Mittlerweile gibt es neben den bereits ausführlich getesteten Referenzkarten der RX-6000-Serie von AMD auch diverse Boardpartnerkarten – nicht zu kaufen – zu denen auch die wirklich außergewöhnliche PowerColor RX 6900XT Liquid Devil gehört. Nach einigem Hin und Her durch die Verschiebung des Release-Termins ist es nun endlich soweit und ich kann Euch dieses Spitzenmodell endlich auch einmal in echt präsentieren. Das Besondere daran ist übrigens das Besondere darauf, nämlich ein echter Fullcover-Wasserblock für die Kühlung und keine simple AiO-Wasserkühlung oder gar ein Luftkühler. Hier muss Wasser laufen und das nicht zu knapp! Schaun’ wir mal, was geht…
Mit der (Achtung! Offiziell vorgeschriebener Name) “PowerColor Liquid Devil AMD Radeon™ RX 6900 XT Gaming Graphics Card with 16GB GDDR6, AMD RDNA™ 2”, die ich im Artikel der Einfachheit halber wieder “PowerColor RX 6900 XT Liquid Devil” nennen werde, da sonst die Charts und Legenden explodieren würden, liegt hier ein besonders schnelles, gut gekühltes und damit auch etwas durstigeres RDNA2-Exemplar auf meinen Tisch der guten Taten und wartete nur darauf, einmal unter Wasser gesetzt zu werden.
Im Lieferumfang befinden sie neben der Karte und den zwei benötigten Stopfen für das Terminal noch drei bunte Fläschchen mit Farbe für die Kühlflüssigkeit. Und anhand der Verpackung dieser Dreingabe und dem Logo auf dem Kühler sieht man auch, dass selbiger von EKWB gefertigt wurde. Assembliert wird die Karte jedoch bei TUL, also PowerColor. Doch dazu später mehr.
Diese Grafikkarte kommt, wie alle RX6000-Karten mit dem neuen Videocodec AV1 zurecht, sie unterstützt erstmals auch DirectX 12 Ultimate und damit eben auch DirectX Raytracing (DXR). Mit AMD FidelityFX bietet sie zudem ein Feature, das Entwicklern zudem mehr Spielraum bei der Auswahl der Effekte ermöglichen soll. Ebenfalls dabei ist Variable Rate Shading (VRS), was immens Rechenleistung sparen kann, wenn Bildbereiche, die ohnehin nicht im Auge des Spielers liegen, in der Darstellungsqualität smart reduziert werden. Soviel zum Feature-Set aller neuen Radeon-Karten.
Optik und Haptik
Die PowerColor Radeon RX 6900 XT Liquid Devil wiegt trocken und ohne weitere Anschlüsse am Terminal, jedoch einschließlich der Stopfen, satte 1654 Gramm und ist damit nicht gerade ein Leichtgewicht! Sie ist mit ihren ca. 27 cm eher mittel-lang, dafür stolze 16 cm hoch (13,5 cm Einbauhöhe ab PEG) und aufgrund der Blende 3,8 cm dick (2-Slot-Design), wobei noch eine Backplate und das PCB mit insgesamt vier weiteren Millimetern dazukommen. Der Kühler ist aus vernickeltem Kupfer mit einer Aluminiumauflage samt Logo. Das Terminal ist massiv und aus Acetal. Die bunte Kraft erstreckt sich als Lichtleiste mit internem aRGB-Anschluss am PCB.
Die Slot-Blende ist nett verziert, trägt 1x HDMI 2.1 und zwei statt drei DP-Anschlüsse. Dafür gibt es allerdings alternativ die USB Type C Buchse. Mehr zum Aufbau, dem Kühler und der Bestückung dann auch noch auf der nächsten Seite beim Teardown.
Technik und Dual-BIOS
Mit den 80 Compute Units (CU) besitzt die RX 6900 XT 5120 Shader. Während der Basistakt des Primary-BIOS (BIOS 1 Normal) mit 2135 MHz und der Boost-Takt mit 2365 MHz angegeben wird, muss das Secondary-BIOS mit 1499 MHz Basistakt (warum eigentlich?) auskommen und darf dafür im Boost bis zu 2499 MHz sprinten, was auch oft genug erreicht und sogar übertroffen wird. Die Karte setzet auf 16 GB GDDR6 mit 16 Gbps, die sich aus jeweils 8 Modulen mit 2 GB Größe ergeben. Dazu gehört auch das 256-Bit Speicherinterface und der 128 MB große Infinity Cache, der das Bandbreitenproblem lösen soll, aber ab Ultra-GD etwas mit der Hitrate zu kämpfen hat.
Die beiden Screenshots aus GPU-Z geben erst einmal Auskunft über die Eck-Daten der beiden BIOSe – links seht Ihr das Normal-BIOS (1), rechts das OC BIOS (2):
Doch wo liegen nun die weiteren, viel wichtigeren Unterschiede zwischen den beiden BIOS-Varianten? Die Details sehen wir, wenn man das BIOS ausliest. Schauen wir vor allem mal bei der “Thermal Graphics Power” nach, denn hier begegnen sich 289 Watt und 301 Watt.
Raytracing / DXR
Spätestens seit der Präsentation der neuen Radeon-Karten ist klar, dass auch AMD Raytracing unterstützen wird. Hier geht man einen zu NVIDIA deutlich abweichenden Weg und implementiert einen sogenannten “Ray Accelerator” pro Compute Unit (CU). Da die Radeon RX 6800 insgesamt 72 CUs besitzt, ergeben sich somit auch 72 solcher Beschleuniger für die Radeon RX 6800XT, bei der kleineren Radeon RX 6800 sind es noch 60. Eine GeForce RTX 3080 kommt auf 68 RT Cores, also nominell erst einmal weniger. Beim Vergleich der kleineren Karten steht es dann 62 für die RX 6800 und 46 für die GeForce RTX 3070. Allerdings sind die RT-Cores anders organisiert und man wird abwarten müssen, was hier Menge gegen Spezialisierung ausrichten kann. Es ist am Ende also erst einmal ein Äpfel und Birnen Vergleich.
Doch was hat sich AMD hier ausgedacht? Jeder dieser Beschleuniger ist erst einmal in der Lage, gleichzeitig bis zu 4 Strahl-/Box-Schnittpunkte oder einen einzigen Strahl-/Dreieckschnitt pro Takt zu berechnen. So berechnet man die Schnittpunkte der Strahlen mit der Szenengeometrie (analog zur Bounding Volume Hierarchy), sortiert sie zunächst vor und gibt diese Informationen dann an die Shader zur weiteren Bearbeitung innerhalb der Szene zurück bzw. gibt das finale Shading-Resultat aus. NVIDIAs RT-Cores scheinen da allerdings deutlich komplexer vorzugehen, wie ich es beim Turing-Launch bereits ausführlich erläutert habe. Was zählt, ist allein das Ergebnis und genau dafür haben wir auch passende Benchmarks.
Smart Access Memory (SAM)
AMD zeigte auf der Präsentation der neuen Radeon-Karten bereits SAM, also Smart Access Memory – ein Feature, das ich heute zusätzlich auch zu den normalen Benchmarks aktiviert habe, womit auch ein direkter Vergleich möglich wird. Doch eigentlich ist SAM nicht Neuers, nur verbal schöner verpackt. Dahinter verbirgt sich nämlich nichts anderes als der clevere Umgang mit dem Base Address Register (BAR) und genau dieser Support muss zwingend auch im Unterbau aktiviert sein. Bei moderner AMD-Grafikhardware spielen größenveränderbare PCI-Bars (siehe auch PCI SIG vom 24.0.4.2008) schon länger eine wichtige Rolle, da die eigentlichen PCI BARs normalerweise ja nur auf 256 MB begrenzt sind, während man bei den neuen Radeon Grafikkarten nun bis zu 16 GB VRAM vorfindet.
Die Folge ist, dass nur ein Bruchteil des VRAM für die CPU direkt zugänglich ist, was ohne SAM eine ganze Reihe von Umgehungslösungen im sogenannten Treiber-Stack erfordert. Das kostet natürlich stets Performance und sollte demzufolge vermieden werden. AMD setzt bei SAM also genau dort an. Neu ist das nicht, muss aber sauber im UEFI implementiert und später auch aktiviert werden. Das wiederum geht nur, wenn das System im UEFI Modus läuft und CSM/Legacy deaktiviert sind.
CSM steht dabei für das Compatibility Support Module. Das Compatibility Support Module gibt es ausschließlich unter UEFI und es sorgt dafür, dass ältere Hardware und Software auch mit UEFI funktioniert. Das CSM ist immer dann hilfreich, wenn nicht alle Hardware-Komponenten zu UEFI kompatibel sind. Einige ältere Betriebssysteme sowie die 32-Bit-Versionen von Windows lassen sich auch nicht auf UEFI-Hardware installieren. Genau diese Kompatibilitätseinstellung verhindert jedoch die saubere und für die neuen AMD-Komponenten benötigte Windows-Variante oft schon bei der Installation.
Benchmarks und Auswertung
Für die Benchmarks habe ich, analog zum Launchartikel, die gleichen 10 Spiele gewählt und dabei zwischen alt und neu, sowie AMD- oder NVIDIA-speziell gewichtet. Da sich alles sehr ähnlich zum Launchartikel der Radeon-Karten verhält, gibt es diesmal nur eine kumulierte Zusammenfassung aller Spiele mit einer ausführlichen Erklärung für jede Auflösung. Die Leistungsaufnahme gibt es ebenfalls sehr ausführlich, so wie Ihr es ja auch gewohnt seid.
Testsystem und Auswertungssoftware
Das Benchmarksystem ist neu und setzt nun komplett auf AMD. PCIe 4.0 ist natürlich Pflicht. Dazu gehören das passende X570 Motherboard in Form eines MSI MEG X570 Godlike und der Ryzen 9 5950X, der wassergekühlt betrieben und leicht übertaktet wird. Dazu kommen der passende DDR4 4000 RAM von Corsair in Form des Vengeance RGB, sowie mehrere schnelle NVMe SSDs. Für das direkte Loggen während aller Spiele und Anwendungen nutze ich sowohl NVIDIAs PCAT, als auch mein eigenes Shunt-Mess-System, was den Komfort ungemein erhöht. Die Messung der detaillierten Leistungsaufnahme und anderer etwas komplizierterer Dinge erfolgt im Speziallabor zweigleisig mittels hochauflösender Oszillographen-Technik…
…und dem selbst erschaffenen, MCU-basierten Messaufbau für Motherboards Grafikkarten (Bilder unten), wo am Ende im klimatisierten Raum auch die thermografischen Infrarot-Aufnahmen mit einer hochauflösenden Industrie-Kamera erstellt werden. Die Audio-Messungen erfolgen dann außerhalb in meiner Chamber (Raum-im-Raum).
Die verwendete Software setzt auf meinen eigenen Interpreter samt Auswertungssoftware sowie ein sehr umfangreiches und flexibles Excel-Sheet für die grafische Umsetzung. Die einzelnen Komponenten des Testsystems habe ich auch noch einmal tabellarisch zusammengefasst:
Test System and Equipment |
|
---|---|
Hardware: |
AMD Ryzen 9 5950X OC MSI MEG X570 Godlike 2x 16 GB Corsair DDR4 4000 Vengeance RGB Pro 1x 2 TByte Aorus (NVMe System SSD, PCIe Gen. 4) 1x 2 TB Corsair MP400 (Data) 1x Seagate FastSSD Portable USB-C Be Quiet! Dark Power Pro 12 1200 Watt |
Cooling: |
Alphacool Eisblock XPX Pro Alphacool Eiswolf (modified) Thermal Grizzly Kryonaut |
Case: |
Raijintek Paean |
Monitor: | BenQ PD3220U |
Power Consumption: |
Oscilloscope-based system: Non-contact direct current measurement on PCIe slot (riser card) Non-contact direct current measurement at the external PCIe power supply Direct voltage measurement at the respective connectors and at the power supply unit 2x Rohde & Schwarz HMO 3054, 500 MHz multichannel oscilloscope with memory function 4x Rohde & Schwarz HZO50, current clamp adapter (1 mA to 30 A, 100 KHz, DC) 4x Rohde & Schwarz HZ355, probe (10:1, 500 MHz) 1x Rohde & Schwarz HMC 8012, HiRes digital multimeter with memory function MCU-based shunt measuring (own build, Powenetics software) NVIDIA PCAT and FrameView 1.1 |
Thermal Imager: |
1x Optris PI640 + 2x Xi400 Thermal Imagers Pix Connect Software Type K Class 1 thermal sensors (up to 4 channels) |
Acoustics: |
NTI Audio M2211 (with calibration file) Steinberg UR12 (with phantom power for the microphones) Creative X7, Smaart v.7 Own anechoic chamber, 3.5 x 1.8 x 2.2 m (LxTxH) Axial measurements, perpendicular to the centre of the sound source(s), measuring distance 50 cm Noise emission in dBA (slow) as RTA measurement Frequency spectrum as graphic |
OS: | Windows 10 Pro (all updates, current certified or press drivers) |
- 1 - Einführung und technische Details
- 2 - Teardown: Platine, Spannunsversorgung, Kühler
- 3 - Gaming Performance
- 4 - Leistungsaufnahme beim Gaming und Effizienzanalyse
- 5 - Leistungsaufnahme, Spannungen und Normeinhaltung
- 6 - Lastspitzen und Netzteil-Empfehlung
- 7 - Taktraten und Temperaturen
- 8 - Übersicht, Zusammenfassung und Fazit
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