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GeForce RTX 4070 auf den Preispunkt gebracht: Wenn der Zwang zur UVP die Vernunft besiegt

Freitragende Kühler mit nur 4 Befestigungspunkten

Kommen wir nun zu einer Folge dieser thermischen Konzentration auf nur wenige Bereiche. Alle MSRP-Karten, die ich bisher gesehen habe, nutzen günstige Kühler, bei denen allein der Heatsink für die Verbindung von Kühler und Platine dient. Um überhaupt mit einer Karte 2 bis 5% Marge zu erwirtschaften, darf so ein Kühler nicht viel mehr als 20 USD im Einkauf kosten. Da sich die Preise für Kühler mittlerweile deutlich erhöht haben, bekommt man dann gerade noch eine preiswerte und RGB-freie Variante mit 2 Lüftern, maximal 3 Heatpipes, Heatsink und den vier Befestigungspunkten am Heatsink. Cost down eben.

Exemplarisch betrachten wir nun einen Kühler, der aber dadurch gleich zwei Probleme aufweist. Das Erste, was auffällt: es fehlen Heatsinks bzw. Kühlflächen für die beiden Spannungswandler des Speichers und auch die Kühlungsmöglichkeit für den einzelstehenden DrMOS an der Kartenoberseite, der hier im Bild mittig auf der oberen, umgebogenen Heatpipe sitzen müsste. Außerdem ist der Abstand zwischen dem VRM-Heatsink rechts (dunkelgraues Wärmeleitpad) und den DrMOS recht groß. Ja, dicke Pads kann man machen, aber dann müsste der Heatsink auch irgendwie wieder mit der Platine verbunden sein. Ist er aber nicht. Biegt sich die Platine nach hinten, besteht mit etwas Pech gar kein Kontakt mehr.

Viele der Benutzer werden die Karten ja horizontal einbauen. Dann ist die Platine via Slotblende fest mit dem Gehäuse verbunden. Der gesamte Kühler hängt nur an vier Schrauben und zieht den mittleren Bereich nach unten. Infolgedessen kann sich die Platine bei hohen Temperaturen verbiegen (Bending) und die Auflage des VRM-Heatsinks wird deutlich schwächer, weil der Abstand wächst und der Druck abnimmt. Also müsste man das Ganze stabilisieren, um zumindest ein Verbiegen der Platine zu verhindern.

An dieser Stelle kommt nun die Backplate ins Spiel. Das ist also nicht nur optischer Firlefanz, sondern in allererster Linie eine rein mechanische Absicherung gegen ein Verbiegen. Allerdings sind wir auch hier wieder bei den leidigen Kosten angelangt und die Versuchung, das einfach mit Kunststoff zu lösen, ist leider recht groß. Die unten exemplarisch abgebildete Platine ist leider komplett instabil und nahezu flexibel. Da wird nichts stabilisiert, denn dazu ist sie einfach selbst viel zu biegsam.

Ich zeige Euch jetzt mal in einem kleinen Video was passiert, wenn man an der richtigen Stelle dagegen drückt. Da biegen sich Platine und  Backplate. Und bitte den Ton ausmachen, denn ich schnaufe wegen meiner Erkältung und der verstopften Nase wie Darth Vader:

 

Dass das hier keinen echten Kontakt auf dem VRM Heatsink mehr bietet, ist leider die logische Folge. Die Karte war einen Tag horizontal im Testgehäuse montiert und durfte fleißig schwitzen. Schraubt man danach die Backplate ab und misst die Karte im stehenden Aufbau (Open Benchtable), dann sieht das Ergebnis nicht mehr wirklich schön aus. Ich habe das Ganze mal als Superposition erstellt, so dass Ihr zusätzlich die (unsichtbare) Frontseite der Platine seht. Dazu greife ich die Platine auf der ersten Seite mit den gelben Markierungen der Hotspots wieder auf und welche Überraschung: das deckt sich leider passgenau!

Bis zu 106 Grad sind hier wirklich grauenvoll. Gut, das Platinenmaterial arbeitet auch bis 140 Grad noch problemlos, die DrMOS brennen auch nicht ab, nur darf man nicht vergessen, dass es ab rund 100 °C bereits zu Ausgasungen der Verbundstoffe kommen kann. Dazu kommt, dass eine Multilayer-Platine dünne Tracks enthält und dass es zusammen mit dem Bending beim extremen Erwärmen und anschließenden Abkühlen zu Abrissen der Leiterbahnen kommen kann. Haarrisse sind hier nicht einmal selten. Nur finde die erst einmal. Ein weiterer Punkt ist die schnellere Alterung der im direkten Umkreis liegenden Komponenten, vor allem der Kondensatoren. Nein, schön ist das alles nicht.

Und was passiert, wenn man einen DrMOS für die NVVDD gar nicht kühlt, sehen wir am Messpunkt VRM #2. Wir haben ja auf dem ersten exemplarischen Bild schon entdeckt, dass dort gar kein Heatsink existiert. Die fast 96 °C sind dann nur noch die logische Folge. Dass man günstig auch in zweckmäßiger hinbekommen kann, zeigt die dritte und letzte Seite. Leider hat diese Karte dann einen anderen Nachteil, aber dazu nach dem Umblättern mehr.

 

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echolot

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Da bietet sich eien Wakü ja geradzu an.

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Llares

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Für die paar Watt? Eigentlich nicht. Und für den Aufpreis schon mal gar nicht. 120 € dürften da nämlich mindestens werden für den Block. dann lieber die FE oder eine ordentliche Partnerkarte.

Kommt aber für mich aber eh alles nicht in Frage. Die 4070 ist ja kaum schneller als meine 6800, für die ich 500 € bezahlt habe.

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echolot

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932 Kommentare 723 Likes

Eine CPU macht auch max. 200 Watt. Vor zehn Jahren war die Leistung auch nicht höher. Da gab es schon über 10 Jahre GPU-Wakühler. Finde den Kommentar von daher etwas sinnfrei. Oder glaubt hier irgendjemand, dass die Hersteller das Problem lösen werden.

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hellm

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Das ist mir schon bei der 4070 Ti aufgefallen. Kühler hin oder her, die Elektronik, welche ich für so einen relativ hohen Preis bekomme, das macht alles keinen sehr wertigen Eindruck.
Der Vergleich mit einer GTX 1070 Ti für immerhin 480€, also da waren die Nacktbilder noch sehr ansprechend, die Karte hat auch kaum mehr als 200W verlangt:

Ich will mir nicht derart billige Elektronik für so viel Geld in meinen Rechner setzen. Eigentlich egal für wieviel Geld. Da bekomme ich ja Angst, die Freude über eine neue Karte würde sich dadurch eher ins Negative umkehren. Tut mir leid Nvidia, und AMD, aber so kommen wir nicht mehr zusammen. Da hätte ich mehr Vertrauen in alte Spitzenmodelle der Vorgängergeneration. Wobei ich dann vielleicht irgendwas kaufen würde, das deutlich teurer aber auch langlebiger ist, Hauptsache keine merkwürdigen Spar-Designs mit absoluten Billig-Komponenten. Vielleicht ist das auch der Plan, mich einfach zu nötigen noch mehr Geld auszugeben, damit ich wenigstens halbwegs vernünftige Elektronik für mein Geld bekomme. Grafikkarten machen einfach keinen Spaß mehr in den letzten Jahren.

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SchmoWu

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Danke für den Einblick Igor.

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Gregor Kacknoob

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Erstmal gute Besserung @Igor Wallossek

Ich nehme aus dem Artikel mit, dass die Lebenszeit der Graka(s) voraussichtlich nicht alszu lang sein dürfte. Thermisch auf Kante genäht. OC dürfte das Problem noch verschärfen. Gut zu wissen. Noch ein Kaufkriterium ^^

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Chismon

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Und in 2-3 Jahren haengt man dann mit den nVidia RTX 4070(Ti) 12 GB Karten - im Gegensatz zu einer RX 6800(XT) mit 16 GB - wohl wieder im Speicherlimit, wie aktuell schon mit den (Ampere RTX 3060Ti bis 3070Ti) 8 GB nVidia Karten:

Gut, dass es noch Leute wie bspw. JayzTwoCents gibt, die die nVidia Preise fuer das Gebotene noch anders sehen und ankreiden.

Gegen eine RX 6950XT sieht - ausser bei der Effizienz und ein paar unausgereiften Features - eine RTX 4070 fuer den gleichen Preis leider kein Land, wie auch schon von Gamers Nexus trefflich beleuchtet.

So gesehen bleibt zu hoffen, dass AMD/RTG mit der RX 7800XT mit kolportierten 16 GB der Kundschaft (wieder) mittel- bis langfristig mehr (Preis-Leistung) bieten kann als nVidia, nur laesst man sich mit einer Ankuendigung (des Marktstarts) dieser Alternative bei AMD/RTG leider sehr viel Zeit.

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echolot

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Ich denke mal, da bis dahin Intel noch ein Wörtchen mitzureden hat.

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Furda

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663 Kommentare 371 Likes

Danke für die detaillierte Analyse. Unschön ja. Aber auf Grund des Spoilers im 4070 FE Artikel scheint es keine Probleme weder mit Verlustleistung noch Temperatur zu geben, da alle Karten gleich schnell sein sollen innerhalb der 200W Limite. Kurzfristig zumindest. Langfristig werden die Billigen vielleicht mit Platinenschäden bestraft, bedeutet RMA, bedeutet Kosten. Und der Geiz wird verdient bestraft.

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Shakj

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Mh, wird's besser, wenn man die hinteren Schrauben auch noch alle weglässt? :) Oder zumindest die mittleren zwei, dass der Bug wieder ins Wasser taucht?

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Ginmarr

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C
ChaosKopp

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Erst mal auch von meiner Seite gute Besserung, auch wenn es bei mir weniger nach Lord Vader klang, sondern ich es ansonsten für simuliertes Spulenfiepen gehalten hätte.

Also kauft man für ne ordentliche Summe eine Lösung, die schneller altern könnte als man selbst, wenn man der Holden die Investition erklären möchte.

Schön, dass NV seine Margen oben hält, aber dass man den Boardpartnern nicht mal die Lätta auf der Stulle gönnt, ist mittelfristig nicht die beste Idee.

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big-maec

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841 Kommentare 487 Likes

Oh ha ein Wackel Kühler mit Luft nach oben. Für 600 € hat man vor einigen Jahren aber noch was Vernünftiges bekommen.

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Llares

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71 Kommentare 35 Likes

Was heißt hier sinnfrei? Der Unterschied von einem CPU- zu einem GPU-Wasserkühler liegt im Preis und dem standardisierten Layouts. Eine gute AIO für die CPU bekomme ich für unter 100 €, wenn ich schon einen Kreislauf habe, für 30-50 Euro einen guten CPU-Kühler. Zu dem Preis bekomme ich für eine GPU vielleicht die Backplate.

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Hans Yolo

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120 Kommentare 25 Likes

Ohne wirklich Einblick in die Hintergründe zu haben, aber ich gehe davon aus, dass Nvidia mit der FE ordentlich absahnt, und im gleichen Zug aber extremen Druck auf die Bordpartner steckt ein möglichst billiges Produkt auf dem Markt zu werfen, obwohl es nicht rendiert weder finanziell, ganz zu schweigen vom Image den man sich als Bordpartner aufbaut...
Ich verstehe EVGA, die kein Bock mehr hatte auf diese Geschäftspraktiken und hoffe, dass andere Anbieter hier nachziehen, damit auch Nvidia hier etwas über die Bücher muss wie man mit Partnern umzugehen hat...

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echolot

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932 Kommentare 723 Likes

Wo kaufts Du denn ein??? Ich gehe von 150 Euro für einen Custom-Kühler inkl. Backplate aus für die Einbindung in eine Custom-Wakü.

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K
Kobichief

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671 Kommentare 202 Likes

hab mir ne FE bestellt, mal schauen. Mit der 6700xt asus dual war ich nicht sehr zufrieden. Ich hoffe meine erste Nvidia Karte seit 10 Jahren wird besser :)

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Igor Wallossek

1

10,211 Kommentare 18,899 Likes
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hellm

Moderator

620 Kommentare 844 Likes

Hüstl..

..ansonten gehöre ich übrigens auch zu den Verrückten, die früher schon "nur" 200W mit Wasser behandelt hatten. Meine RX480 hat etwas gepimpt allerdings schon 200W für die GPU alleine verlangt, und Polaris war jetzt auch nicht besonders großflächig, Sinn hat das für mich allerdings gemacht. Bei der oben verlinkten 1070 Ti hatte ich auch einen Wasserkühler drauf, gab es damals reichlich zu kaufen. War natürlich Overkill, aber das hat auch sehr viel Spaß gemacht. Konnte so eine Wasserkühlung ohne viel Radau bei maximalem Boost halten, in jeder Lebenslage.

Da haben wir auch in diesem Artikel genug Einblick erhalten. Wie, und ich habe wieder gelesen es handelt sich um die grüne wie die rote Partei, mit den sog. Boardpartnern umgegangen wird, ist ja niemandem entgangen. EVGA hat gleich komplett das Handtuch geworfen. Das kann für den Kunden keine gute Entwicklung sein. Nicht nur, dass man die Partner immer weiter mit Auflagen gängelt, man sägt auch an deren Marge und überhaupt der Möglichkeit etwas Vernünftiges zum geforderten (!) Preis anzubieten. Keine außergewöhnlichen OC-Designs mehr, welche den Namen wenigstens im Ansatz verdienen würden, und billigste Elektronik mit billigen Kühlern oben drauf, bei den sog. "MSRP-Modellen".
Ich weiß nicht, ob Nvidia und AMD ihre Boardpartner als Feinde begreifen. Und uns Kunden wohl zu einem großen Teil als Idioten, oder man schätzt den Anteil der die Fachpresse (gelobt sei, es gibt sie noch) lesenenden Kunden als zu gering ein, um sich über die paar Enttäuschten Sorgen machen zu müssen. Also man kann es nur als Strategie begreifen, die Boardpartner aus deren Verträgen ekeln zu wollen, sonst ergibt das nicht viel Sinn. Um dann nur noch selbst zu produzieren, Verzeihung, in Auftrag zu geben.

Was soll das sonst sein? Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr könnte ich mich darüber ärgern. Bei Mainboards bekommen wir lange nicht mehr so einen Rotz vorgesetzt, ich habe hier ein B550 Board (also nicht Top-Chipsatz oder sowas) mit absolut kranken, echten 14+2 Phasen mit je 90A. Das ist eigentlich nur noch insane und schon fast zuviel für meinen Enthusiasmus, v.a. für AM4-CPUs, aber nehme ich natürlich gerne mit. Und dann soll ich mir so einen Mist von brennbarer Grafikkarte in meinen Rechner pflanzen? Weil 200W bei Grafikkarten heute eh als Witz bezeichnet werden, und gerade in der Mittelklasse die eigenen Boardpartner bekämpft werden müssen?

Also das Ende der "Boardpartner-Kriege" abwarten, nachdem wir nun diesen Krypto-Schwachsinn endlich ausgestanden hatten. Es ist zum Mäusemelken, zum rein-shice-n. Verzeiht meine Ausdrucksweise, allerdings hilft fluchen manchmal wirklich.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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