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Originalartikel
Sennheiser hat also wirklich ernst gemacht, und das GSP 670 mit dem GSA70 verdongelt. Herausgekommen ist ein wirklich ordentliches Drahtlos-Headset, bei dem die Umsetzung nahezu perfekt gelungen ist und bei dem nur bauartbedingte Limitierungen zu vermelden sind. Nur kann Sennheiser genau dafür nichts, denn es liegt nun mal in der Natur der Sache, um einen ordentlichen Kompromiss aus Akkulaufzeit, Gesamtpegel und Feature-Set hinzubekommen, der dann auch noch gut klingt und bequem sitzt.
Die Auslegung als Gaming-Headset ist jederzeit sicht- und hörbar, das muss man natürlich berücksichtigen. Wer eine kleine audiophile Ader hat, kann aber die mitgelieferte Software nutzen und sogar per Knopfdruck am Headset zwischen Horror-Schnetzler und Conrad Schnitzler umschalten kann. Dann klappt es auch wieder mit der Musik. Doch zu all diesen Details gleich mehr, denn ich will ja in der Intro nicht alles spoilern.
Was Sennheiser allerdings geschafft hat, ist ein Headset, dass sich gleichermaßen am USB-Kabel betreiben lässt, mittels GSA70-Dongle zur latenzfreien Wiedergabe überreden lässt (habe ich gemessen) und auch noch nebenher mit Bluetooth 5.0 klarkommt. Wobei Dongle und Bluetooth sogar noch parallel funktionieren. Ein Konnektivitäts-Multitalent eben.
Lieferumfang und Software
Man findet im Inneren des Kartons das Headset, den GSA70-Dongle, das 1,5 Meter lange USB-Anschlusskabel und eine Kurzanleitung. Mehr braucht man am Ende auch gar nicht und das mitgelieferte USB-2.0-Kabel ist Anschluss- und Ladekabel in einem. Für ein Headset dieser Preisklasse hätte ich mir noch ein Hartschalen-Case für Unterwegs gewünscht und einen kombinierten Dongle, der gleichzeitig auch als Datenträger für einen Online-Installer der benötigten Software und das Handbuch in PDF-Form dient.
Da die Software noch nicht final ist und Sennheiser den Marktstart des GSP 670 erst zum 01.07.2019 plant, werde ich diesen Teil nicht in die Bewertung einfließen lassen. Was positiv auffällt, ist die integrierte Updatefunktion für die Firmware des Headsets, des Dongles und auch die Gaming Suite selbst. Alles hat reibungslos funktioniert und der kontinuierliche Fortschritt der Softwareentwicklung konnte dabei auch festgestellt werden. Mittlerweile funktioniert auch der Equalizer (EQ) für den GSA70-Dongle recht ordentlich, verweigert derzeit aber noch aber bei einer reinen USB-Verbindung die Funktionalität. Außerdem könnte der EQ feiner abgestuft sein, was aber technisch nicht geht (siehe Tear Down weiter unten).
Die Umschaltung und Emulation des Virtual Surround ist einfach erledigt und der Soundprozessor rendert exakt das, was man von einer elektrischen Lösung erwarten kann. Mein Geschmack ist es nicht, zumal auch dann noch eine Art Resthall zu verzeichnen ist, wenn man sich im Freien befindet. Aber das sind Feinheiten, die Spieler wohl eher weniger interessieren. Die Lösung ist trotz aller Meckerei nämlich grundsolide.
Optik und Haptik
Scheinbar müssen Gaming-Headsets anders aussehen als normale Stereo-Kopfhörer, aber Sennheiser hat da wie schon beim GSP 600 noch ganz gut die Kurve gekriegt. Mattschwarzer Kunststoff in sortenreiner Monokultur trifft auf Metallscharniere und verschiedenste Materialien für die Bespannung der weichen, aber sehr gut konturierten Ohrpolster. Optisch sieht das alles nicht sonderlich hipp und filigran aus, sondern eher kompakt und gedrungen. Aber auch das kann man mögen, denn es vermittelt einen gewissen Hauch von Beständigkeit und es ist vor allem auch eines: zeitlos.
Wohlkalkulierter Kunststoffeinsatz kann passend sein, wenn man ihn nur gut genug umsetzt und die neuralgischen Punkte mit sauber implementierten Metallteilen ergänzt. Dazu komme ich dann noch im Detail, aber solche Dinge erhöhen natürlich auch das Gewicht. Mit den 405 Gramm netto (gewogen, die Herstellerangabe ist mit 398 Gramm falsch) ist das Headset somit auch kein Leichtgewicht, aber es wiegt am Ende eben so viel, wie es aussieht und sich anfasst, nämlich alles andere als wackelig oder gar zerbrechlich.
Damit ist das Headset trotz der Akkus und komplexeren Leiterplatten nur unwesentlich schwerer als das GSP 600 mit seinen 397 Gramm. Dass Sennheiser da von Haus aus zwei Jahre internationale Garantie gibt, spricht eher für das Teil, denn nicht überall ist der Verbraucherschutz so gut geregelt wie in Deutschland.
Tragekomfort und Funktionalität
Kommen wir zum zweiachsigen Gelenkmechanismus, denn Sennheiser setzt sowohl vertikal als auch horizontal auf echte Gelenke. Wobei das horizontal angeordnete Gelenk an der Ohrmuschel im Inneren mit einer Rückholfeder versehen wurde, die die Position am Kopf zu halten hilft. Das findet man recht selten und es zeugt durchaus vom Nachdenken der Ingenieure. Im Tear Down weiter unten habe ich dann auch noch ein Bild vom Inneren, wo man die Feder sehen kann.
Die mehrschalige Verkleidung des Kopfbandes versteckt die recht weit auseinanderziehbaren Bügelteile und das Ganze besitzt sogar für das Einrasten einen recht ausgeprägten Mechanismus, allerdings muss man mitzählen, will man später die gleiche Einstellung wieder reproduzieren, denn sichtbare Marken für die Position gibt es leider keine. Das wäre dann der kleine und kostenlose Schritt zur völligen Perfektion gewesen, aber man es ist wie schon beim GSP 600 kein Wunschkonzert mit 5 kostenlosen Zugaben.
Neben der großzügig bemessenen Längenverstellung, die auch europäischen Köpfen entgegen kommt (Hutgröße 62 ist da überhaupt kein Problem), kann man das Kopfband auch in Bezug auf den auszuübenden Anpressdruck einstellen. Da kann man sich getrost für die Interpretation Headbangen oder Dauersitzen entscheiden, es passt beides. Man kann es also fest sitzen oder sehr bequem auslegen, dafür gibt es einen Extra-Punkt, da auch Brillenträger nicht im Regen stehen gelassen werden.
Die textilbespannte Polsterung der Bügelinnenseite geht in Ordnung. Obwohl in der Mitte geteilt und offen, vermag der verbleibende Rest den Druck von oben noch gut genug abzufedern, trotz des recht hohen Gewichtes. Außerdem hat die Mechanik für die Verstellung des Anpressdrucks noch einen netten Nebeneffekt, denn sie macht den Bügel zum Cabrio und die Frischluft hat freien Zugang zur Kopfhaut. Das wird man nach längerer Tragezeit durchaus zu schätzen wissen.
Die Ohrpolster sind ein interessanter Dreiteiler, der sich zudem mittel eines einfachen Haltemechanismus mit einrastenden Nasen auch gut abnehmen lässt. Dreiteiler deswegen, weil die Materialwahl clever getroffen wurde. Außen im üblichen Kunstleder-Look gehalten, ist die Auflagefläche am Kopf irgendeine Alcantara-Interpretation, während die Innenseiten textil bespannt sind. Neben den ordentlichen Schaumstoffeinlagen hat man so allein durch die Nähte und verschiedenen Steifigkeiten der Materialien eine gute Konturierung.
Die textile Innenseite der Polster wirkt zudem leicht dämpfend, was dem Klang entgegenkommt. Doch darauf komme ich gleich noch einmal zurück. Fakt ist, dass die Teile so gut abschließen, dass alles andere von außen kaum noch ins Ohr dringt. Das kann man mögen oder hassen, aber als wirklich geschlossenes System wird man sich erst einmal daran gewöhnen müssen. Beim Sprechen ist das ein komischen Gefühl und man sollte zumindest einmal testen, ob man nicht in der Soundsteuerung von Windows das eigene Mikrofon in die Wiedergabe einbindet. Sonst fühlt man sich fast wie in einer Audio-Chamber.
Der Lautstärkeregler für den Audiokanal sitzt in der rechten Muschel und ist als sehr großflächiger Drehregler mittig angeordnet. Das ist intuitiv erreichbar und recht bequem. Der zweite Drehregler auf der rechten Seite ist fürs Chat-Signal und gekoppelt, so dass man quasi sogar eine überblendende Mixer-Funktion nutzen kann. Darunter sitzt rechts noch der Taster für die einzelnen Klang-Modi, die man in der Software hinterlegen und auch modifizieren kann. Einfach durchdrücken und fertig.
Die USB-Anschlussbuchse auf der linken Seite unten setzt auf einen herkömmlichen Stecker, an dem ein 1,5 m langes Kabel für den PC angeschlossen wird. Man kann somit auch gleichzeitig Laden und spielen. Mittig sitzt eine Status LED und darüber der Pairing-Button. Der linke Drehring in der Ohrmuschel dient der Mikrofonbefestigung.
Mikrofon
Der drehbare Mikrofonarm links setzt auf das gleiche Designspiel wie rechts der Regler und besitzt im Inneren auch noch eine Abschaltautomatik (Mute), wenn man ihn nach oben klappt. Er ist ein einem gewissen Rahmen sogar einstellbar, weil bedingt flexibel, so dass man den direkten Abstand zum Mund noch etwas ändern kann. Groß geholfen hat es aber nicht. Doch dazu mehr auf der nächsten Seite. Auch das mit den Umgebungsgeräuschen ist so eine Sache für sich, denn auch die dem Kopf abgewandte Seite ist offen. Doch ich habe ja noch die Klangbeispiele auf der nächsten Seite.
Wer möchte, findet in der Gaming Suite auch noch diverse Mikrofon-Optionen zur Steuerung. Das hier verbaute Mikrofon klingt über die USB- bzw. Dongle-Verbindung deutlich anders als das direkt angeschlossene Mikrofon des GSP 600. Doch dafür habe ich auf der nächsten Seite noch einen Extra-Abschnitt vorgesehen, der auch die Messergebnisse enthält.
Konnektivität, Akku und Laufzeit
Irgendwie geht mit diesem Headset alles. Man kann es als Bluetooth-Gerät mit dem Smartphone verbinden, wahlweise sogar gleichzeitig Gaming mit dem latenzarmen GSA70-Dongle betreiben und es zudem auch parallel dazu noch über das USB-Kabel aufladen, BT und USB ohne Dongle nutzen, oder aber nur als Drahtlos-Konfiguration betreiben. Das Aufladen geht recht fix, zumal der Ladevorgang in den ersten 10 Minuten so viel Power nachlädt, dass es für weitere 2 Stunden mit erhöhter Lautstärke reicht.
Die ausgelobten 16 Stunden erreicht man mit dem GSA70-Dongle allerdings nur, wenn man das Headset nicht voll aussteuert. Bei voller Dröhnung mit Musik ist nach ca. 13 Stunden Schluss. Beim Gaming mag das mit den 16 Stunden aber hinkommen, wenn man es nicht übertreibt. Nur hat man ja beim Gaming auch keine durchgehende Pegelflut. Die 20 Stunden im reinen Bluetooth-Betrieb kann man sogar überbieten, wenn man nicht allzu laut hört. Falls doch, reduziert sich diese Laufzeit allerdings recht ordentlich auf ca. 14 bis 15 Stunden.
Tear Down und Sounding
Wir sehen von außen den textilbespannten Einsatz des Treibers, der leicht schräg angestellt ist, so dass die Schallwellen etwas zielgerichteter auf den Gehörgang treffen. Oben und unten verbergen sich noch mit Vlies abgeklebte Öffnungen, die dem Sounddesign dienen.
Der 50-mm-Neodym-Treiber sitzt noch einmal in einer abgeschlossenen Kapsel, die fest eingeklebt wurde. Diese Kammer hat ebenfalls noch einmal den Druckausgleich nach hinten und eine mit Vlies beklebte weitere Öffnung. Damit dient nicht gleich das gesamte Innenvolumen als Klangkörper, sondern nur in dezentem Maße.
Der verbaute Akku ist auf Sennheiser gelabelt und ist laut Aufdruck für 1,3 Wh gut. Grob gerechnet wären das also 10 Stunden mit 130 mW und 20 Stunden mit 65 mW Leistungsentnahme. Natürlich kann man das aufgrund der Charakteristika solcher Akkus nicht so einfach teilen, aber als Richtwert taugt das schon. Womit auch bewiesen wäre, dass das Headset solange durchhalten kann, wenn auch der Rest stimmt.
Doch was verbirgt sich hinter dem latenzfreien Wireless? Auch diese Antwort kann ich Euch natürlich geben! Sennheiser setzt auf einen CSR8670, einen SoC von Qualcomm. Dieser mit 80 MHz (DSP, MCU) getaktete “Kalimba”-SoC ist faktisch eine eierlegende Wollmlichsau, denn er erlaubt zum einen natürlich das gesamte Bluetooth 5.0 Programm, einschließlich aller Codecs (TrueWireless, aptX, cVc) und übernimmt zum anderen natürlich das komplette Aufladen und Erhalten des Akkus, den USB-Anschluss (Laden, Daten) und er enthält die gesamte Audio-Peripherie (Eingänge, Ausgänge) einschließlich aller DACs.
Der Chip bietet zudem einen 5-Kanal-Equalizer, womit sich auch die recht grobe Abstufung in der Software erklärt. Außerdem enthält der SoC zusätzlich auch noch 16 MB Flash-Speicher, womit dann auch geklärt wäre, wo die Firmware des Sennheiser GSP 670 abgelegt wurde. Es ist also alles dran und drin, aber es ist eben doch keine eigene Lösung, sondern eine (wirklich ordentliche) von Qualcomm.
Der verbaute IQS620A von Azoteq ist ein Multi-Sensor-Chip, der für das Auslösen und Überwachen der verschiedensten Sensoren (Hall-, Temperatur-Sensoren) genutzt werden kann und er passt gut zum MCU (Mikrocontroller) des CSR8670. Diese Geschichte ist wirklich tricky, denn in der Abdeckung der Muschel ist neben der Kammer für den Treiber scheinbar auch ein Hall-Sensor eingebaut (siehe Bild unten) und mit dem IQS620A verbunden. Jetzt kann man natürlich trefflich spekulieren, was so ein Sensor an dieser Stelle zu suchen hat, aber irgendeinen Sinn muss der Hersteller schon darin gesehen haben.
Im Bild unten ist auch noch einmal die bereits erwähnte Rückholfeder zu sehen, die einen recht stabilen und haltbaren Eindruck macht.
Technische Daten
Bevor wir aber nun zum eigentlichen Test in der Praxis kommen, noch schnell einmal alle Daten und Herstellerangaben, Dazu muss ich allerdings anmerken, dass Angaben zum Frequenzverlauf ohne gleichzeige Definition des Toleranzbereiches genauso irreführend und unvollständig sind, wie eine Angabe des Schalldruckpegels ohne betreffende Bezugsgröße für die dafür aufzuwendende Ausgangsleistung bzw. Spannung. Milliwatt oder Volt RMS? Das sagt mir leider niemand.
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