Kühlung Lüfter Praxis Testberichte

Push, Pull oder Push-Pull? Was schafft ein guter Gehäuselüfter in verschiedenen Einbau-Varianten?

Lüfter-Messkammer und Anspruch

Und da es aktuell keine Quelle gibt, die realitätsnahe und verwertbare Daten auch im Vergleich bietet, haben wir Einiges an Zeit sowie Geld investiert und unter Beratung eines Kühlgeräteherstellers einfach eine eigene Lüfter-Messtation entwickelt und dann auch kalibriert. Hier hat der Kollege Pascal Mouchel ganze Arbeit geleistet und das Ergebnis als Modell „Sarkophag I“ kann sich mittlerweile durchaus sehen lassen. Der schwere und massive Korpus aus dicken MDF-Platten ist verschraubt, verleimt und schalldämmend ausgekleidet. Wie das alles funktioniert und was wir letztendlich messen können und was nicht, erfahrt Ihr in diesem Artikel.

Mittlerweile hat sich das meiste, auch mit viel gutem Feedback aus der Community und der technischen Hilfestellung durch einige Industriepartner, richtig schön materialisiert. Das, was wir ab jetzt messen können, genügt natürlich nur semi-professionellen Ansprüchen, auch wenn alle Messgeräte aufwändig und kostenintensiv kalibriert wurden. Aber das reicht für alle Bereiche dessen, was den PC-Selbstbau und -Umbau betrifft, allemal aus. Wir sind natürlich keine Normierungsgesellschaft oder der TÜV, versuchen aber alles so so genau wie möglich zu messen, was noch im einigermaßen bezahlbaren Rahmen bleibt.

 

Messkammer mit Schallpegel-Kontrolle (Messung erfolgt separat)

 

Tests als Gehäuselüfter und auf Radiatoren

Aktuell stellt sich ja immer die Frage, welche Charakteristik so ein 120- oder 140-mm-Lüfter wirklich besitzt. Nicht jedes Modell eignet sich auf allen Radiatorstärken und so mancher vermeintliche Kraftprotz büßt auf Radiatoren so viel an Druck ein, dass er kaum noch als geeignet zu bezeichnen ist. Die Angaben zu Volumenstrom („Durchsatz“) und statischem Druck in den Datenblättern helfen da dann auch nicht weiter, wenn etwas auf einem Slim-Radiator noch gut funktioniert und bei einem 45-mm-Radiator bereits komplett versagt.

Auf dem Bild sehen wir die mittlere Trennwand zwischen den beiden Kammern, die den Lüfter und auch den Radiator trägt. Entkopplung wird natürlich groß geschrieben und bei der Berechnung des Volumens für die Kammern hatten wir dankenswerter Weise fachmännische Hilfe. Jede der Kammern ist zudem zweckmäßig mit Noppen-Schaumstoff ausgekleidet und materialtechnisch so ausgelegt, dass es kaum noch störende Einflüsse gibt.

Die hinter dem Lüfter liegende „Bienenwabe“ wurde uns von Black Noise und dem Kühlungs-Hersteller empfohlen. Dadurch sind alle Kühler gleich gut eingebunden, weil jeder über einen anderen Austrittswinkel verfügt und genau das hiermit kompensiert werden kann. Durch die Bienenwabe gibt es jedoch keine Abrisskante und der Luftstrom ist direkt zum Auslass gerichtet.

Radiatoren und Lüfter werden mit einer eigenen Klemmvorrichtung entkoppelt und festgeschraubt. Auf dem Bild sieht man sehr schön die improvisierte Klemme mit dicken Unterlegscheiben und Dämmmaterial als Unterlage. Die Steuerung erfolgt über eine durch uns gekaufte Aquaero von Aqua Computer, so dass wir die Lüfter sowohl per Spannung (DC) oder auch per PWM regeln und testen können. Gebraucht wird beides, denn viele Lüfter, das wissen Einige nicht, lassen sich bei reiner Spannungsreglung gar nicht an die Unter- und Obergrenzen des Drehzahlbandes bringen und zeigen auch sonst noch Anomalien, über die wir an passender Stelle etwas schreiben werden.

Volumenstrom

Den Volumenstrom messen wir am Ausgang der zweiten Kammer, wo die Luft ausgeblasen wird. Dieser Bereich ist durch Vergleichsmessung im Messaufbau des Kühlgerätepartners relativ genau abgedeckt, so dass unser testo 410i jetzt recht verlässliche Resultate an die elektronische Messdatenerfassung liefert, die sich mit den Referenzdaten der professionellen Messung recht gut decken. Wichtig ist hier nicht der Preis des Equipments, sondern es sind die zweckmäßige Positionierung und die genaue Kalibrierung mit Reihen an Vergleichsmessungen.

Statischer Druck

Die Messung des statischen Drucks erfolgt wie üblich als Differenzdruckmessung. Dazu wird der spezielle „Napf“ so aufgeklemmt, dass er luftdicht abschließt. Auch hier wurde natürlich mit geliehenem, professionellem Equipment nachgemessen und zeitaufwändig kalibriert. Für diese Messung nutzen wir ebenfalls mit dem 510i ein selbst erworbenes Gerät von testo und sammeln die Daten zudem drahtlos ein.

Geräuschemission

Die Messung des Geräuschpegels ist etwas tricky, funktioniert aber in den Abendstunden am Messort ganz gut. Wir haben uns für dBA bzw. dBC entschieden, weil Werte unterhalb von einem Sone mit noch bezahlbaren und kalibrierten Equipment kaum verlässlich erfasst werden können und die Software-Umrechnung diverser Softwareprogramme in diesem niedrigen Bereich eher verwirren und ungenau werden. Dann doch lieber dBA, zumal die meisten etwas damit anfangen können. Der Messabstand beträgt 50 cm zur Mittelachse des Lüftereingangs.

Wir gehen bei diesen Messungen zwei Wege. Zum Einsatz kommt für Schnell- und Plausibilitätstests ein durch uns nachträglich nach ISO kalibriertes Voltcraft SL 451, dessen Mikrofon wir entkoppelt vom Korpus platziert haben. Die Erfassung der Daten erfolgt außerhalb der Messkammer. Das Voltcraft SL 451 wurde uns dankenswerterweise von Conrad Elektronik unkompliziert zur Verfügung gestellt. Es ist auch die einzige Komponente, die nicht durch uns selbst erworben wurde. Alle anderen Messgeräte samt Zubehör und Elektronik wurden durch uns gekauft bzw. aus privaten Beständen gestellt.

Zu unseren eigenen Anschaffungen gehört auch ein kalibriertes Messmikrofon mit XLR-Anschluss und rauscharmen USB-Interface. Die Messungen erfolgen in den Abend- und Nachtstunden im ländlichen Raum, so dass man mit einem Grundpegel von unter 26 dB(A) bereits recht zufrieden sein kann. Da alles beim Messaufbau mit 50 cm Abstand sowieso darüber liegen wird, sollte das also kein Problem sein.

Wir haben auch das Feedback der Community aufgenommen und für jede Messung das Frequenzband ausgewertet, so dass man nicht nur die SPL-Werte (Schalldruck) in dB(A) erhält, sondern auch noch eine schöne Frequenzanalyse, die den Klangcharakter perfekt zu beschreiben hilft. Lager- oder Motorgeräusche, Vibrationen oder die Abrissgeräusche am Rotor – alles wird damit gnadenlos sichtbar.

Auf bestimmte Details und Lösungsansätze werden wir in diesem Artikel nicht näher eingehen, denn es steckt durchaus auch noch etwas fremdes Knowhow in diesem Aufbau und so manches würde für den Normalverbraucher wohl auch zu weit führen. Wer sich dafür interessiert und so etwas nachbauen möchte, kann sich natürlich gern bei uns melden. Das gilt auch für alle, die noch Anregungen und Hinweise einbringen möchten, denn wir stehen noch ganz am Anfang und können auch noch korrigieren oder erweitern.

Was wir messen und wie das Ergebnis dann aussieht, das seht Ihr auf der nächsten Seite anhand eines exemplarisch herausgesuchten Lüfters, der jedoch alles andere als unsere Referenz ist. Genau die suchen wir nämlich noch 🙂

Testaufbau  
Gehäuse / Messkammer Zweikammer-Messaufbau mit Schallisolierung
Volumenstrom und Strömungsgeschwindigkeit testo 410i (kalibriert)
Differenzdruckmessung testo 510i (kalibriert)
Schallpegelmessung Voltcraft SL 451 (Conrad, Dauerleihstellung, kalibriert), Messmikrofon Class 2 und USB-Interface, Smaart 7
Drehzahlregelung und Lüftersteuerung Aqua Computer Aquaero 6 Pro
Inbetriebnahme März/April 2021

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RedF

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Nach dem ich von der 5700XT auf die 6800XT gewechselt bin wurde es viel zu heiß in meinem Gehäuse. Mit Push/Pull lies sich das Problem beheben.

280er Radiator in der Front 2x140 Noctua Push, 2x140 Arctic F14 Pull.

Mir war nicht ganz wohl unteschiedliche lüfter zu nehmen, aber ich hatte sie halt zur Hand.

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Opa-Chris

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Wieder ein super Test von Euch, danke dafür!

Mir können die ganzen Premium-Lüfter gestohlen bleiben, denn ich bin vor kurzem von den verbauten Alphacool Eiszyklon Aurora LUX PRO 2 Digital RGB auf die von Euch getesteten ARCTIC P12 PWM PST A-RGB 0dB umgestiegen.

Waren mir die Alphacool selbst bei nur 400u/min schon zu laut und haben kaum Luft bewegt, laufen die Arctics nun mit 1000u/min und sind dabei deutlich leiser, haben wesentlich mehr Leistung und kosten sogar noch weniger. Was will man eigentlich mehr? Hmm...vielleicht die Leuchtgrafik der Alphacools auf den Arctics.....:unsure:😅

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W
Wandermage

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Wandermage

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Wie groß ist der Unterschied von der 5700xt zur 6800xt? Ich empfinde die 5700xt schon als Pizzaofen, deren Tempearturzügelung mühsam ist.

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RedF

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Wandermage

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Ok. Ich meinte den entstandenen Temperaturunterschied im Gehäuse.

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RedF

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Ich kann es dir nicht mehr genau sagen. Habe die 6800XT inzwischen auch unter Wasser.
Es war auf jedenfall genug das es mich störte. Mein Gehäuse ist aber auch ein Airflow alptraum.

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big-maec

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Was mir eigentlich auch immer wieder durch den Kopf geht, was passiert wenn man 2 gleiche Lüfter direkt übereinander laufen läßt ?
Bekommt man damit auch eine Leistungssteigerung hin ?

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mer

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Bestaetigt mich, mit meiner billig Arctic Push/Pull Konfig am 360er AIO. (y)

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Wandermage

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Danke für die Antwort. Ich denke die Wasser-Lösung wirds bei der nächsten Karte auch bei mir. Manchmal habe ich das Gefühl, egal was ich ins Pure Base 500 reinbastel es wird nicht wirklich kühler. Nur die CPU fühlt sich wohl. :D

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RedF

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Ja werde demnächst mein Silentbase 601 aufsägen. Die Front und der Deckel bekommen ne 360er Blende.

Ich weis garnicht warum ich es damals gekauft habe, war eigetlich klar das die kleinen Schlitze im Deckel nicht reichen werden.

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RX480

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Die Pull-Config sollte man nur mit stufenloser PWM-Steurung verwenden.

Der niedrigste Wert@500U/min ist einfach zu schlecht, und wenn man dann nur zw. min+max Drehzahl wählen kann
hat man eigentlich fast ständig MAX in Betrieb. (für ein Modell mit 2 festen Drehzahlen 500 bzw. 1000)

Push+Pull ist überraschend leise. Wäre die Frage ob 25mm Radi+PP oder 45mm+Push ? (gerade mit 280ern)

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Martin Gut

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Ja, aber der Nutzen ist noch kleiner als bei 2 Lüftern an einem Radiator. Durch den ersten Lüfter wird der Luftstrom in eine Rotation versetzt. Dadurch bewegen sich die Rotorblätter des 2. Lüfters in der bewegten Luft langsamer und wirken weniger.

Das ist der Grund, warum in Turbinen immer mit gegenläufigen Schaufelblättern gearbeitet wird. Man könnte theoretisch natürlich einen links- und einen rechtsdrehenden Lüfter auf einander montieren. Das würde die Wirkung verstärken. Gleichzeitig könnte es aber auch ein Rattern erzeugen, wenn die Luftstösse des ersten auf die Blätter des 2. treffen. Ich würde das nicht machen. Man möchte ja keinen Heli in seinem Gehäuse haben.

Mit einem etwas stärkeren Lüfter bist du also besser bedient als mit 2 auf einander.

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RX480

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Aber stärker = lauter?

btw.
Ich war damals schwer beeindruckt von dem Modder, der die R7@LM mit 280er+PP >400W betrieben hat.
(war ganz am Anfang mit nem CPU-Block auf der GPU)

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h
hansdampf

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Ja sehr aufwendig, leider was sagt nun konkret der Test?

Da finde ich das hier schon von besseren Nutzen:

View image at the forums

Oder wem noch zusätzlich die Luftdurchsätze etc. interessieren, z.B:

aus:

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Martin Gut

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7,783 Kommentare 3,577 Likes

Wenn die ganze Technik sonst die selbe ist natürlich ja.

Die Frage war aber, ob 2 Lüfter direkt auf einander montieren Sinn machen könnte. Der Luftdurchsatz dürfte 10 - 20 % höher sein. Das ist kaum der Rede wert und zu wenig um deswegen einen zusätzlichen Lüfter einzubauen und laufen zu lassen. Auf die Lautstärke kann sich der 2. Lüfter sehr unterschiedlich auswirken. Das sieht man ja auch bei den Tests hier an Radiatoren. Wenn es passt, können 2 Lüfter leiser sein, als einer. Es kann aber auch etwa gleich sein. Wenn es die Luft in blöde Schwingungen versetzt, kann es auch bedeutend lauter werden.

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hansdampf

Veteran

321 Kommentare 97 Likes

Das halte ich für eine Fehlmessung, denn Schallquellen addieren sich. Das Setup mit den zwei Lüfter ist um angeblich 4 dB leiser ( 100%), was nicht sein kann:

Wenn man sich dann auch mal die Messtoleranz anschaut:

+- 1,4 dB

Dazu noch den Messaufbau, kein schalltoter Raum mit einem sehr großen Volumen (die kleine Messbox ist viel zu klein um Resonanzen zu filtern) sind die Messergebnisse nicht verwunderlich.

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Martin Gut

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Doch, das kann sein. Zwei Lüfter hinter einander teilen sich die Arbeit auf. So laufen beide geringerer Leistung und müssen nicht so viel Druck aufbauen. Im Idealfall zieht die Luft gleichmässiger und ruhiger durch den Radiator und die 2 Lüfter als durch einen. Wie gesagt, kann es aber auch zu unerwünschten Effekten führen und dadurch lauter werden (sogar lauter als die 2 Geräuschquellen addiert).

Dass es lauter wird, wenn man 2 Lärmquellen addiert, ist mir auch klar. Hier hat man aber keine 2 fixen Lärmquellen. Die beiden Lüfter beeinflussen den Luftstrom durch den Radiator, so dass sie nicht gleich laufen wie wenn nur 1 Lüfter verbaut ist.

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Igor Wallossek

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10,198 Kommentare 18,814 Likes

Gemessen wird mit einem kalibrierten Messmicro von Beyerdynamic und Smaart 7 als Software.

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