Freitragende Kühler mit nur 4 Befestigungspunkten
Kommen wir nun zu einer Folge dieser thermischen Konzentration auf nur wenige Bereiche. Alle MSRP-Karten, die ich bisher gesehen habe, nutzen günstige Kühler, bei denen allein der Heatsink für die Verbindung von Kühler und Platine dient. Um überhaupt mit einer Karte 2 bis 5% Marge zu erwirtschaften, darf so ein Kühler nicht viel mehr als 20 USD im Einkauf kosten. Da sich die Preise für Kühler mittlerweile deutlich erhöht haben, bekommt man dann gerade noch eine preiswerte und RGB-freie Variante mit 2 Lüftern, maximal 3 Heatpipes, Heatsink und den vier Befestigungspunkten am Heatsink. Cost down eben.
Exemplarisch betrachten wir nun einen Kühler, der aber dadurch gleich zwei Probleme aufweist. Das Erste, was auffällt: es fehlen Heatsinks bzw. Kühlflächen für die beiden Spannungswandler des Speichers und auch die Kühlungsmöglichkeit für den einzelstehenden DrMOS an der Kartenoberseite, der hier im Bild mittig auf der oberen, umgebogenen Heatpipe sitzen müsste. Außerdem ist der Abstand zwischen dem VRM-Heatsink rechts (dunkelgraues Wärmeleitpad) und den DrMOS recht groß. Ja, dicke Pads kann man machen, aber dann müsste der Heatsink auch irgendwie wieder mit der Platine verbunden sein. Ist er aber nicht. Biegt sich die Platine nach hinten, besteht mit etwas Pech gar kein Kontakt mehr.
Viele der Benutzer werden die Karten ja horizontal einbauen. Dann ist die Platine via Slotblende fest mit dem Gehäuse verbunden. Der gesamte Kühler hängt nur an vier Schrauben und zieht den mittleren Bereich nach unten. Infolgedessen kann sich die Platine bei hohen Temperaturen verbiegen (Bending) und die Auflage des VRM-Heatsinks wird deutlich schwächer, weil der Abstand wächst und der Druck abnimmt. Also müsste man das Ganze stabilisieren, um zumindest ein Verbiegen der Platine zu verhindern.
An dieser Stelle kommt nun die Backplate ins Spiel. Das ist also nicht nur optischer Firlefanz, sondern in allererster Linie eine rein mechanische Absicherung gegen ein Verbiegen. Allerdings sind wir auch hier wieder bei den leidigen Kosten angelangt und die Versuchung, das einfach mit Kunststoff zu lösen, ist leider recht groß. Die unten exemplarisch abgebildete Platine ist leider komplett instabil und nahezu flexibel. Da wird nichts stabilisiert, denn dazu ist sie einfach selbst viel zu biegsam.
Ich zeige Euch jetzt mal in einem kleinen Video was passiert, wenn man an der richtigen Stelle dagegen drückt. Da biegen sich Platine und Backplate. Und bitte den Ton ausmachen, denn ich schnaufe wegen meiner Erkältung und der verstopften Nase wie Darth Vader:
Dass das hier keinen echten Kontakt auf dem VRM Heatsink mehr bietet, ist leider die logische Folge. Die Karte war einen Tag horizontal im Testgehäuse montiert und durfte fleißig schwitzen. Schraubt man danach die Backplate ab und misst die Karte im stehenden Aufbau (Open Benchtable), dann sieht das Ergebnis nicht mehr wirklich schön aus. Ich habe das Ganze mal als Superposition erstellt, so dass Ihr zusätzlich die (unsichtbare) Frontseite der Platine seht. Dazu greife ich die Platine auf der ersten Seite mit den gelben Markierungen der Hotspots wieder auf und welche Überraschung: das deckt sich leider passgenau!
Bis zu 106 Grad sind hier wirklich grauenvoll. Gut, das Platinenmaterial arbeitet auch bis 140 Grad noch problemlos, die DrMOS brennen auch nicht ab, nur darf man nicht vergessen, dass es ab rund 100 °C bereits zu Ausgasungen der Verbundstoffe kommen kann. Dazu kommt, dass eine Multilayer-Platine dünne Tracks enthält und dass es zusammen mit dem Bending beim extremen Erwärmen und anschließenden Abkühlen zu Abrissen der Leiterbahnen kommen kann. Haarrisse sind hier nicht einmal selten. Nur finde die erst einmal. Ein weiterer Punkt ist die schnellere Alterung der im direkten Umkreis liegenden Komponenten, vor allem der Kondensatoren. Nein, schön ist das alles nicht.
Und was passiert, wenn man einen DrMOS für die NVVDD gar nicht kühlt, sehen wir am Messpunkt VRM #2. Wir haben ja auf dem ersten exemplarischen Bild schon entdeckt, dass dort gar kein Heatsink existiert. Die fast 96 °C sind dann nur noch die logische Folge. Dass man günstig auch in zweckmäßiger hinbekommen kann, zeigt die dritte und letzte Seite. Leider hat diese Karte dann einen anderen Nachteil, aber dazu nach dem Umblättern mehr.
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