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Schmorende Header an NVIDIAs GeForce RTX 4090 – Neue Erkenntnisse, Messungen und (un)bekannte Ursachen zum 12VHPWR und 12V-2×6 Problem | Update

Zusammenfassung

Den heute Artikel sehe ich als logische Ergänzung zu den bisher bereits bekannten Fehlerquellen und nicht als Sensationsbericht, zumal er den Header behandelt, der bisher kaum beachtet wurde. Aber es ist garantiert nicht der einzige Grund, warum es manchmal (aber eben nicht immer) zu Ausfällen kommt. Die PCI SIG hat mit den Angaben der CEM 5.1 bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht, jedoch immer noch viele Punkte offengelassen. Während man den richtigen Sitz über die geänderten Pins nunmehr kontrollieren und sicherstellen kann, die Cable Plugs und die Kabel samt Biegeradien und Querschnitten genauer spezifiziert wurden, sind die Header immer noch ein möglicher Grund für Totalausfälle, denn die Pins und die dafür eingesetzten Drähte müssen noch besser normiert und auch später beim Hersteller kontrolliert werden.

Das betrifft sowohl das Material, also die zweckmäßige Legierung statt reinen Kupfers, als auch die Definition der Schichtdicken der Galvanisierung, die Verarbeitung der Drahtstücke (Kürzung, Biegung) sowie deren Positionierung (Einpressen) im Gehäuse. Außerdem vermisse ich bei den Federkontakten eine strikte Vorgabe für die Mindest-Klemmfläche und den Federdruck. Das alles sind wichtige Faktoren, die primär für die richtige Verbindung wichtig sind und die man nicht dem Zufall oder den einzelnen Herstellern überlassen darf (was aufs selbe rauskommt).

Fehlerursache Folge bzw. Lösung Verursacher
Ungenügendes Einsetzen der Cable Plugs Gelöst über Pin-Längen (Sense-Pins, Strom-Pins), 12V-2×6 statt 12VHPWR Anwender
Ungenügende Arretierung der Cable Plugs Gelöst über die Spezifikation Anwender
Schiefes Einsetzen der Cable Plugs Kann die Header-Pins verbiegen (vor allem die äußeren) Anwender
Abziehen der Cable Plugs (Querbewegung beim Lösen) Kann die Header-Pins verbiegen (vor allem die äußeren) Anwender
Zu starkes Abknicken der Kabel Kann die Header-Pins verbiegen (alle) Anwender
Zu schmale Pins im Header Ungenügende Klemmfläche Hersteller
Verdrehte Pins im Header Ungenügende Klemmfläche Hersteller
Positionstoleranz der Pins Weniger Klemmfläche, Kontaktprobleme Hersteller
Vierkantdraht der Pins abgerundet Weniger Klemmfläche, Kontaktprobleme Hersteller
Kupfer-Pins Nichtbefolgen der PCI SIG Vorgaben Hersteller
Zu hohe Vortemperaturen der Pins am PCB Geringeres Temperaturfenster bis 105 °C AIC
Invers-Header 12V-Pins zu nah an den Hotspots des PCB AIC

Viel mehr lässt sich zum Thema Steckverbinder nicht mehr untersuchen oder schreiben, denn ich war so frei und habe mir das letzte verbliebene Puzzlestück vorgenommen. Die Stückzahl der getesteten Header und die sich deckenden Schadensmuster sind sicher auch ein statistisch abgesicherter Beleg dafür, dass man die Steckverbinder noch verbessern kann und auch muss.

Fazit

Dieser Steckverbinder, egal ob nun 12VHPWR oder neuerdings 12V-2×6, ist und bleibt eine recht fragile Sache, auch wenn man die möglichen Defekte mit Vorsorge und Nacharbeit an der Normierung reduzieren konnte. Denn einen Faktor wird man immer inkludieren müssen: Qualitätsmängel bei den Herstellern der Steckverbinder. Dazu kommen negative Einflüsse durchs Platinenlayout der Grafikkarten, wo die Pins oft schon durch die Platine unnötig aufgewärmt werden. Hier sind die Grafikkartenhersteller in der Pflicht, den Abstand der Pins zu den Hotspots auf der Platine zu vergrößern oder zu kühlen.

Mein Dank geht explizit an KrisFix, der mich mit vielen defekten Steckverbindern versorgt hat, sowie an die Benutzer, die mir ihre Karten zur Untersuchung eingeschickt haben. Darüber hinaus hat CableMod einen nicht unerheblichen Anteil zum Erkenntnisgewinn beigetragen, denn die unzähligen Testmuster, die ich hier untersuchen konnte, haben mich ebenfalls zum Ergebnis geführt. Unter Berücksichtigung all dieser Erkenntnisse hier im Labor, ist es interessant zu sehen, dass die neuen Adapter mittlerweile selbst nach über 8000 verkauften Einheiten keine höhere Ausfallrate mehr aufweisen als die normalen, nativen Kabel der Netzteilanbieter. Diesen Punkt habe ich noch geduldig abgewartet, bevor ich diesen Artikel geschrieben habe. Und ja, ich bin nun einmal krankhaft neugierig, wenn mich etwas triggert.

Ich bin mit diesem Steckverbinder trotzdem erst einmal durch, denn man wird kaum noch etwas anderes untersuchen oder optimieren können. Und ich gebe es ehrlich zu: Ich mag das Teil immer noch nicht so recht, weil es einfach viel zu nah an den physikalischen Grenzen agiert und sich damit extrem anfällig gegen mögliche Einflüsse macht, mögen diese auch noch so geringfügig erscheinen. Es ist und bleibt eine Gratwanderung, hart an der Grenze des physikalisch Vertretbaren und ohne echte Reserven. Wenn dann auch noch die Qualitätskontrolle in Teilen versagt, dann war es das nämlich für die Steckverbindung. So etwas baut man einfach nicht. Zumindest nicht so.

 

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Kommentar

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big-maec

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853 Kommentare 495 Likes

Danke erstmal für die kostenlose Analyse des 12VHPWR, habe auch noch 5 Header hier herumliegen, müsste mal schauen, ob die dann überhaupt was taugen.

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Roland83

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684 Kommentare 528 Likes

Traurig das ganze, weil das eigentlich jedem mit etwas Hausverstand und zumindest 2-3 versch Steckern und einfachsten Messwerkzeugen in 30 Minuten klar sein muss das man sich hier absolut beim Design und den Anforderungen verrannt hat.
Nichts anderes habe ich ja schon bei meinen Kontaktflächen Messungen bei den ersten 2 verschiedenen Kabeln, Adaptern.. die ich persönlich zu Hause hatte festgestellt. Das ganze ist am oberen Ende so heikel, dass es nur regelmäßig schief gehen kann wenn auch nur an 1-2 Punkten der Kette geschludert wird.
Trotzdem danke das du hier nicht locker lässt und das so offen und umfangreich darlegst.
Ich werde trotzdem dabei bleiben und meinen "Kunden" keine Karten über 350W TDP mit dieser Stecker/Buchsen Kombi verbauen.
Das darf dann jeder selber und auf eigenen Gefahr erledigen :p

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echolot

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943 Kommentare 727 Likes

Danke für die nochmalige Bestätigung, dass die Welt so eine Sch..Steckverbindung nicht braucht.

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Wenn dann so etwas dabei rauskommt, dann fragt man sich was die all die Jahre vorher richtig gemacht haben. Es waren auch Steckklemmverbindungen. Aber nicht an der physikalischen Grenze und mit reichlich Reserve. Back to the roots!

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Igor Wallossek

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Vielleicht sollte man ja mal die tolle AI nutzen, um DEN perfekten Stecker zu entwerfen :D

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Gregor Kacknoob

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528 Kommentare 442 Likes

Trifft für mich den Nagel auf den Kopf. Man müsste wohl nach jedem Einstecken ein Benchmark laufen lassen und dabei die Temperatur der Steckverbindung einmal prüfen, um wirklich auf der sicheren Seite zu sein. Klingt sarkastisch, aber nützt ja nichts ^^

Edit:
Und lässt AI die Qualitätskontrolle übernehmen. Was kann da schon schiefgehen :whistle:

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R
RazielNoir

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348 Kommentare 116 Likes

Warum wird am MB und Grafikkarten keine Steckverbindung über flache Metallbahnkontakte und Federleisten verwendet? Sowas wie der SATA-Stromstecker in GROSS? Mechanisch ist die Steckverbindung ja ähnlich wie die alten 4-Pin Molex Stecker und die haben mich immer schon geärgert! Und am MB die Aufteilung in 24Pin und 4 Pin an 2 verschieden Positionen....

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Roland83

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684 Kommentare 528 Likes

Ich fürchte der reine Entwurf an sich ist nicht das Thema. Aber wir sind ja heute alle sehr Serviceorientiert und die Anforderungen der verwöhnten Kundschaft sind halt dementsprechend hochtrabend...
"He Sirilexa - konstruiere mir eine Steckverbindung für 1000W, die soll aber Luios Viutton Weiß sein, maximal 3 Quadratmillimeter groß und mit ARGB Beleuchtung"
Dann müsste man eigentlich höflich formuliert die Antwort erhalten sich doch bitte auf die nächste Toliette zu begeben...
Aber weil die Manager, Marketing und Kunden halt immer König sind und ein einfaches "Heast Deppada des geht ned" heute nicht mehr Gesellschaftsfähig ist nimmt der Wahnsinn seinen Lauf xD

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Xandros

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10 Kommentare 7 Likes

Vielen Dank für diese aufschlussreiche Untersuchungsreihe !
Die Tatsache dass mittlerweile, angesichts der fließenden Ströme, grenzwertig kleine Kontaktflächen und Querschnitte genutzt werden war bereits bedenklich genug. Nun aber auch noch an den, wie du so schön schreibst, Grenzen des physikalisch vertretbaren zu schlampen oder die Spezifizierungen ausdrücklich unscharf zu lassen, erscheint mir als beinahe vorsätzlich eingepflegte Sollbruchstelle.

Es wird schon seine Gründe gehabt haben, warum man die drei 12V-Leitungen auf den PCIe-8Pin-Kabeln samt Kontakten auf maximal je nominal 3x 50W bzw. 5,5A an 12V, also 66W limitiert hat. Soweit hat es damit wohl nie ernsthafte Probleme gegeben. Letztlich wurde die Stromdichte pro Kabel/Kontakt beim 12VHPWR schlicht verdoppelt (Dauerleistung 6x100W), wodurch Übergangswiderstände eine zunehmende Rolle spielen.

Einen schönen Tag allen Foristen

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echolot

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943 Kommentare 727 Likes

Wir reden hier über 1 kW. Das ist nicht der Rede wert. Dafür gibt es zig Lösungen. Warum wählt man dann so eine grauenvolle Worst-Case-Ausführung? Es ist ja nicht so, dass die Verbindung jeden Tag unterbrochen wird. In einem GPU-Leben vielleicht 20 mal.

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ssj3rd

Veteran

219 Kommentare 155 Likes

Denke damit ist das Thema auch hier (endlich!) mal durch. 🙏

Ansonsten berichtet auch keiner wirklich mehr darüber, dass Thema scheint tot zu sein, selbst bei Reddit ist da inzwischen kaum noch was los. 🥱

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Igor Wallossek

1

10,227 Kommentare 18,929 Likes

ChatGPT Konzept für einen wirklich sicheren 12V-Steckverbinder, Das hat was :D

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Igor Wallossek

1

10,227 Kommentare 18,929 Likes

Ging nicht schneller... :D

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J
JahJah192

Mitglied

31 Kommentare 16 Likes

Toller und wichtiger Artikel, danke dafür!

Finde es absurd das Nvidia gerade bei den gigantischen 4090 Klopper so einen kleinen Stecker nutzt. Die Dinger werden immer größer und die Stecker immer kleiner…da wäre auch noch platz für einen zweiten Anschluss und weniger Grenzbereich gewesen.
Hab bei meiner Suprim penibel genau darauf geachtet das Teil gerade reinzustecken bis es einrastet, schlechte Gefühl bleibt, insbesondere wenn man dann sowas liest.
mMn eine der dümmsten, weil gefährlichsten, Designentscheidungen überhaupt. Muss nicht sein.

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echolot

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943 Kommentare 727 Likes
RaptorTP

Veteran

321 Kommentare 153 Likes

Mega !
Ich bin da auch völlig bei dir Igor.
Hab zwar schon eine RTX 4070 hier im Hause. Aber natürlich die aus deiner Empfehlung (KFA2) und dem guten alten 8pin !

Ich würde sagen Thema ist durch.
Wenn, dann sollte es ein Artikel für eine Alternative samt Umlöt-Anleitung geben xD

Das würde ich sogar präventiv eher machen als das mir die Karte abschmort und der Hersteller sowieso dann sagt ich seie zu blöd den fragilen Stecker, dessen Design fragwürdig ist, einzustecken.

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Nulight

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228 Kommentare 150 Likes

Der Stecker hätte doch einfach nur 50% in allen Abmessungen größer sein müssen, ca die Gesamtgröße von zwei alten 6Pin Steckern nebeneinander.
Mehr Platz, mehr Fläche, mehr Querschnitt, läuft.

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Arnonymious

Veteran

192 Kommentare 74 Likes

Toller Hintergrundartikel zu einem immer noch leidigen Thema.

@RaptorTP : Wenn einem die Garantie Wumpe ist, kann man das sicher machen, das sollte keine Hexerei sein. Derzeit habe ich das Problem trotz RTX nicht und hoffe, dass sich das bis zum nächsten Upgrade erledigt hat, egal welcher Couleur mein nächstes Pixelschübserchen sein wird.

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c
cunhell

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552 Kommentare 510 Likes

Warten wir mal ab, was passiert, wenn die 4090 und die anderen Karten, die den Stecker verwenden in den Second-Hand-Pool kommen.
So mancher wird dann wohl noch so seine Überraschung erleben. Gerade die leicht beschädigten Teile könnten beim erneuten Zusammenbauen dann ggf. Probleme machen, selbst wenn sie im Betrieb des Erstkäufers unauffällig waren.
Und da ja viele die Ursache einzig beim User sahen und auch so manche Hardwareseite diese Ursache als gegeben ansah, kommt dann die Aussage, der Zweitkäufer wäre zu doof gewesen und hätte den Stecker falsch bedient.

Cunhell

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echolot

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943 Kommentare 727 Likes

Ich gehe davon aus, dass man den Platz für den Header in Relation zur Platinengröße verkleinert hat. Bei AMD hat sich da nichts geändert.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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