Subjektives Hörerlebnis
Testen wir nun auch subjektiv, was man im Original am Ohr anliegen hat. Ich habe den Avantone Pro Planar Red jetzt über eine gewisse Zeit privat sehr intensiv genutzt, was selbst den hartgesottensten Einspiel-Fanatikern den Wind aus den Segeln nehmen dürfte, denn es kommen weit mehr als 250 Betriebsstunden zusammen. Wenn man denn überhaupt an so etwas glaubt. Aber egal, das kann man jetzt als erledigt abhaken, denn es ist vollbracht, so oder so.
Basswiedergabe
Der Bass ist extrem gut strukturiert, für ein offenes System noch ausreichend tief und niemals auch nur ansatzweise zu schwach, ohne aber dabei sinnlos laut oder überpräsent zu wirken. Er ist einfach da, Punkt. Wer Bassbomber liebt, wird somit enttäuscht, aber die Wiedergabe ist so nah am Original, das man hier nichts vermisst, sondern oft genug staunt. Die Subkontraoktave ist natürlich anwesend, wenn auch unterhalb von 30 Hz langsam die Grenzen des Systems erreicht werden und fließend der Übergang ins Nichts erfolgt. Der große Vorteil der eher präzisen und nie zu fetten Abstimmung ist zudem, dass sowohl kurze und staubtrockene, als auch samtweiche Inhalte gleichermaßen gut wiedergegeben werden.
Und dann staunt man auch immer wieder, weil man plötzlich Unreinheiten im Bass hört, die nicht an den Kopfhören, sondern bereits am Material liegen und die ein normaler Kopfhörer glatt zuschmiert und damit höflich verdeckt. Der Avantone Pro Planar Red ist somit natürlich kein hinterhältiger Puncher, aber ein grundehrlicher Berichterstatter aus den tiefen Abgründen so manch eines Einspielers. Das kann man mögen, oder eher nicht, zumindest fehlt einem nichts. Und pegelfest ist er in jedem Falle, da sei die große Basstrommel vor.
Dieser Bereich klingt ebenfalls sehr natürlich und fast schon zu selektiv, was vor allem die Sprachwiedergabe männlicher Stimmen zu einem Erlebnis der anderen Dimension macht. Diese Vocals sind in ihrem Volumen geradezu unlimitiert und wirken trotzdem sehr natürlich und fast schon zu entspannt. Nennen wir es einmal voluminöse Leichtigkeit, was kein Widerspruch sein muss, weil nie etwas auch nur ansatzweise verkrampft. Der gesamte Bassbereich bis hin zum Oberbass spielt also souverän, eher warm und ausgeglichen, ohne dabei die oberen Mitten oder den Hochton brutal wegzudrücken.
Was die Magnetostatenn wirklich können, ist die naturgetreue Wiedergabe eines sehr breitbandigen Klangteppichs bis ins allerfeinste, kleine Detail, wo kein Bereich den anderen meuchelmordend zu entsorgen versucht. Die Instrumente stehen den Vocals übrigens auch in nichts nach und selbst beim Gaming hat man den üblichen Schlachtenlärm als ausreichend fetten Ohrstopfer, auch wenn es hier nicht der Überflieger ist und die meisten Gamer eher basslastige Spielarten bevorzugen.
Mitteltonbereich
Weibliche Vocals stehen den männlichen beim Avantone Pro Planar Red in nichts nach. Es bleibt sehr filigran und samtig und man spürt trotz der fast schon zu analytischen Präzision eine subjektiv empfundene Wärme, die nicht nur angenehm ist, sondern auch dazu beiträgt, dass man auch nach Stunden des Hörens nicht entnervt aufgibt. Nennen wir es einfach mal Balsam für die Ohren, denn das Gebotene ist in dieser Preisklasse ganz vorn mit dabei und man schlägt hier rein subjektiv sogar die T1 und T5 von Beyerdynamic. Zwar nicht um Längen, aber es ist einfach nur entspannter und locker, was schon etwas heißen will. Die Auflösung ist zudem frei von jeder Kritik.
Im Gegensatz zu den Tesla-Hörern T1 und T5 ähnelt der Avantone Pro Planar Red eher dem Amiron Home. Kuschelig im Ausgleich bei leiseren Stellen, aber immer noch hellwach und nie auch nur irgendwie nervös. Genau an dieser Stelle fehlt dem Avantone Pro Planar Red dann allerdings auch etwas die Präzision in einigen kleinen Frequenzbereichen, was ihn etwas von einer Referenz fürs Studio entfernt. Für den entspannten Hörgenuss ist das jedoch nicht störend, beim Abmischen allerdings wohl schon. Was hier aber begeistert, ist die Explosion, wenn es richtig zur Sache geht. Gitarren-Soli oder ein Finale Furioso im großen Orchester sind dann kein Krampf, sondern pur und souverän. Leise geht, laut geht richtig ab. Heavy Metal mit den Planar Red? Aber sicher…
Die Ortung ist richtig gut, wenn auch die Abstimmung keine übertrieben breit aufgespannte Bühne erlaubt. Aber es ist und bleibt dadurch sehr natürlich und ähnelt dem Empfinden im Konzertsaal durchaus. Auch die Tiefenstaffelung ist hervorragend, was ich als sehr großes Plus sehe. Man sitzt also quasi nicht im Orchester, sondern gleich hinterm Dirigenten in Reihe Eins. Die Ortung einzelner Instrumente (oder Quellen) fällt am Ende sehr eindeutig aus, weil es eher der Wirklichkeit entspricht. Fürs Gaming ist die Bühne mehr als ausreichend bemessen und immer noch besser als fast alles, was man so als sogenannte Gaming-Tröten bekommt. Musik möchte ich eigentlich nie wieder anders hören, solange es nicht gerade eine Orgel in der Subkontraoktave ist. Aber das hatten wir ja gerade beim Bass.
Hochtonbereich
Nervige Peaks? Fehlanzeige. Hier wird es zwar gewohnt am lautesten, aber nie breiig oder spitz. Schrieb ich oben Heavy Metal? So samtig die Teile bei kleineren oder mittleren Pegeln agieren, wenn es lauter wird, geht kurz vorm Trommelfell die Party erst richtig los. Verzerrungen oder Verfälschungen einzelner Parts? Eher geht der Kopfhörerverstärker in die Knie und es ist wirklich selten, dass ich es geschafft habe, den A20 über seine Grenzen zu treiben. Allerdings mit leicht abgehobenen Ohrpolstern, weil ich mir nicht einen finalen Hörsturz verpassen wollte. Das ist nicht mehr laut, das ist infernalisch.
Business as usual. Die Sibilanten werden sehr sauber geformt, aber ohne einem das Ohr abzukauen. Hochton-Peaks oder zu schriller Diskant sind nicht der Plan des Planar-Kopfhörers. Gut, Ausblasgeräusche, zischend-wischende Jazzbesen und andere Sound-Hochgewächse sind sauber, präzise und wohlgeformt, bleiben aber genau dort, wo man sie gern möchte, ohne sich vorzudrängeln. Das ist ganz großes Kino, wenn auch mit etwas verhaltener Brillanz. Es klingt an manchen Stellen fast schon zu real und man muss sich beim Umstieg vom Spaßkopfhörer auf diese Abstimmung schon gehörig umstellen.
Zusammenfassung
So ein Planar-Kopfhörer wie der Avantone Pro Planar Red ist schon etwas recht Spezielles, zumal besonders dann, wenn er noch ein offenes System ist. Der Avantone Pro Planar Red ist trotz der angegebenen 5 Watt Maximalbelastung beileibe kein Schreihals über alle Ecken (was aber bei vollem Pegel durchaus auch ginge), sondern zelebriert im Normalfall eine sehr samtige und fast schon introvertierte Spielart beim Gesamteindruck. Das kann man schlecht umschreiben, würde es aber als „geschmeidiges Dahingleiten“ wohl noch am ehesten treffen. Die Höhen sind unaufgeregt und stabil bis über das Hörbare, jedoch nie zu dominant. Der Mitteltonbereich sucht in der Summe wirklich seinesgleichen und der Bass ist ausreichend gut strukturiert, jedoch ohne den aufmüpfigen Punch unterhalb der tonalen Gürtellinie, den mancher ja so gern mag. Kurzum: alles passt und nichts zwickt. Naja, fast nichts.
Was nämlich durchaus etwas negativ ins Gewicht fällt: so ein Avantone Pro Planar Red braucht massig Antriebsleistung, trotz der 32 Ohm Impedanz. Unter 200 bis 250 mW am Verstärkerausgang geht in den lauten Passagen eigentlich nichts, sondern der Verstärker einfacherer Bauart fängt bereits an zu klirren, weit bevor der Avantone Pro Planar Red überhaupt auch nur annähernd an seine eigenen physikalischen Grenzen stößt. Das macht die Sache nicht billiger, denn man sollte schon über die passenden Geräte in der Kette verfügen. Eine externe Asus Xonar Essence STU schafft das gerade noch so, die G6 verhungert noch vorm Schlussakkord und Onboard-Sound… Ach, lassen wir es gut sein. Man muss auf am Boden Liegende nicht auch noch bösartig eintreten, das gehört sich nicht.
Tja, kaufen oder nicht kaufen? Das muss man mit sich selbst ausmachen. Ich hatte beim ersten Probehören (nach zuvor einer Stunde Denon) das Gefühl, Bass und Höhen fehlen und war zunächst etwas enttäuscht. Hört man jedoch länger und genauer hin, dann merkt man, dass der Denon eigentlich nur eine kleine, vorlaute Pausenbelustigung ist, die ihren Zweck natürlich brillant erfüllt und besten Badewannenspaß vermittelt. Der Avantone Pro Planar Red ist da das akustische Gegenteil und eher platt wie ein Brett, aber wenigstens mit einer kuschelweichen Auflage. Und: er kann auch richtig böse. Genau deshalb habe ich ihn dann doch ganz gern behalten.
Avantone Planar Red
siehe Shop | 445,00 €*Stand: 26.04.24 07:56 |
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