metallen ist in der Regel auch kein Vakuum erforderlich und man kann ohne Stress den bereits vormontierten Radiator nutzen. Die Notwendigkeit eines Vakuums tritt häufiger bei anderen spezialisierten Schweißmethoden auf, wie dem Elektronenstrahlschweißen oder dem Laserschweißen, bei denen ein Vakuum dazu beitragen kann, die Oxidation des Materials zu verhindern und eine saubere Schweißnaht in einer kontrollierten Umgebung zu gewährleisten. Hier regelt es dann das verwendete Hartlot in Form des zu schmelzenden Ringes. So zumindest meine Schlussfolgerung.

Obwohl das Induktionsschweißen in einer offenen Umgebung stattfindet, ist es dennoch wichtig, die Oberflächen der zu verbindenden Metalle zu reinigen, um eine hohe Qualität der Schweißnaht zu gewährleisten. Oxidation kann immer noch ein Faktor sein, insbesondere bei Metallen, die leicht oxidieren, aber die Kontrolle der Umgebung und die Verwendung von Schutzgasen wie Argon können helfen, die Oxidation zu minimieren und die Qualität der Schweißverbindung zu verbessern, ohne ein Vakuum zu benötigen.

Auf der Oberfläche der etwas raueren Verbindungsbögen finden sich leichte Kaliumreste.

Unterhalb dieser dünnen Schicht liegt dann wieder reines Kupfer.

Um den Rest und die Zusammenfassung kümmere ich mich nun auf der nächsten Seite, also bitte noch einmal umblättern!

 

Kommentar

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eastcoast_pete

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Obwohl mir der Radiator zumindest zur Zeit deutlich zu groß wäre, war die Analyse und der Hintergrund spannend zu lesen. Und ja, so ein Radiator, bei dem die Kupferrohre mittels Induktionsschweißen so sauber und ohne Lot verbunden sind, spielt auch fertigungstechnisch in einer ganz anderen Klasse als die Billigheimer die dann auch noch mit Bleilot verlötet sind. Wenn's mal tatsächlich unbedingt ein "high end" flüssiggekühltes System sein soll, ist sowas wie der Mo-Ra dann auch eine konsequente Wahl für den Radiator. Das der auch mit der Abwärme einer Top dGPU und einer CPU am Anschlag fertig werden kann, glaube ich gerne.

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echolot

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971 Kommentare 746 Likes

Sehr ausführliche Materialanalye. Scheint sein geld wert zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es keinen deutschen Anbieter im Bereich des Induktionsschweißens auf diesem Gebiet geben soll. Osteuropäer machen das sicherlich auch. Und die Chinesen haben das für sich noch nicht entdeckt? Scheint ja eine recht ordentliche Methode zu sein um saubere Verbindungen herzustellen.

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arcDaniel

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1,625 Kommentare 892 Likes

Ich hatte einen und war sehr begeistert. Sollte ich allerdings wieder eine Wakü planen, würde ich sofort den 420iger nehmen, nimmt nicht viel mehr Platz weg man kommit mit 4*200mm Lüftern aus, welche sehr langsam (und somit unhörbar) drehen dürfen.

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Nulight

Veteran

231 Kommentare 155 Likes

Der MoRa 420 war meine beste Anschaffung.
Vier Noctua Lüfter samt Blende dazu und gut ist.
Die Weiße Edition macht sich wirklich gut und dank eines externen Standortes, mit der D5 und AGB am Radiator, ist das Büro schön leise.

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Ghoster52

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1,425 Kommentare 1,090 Likes

Danke für den Test, aber es ist wirklich schade um den MoRa... 😢

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Besterino

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6,791 Kommentare 3,381 Likes

Aua. Der gute Mora. :(

Aber für die Wissenschaft muss man (am besten: andere) ja Opfer bringen. ;)

Nun ist der 360 ja schon was älter - stellt sich die Frage, ob die Quali bei einem aktuellen 420er immer noch so gut ist? ;)

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cunhell

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556 Kommentare 522 Likes

Klasse Test und trotzdem irgendwie schade um das tolle Stück Handwerkskunst ;-)
Die Frage, die sich mir aufdrängt ist, sind die jetzt erhältlichen Moras immer noch so toll gearbeitet oder
zehrt man mittlerweile von dem, zu recht, guten Ruf.
Anm.: Subjektiv habe ich so den Eindruck, dass einige Firmen ihren guten Ruf nutzen und stillschweigend an so mancher Ecke
an der Güte sparen wo es nicht auffällt. Was aber nicht heissen soll, dass es beim Mora so sein muss.

Cunhell

PS: Besterino hatte wohl zeitgleich den gleichen Gedanken ;-)

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NilsHG

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85 Kommentare 52 Likes

Mein Hauptgrund für eine Wakü. Egal ob idle oder ob gerade 650W aus der Steckdose genuckelt werden. Der PC ist, auch mit Pumpe und Mora420 im gleichen Raum, immer gleich leise. Nur das Spulenfiepen ist wahrnehmbar 😅.

Das hoffe ich doch sehr!

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Kannst ja ein Foto vom Lötpunkt schicken. Also von außen 😎

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m
modena.ch

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84 Kommentare 36 Likes

Danke für die Untersuchung!

Hab ichs jetzt übersehen oder fehlt die Analyse der Kühlfinnen?
Im Titel sind sie ja erwähnt, aber nicht da....

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes
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modena.ch

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84 Kommentare 36 Likes

Jetzt schon! :D

Besten Dank!

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Besterino

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6,791 Kommentare 3,381 Likes

@Igor Wallossek Hab gerade tatsächlich welche im Zulauf. Bevor ich die verbaue, könnte ich mal Sachen aufmachen. Geht das zerstörungsfrei?

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Ja, man kann den POM Einlass abschrauben und abziehen. Siehe auch Teaserbild

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NilsHG

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85 Kommentare 52 Likes

Dann überlasse ich das doch lieber @Besterino. Ich will meinen Mora nicht von der Wand nehmen und trocken legen ;)

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Besterino

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6,791 Kommentare 3,381 Likes

@Igor Wallossek: Danke!

@NilsHG: Dauert aber bis frühestens (!) Wochenende.

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eastcoast_pete

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1,532 Kommentare 864 Likes

Was sind denn gute Indizien für brauchbare Qualität bei Radiatoren, die man auch begutachten kann, wenn man jetzt kein Labor dafür hat? Hast Du (@Igor Wallossek ) denn sowas wie eine Checkliste die Du selbst durchgehst? Ich meine das (vor allem) bevor man sowas einbaut. Testest Du Dichtheit usw, und wie? Vorher mit Wasser durchspülen, dann abfüllen und stehen lassen um Leckagen zu finden würde ich auch automatisch machen, aber was ist sonst gut und wichtig zu prüfen?
Große, offensichtliche Schäden (Risse, Dellen) die auch im Transport passieren können sind ja kein Problem, die grobe Inspektion macht man ja automatisch beim Auspacken.

Wenn es sowas bereits im Forum gibt, bitte gerne darauf hinweisen!

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Igor Wallossek

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10,272 Kommentare 19,011 Likes

Fast alles sieht man nicht von außen, da bleiben nur qualifizierte Reviews (keine Influencer). Wenn man einen Blick fürs Coating hat, merkt man auch die Preisgruppe des OEM, aber das ist schon viel zu kleinteilig.

Was ich immer gern mache: Alle Anschlüsse verschließen und nur Ein- und Auslass offen lassen. Und dann lasse ich das Teil mittels Kompressor richtig durchpusten (am Auslass habe ich ein feines Sieb mit drübergezogenem Strumpfhosenfilter). Wenn da Gebrösel rauskommt, wurde geschlampt und meist auch nicht gut gespült. Flux-Reste bekommt man gut mit verdünnter Schwefelsäure raus, aber dann muss man hinterher spülen wie ein junger Gott... Und immer schön auf die Umwelt achten. Heißes Wasser mit Geschirrspültab geht übrigens auch (gut bei gebrauchten Radis), aber danach kommt auch wieder der junge Gott mit der Spülung...

Ergo: ich kaufe lieber die üblichen Unverdächtigen, da muss ich vorher nicht so rumfingern. Ich habe einen PC mit Aqua Computer und meinen Gaming Table mit Alphacool bestückt. Bei beiden sieht das DP Ultra auch nach 2 Jahren noch top aus. Liegt sicher auch am guten Schlauch :D

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RedF

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4,700 Kommentare 2,573 Likes

Bin ja echt Fan von den Watercool Industrial EPDM Schläuchen.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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