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Kühler Brecher statt Fusionsreaktor: die GeForce RTX 3090 Ti stellt mit 300-Watt-Drossel die Effizienzliste auf den Kopf und schlägt die Radeons

Was passiert eigentlich, wenn man eine GeForce RTX 3090 Ti, die in Ultra-HD bis zu 500 Watt schluckt, mit Gewalt und List auf 300 Watt einbremst?  Mit nur 60% der aufgenommenen Leistung stellt sich die Frage, wieviel Prozentpunkte Performance man einbüßt, wenn man 40 Prozentpunkte weniger Energie zuführt und wo sich die dann auch genügsamste Karte im Testfeld von AMDs Radeon RX 6800XT bis hin zur ungebremsten GeForce RTX 3090 Ti am Ende wirklich einsortiert. Sicher, man könnte alle anderen Karten auch noch sparsamer betreiben, aber ich habe mir für heute einfach einmal das Ziel gesetzt, an der Steckdose knapp unterhalb der RX 6800XT zu bleiben und zu schauen, was dann wirklich passiert. Das allein ist schon spannend genug.

Natürlich habe ich wieder alle Metriken für Euch, die es diesmal durchaus in sich haben. Neben den FPS, Perzentilen, Frame Times und Varianzen pro Spiel gibt es auch die Leistungsaufnahme der GPU und CPU sowie die jeweilige Effizienzbetrachtung. Das ist insofern recht interessant, weil man dabei auch sieht, dass nicht alle GeForce-Karten beim P1 (min FPS) und den Frame Times sowie Varianzen (reproduzierbar) gleich agieren. Doch dazu später mehr. Natürlich habe ich am Schluss auch noch die Zusammenfassung aller Spiele und ein Fazit für Euch. Das Ganze ist auf Ultra-HD begrenzt, um die Einflüsse der CPU weitgehend auszuschließen, die bei den stärksten Karten schon ab WQHD spürbar werden. Außerdem ist hier bei fast 100% GPU-Last auch die Leistungsaufnahme am höchsten.

Da es jedoch (wie schon beim Launchtest) sinnlos wäre, diese leistungsgesteigerte MSI GeForce RTX 3090 Ti SUPRIM X 24 GB gegen Referenzmodelle zu testen, habe ich für alle der vertretenen Karten im Test ebenfalls die sogenannten Custom-Modelle von MSI dagegen gestellt. Bei den NVIDIA-Karten kommen alle Karten aus der SUPRIM-(X)-Reihe, während ich bei den AMD-Karten mangels anderer Versionen die Gaming-X-Modelle nutze. Es sind somit alles werksübertaktete Karten im Gaming-Mode und mit einer einheitlichen Hersteller-Philosophie. Alles andere wäre wirklich Augenwischerei. Deshalb ist der Test auch auf 7 relevante Karten plus die eingebremste Karte begrenzt.

Leistungsbremse, Testsystem und Auswertungssoftware

Ich habe diesmal nicht nur das Power Limit eingegrenzt, sondern auch die VF-Kurve angepasst. Als Blaupause diente mir die Kurve der NVIDIA RTX A6000, die ebenfalls mit einem Power Limit von 300 Watt eingebremst wird und über den gleichen, unbeschnittenen GA102 verfügt. Dass ich mir die Mühe gemacht habe, die Consumer-Karte statt der RTX A6000 zu testen liegt auch daran, dass die RTX A6000 nur über den deutlich langsameren GDDR6 RAM verfügt. Das kostet, je nach Spiel, noch einmal 3 bis 10% Performance, zumal auch der Kühler der RTX A6000 als Blower zusammen mit einem höheren Temperatur-Target agiert, welches einige der höchsten Boost-Steps verhindert. Wenn schon, dann musste dieselbe Karte getestet werden, um auch wirklich vergleichbar zu bleiben.

Modifizierte 300-Watt-Kurve

Das mit der Frequenzvorgabe war nicht ganz so einfach, weil es immer wieder zu Instabilitäten kam und ich mit dem Takt auf maximal 2050 MHz runter musste. Und so haben mich am Ende die optimierten Vorgaben fast noch mehr Zeit gekostet, als der eigentliche Benchmark-Durchlauf. Aber egal, das Ergebnis zählt und am Wochenende war eh Mistwetter. So gesehen, war es also eine durchaus sinnvoll investierte Zeit.

Das Benchmarksystem ist bekannt und steht redundant im Labor und im Redaktionsraum. Ich setze auf PCIe 4.0, das passende X570 Motherboard in Form eines MSI MEG X570 Godlike und einen selektierten Ryzen 9 5950 X, der wassergekühlt stark übertaktet wurde. Dazu kommt schneller RAM sowie mehrere schnelle NVMe SSDs. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich sowohl NVIDIAs PCAD als auch einen eigenen, Shunt-basierten Messaufbau, der alle Leitungen zu Grafikkarte und Motherboard überwachen kann (10-Kanäle), was den Komfort ungemein erhöht. Die Messung der detaillierten Leistungsaufnahme und anderer Dinge erfolgt im Labor auf einem redundanten und bis ins Detail identischem Testsystem zweigleisig mittels hochauflösender Oszillographen-Technik.

In diesen klimatisierten Räumen entstehen auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen, die mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen außerhalb in meiner Chamber, die sich in einer anderen Örtlichkeit befindet.

Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:

 

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G
Guest

Wirklich sehr interessant! Hätte ich jetzt nicht gedacht. Da kann ich mich dem Fazit des "Wattrüstens" eigentlich nur anschließen. Ressourcen-Verschwendung vom Feinsten, um mit der Brechstange besser zu sein, obwohl es deutlich weniger durstig gehen würde.

In der Aufstellung der getesteten Spiele sollte es bei 5 "Ghost" heißen....kleiner Tippfehler ;)
Aber bei dem Berg Arbeit, den du dir über´s WE aufgeladen hast........

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F
Falcon

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86 Kommentare 85 Likes

Bei welcher Spannung / Taktrate lief die Karte dann unter Last?

Außer für Benchmarks laufen bei mir seid Jahren alle Karten undervolted und die Framerate wird auf ein vernünftiges Niveau begrenzt.

Bin dann immer wieder positiv erstaunt wieviel Strom/Abwärme & Lärm man dadurch trotz 4K 120Hz OLED einsparen kann.

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Martin Gut

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7,721 Kommentare 3,538 Likes

Eindrücklich zu sehen, dass man mit 2/3 des Stroms noch fast die selbe Leistung heraus holen kann. Die Karten sollten standardmässig mit einem Power-BIOS und einem Sweetspot-BIOS ausgeliefert werden. Dann braucht es auch kein Silent-BIOS mehr. Damit könnte man durchaus gute Werbung machen.

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RX480

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1,803 Kommentare 819 Likes

Wow!
Was man bei schlechtem Wetter so Nützliches machen kann.

Mich würde mal noch interessieren, wie die neue optimierte Kurve so unter Telllast mit 144 Fps-Limit in DE arbeitet.(als Vgl. zu CB)

btw.
Powerlimit stark einkürzen und UVen geht natürlich auch bei RDNA2. (siehe Anhang 2+3 @200W asic)
(interessanterweise liegen dann 6800xt+6900 ähnlich nah bei einander wie die 3080Ti+3090Ti)

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m
maulwurf1972

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39 Kommentare 24 Likes

Ich habe meine "olle" 5700XT schon länger auf -15% laufen (über den Treiber). Funktioniert für mich besser als die FPS einzudrosseln.

Von 210W auf 165W herunter und gerade mal ca. 4FPS (im Flugsimulator oder Cyberpunk) verloren. Dafür hört man die Lüfter kaum noch. Noch weniger wird teilweise unangenehm weil die Karte anfängt die Lüfter ein und auszuschalten.

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RX480

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1,803 Kommentare 819 Likes

Dann erstell halt ne Lüfterkurve ohne Fanstopp. (... ist soundso der größte Blödsinn)

Bei RDNA2 kann ich im MPT ohne Probleme bis auf 12% PWM runter gehen als minWert.

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Göran

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152 Kommentare 60 Likes

@Igor Wallossek Viele Dank für den ausführlichen Test.
Genau so einen Vergleich mit der 3090ti hatte ich mir gewünscht.
Natürlich ist es auch dekadent eine Karte aus diesem Preissegment so zu beschneiden, aber es ist sehr eindrücklich.
Die Hersteller werden sicher auch weiterhin alles aus den Karten holen, was sich kühlen lässt, solange die reinen FPS die Referenz für die Performance sind.
Mich persönlich würde es sehr freuen wenn in Zukunft, auch in kleinerer Form als in diesem Test, etwas zum Verhältnis aus FPS und Leistungsaufnahme präsentiert werden würde.

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,596 Likes

Zauberwort: Hysterese. 10 Grad sollten zwischen Ein- und Ausschalttemperatur schon liegen.

Die maximale Takfrequenz lag stark schwankend bei 1900 bis 1960 MHz. Die Spannung am Sockel habe ich nicht gemessen, die Werte aus dem I2C sind ja nur Vorgabewerte und haben mit der Realität kaum was zu tun. Sensorgeraffel halt.

Ja, die RTX A6000 ist dekadent. Nicht. In den meisten Lebenslagen merkt man das nicht einmal. Bei den Workstation-Grafikkarten klappt es doch auch, jetzt wünsche ich mir auch ein generelles Dual-BIOS. Greta-Setting und Gamer-Schlagmichtot-Setting :D

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RX480

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W/Fps ist doch schon IMMER dabei

vllt. könnte man ja in B3 auch mal WQHD testen bei nur noch 300W
(um gegen die üblichen Sparfüchse anzutreten)

btw.
Im Luxx ist man übrigens auf eine UVing-Grenze bei der Ti@<900mV gestossen, wo dann der Vram sporadisch runtertaktet!
Kann gut sein, das die Framedrops in B3 bei Igor von Sowas kommen.

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Blubbie

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808 Kommentare 275 Likes

@Igor Wallossek Wie immer top Artikel am Montag morgen.

Und "Greta-Setting".... => Made my day 👍😁
Bleibt ja zu hoffen, dass die nächste Generation an GPUs sich auch gut abseits der angeteaserten 400-600 Watt betreiben lassen kann.

Ich selbst bevorzuge zwar eher das undervolting statt das powerlimit zu begrenzen, aber für den test/Vergleich was man mit 300 watt hinbekommt ist das so natürlich sinnvoller.

Komisch das Autohersteller an ihrem Autos den Verbrauch immer so stark bewerben, es aber bei Computern Komponenten nie erwähnt wird, höchsten seit einigen Jahren GPUs ein silent BIOS haben. Aber das hat ja meist nix mit Effizienz zu tun.

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ro///M3o

Veteran

337 Kommentare 234 Likes

Danke für diesen sehr aufschlussreichen Test. Das praktiziere ich so seit Vega (Power Limit / Undervolting) bei CPU sowie auch CPU :)
Leider kommt halt zum Watt/FPS noch eine dritte Komponente dazu. Der Preis. Setzt man nun Watt/FPS/Preis für "ab obere Mittelklasse", dann sieht das wieder ganz anders aus. Aktuell meine ich, dass dann mit den aktuellen Preisen die 6900XT ganz oben dabei ist. Sprich wenn von der 3090Ti der Preis bei ca. 1000€ rum liegen würde, mit von mir aus einer festen 350W Grenze, die dann eine wesentlich simplere PCB und Kühler zufolge hätte dann top, aber das wäre nicht im Sinne des Herstellers. Geld, Gewinn usw.
Nicht desto trotz ist das Fazit mehr als treffend und ich bin zu 100% gleicher Meinung.

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RX480

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1,803 Kommentare 819 Likes

bei 350W hätte man ne 6900XTXH als sinnvolle Alternative, z.Bsp. die OCF für 1289€
(da würde ich net mehr nach ner einfachen 6900xtx schauen)

ansonsten ist momentan evtl. <<300W ne 6800XT für ca. 900€ am werthaltigsten
(gab schon mal wieder im MS<900€, momentan 927€)

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Igor Wallossek

1

10,107 Kommentare 18,596 Likes

@RX480
Das hat was mit der Spannungsversorgung der RTX 3090 Ti im Speziellen zu tun, aber hier bin ich leider unter NDA. Die 900 mV braucht man aber gar nicht als Vorgabe. Unterm Slot liegt dann eh was anderes an. Der Sweet-Spot liegt bei 300 Watt, darunter wirds albern und schon wieder kontraproduktiv, weil die Varianzen lawinenartig ansteigen. Ich hatte diesbezüglich auch schon interne Diskussionen mit Leuten, die sich der Workstation-Designs der RTX angenommen haben. Die RTX A6000 läuft genau deshalb mit 300 Watt und nicht weniger. ;)

@Blubbie
Reines Untervolting bringt auch nur mehr Frequenzdrops und -Spikes, hier muss man wirklich auch das Power-Budget mit ändern. Also beides sinnvoll anpassen. Sonst fliegt man bei der Stabilität schneller aus der Kurve, als es einem vielleicht lieb ist. Boost is a B1tch :D

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F
Falcon

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86 Kommentare 85 Likes

hmm, dann warst nach deiner Kurve im Test immernoch bei grob 1V.:unsure:

Mit soner 3090TI muss ich wohl doch nochmal unter Wasser rumspielen.😅

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RX480

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@Igor Wallossek
Danke für die schnelle Erklärung!

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grimm

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3,070 Kommentare 2,023 Likes

Hab direkt mal ein paar Dinge ausprobiert. Da mein 4K-Display eh nur 60Hz schafft, erstmal die FPS begrenzt. Schon das sorgt in Black Mesa für 56°, unhörbare Lüftung und eine Leistungsaufnahme um max 150 Watt. Allerdings ist die GPU auch nur um 30% ausgelastet.
Ob und was UV zusätzlich bringt, muss ich mir von Spiel zu Spiel anschauen.

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RX480

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1,803 Kommentare 819 Likes

@grimm
Geh mal spassenshalber auf 1836p mit oder ohne NIS/RSR und teste mal SoTR@SMAA:
(wg. dem Inputlag nehme ich nur 57fps@60Hz; ... im Anhang ohne RSR)

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Igor Wallossek

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10,107 Kommentare 18,596 Likes

Kurve und reale VCore sind 2 Paar Schuhe. Man muss Boost schon verstehen und etwas Luft lassen. Dieses ganze Sensor- und Vorgabengeraffel ist doch nur für die Galerie. ;)

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F
Falcon

Mitglied

86 Kommentare 85 Likes

Schon klar.

Ich hatte sehr gute Ergebnisse mit ner 3090FE die ich auf 900mV begrenzt hatte.
Bei ner TI könnte da noch was mehr gehen.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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