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Warum die Leistungssteigerung von Nvidias Ampere durchaus gewaltig sein könnte – die Boardpartner müssen bereits jetzt in die Übungsphase | igor’sLAB investigativ

Jetzt wäre es natürlich müßig, den üblichen großen Spekulatius rauszuholen und genüsslich anzuknabbern, aber es gibt im Gegensatz zu reinen Mutmaßungen und Gerüchten auch untrügliche und handfeste Zeichen, die auf eine signifikant gestiegene Performance (und damit auch eine höhere Datenmenge und -dichte) hinweisen. Ich habe mich ein wenig bei den Boardpartnern und deren Zulieferern umgehört und es ist schon erstaunlich, dass Nvidia seine Boardpartner bereits jetzt mit bekannten Chips die neue Fertigung der Next-Gen-Karten faktisch als „Trockenübung“ durchexerzieren lässt.

Konkret wird immer wieder die GeForce RTX 2080 Ti genannt, deren jetzt noch einmal neu entwickelten Platinen quasi exemplarisch als Testfeld für eine geänderte Leiterplattentechnologie  dienen sollen. Das ist insofern bemerkenswert, als dass es sich hier auch um einen deutlichen Einschnitt in bestehende Produktionsabläufe und einen weiteren, zusätzlichen Kostentreiber handelt und man solche Dinge den eigenen Partnern ohne Not eigentlich nicht auferlegt. Denn nicht alle Platinenhersteller, bei denen Nvidias Boardpartner aktuell produzieren lassen, können diese geforderte Technologie überhaupt in der Massenproduktion anwenden. Worum es sich da im Detail handelt, möchte ich an dieser Stelle einmal stark vereinfacht erklären, auch wenn die Materie eigentlich viel tiefer erklärt werden müsste.

Nvidia setzt für Ampere jetzt auf das Backdrill-Verfahren

Diese Technologie ist nicht neu, aber schon etwas aufwändiger und damit teurer als die „normale“ Fertigung von Multi-Layer-Platinen samt einfachen Durchkontaktierungen und Stubs, also die nicht benötigten Reste (Fortsätze) von Durchkontaktierungen, die man auf jeder Leiterplatte mit mehreren Layern findet. Betrachten wir deshalb einmal den Schnitt durch ein einfache Platine und den Signalweg. Die blaue Linie zeigt den originalen Signalweg mittels Durchkontaktierung im Übergang von einem Layer (einer Schicht)  zum anderen. Die rote Linie zeigt, dass innerhalb des sogenannten Stubs (Stumpf, Restloch) zusätzlich ein reflektiertes Signal entstehen kann, das zeitverzögert als „Geist“ am nächsten Layer eintrifft.

© igor’sLAB 2020 – igorslab.de

Im Hochfrequenzbereich sind solche Effekte natürlich der Tod jeglicher Signalintegrität, denn diese Stubs können nicht nur zu Reflexionen, sondern auch zu Kapazitäts-, Induktivitäts- und Impedanz-Störungen führen. Das wiederum sind alles Fehler, welche mit steigender Ausbreitungsgeschwindigkeit/Bitrate zunehmen. Im ungünstigsten Fall wird dann ein Signal sogar unbrauchbar. Da Nvidia jedoch mit dem Backdrill genannten Verfahren auf eine (teurere) Entfernung dieser Stubs setzt, kann man darauf schließen, dass sowohl die angestrebten Frequenzen als auch die angestrebten Bitraten signifikant zunehmen dürften, was die Schlussfolgerung auf die Wahrscheinlichkeit einer signifikante Performance-Steigerung sicher begründet.

Durch den sogenannten Backdrill-Vorgang, also einen zweiten Arbeitsschritt, kann man nun diese Löcher faktisch aufbohren und somit diese Stubs entfernen.  Das ist am Ende sogar effizienter und einfacher zu handhaben, als das Nutzen sogenannter Sacklöcher, wo man für eine Durchkontaktierung nur soweit bohrt wie nötig oder die Verwendung „vergrabener“ Löcher innerhalb der Platine, wo man äußerlich keine Durchkontaktierung mehr sieht. Diese beiden Verfahren sind aber noch einmal deutlich aufwändiger und damit teurer. Dann also doch lieber Backdrill:

© igor’sLAB 2020 – igorslab.de

Damit erreicht man automatisch eine deutlich niedrigere Bitfehlerrate, vermeidet Jitter und kann die Signaldämpfung senken. Das führt dann im Umkehrschluss natürlich zu einer höheren Bandbreite der Kanäle samt höherer Datenraten. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt der Überlegung zur Performance-Steigerung angekommen wären. Laut Samsung ist momentan kein signifikant schnellerer GDDR6 als der mit den 16 Gbps verfügbar, so dass man Nvidias Umstellung der Fertigungstechnologie für die neuen Platinen eher pauschal für alle Bereiche betrachten muss, wo es auf Signalintegrität und Bandbreite ankommt.

Und es ist meines Erachtens auch das erste Mal, dass man die Boardpartner im Vorfeld derartig üben und testen lässt.  Es wird uns also etwas richtig Schnelles erwarten, das ist schon mal sicher. Ob es dann wirklich die kolportierten 50% sind, oder man eher einen Kompromiss aus Performance-Steigerung und Senkung der Leistungsaufnahme anstrebt, ist eigentlich auch egal. Derartige Klimmzüge zur Absicherung einer erfolgreichen Markteinführung macht man eigentlich nur, wenn man auch wirklich etwas Vorzeigbares in der Tasche hat. Man darf also gespannt sein, wer sich dann wie warm anziehen muss (oder doch nicht).

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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