Der Launch der Radeon RX 6750XT liegt eine Wochen zurück und die Preise fallen. Da ist es langsam wieder an der Zeit, mit der Sapphire Radeon RX 6750 XT Nitro+ 12 GB eine Boardpartnerkarte zu testen, die wahlweise sparsamer oder durstiger als die ältere RX 6700XT ist und damit auch schneller oder etwas langsamer sein kann. Entweder, oder – genau treffen werden sich die zwei Generationen im Test übrigens nie und das ist auch gut so. Mit aktuell 648 Euro Straßenpreis und einer leichten Tendenz nach unten lässt die Karte auch Intels kommendem “Flaggschiff” kaum Raum zum atmen und wir sehen schon, wo beim Scheibletten-Launch vom Team Blau die Reise wohl hingeht. Diesbezüglich verweise ich auch auf die Sektion mit der Leistungsaufnahme und Effizienz in diesem Artikel, denn wir wollen ja auch sehen, wo die Reise noch hingeht und welche Messlatte Intel demnächst offensichtlich reißen muss (falls überhaupt). Denn wenn sich bei den Treibern nichts mehr Gravierendes tut, wird es langweilig und die 6650XT muss dann im Blaumann strammstehen.
Doch zurück zu Sapphire und AMD, denn Intel ist aktuell ja noch blauer Quark im Schaufenster. Mit der (Achtung! Offiziell vorgeschriebener Name laut AMDs Nomenklatur) “NITRO+ AMD Radeon™ RX 6750 XT Gaming Graphics Card with 12GB GDDR6, AMD RDNA™ 2”, die ich im Artikel der Einfachheit halber wieder Sapphire RX 6750 XT Nitro+ nennen werde (da sonst die Charts und Legenden explodieren würden) liegt hier ein durchaus interessantes RDNA2-Exemplar bereit, bei dem man schon zweimal (oder dreimal) hinhören muss, um es zu hören. Apropos Bezeichnung und Charts: Alle getesteten Karten sind Boardpartner-Modelle, um fair zu bleiben. Da, wo nicht die Nitro+ als Perf oder Silent in der Chartsbeschriftung aufgeführt ist, handelt es sich bei den AMD-Karten um MSIs werksübertaktete Boardpartnerkarten der Gaming X Reihe, bei den NVIDIA Karten ist es die SUPRIM X Reihe. Diesen Schritt muss ich leider gehen, da sonst die ellenlangen Namen fast so lang werden wie die viel interessanteren Balken.
Diese Grafikkarte kommt, wie alle RX 6000 Modelle, mit dem neuen Videocodec AV1 zurecht, sie unterstützen erstmals auch DirectX 12 Ultimate und damit eben auch DirectX Raytracing (DXR). Mit AMD FidelityFX bieten sie zudem ein Feature, das Entwicklern zudem mehr Spielraum bei der Auswahl der Effekte ermöglichen soll. Ebenfalls dabei ist Variable Rate Shading (VRS), was immens Rechenleistung sparen kann, wenn Bildbereiche, die ohnehin nicht im Auge des Spielers liegen, in der Darstellungsqualität smart reduziert werden. Soviel zum Feature-Set aller neuen Radeon-Karten.
Optik und Haptik
Die Sapphire RX 6750 XT Nitro+ wiegt 1161 Gramm und ist damit fast schon ein Fliegengewicht. Trotzdem gibt es gratis einen Grafikkartenhalter mit dazu. Sie ist somit auch deutlich leichter als die MSI-Karte aus dem Launchartikel und mit ihren satten 31,5 cm auch recht lang. Dazu kommen die üblichen 12,5 cm Einbauhöhe ab PEG und eine Dicken von 5,8 cm, wobei noch eine Backplate und das PCB mit insgesamt fünf weiteren Millimetern dazukommen.
Der zweifarbige Korpus (schwarz und grau-metallic) ist aus ABS, der Sapphire-Schriftzug auf der Oberseite und das Nitro+ Leuchtband auf der Rückseite (Backplate) sind LED-illuminiert. Ansonsten ist hinten im Gegensatz zur Front alles schön in Leichtmetall statt Kunststoff gehalten, was haptisch jede Menge hermacht.
Versorgt wird der grafische Ziegelstein samt Illumination über zwei standesübliche 8-Pin-Buchsen , also alles wie von der Radeon RX 6700XT Nitro+ bekannt und gehabt. Wir sehen hier im Bild auch die vertikale Ausrichtung der Kühllamellen und die Platinenverstärkung in Form einer Backplate und den separaten RAM-Kühler. Doch dazu beim Teardown gleich mehr.
Die Slot-Blende ist geschlossen, trägt 1x HDMI 2.1 und drei aktuelle DP-Anschlüsse. Die USB Type C Buchse fehlt hingegen. Mehr zum Aufbau, dem Kühler und der Bestückung dann auch noch auf der nächsten Seite beim Teardown.
Technik
Mit den 40 Compute Units (CU) besitzt die Karte insgesamt 2560 Shader und ist damit quasi eine “halbe” Radeon RX 6950XT. Während der Basistakt mit 2495 MHz angegeben wird, liegt der Boost-Takt beim Silent BIOS bei 2600 MHz und beim Performance BIOS bei 2623 MHz, was auch erreicht wird. Karte setzet auf 12 GB GDDR6 mit 18 Gbps, die sich aus jeweils 6 Modulen mit 2 GB Größe ergeben. Dazu gehört auch das 192-Bit Speicherinterface und der 96 MB große Infinity Cache, der das Bandbreitenproblem lösen soll. Die Karte verfügt somit glücklicherweise ein umschaltbares Dual-BIOS, was schön ist. Bei Linksstellung des BIOS-DIP-Schalters lässt sich mit der TriXX-Software von Sapphire nahtlos und direkt per Software eine Umschaltung on-the-fly lösen.
Im BIOS sind noch weitere Daten abweichend, so zum Beispiel die TGP, also die maximale Power für GPU, SoC und Speicher. Die Performance-Version bietet bis zu 230 Watt TGP statt 200. Die Details zeigen die hinterlegten Werte aus dem MorePowerTool (links jeweils das Performance-BIOS, rechts das Silent-BIOS)
Raytracing / DXR
Spätestens seit der Präsentation der neuen Radeon-Karten ist klar, dass auch AMD Raytracing unterstützen wird. Hier geht man einen zu NVIDIA deutlich abweichenden Weg und implementiert einen sogenannten “Ray Accelerator” pro Compute Unit (CU). Da die Radeon RX 6800 insgesamt 72 CUs besitzt, ergeben sich somit auch 72 solcher Beschleuniger für die Radeon RX 6800XT, bei der kleineren Radeon RX 6800 sind es noch 60. Eine GeForce RTX 3080 kommt auf 68 RT Cores, also nominell erst einmal weniger. Beim Vergleich der kleineren Karten steht es dann 62 für die RX 6800 und 46 für die GeForce RTX 3070. Allerdings sind die RT-Cores anders organisiert und man wird abwarten müssen, was hier Menge gegen Spezialisierung ausrichten kann. Es ist am Ende also erst einmal ein Äpfel und Birnen Vergleich.
Doch was hat sich AMD hier ausgedacht? Jeder dieser Beschleuniger ist erst einmal in der Lage, gleichzeitig bis zu 4 Strahl-/Box-Schnittpunkte oder einen einzigen Strahl-/Dreieckschnitt pro Takt zu berechnen. So berechnet man die Schnittpunkte der Strahlen mit der Szenengeometrie (analog zur Bounding Volume Hierarchy), sortiert sie zunächst vor und gibt diese Informationen dann an die Shader zur weiteren Bearbeitung innerhalb der Szene zurück bzw. gibt das finale Shading-Resultat aus. NVIDIAs RT-Cores scheinen da allerdings deutlich komplexer vorzugehen, wie ich es beim Turing-Launch bereits ausführlich erläutert habe. Was zählt, ist allein das Ergebnis und genau dafür haben wir auch passende Benchmarks.
Smart Access Memory (SAM)
AMD zeigte auf der Präsentation der neuen Radeon-Karten bereits SAM, also Smart Access Memory – ein Feature, das ich heute zusätzlich auch zu den normalen Benchmarks aktiviert habe, womit auch ein direkter Vergleich möglich wird. Doch eigentlich ist SAM nicht Neuers, nur verbal schöner verpackt. Dahinter verbirgt sich nämlich nichts anderes als der clevere Umgang mit dem Base Address Register (BAR) und genau dieser Support muss zwingend auch im Unterbau aktiviert sein. Bei moderner AMD-Grafikhardware spielen größenveränderbare PCI-Bars (siehe auch PCI SIG vom 24.0.4.2008) schon länger eine wichtige Rolle, da die eigentlichen PCI BARs normalerweise ja nur auf 256 MB begrenzt sind, während man bei den neuen Radeon Grafikkarten nun bis zu 16 GB VRAM vorfindet.
Die Folge ist, dass nur ein Bruchteil des VRAM für die CPU direkt zugänglich ist, was ohne SAM eine ganze Reihe von Umgehungslösungen im sogenannten Treiber-Stack erfordert. Das kostet natürlich stets Performance und sollte demzufolge vermieden werden. AMD setzt bei SAM also genau dort an. Neu ist das nicht, muss aber sauber im UEFI implementiert und später auch aktiviert werden. Das wiederum geht nur, wenn das System im UEFI Modus läuft und CSM/Legacy deaktiviert sind.
CSM steht dabei für das Compatibility Support Module. Das Compatibility Support Module gibt es ausschließlich unter UEFI und es sorgt dafür, dass ältere Hardware und Software auch mit UEFI funktioniert. Das CSM ist immer dann hilfreich, wenn nicht alle Hardware-Komponenten zu UEFI kompatibel sind. Einige ältere Betriebssysteme sowie die 32-Bit-Versionen von Windows lassen sich auch nicht auf UEFI-Hardware installieren. Genau diese Kompatibilitätseinstellung verhindert jedoch die saubere und für die neuen AMD-Komponenten benötigte Windows-Variante oft schon bei der Installation.
Testsystem und Auswertungssoftware
Das Benchmarksystem ist neu und steht jetzt nicht mehr im Labor, sondern wieder im Redaktionsraum. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich NVIDIAs PCAD und eine eigene Entwicklung mit der Software von Powenetics, was den Komfort ungemein erhöht. Die Messung der Leistungsaufnahme und anderer Dinge erfolgt weiterhin im klimatisierten Labor auf einem redundanten und bis ins Detail identischem Testsystem, allerdings dann mittels hochauflösender Oszillographen-Technik…
…und dem selbst erschaffenen, MCU-basierten Messaufbau für Motherboards Grafikkarten (Bilder unten), wo am Ende im klimatisierten Raum auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen außerhalb in meiner Chamber (Raum im Raum).
Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:
Sapphire Nitro+ Radeon RX 6750 XT, 12GB GDDR6, HDMI, 3x DP, lite retail (11318-01-20G)
- 1 - Einführung und technische Details
- 2 - Teardown: Platine, Spannunsversorgung, Kühler
- 3 - Gaming Performance
- 4 - Leistungsaufnahme beim Gaming und Effizienzanalyse
- 5 - Leistungsaufnahme, Lastspitzen und Netzteil-Empfehlung
- 6 - Taktraten und Temperaturen
- 7 - Lüfter und Geräuschemission ('Lautstärke')
- 8 - Übersicht, Zusammenfassung und Fazit
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